Beschluss: einstimmig

Beschluss:

 

Der Ausschuss für Jugend und Familie beschließt die Konzeption Pflegekinder des Fachbereichs Jugend, Familie und Senioren. Die Konzeption wird im Rahmen eines 3 jährigen Projektes umgesetzt, die erforderlichen Mittel zur Umsetzung sind im Rahmen der Haushaltsplanung zu berücksichtigen.

Dem Ausschuss für Jugend und Familie wird spätestens Ende 2014 ein Bericht mit Angaben zur Zielerreichung vorgelegt.

 

 

 


Sachverhalt:

 

Vorgeschichte

 

Im Ausschuss für Jugend und Familie vom 12.07.2011 wurde ausführlich über Pflegefamilien im Landkreis Coburg und den Handlungsbedarf aus Sicht der öffentlichen Jugendhilfe informiert.

Ergebnis war, eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Fraktionen und der Verwaltung einzurichten, die -nach differenzierter Betrachtung der Problemlage und der Handlungsoptionen- einen Vorschlag für ein neues Konzept erarbeiten und die daraus resultierenden Kosten für den Haushalt aufzeigen sollte.

 

Die Arbeitsgruppe hat 2 x – im November 2011 und im Juni 2012- getagt. Mitglieder waren die Kreisräte Frank Rebhan (SPD) und Hans Lotter (FW), die Kreisrätinnen Christine Heider (CSU/LV) und Dagmar Escher (Bündnis 90 / Die Grünen), sowie von der Verwaltung Petra Wiesner und Petra Prause vom Pflegekinderfachdienst, Thomas Wedel als zuständiger Aufgabenbereichsleiter, sowie Angelika Sachtleben als Jugendamtsleiterin.

 

Ergebnisse der Arbeitsgruppe

 

Analyse

 

Im Landkreis Coburg sind derzeitig Kinder in Heimerziehung untergebracht, die grundsätzlich auch in einer Pflegefamilie leben könnten, für die jedoch zum Zeitpunkt der Unterbringung keine verfügbar waren/sind.

 

Neben fachlichen Unterschieden beider Hilfeformen sind Heimunterbringungen wesentlich kostenaufwändiger als die Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien.

 

 

Der quantitative Ausbau der Hilfeform „Vollzeitpflege“ ist demnach fachlich wie finanziell sinnvoll und notwendig.

 

Qualitativ hat sich die Situation von Pflegefamilien in den zurückliegenden Jahren verändert:

-              Pflegekinder sind schwieriger geworden. Sie bringen wesentlich mehr persönlichen „Ballast“ in die Pflegefamilie mit oder sind z.B. seelisch behindert.

-              Die pauschalierten Beihilfen sind laut Rückmeldung von Pflegeeltern zu niedrig.

-              Pflegeeltern, die sich ausschließlich dem Erziehungsauftrag widmen, sind z.T. nicht (privat) rentenversichert.

Der Erhalt und der Ausbau der Vollzeitpflege braucht eine qualitativ angemessene materielle und immaterielle Unterstützung der Pflegeeltern.

 

Schlussfolgerung

 

Das Amt für Jugend, Familie und Senioren führt ein Projekt mit 3-jähriger Laufzeit durch.

Projektbeginn ist der 01.09.2012.

 

Ziele des Projektes sind

 

·                     die Schaffung von 14 neuen, zusätzlichen Plätzen in der Bereitschafts- und Vollzeitpflege und in sonderpädagogischen Pflegestellen,

·                     die entsprechende Reduzierung der Heimunterbringungen,

·                     die Anpassung von Erziehungszuschlägen und Beihilfen für Pflegefamilien und

·                     die Umsetzung einer „Kampagne“ zur Altersvorsorge von Pflegeeltern

 

Basis der inhaltlichen Arbeit ist die neue Pflegekinderkonzeption (Anlage 1).

 

Konkrete Maßnahmen

 

1.       Zur Gewinnung neuer Pflegeeltern sind neue Wege, potentielle Familien erreichen,      sie zu informieren und sie vorzubereiten, zu beschreiten.

 

Dies soll über

-      SozialraummentorInnen
Erfahrene Pflegeeltern sprechen vor Ort Familien an und werben dafür, Pflegeeltern zu werden. Sie halten Kontakt zu den Pflegefamilien, organisieren Austauschtreffen vor Ort, bereiten ggf. relevante Themen auf und sind Erstanlaufstelle bei auftauchenden Fragestellungen.

-      die Herausgabe eines Handbuches für Pflegeeltern mit Informationen zu pädagogischen, psychologischen und rechtlichen Fragestellungen, sowie Hilfsangeboten und Ansprechpartnern vor Ort

sowie

-      Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber

umgesetzt werden.

 

Die Akquise von MentorInnen und die Herstellung des Handbuchs sollen in 2012, die Vorbereitungskurse ab 2013 realisiert werden.

 

2.       Pflegefamilien –neue wie erfahrene- brauchen angemessene finanzielle           Unterstützung, sowie eine fachlich gute Begleitung.

         

Der angemessenen finanziellen Unterstützung soll durch die Einführung eines standardisierten Bewertungsverfahrens, mit dem der erhöhte Erziehungsaufwand festgestellt (und vergütet) wird, Rechnung getragen werden. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen sind in 2012 zu schaffen, so dass eine Anwendung zum 01.01.2013 erfolgen kann.

