Sitzung: 14.07.2011 Ausschuss für Landkreisentwicklung und Wirtschaftsfragen
Beschluss: einstimmig
Vorlage: 253/2011
Der Kreistag des Landkreises Coburg beschließt, dass die Strategie hin zu einer gemeinsamen, länderübergreifenden Modellförderregion in Kooperation mit den Nachbarn Stadt Coburg, Landkreis Kronach, Landkreis Sonneberg und dem Landkreis Hildburghausen weiterverfolgt wird. Ziel ist der Erhalt von Fördermöglichkeiten für die Unternehmen im heimischen Wirtschaftsraum und für die Kommunen im Rahmen ihrer zukünftigen Infrastrukturinvestitionen. Damit soll es dem Landkreis Coburg auch in Zukunft ermöglicht werden den Strukturwandel aktiv zu begleiten.
Der Landrat wird beauftragt, entsprechende Vereinbarungen mit den Nachbarregionen anzustreben und sich ggf. in der Kooperation mit den Partnern bei den übergeordneten und für die Fördergebietskulisse zuständigen Stellen auf Landes- und EU-Ebene für entsprechende Weichenstellungen einzusetzen.
Sachverhalt:
Der Landkreis Coburg ist in der aktuellen Förderperiode (2007-2013) zum überwiegenden Teil als D-Fördergebiet im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW- oder GA-Förderung) eingestuft. Die Stadt Neustadt bei Coburg und die Gemeinde Sonnefeld sind aktuell als C-Fördergebiet eingestuft.
Bezogen auf die Wirtschaftsförderung für Unternehmen hängen von dieser Einstufung die Förderquoten für Investitionen heimischer Unternehmen und externer Investoren ab. Aktuell können Investitionen von Unternehmen im Landkreis Coburg wie folgt gefördert werden:
C-Fördergebiet (Neustadt bei Coburg, Sonnfeld):
o Kleinunternehmen (bis 50 Mitarbeiter): 30%
o Mittlere Unternehmen (bis 250 MA): 20%
o Großunternehmen (über 250 MA): 10%
D-Fördergebiet (restlicher Landkreis):
o Kleinunternehmen (bis 50 Mitarbeiter): 20%
o Mittlere Unternehmen (bis 250 MA): 10%
o Großunternehmen (über 250 MA): keine Förderung
Trotz anhaltendem Fördergefälle gegenüber Nachbarregionen hat die EU-Strukturförderung in der ablaufenden Förderperiode erfolgreiche Effekte im Wirtschaftsraum Coburg gebracht. Die Wirtschaftsförderung konnte zahlreiche Unternehmensinvestitionen aktiv und mit höchster Zufriedenheit seitens der Betriebe aktiv begleiten. Darin ist auch ein Grund zu sehen, warum die jüngste Wirtschaftskrise im Landkreis Coburg ganz gut bewältigt werden konnte.
Mit Vorlage des europäischen Kohäsionsberichts im Herbst 2010 haben „hinter den Kulissen“ der zuständigen europäischen, nationalen und bayerischen Behörden die Vorbereitungen zur nächsten Strukturförderperiode begonnen. In nächster Zeit werden die Förderbedingungen für die europäischen Regionen im Zeitraum 2014-2020 ‚festgezurrt’.
Die Wirtschaftsförderung im Landratsamt hat sich in der Vergangenheit bereits um diesen Prozess gekümmert und engagiert sich zum Erhalt von Fördermöglichkeiten für den heimischen Wirtschaftsraum:
23. März 2010 Gespräch
mit den verantwortlichen Mitarbeitern im Bayerischen
Wirtschaftsministerium
13. Oktober 2010 Gespräch
mit den verantwortlichen Mitarbeitern im Bundes-
wirtschaftsministerium
25. Oktober 2010 Wirtschaftsfördererkonferenz
im Bundeswirtschaftsministerium
zusammen mit
MdB Burgbacher, MdB Michelbach und MdB Stauche
13. Januar 2011 Infoveranstaltung
mit dem Leiter der Vertretung der EU-Kommission
in München
zur Revision der EU-Regionalförderung
27. Januar 2011 Wirtschaftspolitisches
Fachgespräch mit Minister Fahrenschon bei der
IHK zu Coburg
31. Mai 2011 Strukturförderkonferenz
von MdB Hans Michelbach und MdB Stauche
in Sonneberg
Aktuelle Sachlage im Vorfeld der Festlegung der zukünftigen Förderregionen in Europa:
- Der
Landkreis Coburg hat sich gegenüber der vorangegangenen Förderperiode in
den zur Förderabgrenzung relevanten Indikatoren (u.a. Arbeitslosenquote)
derart verbessert, dass er aus der Fördergebietskulisse der nächsten
Jahre herauszufallen droht.
