Sitzung: 20.03.2013 Seniorenbeirat
Vorlage: 032/2013
Am 01.01.2013 ist
das Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) in Kraft getreten. Zielsetzung des
Gesetzes ist es, im Hinblick auf die Auswirkungen des demografischen Wandels
die häusliche und ambulante Pflege zu stärken, sowie der wachsenden Zahl der
Demenzerkrankten Rechnung zu tragen.
Datenlage im Landkreis Coburg
Bis zum Jahr 2030
wird nach Berechnungen der Bertelsmann Stiftung die Zahl der Pflegebedürftigen
im Landkreis Coburg von heute 2.810 auf 3.760 um rund 34 Prozent steigen. Davon
werden ca. 1.780 Personen an Demenz erkrankt sein, was im Vergleich zur
aktuellen Situation fast eine Verdoppelung bedeuten würde. Derzeitig werden ca.
53 % ausschließlich von ihren Angehörigen versorgt, bei 23 % der Betroffenen
wird eine ambulante, bei 24 % eine stationäre Hilfe geleistet.
Die gesetzlichen Änderungen im Überblick
Leistungsverbesserung für dementiell erkrankte Menschen
Erstmals haben auch
Demenzerkrankte, die noch keine Pflegestufe erhalten, aber bei denen ein
erheblicher allgemeiner Betreuungsbedarf nach § 45b SGB XI anerkannt wurde,
einen Anspruch auf Pflegegeld (120 EUR pro Monat). Wahlweise können auch
Pflegesachleistungen beansprucht werden (max. 225 EUR pro Monat). Zudem gibt es
auch die volle Leistung für Verhinderungspflege (1.550 EUR im Jahr), Zuschüsse
für genehmigte Wohnanpassungen (max. 2.557 EUR pro Maßnahme) und technische
Pflegehilfsmitte wie Lifter oder Pflegebett. Auch in Pflegestufe 1 und 2
erhalten Demenzkranke dann mehr Pflegegeld und Sachleistungen.
Betreuung als Pflegesachleistung
Ab 2013 können
Pflegebedürftige und Demenzkranke neben den bisherigen Leistungen der
Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung auch häusliche Betreuung als
Pflegesachleistung in Anspruch nehmen. Auch Menschen mit Demenz, die keiner der
drei Pflegestufen zugeordnet sind (Pflegestufe 0) können Betreuungsleistungen
als von den Pflegediensten zu erbringende Sachleistung erhalten. Dazu zählen
Hilfe, Unterstützung und Beaufsichtigung im häuslichen Umfeld und Aktivitäten
zur Gestaltung des Alltags. Außerdem können mehrere Demenzkranke gemeinsam
solche Leistungen in Anspruch nehmen.
Verbesserung der Situation pflegender Angehöriger
Bisher wurde die
Zahlung des Pflegegeldes für die Tage eingestellt, während derer ein
Pflegebedürftiger sich in Kurzzeitpflege nach einem Klinikaufenthalt befand
oder Verhinderungspflege wegen Urlaubs oder Krankheit des pflegenden
Angehörigen geleistet wurde. Ab 2013 werden 50 Prozent des Pflegegeldes während
diesen Zeiten weiter gezahlt. Darüber hinaus erhält der Pflegebedürftige das
volle Pflegegeld bei einer stundenweisen Verhinderungspflege.
Um rentenrechtlich abgesichert zu sein, müssen pflegende Angehörige
mindestens 14 Stunden pro Woche häuslich Pflegen. Neu ist, dass bei der Pflege
von zwei oder mehr Angehörigen die rentenrechtlichen Zeiten zusammenaddiert
werden können.
Wenn Pflegepersonen an Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen
teilnehmen, sollen nach neuem Recht die Reha-Kliniken die Versorgung des zu
Pflegenden ermöglichen. Bisher konnten Reha-Kliniken das nur in einem
gesonderten Kurzeitpflegebereich, der einen Pflegeheimstatus hat.
Zuschüsse für einen barrierefreien Umbau
Ab 2013 erfolgt keine Einkommensprüfung und Eigenbeteiligung zur
Gewährung von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen mehr. Jedem Pflegebedürftigen
werden dafür max. 2.557 € zur Verfügung gestellt.
Die Gewährung von Umbaumaßnahmen wird maßnahme- und personenbezogen
gewährt. Das bedeutet dass Pflegebedürftige, die in einer Wohngemeinschaft
zusammen leben, den maximalen Förderrahmen für einen Umbau anheben können, da
dieser bis zu einer Obergrenze von 4 Personen 4 x 2.557 €, also bis zu 10.228 €
betragen kann.
Zum Kreis der Berechtigten zählen ab sofort auch nicht mehr nur noch
körperlich beeinträchtigte Pflegebedürftige, sondern auch Demenzkranke und
andere Menschen mit erheblich eingeschränkten Alltagskompetenzen wie z.B.
psychische Kranke.
Flexible Inanspruchnahme von Leistungen
Bisher war eine
Abrechnung nach der Dauer des pflegerischen Einsatzes nicht möglich, sondern
nur die Abrechnung nach Leistungsmodulen. Künftig kann auf Wunsch des
Pflegebedürftigen auch die tatsächliche Dauer der Leistung abgerechnet werden.
Bsp.
