Sitzung: 18.04.2013 Umweltausschuss
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 7, Nein: 6
Vorlage: 056/2013
1. Der Umweltausschuss beschließt in seiner Sitzung die als Anlage beigefügte Neufassung der Satzung des Zweckverbandes Grünes Band – Rodachtal – Lange Berge – Steinachtal.
2. Der Landrat des Landkreises Coburg wird beauftragt und ermächtigt, die Satzung zu unterzeichnen, sobald Förder- (BayStMUG, TMLFUN, BfN) und Aufsichtsbehörden (Thüringer Innenministerium / Regierung von Oberfranken) ihr Einvernehmen signalisieren. Der Landrat wird ermächtigt, redaktionelle Änderungen vorzunehmen, sofern diese nicht die vom Kreistag gefassten Beschlüsse im Grundsatz berühren.
- Für die 10-jährige Umsetzungsphase (Phase II) des Naturschutzgroßprojektes stellt der Landkreis Coburg den auf ihn entfallenden Anteil aus dem Kreishaushalt für den Zweckverband bereit. Für die Phase II werden somit insgesamt etwa 245.144,00 € bereitgestellt.
Das Naturschutzgroßprojekt (NGP)„Grünes
Band Rodachtal – Lange Berge – Steinachtal“ ist in zwei Phasen unterteilt: In
Phase I wurde der Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) erstellt. In Phase II
soll der PEPL bis 2023 umgesetzt werden.
Im Dezember 2010 beauftragte der
Zweckverband des Naturschutzgroßprojekts (NGP) das Institut für
Vegetationskunde und Landschaftsökologie (IVL, Hemhofen/ Bayern) zusammen mit
dem Büro abraxas (Weimar/ Thüringen) mit der Erstellung des PEPL's. Das
IVL bearbeitete dabei den naturschutzfachlichen Teil, das Büro abraxas die
sozioökonomische Analyse. Die sozioökonomische Analyse hatte das Ziel, eine
gute Einbindung der vorgeschlagenen Naturschutzmaßnahmen auf der Ebene der
Land- und Forstwirtschaftsbetriebe zu erreichen. Das Projektgebiet wird in
Kerngebiete (Förderkulisse für das Naturschutzgroßprojekt) und sonstiges
Projektgebiet (Durchführung von Begleitmaßnahmen ohne Förderung durch das NGP)
unterschieden. Das Projektgebiet stellt eine privilegierte
Förderkulisse für Länderprogramme dar, da sich sowohl Bayern als auch Thüringen
dazu verpflichtet haben, insbesondere die Nachhaltigkeit der im PEPL
festgelegten Naturschutzziele auch nach Ablauf der Bundesförderung bevorzugt zu
sichern.
Das gut 8.000 ha große Kerngebiet (bereits zu 85
% bestehendes Schutzgebiet und ehemaliger Grenzstreifen) wurde nach bundesweit
bedeutsamen Naturgütern hin (Arten, Lebensräume) kartiert, vorhandene Flächen
des Nationalen Naturerbes (z.B. NSG „Lauterberg“ + 660 ha Übertragungsflächen
der Stiftung Naturschutz Thüringen im ehemaligen Grenzstreifen) sowie EU-Schutzgebiete
nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie (= SPA) wurden integriert.
Die Planung wurde in enger Abstimmung mit
dem Zweckverband, den beteiligten Fachbehörden, Verbänden, Kommunen und
sonstigen Betroffen durchgeführt. Neben einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe
(PAG) wurden auch vier Arbeitskreise (AK) gegründet. Diese umfassten den AK
Naturschutz, AK Offenland / Gewässer, AK Wald / Jagd und AK Region / Kommune.
In den Jahren 2011 bis 2012 kamen die einzelnen AK jeweils dreimal zur
Diskussion vorliegender Ergebnisse und insbesondere der Maßnahmenplanung im
PEPL zusammen. Daneben wurde auch größter Wert auf eine enge Abstimmung und
einen lebendigen Informationsaustausch mit den Bereichen Land-, Forst-,
Wasser-, Fischerei-, und Teichwirtschaft einschließlich ausgewählter Eigentümer
sowie Kommunen gelegt. Dabei wurden Vorschläge entgegen genommen und Anregungen
eingearbeitet, ohne natürlich den vorgegebenen fachlichen Rahmen der
Förderrichtlinie des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) außer Acht zu lassen.