- Für die neue Förderperiode soll es vorauss. keinen Automatismus der Förderung nach geogr. Grenzen mehr geben.
- Die neuen Bundesländer werden wohl nicht mehr flächendeckend einen Höchstförderstatus für sich einlösen können; vielerorts bemüht man sich dort um eine Phasing-Out-Förderung (= Übergangsregelung) auf hohem Niveau.
- Damit der Landkreis Coburg wieder einen Fördergebietsstatus erlangen kann, darf die mathematische Formel (Indikatoren: Arbeitslosigkeit, Infrastrukturindikator, Einkommensniveau, u.a.) zur Ermittlung der Förderbedürftigkeit nicht mehr alleiniges Kriterium sein.
- Derzeit
auf europäischer Ebene in Diskussion:
à verstärkte Kanalisation der EU-Fördermittel in die PIIGS-Staaten
à Mittelzuweisungen zur Energiewende
(binden Mittel für die zukünft. Regionalförderung) - Zeitplan
zur EU-Fördergebietsabgrenzung in den nächsten Monaten:
- Juni 2011: Kommission wird Vorschläge zur zukünftigen Förderperiode
unterbreiten
+ danach: „Brüsseler Teppichrunde“
= Aushandeln der Förderung
+ 09/2011: Vorlage einer EU-Verordnung zur Förderung - Die
Rolle der Mitgliedsstaaten bei Verteilung der Mittel auf
Bundesländer-Ebene muss genutzt werden (sie können über rund 2,5 % des
Regionalförderbudgets verfügen;16 % liegen in der freien Verfügungsmasse
der Mitgliedsstaaten)
Es zeichnet sich immer mehr ab,
dass das Kernthema für den Landkreis Coburg eine Interregionale
Zusammenarbeit (= Alleinstellungsmerkmal, über das wir in den Förderstatus
kommen könnten) sein muss. Hier gilt es Spielräume zu nutzen!
Quintessenz: + Grenzübergreifende
Fördermodellregionen können eine Chance (die
einzige?) sein
(„höchste Chancen-Ausnutzung“), um ggf. gemeinsam
wieder einen
Fördergebietsstatur zu erreichen.
+ Energiewende vertreibt ggf. energieintensive
Industriekerne aus dem
gemeinsamen Wirtschaftsraum
Coburg-Kronach-Südthüringen
Im Rahmen der Strukturförderkonferenz am 21. Mai 2011 in Sonneberg haben sich die beteiligten Politiker aus dem Raum Coburg, Kronach und Südthüringen dahingehend verständigt, dass man eine gemeinsame, bundesländerübergreifende Modellregion für eine Förderung eines Industrieraums im Strukturwandel verfolgen möchte.
Damit der Landkreis Coburg diese Strategie weiterverfolgen kann, bedarf es eines Commitments der Kreispolitik.
aus der Beratung:
Wirtschaftsförderer
Martin Schmitz berichtet über die Entwicklungen im Vorfeld der neuen Förderperiode
2014 – 2020. Es geht hierbei vor allem um die Unternehmensförderung der EU und
der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ (GRW), die in der noch laufenden Periode laut dem
Wirtschaftsförderer bei vielen Investitionsvorhaben gute Effekte für den
heimischen Wirtschaftsraum mit sich gebracht haben. Da sich die
Indikatoren-Werte zur Förderbedürftigkeit im Wirtschaftsraum Coburg stark
verbessert haben, sieht der Wirtschaftsförderer den Erhalt des derzeitigen
Förderstatus kritisch.
Vor diesem
Hintergrund engagiere sich der Landkreis Coburg über seine Wirtschaftsförderung
seit etwa eineinhalb Jahren nachhaltig. Als Ziel führend im Sinne des Erhalts
der Fördermöglichkeiten stellte sich zuletzt ein Ansatz über eine gemeinsame
Fördermodell-Region Coburg-Kronach-Südthüringen heraus, die insbesondere über
MdB Hans Michelbach ins Spiel gebracht wurde. Der Wirtschaftsförderer bittet um
eine kreispolitische Position zu diesem Ansatz, um dieses Thema in naher
Zukunft konsequent weiterverfolgen zu können.