Für das Leistungsmodul „Vollbad“ wurden bislang pauschal 23 € abgerechnet,
gleich wie viel Zeit die Pflegekraft dafür tatsächlich aufwendet hat. Künftig
kann auch die dafür erforderliche Zeit abgerechnet werden.
Der Pflegebedürftige
soll so in die Lage versetzt werden, die von ihm benötigten Leistungen nach
seinen Bedürfnissen zusammen zu stellen.
Stärkung alternativer Wohn- und Betreuungsformen
Als Anreiz zur
Gründung einer ambulanten Wohngruppe mit mindestens drei Pflegebedürftigen wird
bis spätestens Ende 2015 ein Zuschuss von einmalig 2.500 € pro
Pflegebedürftigen gewährt, bei einer max. Fördersumme von 10.000 €, je Wohngemeinschaft
gewährt.
Die
Pflegebedürftigen in selbstorganisierten Wohngemeinschaften erhalten in den
Pflegestufen 1-3 jeweils 200 € monatlich zusätzlich für eine Präsenz- oder
Einzelpflegekraft. Diese übernimmt die Organisation und stellt die Pflege in
der Wohngruppe sicher.
Es ist möglich,
Leistungsansprüche zu „poolen“. Beispielsweise kümmert sich in einem Wohnhaus
oder in einer Wohngemeinschaft ein zugelassener Pflegedienst um mehrere
Pflegebedürftige. Dadurch wird in vielen Fällen Zeit und damit Geld gespart, mit
dem dann zusätzliche Betreuungsleistungen finanziert werden kann. Die durch
"gepoolte" Leistungsansprüche erschlossenen
Wirtschaftlichkeitsreserven sind vom ambulanten Pflegedienst ausschließlich im
Interesse der am "Pool" beteiligten Pflegebedürftigen zu deren
Betreuung zu nutzen.
Verbesserung der medizinischen Versorgung in Heimen
Zur besseren
ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung von Heimbewohnern müssen Heime, Ärzte
und Zahnärzte künftig Vereinbarungen schließen, die auch die Zusammenarbeit mit
den Pflegekräften regeln. Pflegeheime haben darüber zu informieren, wie die
Bewohner ärztlich, zahnärztlich und medikamentös versorgt werden.
Ehrenamtliche
Helfer in der stationären Pflege
Für den Einsatz
ehrenamtlicher Kräfte in Alten- und Pflegeeinrichtungen können Heimträger
künftig Aufwandsentschädigungen zahlen, die die Pflegekassen übernehmen.
Förderung der Selbsthilfe
Selbsthilfegruppen,
die sich Themen rund um die Pflege widmen, erhalten eine Förderung von 0,10 €
jährlich pro Versichertem, um den sie sich kümmern. Insgesamt stellen die
Pflegekassen dafür 8 Millionen € jährlich zur Verfügung.
Verbesserungen bei Beratungen und Begutachtung von Antragstellern
Zur besseren
Beratung werden die Pflegekassen verpflichtet, die Versicherten und Angehörigen
in für sie verständlicher Weise über Leistungen der Pflegekasse sowie über
Leistungen und Hilfen anderer Träger zu informieren.
Einem Antragsteller
auf Pflegeleistungen muss die zuständige Pflegekasse innerhalb von 2 Wochen
einen Beratungstermin und einen Ansprechpartner nennen. Auf Wunsch des
Versicherten muss die Beratung bei ihm zu Hause oder in der Einrichtung, in der
er lebt, erfolgen. Können dies die Pflegekassen nicht selbst fristgerecht
leisten, müssen sie einen Beratungsgutschein für einen anderen qualifizierten
Dienstleister ausstellen.
Kann der MDK
Pflegebedürftige oder Antragsteller auf Pflegeleistungen nicht innerhalb von 4
Wochen begutachten, müssen die Pflegekassen dem Versicherten mindestens 3
andere Gutachter zur Auswahl nennen.
Liegen
Begutachtungsentscheidungen nicht innerhalb 1 Monats vor, müssen die
Pflegekassen Antragstellern künftig für jede begonnene Woche der
Fristüberschreitung 70 EUR als erste Versorgungsleistung bereitstellen. Eine
kürzere Frist von beispielsweise einer Woche gilt dann, wenn der
Pflegebedürftige sich im Krankenhaus oder einer Reha-Einrichtung befindet und
für die Weiterversorgung zu Hause eine eilige Klärung der Pflegestufe wichtig
ist.
Dem Antragssteller
muss auf Wunsch jederzeit das ausführliche Gutachten zur Pflegeeinstufung
zugesandt werden.
Zukunftssichere Finanzierung
Der Beitragssatz für
die Pflegeversicherung steigt ab dem 01.01.2013 um 0,1 Prozentpunkte auf 2,05
Prozent bzw. für Kinderlose auf 2,3 Prozent des Bruttoeinkommens.
Eine staatliche
Zulage von 60 EUR im Jahr enthalten alle ab 2013, die eine private
Pflege-Zusatzversicherung abschließen. Die Versicherungsunternehmen dürfen
keinen Antragsteller aufgrund möglicher gesundheitlicher Risiken ablehnen.
Risikozuschlage und Leistungsausschlüsse sind nicht erlaubt.
Sachverhalt: