Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 10, Nein: 3

Beschlussempfehlung:

Der Landkreis Coburg befürwortet die Umsetzung des Förderprogrammes Klimaschutz. Die Verwaltung wird beauftragt, die Rahmenbedingungen in Form von entsprechenden Förderrichtlinien zu regeln. Zur Umsetzung des Förderprogramms sollen im Haushalt 2024 insgesamt 350.000 € für fünf Fördergegenstände (Batteriespeicher, Wallboxen, Sonderformen PV, PV-Heizstäbe und Mehrkosten Erdwärmesonde ggü. Wärmepumpe) eingestellt werden.

 

Der Antrag wird in der Haushaltsberatungen für 2024 weiter und abschließend behandelt.

 


Sachverhalt

Der Antrag von Kreisrat Rolf Rosenbauer vom 16.05.2023, ein landkreisweites einheitliches Förderprogramm für den dezentralen Ausbau regenerativer Energienutzungskonzepte zu erstellen, wurde am 27.06.2023 im Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität beraten und in den Geschäftsgang verwiesen.

 

Die Verwaltung hat sich nun mit dem Antrag auseinandergesetzt und das „Förderprogramm Klimaschutz Landkreis Coburg 2024“ erarbeitet. Dem Antrag ist der Wunsch zu entnehmen, innovative und originelle Lösungen im Bereich des Klimaschutzes landkreisweit zu unterstützen, sodass folgende Fördergegenstände herausgearbeitet wurden:

 

Erneuerbare Energie

Heizung

Mobilität

Natur- und

Artenschutz

Kleinprojekte

Batteriespeicher

Mehrkosten Erdwärmesonde ggü. Luft-Wärmepumpe

Elektrofahrräder und -roller

Dachbegrünung

Energiemana-
gementsysteme

Wallboxen

 

 

Entsiegelungs-maßnahmen

Reparatur-
service

Sonderformen PV

 

 

 

Energie-
effiziente Haushaltsgeräte

PV-Heizstäbe

 

 

 

 

 

Programmbeschreibung:

Batteriespeicher: Um die Eigenverbrauchsquote in Privathaushalten zu steigern und die Belastung des Stromnetzes zu reduzieren, sollen Photovoltaikanlagen mit Batteriespeichern geplant oder nachgerüstet werden. Vor allem bei Photovoltaikanlagen, die nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung herauskommen, soll die Anschaffung eines Batteriespeichers unterstützt werden, damit die Anlagen weiterhin genutzt werden und einen Beitrag zur Energiewende leisten. Gefördert werden sollen Batteriespeicher mit 100 €/kWh.

 

Wallboxen: Wallboxen zum Aufladen von Elektrofahrzeugen sollen ebenfalls pauschal mit 250 € gefördert werden. Diese Förderung ist aber nur dann sinnvoll, wenn zum Aufladen der Elektrofahrzeuge regenerativer Strom genutzt wird. Die Anbindung einer Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlage ist daher unbedingt zu berücksichtigen.

 

Sonderformen PV: Die Förderung von Sonderformen von erneuerbaren Energien, wie z.B. Fassaden-PV ist sinnvoll, da auf diesem Gebiet die Informationsdichte gering und Investitionskosten sehr hoch sind. Fördergelder sollen hier einen Anreiz schaffen, dass mehr Projekte geplant und umgesetzt und so alltagstauglich werden. Gefördert werden die Mehrkosten einer außergewöhnlichen PV-Anlage gegenüber einer herkömmlichen Aufdachanlage. Als Referenz werden 1.000 €/kWp für eine herkömmliche PV-Anlage angesetzt. Entstehen durch die Sonderform höhere Kosten von mehr als 25%, soll ein Fördersatz von 250 €/kWp bis max. 2.000 € gewährt werden.

 

PV-Heizstab: Die Umwandlung von elektrischer Energie in thermische Energie mittels eines Heizstabs, ist eine gute Möglichkeit um die Erwärmung des Brauchwassers zu unterstützen. In den Sommermonaten kann so auf einen zusätzlichen Energieträger wie bspw. Gas oder Öl verzichtet werden. Ob sich ein Heizstab lohnt, hängt davon ab, wie hoch der Überschuss an erzeugtem Strom in den Sommermonaten und wie groß der Heizstab ist, da mehrstufige Heizstäbe sich auch bereits bei geringen Stromüberschüssen eignen. Optimal ist die Kombination einer PV-Anlage mit einem Heizstab, wenn die Regelung des Heizstabes durch ein intelligentes Energiemanagementsystem übernommen wird. Der PV-Heizstab wird damit nur dann eingeschaltet, wenn die PV-Anlage den Haushaltsstromverbrauch deckt und noch überschüssigen Strom produziert. Der Zuschuss soll pauschal 150 € pro Heizstab betragen. Bei dieser Förderung ist die Anbindung einer Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlage nachzuweisen.

 

Mehrkosten Erdwärmesonde ggü. Luft-Wärmepumpe: Eine Erdwärmepumpe (Erdreich oder Grundwasser als Wärmequelle) benötigt vor allem bei sehr niedrigen Außentemperaturen weniger Energie für die Wärmeerzeugung als eine Luft-Wärmepumpe, da die Temperatur im Erdreich höher liegt als in der Luft. Gefördert werden die Mehrkosten der Erschließungskosten einer Erdwärmesonde gegenüber einer Luft-Wärmepumpe. Als Referenz werden 2.000 € Erschließungskosten für eine Luft-Wärmepumpe angesetzt. Entstehen durch die Erdwärmepumpe höhere Kosten von mehr als 25%, wird ein Fördersatz von 20% bis max. 10.000 € gewährt. Eine Förderung für Erdkollektoren ist ausgeschlossen.

 

Elektrofahrräder und -roller: CO2-Emissionen durch motorisierten Individualverkehr werden verringert, wenn (Kurz-)Strecken mit einem elektrisch angetriebenen Fahrrad zurückgelegt werden. Daher werden der Neukauf von Pedelecs und Lastenpedelecs pauschal mit 500 € gefördert. Da vor allem in ländlichen Regionen häufig längere Strecken zurückgelegt werden müssen, wird auch der Neukauf von Elektrorollern der Fahrzeugklassen L1e und L2e pauschal mit 500 € gefördert.

 

Dachbegrünung: Begrünte Dächer wirken als Wärme-/Kältepuffer und bieten so eine natürliche Wärmedämmung, d.h. im Winter entweicht weniger Wärme, während im Sommer die Hitze besser draußen gehalten wird. Außerdem tragen sie durch Wasserverdunstung und Wärmeabsorption zu einer Reduzierung der Wärmeentwicklung im Sommer bei und verbessern die Luftqualität, indem sie Feinstaub und Schadstoffpartikel aus der Luft filtern und CO2 binden. Die Mindestfläche soll 10 m² betragen und mit 10€/m² bis max. 600 € gefördert werden.

 

Entsiegelungsmaßnahmen: Um die Versickerungsfähigkeit von Böden zu steigern und dadurch höhere Sicherheit bei Starkregenereignissen zu haben, werden Umbaumaßnahmen von versiegelnd wirkenden Schichten, wie Asphalt, Beton oder Pflastersteinen, gefördert. Geeignete wasserdurchlässige Bodenbeläge sind unter anderem Rasen, Schotterrasen, Holzhäcksel, Holzroste, Rasengittersteine oder Pflaster mit offenen Zwangsfugen. Neben den Vorteilen des Wassermanagements können vollständig entsiegelte Flächen (3,6 kg/m²) auch mehr Kohlenstoff speichern als teilversiegelte (0,7 kg/m²) oder vollständig versiegelte Flächen (0,2 kg/m²). Der Fördersatz soll ebenfalls 10€/m² bis max. 600 € betragen.

 

Energiemanagementsysteme für zu Hause: Ein Energiemanagementsystem (EMS) vernetzt stromerzeugende Anlagen mit den steuerbaren Stromverbrauchern des Haushalts. Das hilft dabei, mehr vom selbst erzeugten Strom zu nutzen und so unabhängiger von Strom aus dem Netz zu sein: Eigenverbrauch und Autarkie werden gesteigert. Zusätzlich helfen die meisten Systeme, durch die Visualisierung der Energieströme die Erzeugung und den Verbrauch immer im Blick zu behalten. Damit wird einerseits weniger Strom aus dem Netz bezogen und dadurch das öffentliche Netz weniger belastet. Andererseits wird der Energieverbrauch grundsätzlich gesenkt. Gefördert werden sollen die Kosten des Energiemanagementsystems mit 25 % bis max. 200 €.

 

Reparaturservice: Entsorgte Produkte in der EU sind häufig noch gebrauchsfähige Waren, die repariert werden können, aber oft vorzeitig weggeworfen werden, was jährlich 35 Mio. Tonnen Abfall, 30 Mio. Tonnen verschwendeter Ressourcen und 261 Mio. Tonnen Treibhausgasemissionen zur Folge hat (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_1794). In den meisten Fällen ist eine Reparatur ggü. einem Neukauf aufgrund der niedrigen Preise für Klein-Elektrogeräte nicht wirtschaftlich. Eine Förderung von Reparaturkosten ist sinnvoll, um Reparaturen finanziell lukrativ zu machen und umweltschonend Ressourcen einzusparen. Da zwischen der Reparatur und der Neuanschaffung energieeffizienter Elektrogeräte abgewägt werden muss, werden Reparaturen für Elektrogeräte, die älter als 20 Jahre sind, nicht gefördert. Die Höhe der Kostenerstattung soll 50% bis max. 100 € pro Person und Jahr betragen.

 

Energieeffiziente Haushaltsgeräte: Die Reparatur eines Elektrogerätes soll dem Neukauf immer vorgezogen werden. In manchen Fällen ist dies nicht möglich oder trotz Förderung nicht wirtschaftlich, sodass ein Neugerät angeschafft werden muss. Wenn das der Fall ist, soll die höchstmögliche Energieeffizienzklasse gewählt werden. Da das oft höhere Investitionskosten zur Folge hat, wird die Anschaffung unterstützt. Gefördert werden nur Neugeräte mit einer Effizienzklasse A (Skala ab 2021). Die pauschale Förderhöhe soll 75 € betragen.

 

 

Um den Anregungen aus der Beratung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Mobilität vom 27.06.2023 Rechnung zu tragen, wird in diesem Förderprogramm davon abgesehen, Balkonkraftwerke zu fördern. Zum einen möchte man negative Auswirkungen auf bestehende Förderprogramme in Landkreiskommunen vermeiden. Daneben ist die Nachfrage nach Balkonkraftwerke auch ohne finanzielle Unterstützung sehr hoch und Kaufanreize aktuell sehr niederschwellig (z.B. Angebote in Discountern). Zum anderen soll so – insbesondere auch auf Anregung aus o.g. Sitzung – den Interessen der regionalen Energieversorger Rechnung getragen werden.

 

Ebenfalls gewünscht war, Beträge für eine mögliche Förderung zu eruieren, sodass dem Gremium nunmehr vier Varianten zur Entscheidung vorgeschlagen werden. Diese unterscheiden sich zum einen im Fördervolumen (Varianten 1 und 2: 1.000.000 €; Varianten 3 und 4: 500.000 €). Daneben wir differenziert, inwieweit Energiemanagementsysteme Gegenstand des Förderprogrammes sein sollen (Varianten 1 und 3: Inkl. Energiemanagementsysteme; Varianten 2 und 4: Exkl. Energiemanagementsysteme). Diese werden von Seiten der Verwaltung zwar für sinnvoll und zukunftsträchtig erachtet; es gilt jedoch festzustellen, dass diese auch auf Bundesebene auf gleiche Weise gefördert werden.

 

Zu Überblickszwecken werden in den Anlagen die Berechnungen zu den Fördersätzen sowie die Haushaltsbelastung für jede der Varianten zusammengefasst.

 

Nicht unerwähnt bleiben darf hierbei, dass die ausgearbeiteten Maßnahmen in nicht unerheblichem Ausmaß zur CO2-Einsparung beitragen. Um einen Eindruck von der Wirkung der einzelnen Fördergegenstände bzw. der verschiedenen Fördervolumina zu erhalten, sei ebenfalls auf die Anlagen verwiesen.

 

Da die Personalressource „Klimaschutzmanagerin“ mit einer Vollzeitstelle begrenzt ist, sind die Förderkriterien möglichst einfach zu halten und erschöpfen sich, wo möglich und sinnvoll, auf Pauschalförderungen. Aufgrund der vorgegebenen Budgetierung und unter Berücksichtigung der Gesamtfördersumme wird bei einem Überschuss an Anträgen auf das sog. Windhundprinzip abgestellt, sodass der Eingangszeitpunkt des Förderantrages maßgeblich ist. Der Nachweis soll aufgrund der digitalen Antragstellung durch die IuK ermöglicht werden. Antragsberechtigt sollen alle Bürgerinnen und Bürger sein, die ihren Erstwohnsitz im Einzugsgebiet des Landkreises Coburg haben sowie gemeinnützig anerkannte Vereine. Die konkrete Ausgestaltung wird in den Förderrichtlinien erfolgen.

 

 


Aus der Beratung

Kreisrat Rolf Rosenbauer dankt als Antragssteller für die Ausarbeitung. Seiner Meinung nach sollte man sich auf die Varianten fokussieren, die die höchste Effizienz bringen.

 

Das Gremium diskutiert ausführlich über die vorgeschlagenen Möglichkeiten.

 

Landrat Sebastian Straubel weißt nochmals darauf hin, dass dieses Programm Geld und personelle Ressourcen bindet und es sich hier um eine rein freiwillige Leistung handelt.