Beschluss: einstimmig

Der Kreistag des Landkreises Coburg beschließt, dass die Strategie hin zu einer gemeinsamen, länderübergreifenden Modellförderregion in Kooperation mit den Nachbarn Stadt Coburg, Landkreis Kronach, Landkreis Sonneberg und dem Landkreis Hildburghausen weiterverfolgt wird. Ziel ist der Erhalt von Fördermöglichkeiten für die Unternehmen im heimischen Wirtschaftsraum und für die Kommunen im Rahmen ihrer zukünftigen Infrastrukturinvestitionen. Damit soll es dem Landkreis Coburg auch in Zukunft ermöglicht werden den Strukturwandel aktiv zu begleiten.

 

Der Landrat wird beauftragt, entsprechende Vereinbarungen mit den Nachbarregionen anzustreben und sich ggf. in der Kooperation mit den Partnern bei den übergeordneten und für die Fördergebietskulisse zuständigen Stellen auf Landes- und EU-Ebene für entsprechende Weichenstellungen einzusetzen.


Sachverhalt:

 

Der Landkreis Coburg ist in der aktuellen Förderperiode (2007-2013) zum überwiegenden Teil als D-Fördergebiet im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW- oder GA-Förderung) eingestuft. Die Stadt Neustadt bei Coburg und die Gemeinde Sonnefeld sind aktuell als C-Fördergebiet eingestuft.

Bezogen auf die Wirtschaftsförderung für Unternehmen hängen von dieser Einstufung die Förderquoten für Investitionen heimischer Unternehmen und externer Investoren ab. Aktuell können Investitionen von Unternehmen im Landkreis Coburg wie folgt gefördert werden:

 

C-Fördergebiet (Neustadt bei Coburg, Sonnfeld):

o        Kleinunternehmen (bis 50 Mitarbeiter):  30%

o        Mittlere Unternehmen (bis 250 MA):     20%

o        Großunternehmen (über 250 MA):        10%

 

D-Fördergebiet (restlicher Landkreis):

o        Kleinunternehmen (bis 50 Mitarbeiter):  20%

o        Mittlere Unternehmen (bis 250 MA):     10%

o        Großunternehmen (über 250 MA):        keine Förderung

 

Trotz anhaltendem Fördergefälle gegenüber Nachbarregionen hat die EU-Strukturförderung in der ablaufenden Förderperiode erfolgreiche Effekte im Wirtschaftsraum Coburg gebracht. Die Wirtschaftsförderung konnte zahlreiche Unternehmensinvestitionen aktiv und mit höchster Zufriedenheit seitens der Betriebe aktiv begleiten. Darin ist auch ein Grund zu sehen, warum die jüngste Wirtschaftskrise im Landkreis Coburg ganz gut bewältigt werden konnte.

 

Mit Vorlage des europäischen Kohäsionsberichts im Herbst 2010 haben „hinter den Kulissen“ der zuständigen europäischen, nationalen und bayerischen Behörden die Vorbereitungen zur nächsten Strukturförderperiode begonnen. In nächster Zeit werden die Förderbedingungen für die europäischen Regionen im Zeitraum 2014-2020 ‚festgezurrt’.

 

Die Wirtschaftsförderung im Landratsamt hat sich in der Vergangenheit bereits um diesen Prozess gekümmert und engagiert sich zum Erhalt von Fördermöglichkeiten für den heimischen Wirtschaftsraum:

 

23. März 2010 Gespräch mit den verantwortlichen Mitarbeitern im Bayerischen
                             Wirtschaftsministerium

13. Oktober 2010      Gespräch mit den verantwortlichen Mitarbeitern im Bundes-
                             wirtschaftsministerium

25. Oktober 2010      Wirtschaftsfördererkonferenz im Bundeswirtschaftsministerium
                             zusammen mit MdB Burgbacher, MdB Michelbach und MdB Stauche

13. Januar 2011        Infoveranstaltung mit dem Leiter der Vertretung der EU-Kommission
                             in München zur Revision der EU-Regionalförderung

27. Januar 2011        Wirtschaftspolitisches Fachgespräch mit Minister Fahrenschon bei der
                             IHK zu Coburg

31. Mai 2011            Strukturförderkonferenz von MdB Hans Michelbach und MdB Stauche
                             in Sonneberg

 

Aktuelle Sachlage im Vorfeld der Festlegung der zukünftigen Förderregionen in Europa:

 

  • Der Landkreis Coburg hat sich gegenüber der vorangegangenen Förderperiode in den zur Förderabgrenzung relevanten Indikatoren (u.a. Arbeitslosenquote) derart verbessert, dass er aus der Fördergebietskulisse der nächsten Jahre herauszufallen droht.
  • Für die neue Förderperiode soll es vorauss. keinen Automatismus der Förderung nach geogr. Grenzen mehr geben.
  • Die neuen Bundesländer werden wohl nicht mehr flächendeckend einen Höchstförderstatus für sich einlösen können; vielerorts bemüht man sich dort um eine Phasing-Out-Förderung (= Übergangsregelung) auf hohem Niveau.
  • Damit der Landkreis Coburg wieder einen Fördergebietsstatus erlangen kann, darf die mathematische Formel (Indikatoren: Arbeitslosigkeit, Infrastrukturindikator, Einkommensniveau, u.a.) zur Ermittlung der Förderbedürftigkeit nicht mehr alleiniges Kriterium sein.
  • Derzeit auf europäischer Ebene in Diskussion:
    à verstärkte Kanalisation der EU-Fördermittel in die PIIGS-Staaten
    à Mittelzuweisungen zur Energiewende
        (binden Mittel für die zukünft. Regionalförderung)
  • Zeitplan zur EU-Fördergebietsabgrenzung in den nächsten Monaten:
    - Juni 2011:   Kommission wird Vorschläge zur zukünftigen Förderperiode
                       unterbreiten
    + danach:      „Brüsseler Teppichrunde“
                        = Aushandeln der Förderung
    + 09/2011:    Vorlage einer EU-Verordnung zur Förderung
  • Die Rolle der Mitgliedsstaaten bei Verteilung der Mittel auf Bundesländer-Ebene muss genutzt werden (sie können über rund 2,5 % des Regionalförderbudgets verfügen;16 % liegen in der freien Verfügungsmasse der Mitgliedsstaaten)

Es zeichnet sich immer mehr ab, dass das Kernthema für den Landkreis Coburg eine Interregionale Zusammenarbeit (= Alleinstellungsmerkmal, über das wir in den Förderstatus kommen könnten) sein muss. Hier gilt es Spielräume zu nutzen!

 

Quintessenz:  +  Grenzübergreifende Fördermodellregionen können eine Chance (die
                       einzige?) sein („höchste Chancen-Ausnutzung“), um ggf. gemeinsam
                       wieder einen Fördergebietsstatur zu erreichen.
                   +  Energiewende vertreibt ggf. energieintensive Industriekerne aus dem
                       gemeinsamen Wirtschaftsraum Coburg-Kronach-Südthüringen

 

Im Rahmen der Strukturförderkonferenz am 21. Mai 2011 in Sonneberg haben sich die beteiligten Politiker aus dem Raum Coburg, Kronach und Südthüringen dahingehend verständigt, dass man eine gemeinsame, bundesländerübergreifende Modellregion für eine Förderung eines Industrieraums im Strukturwandel verfolgen möchte.

 

Damit der Landkreis Coburg diese Strategie weiterverfolgen kann, bedarf es eines Commitments der Kreispolitik.

 

 


aus der Beratung:

 

Wirtschaftsförderer Martin Schmitz berichtet über die Entwicklungen im Vorfeld der neuen Förderperiode 2014 – 2020. Es geht hierbei vor allem um die Unternehmensförderung der EU und der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW), die in der noch laufenden Periode laut dem Wirtschaftsförderer bei vielen Investitionsvorhaben gute Effekte für den heimischen Wirtschaftsraum mit sich gebracht haben. Da sich die Indikatoren-Werte zur Förderbedürftigkeit im Wirtschaftsraum Coburg stark verbessert haben, sieht der Wirtschaftsförderer den Erhalt des derzeitigen Förderstatus kritisch.

Vor diesem Hintergrund engagiere sich der Landkreis Coburg über seine Wirtschaftsförderung seit etwa eineinhalb Jahren nachhaltig. Als Ziel führend im Sinne des Erhalts der Fördermöglichkeiten stellte sich zuletzt ein Ansatz über eine gemeinsame Fördermodell-Region Coburg-Kronach-Südthüringen heraus, die insbesondere über MdB Hans Michelbach ins Spiel gebracht wurde. Der Wirtschaftsförderer bittet um eine kreispolitische Position zu diesem Ansatz, um dieses Thema in naher Zukunft konsequent weiterverfolgen zu können.

