Beschluss: einstimmig

Beschluss:

 

Um zusätzlichen Bürokratieaufbau im Landratsamt aber auch in den ehrenamtlich geführten Vereinen und Verbänden zu vermeiden, wird die bayerische Ehrenamtskarte im Landkreis Coburg derzeit nicht eingeführt.

 

Da dem Ehrenamt ein äußerst hoher Stellenwert beigemessen wird, wird die Verwaltung beauftragt mit den Vereinen und Verbänden im Landkreis Coburg Kontakt aufzunehmen. Gemeinsam mit ihnen soll erarbeitet werden, was sie als Wertschätzung ihrer Arbeit empfinden um daraus ableiten zu können, wie sich die Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements zukünftig gestalten kann.


Sachverhalt:

 

Nach einem dreijährigen Modellversuch im Landkreis Cham will das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen die Ehrenamtskarte jetzt bayernweit einführen.

Ziel ist es, den Freiwilligen nicht nur mit Worten, Auszeichnungen oder besonderen Aktionen zu danken, sondern den Ehrenamtlichen über die neu eingeführte Rabattkarte verschiedene Vergünstigungen und Ermäßigungen zu Gute kommen zu lassen.

 

Wie funktioniert‘s?

 

Landkreise und Städte, die bei sich die Bayerische Ehrenamtskarte einführen möchten, aquirieren in ihrer Region möglichst viele Akzeptanzpartner wie Museen, öffentliche Einrichtungen aber auch Gewerbetreibende etc., die Rabatte auf ihre Dienstleistungen und Waren gewähren. Da die Vergünstigungen der Karte für die Karteninhaber nicht nur in den Heimatgemeinden- und Landkreisen gelten sollen, sondern in ganz Bayern, müssen die Akzeptanzpartner sich bereit erklären den Rabatt für jeden zu gewähren, der eine Ehrenamtskarte hat, unabhängig davon woher er kommt.

Der Landkreis/ die Stadt wird dann in das bayernweite Netz der Regionen aufgenommen, die eine Ehrenamtskarte vergeben. Die Karte wird über eine Internetseite beworben, über die auch die verschiedenen Rabatte der Akzeptanzstellen abrufbar sind. So soll die Möglichkeit eröffnet werden z.B. bei Urlaubsfahrten bereits im Vorfeld nachsehen zu können ob es dort Vergünstigungen mit der Ehrenamtskarte gibt.

 

Wer kann die Karte erhalten?

 

Alle ehrenamtlich Tätigen, die:

-          das 16. Lebensjahr vollendet haben,

-          sich wöchentlich mindestens durchschnittlich fünf Stunden oder bei Projektarbeiten 250 Stunden jährlich engagieren,

-          mindestens zwei Jahre aktiv bzw. seit Gründung in einem Verein, einer Organisation oder einer Initiative eingebunden waren,

-          im Landkreis Coburg wohnen oder im Landkreis Coburg ehrenamtlich engagiert sind,

-          keine Aufwandsentschädigung für ihre ehrenamtliche Tätigkeit erhalten, die über einen Auslagenersatz hinaus geht,

-          Inhaber der Jugendleitercard (Juleica) sind – sie erhalten die Ehrenamtskarte ohne weitere Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen,

-          Inhaber des Ehrenzeichens des bayerischen Ministerpräsidenten sind – sie erhalten eine unbegrenzt gültige goldene Ehrenamtskarte.

Wer kann den Antrag stellen?

 

Antragsberechtigt sind Verbände, Vereine, Organisationen, Gemeinden und auch die Ehrenamtlichen selbst. Der Antrag wäre beim Landkreis Coburg zu stellen. Auf dem Antragsformular (Vordruck) muss das ehrenamtliche Engagement von der jeweiligen Einsatzstelle bestätigt werden.

 

Die Karte ist nach Ausstellung drei Jahre gültig.

 

Welche Aufgaben kommen dabei auf die Landkreisverwaltung zu?