 

Bezüglich der pauschalierten Beihilfen wurde Anfang 2012 eine Befragung der Pflegefamilien durchgeführt. Dies war in der Sitzung des Ausschusses für Jugend und Familie im Februar 2011 zugesagt worden. Von den 33 Pflegeeltern, die sich beteiligt haben, sprachen sich 55 % gegen eine Pauschalzahlung aus, wobei mehrheitlich in den Erläuterungen tatsächlich nicht die Pauschalierung an sich, sondern deren Höhe und der monatliche Auszahlungsmodus kritisiert wurden. Vorgeschlagen wurde, eine Alterstaffelung einzuführen.

Die Pauschalierung soll deshalb bereits mit Schuljahresbeginn 2012/2013 angehoben und altersdifferenziert werden. Vorgesehen ist eine Pauschalzahlung in Höhe von 200 € jährlich für Kinder bis zum Ende der Grundschulzeit und 300 € ab der 5. Klasse Schulbesuch.

                      

Die fachliche Begleitung durch den Pflegekinderfachdienst wird von den Pflegeeltern geschätzt. Gewünscht wird aber eine höhere zeitliche Intensität und eine bessere Erreichbarkeit.

Die Projektplanung sieht vor, das Team des Pflegekinderfachdienstes um eine 0,5 Fachkraft Sozialpädagoge zu erweitern. Neben der besseren Begleitung der Familien deckt diese zusätzliche Stelle auch den Mehrbedarf durch den quantitativen Ausbau ab. Eine Stellenmehrung ist damit nicht verbunden, da zum 30.08.2012 das „Aktionsprogramm Kindertagespflege“, besetzt mit einer 0,5 Stelle, beendet wird und diese Stelle dafür verwandt wird.

 

3.       Spätestens ab Januar 2014 soll die Vermittlung von Kindern in die neuen Pflegefamilien, die 2013 gewonnen und vorbereitet wurden, erfolgen.

          Zum einen werden im Rahmen der Hilfeplanung alle grundsätzlich familienfähigen Kinder, die in Wohngruppen (also in der Heimerziehung) untergebracht sind, auf einen Wechsel in eine Pflegefamilie überprüft.

          Zum anderen hat bei allen in Frage kommenden Neufällen die Vermittlung in die Pflegefamilie Vorrang vor der Unterbringung in einem Heim.

 

4.       Eine Informationskampagne zur Altersvorsorge ist für 2012 und 2013 vorgesehen. Alle Pflegefamilien sollen angeschrieben und informiert werden; darüber hinaus ist dieser Punkt in den Beratungsgesprächen aufzugreifen.

 

Kostenkalkulation

 

Die hochgerechneten Mehrausgaben für 2012 betragen 23.200 €.

Nach aktuellem Stand der Einnahmen/Ausgaben können diese Mehraufwendungen aus dem laufenden Jugendhilfehaushalt gedeckt werden.

 

2013 entsteht ein Mehrbedarf in Höhe von knapp 130.000 €. Die wesentlichen Ausgabepositionen sind hier die Erweiterung der Bereitschaftspflege, sowie die oben beschriebenen qualitativen Maßnahmen.

 

2014 soll die 1. Ausbaustufe der Vollzeitpflege zum Tragen kommen: die ersten neuen Pflegefamilien werden –statt Heimerziehung- belegt. Summarisch reduzieren sich deshalb die Mehrausgaben auf 23.300 €.

 

Ab 2015 stehen den Mehraufwendungen für Pflegefamilien in Höhe von 345.400 € Minderausgaben in Höhe von 525.000 € gegenüber.

 

 

Zusammenfassung

 

Die neue Pflegekinderkonzeption ist als 3-jähriges Projekt aufgelegt und differenziert sich in den Ausbau der Vollzeitpflege und in Qualitätsverbesserungen aus. Die qualitativen Änderungen sind höhere Beihilfeleistungen für Pflegefamilien, eine standardisierte Feststellung und Vergütung des erhöhten Erziehungsaufwands, sowie die Altersvorsorge von Pflegeeltern. Diesen Maßnahmen stehen keine unmittelbaren Einsparungen in anderen Bereichen gegenüber. Diese treten nur über den Ausbau an Pflegefamilien ein. Jede Heimunterbringung kostet mehr Geld als selbst die teuerste Form in der Vollzeitpflege. Gelingt es, 14 Heimunterbringungen durch neue Plätze in Pflegefamilien zu ersetzen, werden ab 2015 fast 200.000 € jährlich weniger ausgegeben, wobei die Kosten der Qualitätssteigerung bereits mit berücksichtigt sind.

 

Das die neue Pflegekinderkonzeption als Projekt aufgelegt wird, trägt dem „Risiko“ der Umsetzung Rechnung. Gelingt es nicht, 14 Heimunterbringungen durch neue Vollzeitpflege zu ersetzen, sind keine langfristig bindenden Entscheidungen, z.B. hinsichtlich der personellen Erweiterung des Pflegekinderfachdienstes entstanden.

Abgesehen von den Qualitätsverbesserungen liegt das finanzielle Risiko bei einem vollständigem Scheitern des Projektes bei 10.000 €[1] jährlich und reduziert sich mit jedem zusätzlichen Platz in einer Pflegefamilie.

 

Dem Ausschuss für Jugend und Familie wird deshalb spätestens Ende 2014 ein Bericht mit Angaben zur Zielerreichung vorgelegt.

 

Der konkrete Projektplan mit Angaben zu den einzelnen Maßnahmen, der Terminplanung und dem jeweiligen Ressourceneinsatz ist der Anlage 2 zu entnehmen.

 



[1] 2013: 14.000 €, ab 2014: 6.000 €


aus der Beratung:

 

Kreisrat Carsten Höllein schlägt vor, das Konzept in weiteren maßgeblichen Gremien, z. B. dem Bayer. Gemeindetag vorzustellen.