KR Josef Brunner fragt mit Blick auf die zur Fördergebietsabgrenzung verwendeten Indikatoren nach, ob die Demografie- bzw. Abwanderungsdaten mit eingerechnet wurden. Martin Schmitz erklärt, dass es Ansätze seitens der Wirtschaftsförderung hin zu einer Ergänzung des Indikatoren-Sets gab, die in den Fachgesprächen mit den zuständigen Ministerialebenen interessiert aufgenommen wurden. Ob die Eingabe der Landkreiswirtschaftsförderung auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene aber tatsächlich zur neuen Fördergebietsabgrenzung einfließen wird, bezweifelt der Wirtschaftsförderer jedoch. Inwieweit inhaltlich daraus Kapital für den Landkreis gezogen werden könnte, müsse dabei auch mit Vorbehalt bewertet werden, da unsere Region demografisch derzeit im bundesweiten Vergleich noch als gut bewertet werden könne.

LR Michael Busch sieht die einzige Chance zum Erhalt eines Fördergebietsstatus für den Landkreis Coburg darin, Länder übergreifend mit den Nachbarlandkreisen aus Südthüringen eine Fördermodell-Region zu realisieren.

Der wirtschaftliche Strukturwandel der letzten Jahre ist laut KR Gerold Strobel in der Befassung mit dem Thema leider tendenziell eher negativ besetzt. Er stellt in Frage, ob man vor diesem Hintergrund den „Strukturwandel“ in dem Entwurf des Beschlussvorschlags explizit thematisieren müsse. Martin Schmitz stimmt der These zur inhaltlichen Deutung des Begriffes des „Strukturwandels“ zu. Er erläutert, dass der wirtschaftliche Strukturwandel im Landkreis Coburg entgegen der landläufigen Einschätzung aber durchaus positiv zu bewerten sei, was letztendlich die aktuellen Strukturkennziffern des Landkreises belegen. KR Dressel ergänzt, dass eine allzu positive Darstellung für die Argumentation zu einer Förderbedürftigkeit kontraproduktiv wäre.
Für LR Michael Busch ist die Fortführung einer aktiven Begleitung des Strukturwandels von der ausgeprägten Industriestruktur hin zu einer Stärkung der Dienstleistungsgesellschaft deshalb auch im fördertechnischen Sinne auch in Zukunft unabdingbar.

KR Hendrik Dressel sähe in einem Alleingang des Landkreises geringe Chancen für eine zukünftige Förderung. Dazu habe sich der Landkreis als Wirtschafts- und Arbeitsraum zu gut entwickelt – auch dank einer guten Wirtschaftsförderung. Deshalb begrüßt er den vorgeschlagenen Länder überschreitenden Antrag. Er betont in diesem Zusammenhang aber auch, dass gegenseitiges Vertrauen notwendig sei, da in diesem Prozess der Landkreis Coburg von den Thüringer Nachbarn mitgenommen werden möchte.

LR Michael Busch stimmt dem mit dem Hinweis zu, dass man sich bereits auf erfolgreiche Projekte der Zusammenarbeit, wie z.B. dem Klinikverbund Regiomed beziehen könne. Auch im Bereich Tourismus habe der Landkreis Coburg immer wieder die Zusammenarbeit gesucht. Wenn es in der Vergangenheit in der Zusammenarbeit an manchen Stellen etwas hakte, lag es weniger am Willen oder Vertrauen der Partner, sondern oft an den unterschiedlichen Strukturen in den beiden Bundesländern.

 

Der Vortrag ist der Niederschrift als Anlage 2 beigefügt.

 

 

Dem Kreistag wird empfohlen, folgenden Beschluss zu fassen:

 

Der Kreistag des Landkreises Coburg beschließt, dass die Strategie hin zu einer gemeinsamen, länderübergreifenden Modellförderregion in Kooperation mit den Nachbarn Stadt Coburg, Landkreis Kronach, Landkreis Sonneberg und dem Landkreis Hildburghausen weiterverfolgt wird. Ziel ist der Erhalt von Fördermöglichkeiten für die Unternehmen im heimischen Wirtschaftsraum und für die Kommunen im Rahmen ihrer zukünftigen Infrastrukturinvestitionen. Damit soll es dem Landkreis Coburg auch in Zukunft ermöglicht werden den Strukturwandel aktiv zu begleiten.

 

Der Landrat wird beauftragt, entsprechende Vereinbarungen mit den Nachbarregionen anzustreben und sich ggf. in der Kooperation mit den Partnern bei den übergeordneten und für die Fördergebietskulisse zuständigen Stellen auf Landes- und EU-Ebene für entsprechende Weichenstellungen einzusetzen.

 

einstimmig