KR Josef Brunner
fragt mit Blick auf die zur Fördergebietsabgrenzung verwendeten Indikatoren nach,
ob die Demografie- bzw. Abwanderungsdaten mit eingerechnet wurden. Martin
Schmitz erklärt, dass es Ansätze seitens der Wirtschaftsförderung hin zu einer
Ergänzung des Indikatoren-Sets gab, die in den Fachgesprächen mit den
zuständigen Ministerialebenen interessiert aufgenommen wurden. Ob die Eingabe
der Landkreiswirtschaftsförderung auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene aber
tatsächlich zur neuen Fördergebietsabgrenzung einfließen wird, bezweifelt der
Wirtschaftsförderer jedoch. Inwieweit inhaltlich daraus Kapital für den
Landkreis gezogen werden könnte, müsse dabei auch mit Vorbehalt bewertet
werden, da unsere Region demografisch derzeit im bundesweiten Vergleich noch
als gut bewertet werden könne.
LR Michael Busch
sieht die einzige Chance zum Erhalt eines Fördergebietsstatus für den Landkreis
Coburg darin, Länder übergreifend mit den Nachbarlandkreisen aus Südthüringen
eine Fördermodell-Region zu realisieren.
Der wirtschaftliche Strukturwandel
der letzten Jahre ist laut KR Gerold Strobel in der Befassung mit dem Thema
leider tendenziell eher negativ besetzt. Er stellt in Frage, ob man vor diesem
Hintergrund den „Strukturwandel“ in dem Entwurf des Beschlussvorschlags
explizit thematisieren müsse. Martin Schmitz stimmt der These zur inhaltlichen
Deutung des Begriffes des „Strukturwandels“ zu. Er erläutert, dass der
wirtschaftliche Strukturwandel im Landkreis Coburg entgegen der landläufigen
Einschätzung aber durchaus positiv zu bewerten sei, was letztendlich die
aktuellen Strukturkennziffern des Landkreises belegen. KR Dressel ergänzt, dass
eine allzu positive Darstellung für die Argumentation zu einer
Förderbedürftigkeit kontraproduktiv wäre.
Für LR Michael Busch ist die Fortführung einer aktiven Begleitung des
Strukturwandels von der ausgeprägten Industriestruktur hin zu einer Stärkung
der Dienstleistungsgesellschaft deshalb auch im fördertechnischen Sinne auch in
Zukunft unabdingbar.
KR Hendrik Dressel sähe
in einem Alleingang des Landkreises geringe Chancen für eine zukünftige Förderung.
Dazu habe sich der Landkreis als Wirtschafts- und Arbeitsraum zu gut entwickelt
– auch dank einer guten Wirtschaftsförderung. Deshalb begrüßt er den
vorgeschlagenen Länder überschreitenden Antrag. Er betont in diesem
Zusammenhang aber auch, dass gegenseitiges Vertrauen notwendig sei, da in
diesem Prozess der Landkreis Coburg von den Thüringer Nachbarn mitgenommen
werden möchte.
LR Michael Busch
stimmt dem mit dem Hinweis zu, dass man sich bereits auf erfolgreiche Projekte
der Zusammenarbeit, wie z.B. dem Klinikverbund Regiomed beziehen könne. Auch im
Bereich Tourismus habe der Landkreis Coburg immer wieder die Zusammenarbeit
gesucht. Wenn es in der Vergangenheit in der Zusammenarbeit an manchen Stellen
etwas hakte, lag es weniger am Willen oder Vertrauen der Partner, sondern oft
an den unterschiedlichen Strukturen in den beiden Bundesländern.
Der Vortrag ist der
Niederschrift als Anlage 2 beigefügt.
Dem Kreistag wird empfohlen, folgenden Beschluss zu fassen:
Der Kreistag des Landkreises Coburg beschließt, dass die Strategie hin zu einer gemeinsamen, länderübergreifenden Modellförderregion in Kooperation mit den Nachbarn Stadt Coburg, Landkreis Kronach, Landkreis Sonneberg und dem Landkreis Hildburghausen weiterverfolgt wird. Ziel ist der Erhalt von Fördermöglichkeiten für die Unternehmen im heimischen Wirtschaftsraum und für die Kommunen im Rahmen ihrer zukünftigen Infrastrukturinvestitionen. Damit soll es dem Landkreis Coburg auch in Zukunft ermöglicht werden den Strukturwandel aktiv zu begleiten.
Der Landrat wird beauftragt, entsprechende Vereinbarungen mit den Nachbarregionen anzustreben und sich ggf. in der Kooperation mit den Partnern bei den übergeordneten und für die Fördergebietskulisse zuständigen Stellen auf Landes- und EU-Ebene für entsprechende Weichenstellungen einzusetzen.
einstimmig