Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 45, Nein: 3, Enthaltungen: 48

Beschlussvorschlag

 

Die Verbandsräte des Kreistages Coburg werden angewiesen in der Zweckverbandsversammlung folgendem Beschluss zuzustimmen:

 

Der Oberbürgermeister und der Landrat werden als Vertreter des Krankenhausverbandes Coburg beauftragt und ermächtigt, in der Gesellschafterversammlung folgende Beschlüsse zu fassen:

 

Die Gesellschafter der REGIOMED-KLINIKEN GmbH beschließen folgende

 

G R U N D S A T Z B E S C H L Ü S S E

 

Die Gesellschafter fassen im Sinne einer gemeinsamen Verantwortung für die medizinische Versorgung in der Region und einem fairen Umgang miteinander im Grundsatz den Beschluss, dass jede REGIOMED-Verbund-Gesellschaft mit ausreichenden finanziellen Mitteln so ausgestattet wird, dass die Gesellschaften mindestens 24 Monate eine positive Fortführungsprognose ausweisen können, um das IDW-S6-Verfahren erfolgreich beenden zu können. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter ist damit grundsätzlich nicht beabsichtigt und damit nicht verbunden. Bestehende Sicherheitsabreden zu Gunsten der Finanzierer bleiben unberührt. Vielmehr erfolgt die Ausstattung mit den finanziellen Mitteln gemäß nachfolgender Maßgaben.

 

1.    Die vollständigen Geschäftsanteile an den medizinischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Betriebs-GmbHs inkl. MVZs) werden zum 31.12.2023, spätestens zum 01.01.2024 in einem noch zu definierenden Modus an die jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaften bzw. den Krankenhausverband Coburg übertragen.

 

  1. Die REGIOMED-KLINIKEN GmbH, REGIOMED Service GmbH und Medical School REGIOMED GmbH erhalten für ihre noch zu tätigenden Aufgaben (bis 2028, für die Medical School REGIOMED GmbH bis 2029) einen Anteil am Eigenkapital in Höhe von insgesamt 10,7 Mio. EURO und einen Anteil an den Gesellschafterdarlehen (Kassenkredite) nach Bedarf bis max. 1,5 Mio. € je Gesellschafter für 24 Monate. Hierdurch wird auch der Kapitaldienst der Regiomed-Kliniken-GmbH für diese Zeit gesichert. Das dann verbleibende Eigenkapital wird zu gleichen Teilen (durch Übertragung auf die jeweilige medizinische Betriebs-GmbH und ggf. MVZ-GmbH) auf die vier Gesellschafter aufgeteilt.

 

3.    Die Gesellschafter stellen zum 31.12.2023, spätestens zum 01.01.2024 ihren jeweiligen Krankenhausbetrieb für mindestens 24 Monate in eigener Verantwortung und Finanzierung sicher. Begleitend werden die Krankenhausbetriebsgesellschaften Dienstleistungsverträge mit den Zentralen Einheiten der REGIOMED KLINIKEN GmbH und ihrer Töchter vereinbaren. Die Gesellschafter streben bis zum Inkrafttreten der Krankenhausreform an, das bestehende, gemeinsame Medizinkonzept an die neue Struktur und die Vorgaben der Krankenhausreform anzupassen und fortzuschreiben und in eigener Verantwortung in ihren Einrichtungen für die Zukunft umzusetzen. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die bestehenden und die sich bereits in Planung befindlichen Zentren im Verbund weiterbetrieben und fortgesetzt. Die Gesellschafter entscheiden unter Berücksichtigung der grundsätzlich angedachten Verbundlösung und mit Blick auf eine optimale Gesundheitsversorgung in der Region bezüglich des Medizinkonzeptes für ihre Einrichtungen zukünftig selbständig.

 

 

4.    Die Geschäftsführung der REGIOMED-KLINIKEN GmbH wird beauftragt, zur Umsetzung der Beschlüsse 1 bis 3  entsprechende Konzepte zu erarbeiten und die notwendigen (Teil-)Schritte (z.B. Anpassung der Gesellschaftsverträge, Entwurf der Verträge zur Geschäftsanteilsübertragung und zur künftigen Zusammenarbeit zwischen den ausgegliederten Gesellschaften und dem REGIOMED-Verbund, Überprüfung der Sicherheiten und gegebenenfalls geänderte Zuordnung, Entflechtung Intercompany-Beziehungen und Cashpooling sowie medizinkonzeptionelle Zusammenarbeit)   vorzubereiten sowie alle notwendigen Unterlagen zu erstellen und rechtzeitig der Gesellschafterversammlung zur endgültigen Beschlussfassung vorzulegen.