 

Nahezu identisch zur Einführung der Familiencard müssten im Landkreis Coburg

-        Werbepartner aquiriert werden,

-        in eine Datenbank überführt werden, die dann ins Internet gestellt wird,

-        die Daten müssen regelmäßig gepflegt werden, was erfordert die einzelnen Akzeptanzstellen regelmäßig abzufragen inwiefern sie ihr Angebot aufrecht erhalten

-        die eingehenden Anträge müssen bearbeitet werden (3jährige Gültigkeit)

-        die Kartenübergabe muss vorbereitet werden (in den meisten beteiligten Landkreisen findet sie in Form einer kleinen „Feierstunde des Ehrenamts“ statt)

Welche Aufgaben kommen auf die Vereine, Verbände etc. zu?

 

Sie müssen das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitglieder dokumentieren und auf den Antragsvordrucken bestätigen.

 

Im Landkreis Coburg ist die Einführung der Bayerischen Ehrenamtskarte aus Sicht der Verwaltung differenziert zu betrachten. Pro und Contra werden in der folgenden Tabelle dargestellt:

 

 

Pro

Contra

Zur Karte an sich

-   Scheckkartenformat; kann man leicht überall hin mitnehmen

-       Es gibt grundsätzlich bereits sehr viele verschiedene Rabattkarten, auch spezifische für unsere Region (z.B. NP-Card)

Zu den Akzeptanz-stellen

-   Überörtlich einsetzbar

-       Bislang sehr wenig attraktive und auch insgesamt sehr wenige Akzeptanzstellen

 

-       Aufgrund der Dichte der bestehenden Angebote, gehen alle auf die gleichen Akzeptanzstellen zu. Das hat zur Folge, dass oftmals nicht mehr als ein Minimalrabatt gewährt wird (wird auch deutlich, wenn man sich die Rabatte der bisherigen Akzeptanzstellen der Ehrenamtskarte betrachtet)

Vereine/ Verbände

-        Zusätzliche Rabattmöglichkeit für ehrenamtlich Tätige

-       Zusätzlicher Bürokratieaufbau durch die Dokumentation und Bescheinigung des ehrenamtlichen Engagements, der aber i.d.R. auch von Ehrenamtlichen bewältigt werden muss

-       5 Stunden pro Woche sind hoch angesetzt – was ist z.B. mit dem Schriftführer eines Vereins, einer Position um die sich i.d.R. niemand reißt, die aber keine 5 Stunden ausmacht? Selbst der Gruppenleiter einer Jugendgruppe kommt nicht auf regelm. 5 Std. pro Woche

 

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob das Ausstellen einer drei Jahre gültigen Rabattkarte mit derzeit sehr wenig attraktiven Vergünstigungen tatsächlich dem Ziel gerecht wird, den ehrenamtlich Tätigen die Wertschätzung zu teil werden zu lassen die sie verdient haben.

 

Aus der Motivationsforschung ist bekannt, dass aus sich selbst heraus motivierte Menschen – und dazu zählen alle Ehrenamtlichen – auf Belohnungssysteme, die nicht ihre individuelle Leistung und ihre Person in den Vordergrund stellen, sondern die eher verallgemeinernd wirken, nur in den wenigsten Fällen positiv reagieren. Bei der Mehrheit bleibt die erhoffte Wirkung aus und bei Einigen führt die Einführung einheitlicher Anreizsysteme eher zu einem gegenteiligen Effekt, da begonnen wird die „Wertigkeit“ des eigenen Einsatzes mit der „Wertigkeit“ des Einsatzes Anderer zu vergleichen.

 

Dass das Engagement ehrenamtlich engagierter Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht genug geschätzt werden kann, steht außer Frage. Interessant wäre es, von den Ehrenamtlichen selbst zu hören, was sie als Anerkennung ihrer Leistung empfinden würden. Ist das bekannt, kann gezielt ein Anerkennungssystem überlegt werden, das dem Einzelnen gerecht wird und auch in dessen Augen tatsächliche Wertschätzung ausdrückt.