Insgesamt wurden in den beiden Jahren über 60 Informations- und
Abstimmungsgespräche durchgeführt. Über die Internetseite des Zweckverbandes wo
auch die relevanten Unterlagen, Karten etc. immer einsehbar sind wird über den
Fortschritt des Werkes kontinuierlich seit gut 2 Jahren berichtet..
Die Grundlage für die Maßnahmenumsetzung in
Phase II bildet der 650 Seiten umfassende Textteil des Pflege- und
Entwicklungsplanes mit umfangreichen Tabellen, Karten und Grafiken. Die
vorgeschlagenen Naturschutzmaßnahmen beruhen generell auf dem Prinzip der
Freiwilligkeit und sollen im Konsens mit den Landnutzern umgesetzt werden. Der
Prozess wurde durch eine externe Moderation unterstützt, die Konflikte
aufdeckte und Lösungsvorschläge erarbeitete.
Die PAG kam ein erstes Mal im Februar 2011
zusammen. Im Oktober 2012 folgte eine Sitzung, die den Entwurf des Endberichts
zum Thema hatte. Für Anfang April 2013 ist eine letzte abschließende Sitzung
geplant. Die Phase I endet Ende Mai 2013. Phase II stellt ein davon unabhängiges
Projekt dar, das erst nach Beendigung der Phase I mit Billigung des PEPL durch
die PAG und das BfN beginnen kann. Die Phase II umfasst die Realisierung der
10-jährigen Umsetzungsphase des PEPL. In der Umsetzungsphase sollen Maßnahmen
wie biotopersteinrichtende Maßnahmen mit investiven Maßnahmen
(Weideinfrastruktur), Flächenerwerb, langfristige Ausgleichszahlungen und
Pacht, Besucherlenkung und Öffentlichkeitsarbeit, Artenschutzmaßnahmen
(Bachmuschel, Fischotter, Frauenschuh) und Erfolgskontrollen realisiert werden.
Der Hauptanteil der Fördermittel fließt
nicht in Flächenerwerb und langfristige Pacht, sondern mit ca. 4,4 Mio. € in
biotoplenkende und einrichtende Maßnahmen (einschließlich investiven Maßnahmen)
wie z. B. Moorrenaturierung, Erhalt von Heiden, Magerrasen und Feuchtwiesen,
Gewässerrenaturierungen sowie die Sicherung von Altholzinseln im Wald (durch
Ausgleichszahlungen). Selbst die Förderung landwirtschaftlicher Infrastruktur,
die den Projektzielen dient, wie z. B. Beweidungseinrichtungen, Zäune,
Weidetiere, spezielle Maschinen u.a. ist förderfähig. Ein Hauptfokus liegt
natürlich dabei immer auf dem ehemaligen Grenzstreifen, der neben seiner
naturschutzfachlichen Bedeutung auch aus historischen Gründen als Denkmal der
deutschen Teilung offen und in der Landschaft erkennbar gehalten werden soll
(gemäß verschiedener Beschlüsse und Koalitionsvereinbarungen in Bundestag und
Landtagen). Der Grenzstreifen verbindet Biodiversitätssicherung mit
Denkmalschutz, ist also ein lebendes und ein historisches Denkmal!
Das wichtigste Grundprinzip bei der
Projektumsetzung ist die Freiwilligkeit! Das Naturschutzgroßprojekt betreibt
angebotsorientierten Naturschutz. Die gewünschten Maßnahmen werden angeboten
(die fachliche Grundlage ist hierfür der PEPL) und die Bedingungen für die
Teilnahme klar benannt. Eigentümer und Flächennutzer können dann frei
entscheiden, ob sie für die Durchführung von Naturschutzmaßnahmen eine
Förderung aus dem Naturschutzgroßprojekt erhalten wollen.
Die mit dem PEPL zusammen erstellte
sozioökonomische Analyse ergab übrigens bereits im Vorfeld eine grundsätzliche
Bereitschaft vieler Grundeigentümer und Agrarbetriebe an einer Teilnahme (dem
Projektmanagement wurden bis heute bereits über 100 ha Land zum Kauf angeboten,
ohne dass dafür geworben oder aktiv nachgefragt wurde!). Bei verfügbaren
Fördermitteln von ca. 10 Mio. € kann ohnehin nur ein kleiner Teil der insgesamt
im PEPL vorgeschlagenen Maßnahmen (ca. 27 Mio. €) umgesetzt werden.
Auch für den Pächterschutz ist gesorgt. Es
wurde ein sogenanntes Flächenmanagementgremium in Bayern und Thüringen
gegründet, das alle Vorschläge für Flächenerwerb und langfristige Pacht
bewertet und unbillige Härten durch etwaigen Landentzug für den Pächter
verhindert. Es ist paritätisch aus Naturschutz- und Landwirtschaftsvertretern
zusammengesetzt und entscheidet mit einfacher Mehrheit.
Nach Vorgaben des BfN muss mindestens die
Hälfte des Kerngebiets langfristig über eine Schutzverordnung als strenges
Schutzgebiet (Naturschutzgebiet, Geschützter Landschaftsbestandteil,
Naturdenkmal, Naturwaldreservat) gesichert sein, um den Einsatz von
Bundesmitteln im NGP dauerhaft abzusichern. Diese Vorgabe kann durch eine
Verkleinerung des Kerngebiets und / oder durch Ausweisung von staatlichen
Flächen (z. B. Staatswald), Flächen der Naturschutzverbände und sonstige
bereits fest dem Naturschutz gewidmete Flächen (Ausgleichsflächen) als strenge
Schutzgebiete erreicht werden. Die Vorgehensweise wird voraussichtlich im
Frühjahr 2013 durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit
entschieden. Schon jetzt stellte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt
und Gesundheit jedoch klar, dass es nicht beabsichtigt ist, private Flächen als
Naturschutzgebiete im Kerngebiet neu auszuweisen, außer es liegen dafür entsprechende
Einverständnisse der Grundstückseigentümer vor.
Da die Satzung des Zweckverbandes des NGP's
nur bis zum 30.06.2013 gültig ist, wurde eine neue Satzung entworfen, die die
Umsetzung des PEPL's in der Phase II ermöglicht.
II. Rechtliche Situation
Zweckverbände sind grundsätzlich aufgrund
ihrer körperschaftlichen Struktur auf Dauer angelegt. Im Einzelfall ist etwa
schon von der Aufgabe des Zweckverbandes her eine zeitliche Befristung möglich
(vgl. Hauth/Hillermeier/Bonengel/Kitzeder, Verwaltungsgemeinschaft und
Zweckverbände, Erl. zu Art. 18 KommZG).
Vorliegend haben sich die
Verbandsmitglieder darauf verständigt, das Projekt in zwei Phasen zu
realisieren, wobei der Zweckverband mit Ablauf der Phase I zum 30.06.2013
aufgelöst sein sollte, wenn die Verbandsmitglieder nicht zuvor dem Übergang in
die Phase II des Naturschutzgroßprojektes zustimmen (§ 19 Satz 1 der
Verbandssatzung). Hierfür ist eine Änderungssatzung für die entsprechenden
Punkte oder eine neue Satzung erforderlich, die die zuvor geltende ersetzt. Die
Zweckverbandsmitglieder haben sich aus Gründen der Übersichtlichkeit für eine
neue Satzung entschlossen.
Bei der Überleitung dieses
Naturschutzgroßprojektes in die zweite Phase handelt es sich um eine
Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung, die mit der Neubildung eines
Zweckverbands vergleichbar ist. Zwar wird hinsichtlich des
Organisationsstatutes auf die noch geltende Verbandssatzung zurückgegriffen,.
die Fortexistenz des Zweckverbandes über den 30.06.2013 hinaus kann jedoch nur
über die beschriebene Änderung erreicht werden. Diese essenzielle Entscheidung
ist deshalb nicht von der Verbandsversammlung zu treffen, sondern von den
Verbandsmitgliedern durch die jeweils zuständigen Beschlussgremien. Die
Regierung von Oberfranken teilt diese Rechtsauffassung.
aus der Beratung:
Frau Heider stellt als Schlusswort für das Protokoll fest, dass die Landwirte schon immer mit der Natur leben und arbeiten.