 

 

Dieser Beschluss tritt erst mit Zustimmung aller Gesellschafter zu ihren gleichlautenden Beschlüssen in Kraft. Die übrigen Gesellschafter sind – sofern nicht alle Gesellschafter bis dahin zugestimmt haben – nur bis zum 31.10.2023 an ihren Beschluss gebunden.“


Sachverhalt / Begründung

 

1.1 Ausgangslage

Der REGIOMED-Verbund will zukunftsfähig und nachhaltig die medizinische Versorgung in der Region sicherstellen. Der Verbund kommt aus einer Krisensituation von über 25 Mio. € Verlust aus dem Jahr 2018 und unterliegt den IDW S6 Regularien. Die Fortschritte der wirtschaftlichen Entwicklung sind erkennbar (Jahresergebnis 2021: -2,9 Mio. € | Jahresergebnis 2022: -0,6 Mio. €), jedoch sind nunmehr inflationsbedingte, geopolitische und tarifliche Herausforderungen zu verzeichnen. Weiterhin kommen im Zuge der Krankenhaustrukturreform diverse Änderungen auf die Kliniken zu und mit dem Jahr 2023 entfallen jegliche Ausgleichszahlungen vom Bund und vom Land. Die Gesellschafter wollen den REGIOMED-Verbund sowohl finanziell als auch bei der Sanierung maßgeblich unterstützen.

 

Im Rahmen der Beschlussfassung der Gesellschafter aus dem Jahr 2022 wurde nach erfolgter kommunaler Gremienbehandlung zur Stärkung des Eigenkapitals der REGIOMED-KLINIKEN GmbH eine Einzahlung in Höhe von 5 Mio. € je Gesellschafter in die gesamthänderisch gebundene Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB zum 30.06.2023 vorgenommen. Ebenfalls wurden die bestehenden Kassenkredite auf 10 Mio. € je Gesellschafter im Haushaltsjahr 2023 erhöht.

 

Die aktuelle Herausforderung für den REGIOMED-Verbund ist, wie für alle Kliniken in Deutschland, die tatsächlichen Auswirkungen der Krankenhausstrukturreform abschließend zu bewerten - vor allem hinsichtlich der bedarfsgerechten Patientenversorgung und andererseits auch bezüglich der finanziellen Auswirkungen für die nachhaltige Finanzierung der Krankenhausstruktur der Zukunft. Bis Ende August 2023 wurden bereits 50 Klinikinsolvenzen in Deutschland gemeldet, da die Durchfinanzierung aktuell nicht mehr gegeben ist. Hinzu kommt, dass auch große Klinikträger wie bspw. Vivantes in Berlin für 2022 bereits einen Verlust von 72 Mio. Euro ausweisen, ebenso die Frankfurter Kliniken einen Verlust bis Ende 2024 von 90 Mio. €.

 

Der REGIOMED-Verbund ist im Jahr 2023 auch diesen Risiken der Krankenhausstrukturreform ausgesetzt, welche unter anderem mit einem starken Rückgang der stationären Leistungszahlen und enormen Kostensteigerungen im Personal- und Materialaufwand einhergehen. Eine Gegenfinanzierung für einerseits den Leistungsrückgang durch Ausgleichszahlungen und andererseits für die Kostensteigerungen ist bislang nur mit einem vom Bund genehmigten Hilfspaket für die Energiekostensteigerungen erfolgt. Der Wirtschaftsplan 2023 weist einen Verlust in Höhe von ca. 17 Mio. € aus, welcher sich nach aktuellen Hochrechnungen auf über 20 Mio. Euro erhöhen wird. Der Anteil, welcher hierbei auf die Kliniken entfällt, liegt hier bei ca. 90%.

 

Die Verluste aus den Medizinischen Versorgungszentren müssen unter Berücksichtigung des Einweisungsvolumens in die Kliniken, vor allem in Bezug auf die Ambulantisierung bewertet werden. Die Verluste müssen zwingend weiterhin reduziert und die Gesellschaften der Ambulanten Versorgung zu einem ausgeglichenen Ergebnis geführt werden. Weiterhin müssen die Sanierungsbemühungen hier weiter forciert werden.

 

Bei den Senioreneinrichtungen und Wohnheimen wurden als eine der Sanierungsmaßnahmen die Schließung der Einrichtungen „Bertelsdorfer Höhe“ in Coburg sowie „Am weißen Berg“ in Schleusingen vollzogen. Für das Wirtschaftsjahr 2024 entfallen diese Verluste, müssen jedoch in Abhängigkeit mit der Nachnutzung der Liegenschaft in Schleusingen aufgrund des bestehenden Pachtvertrags bewertet werden.

 

In der REHA-Klinik Masserberg wurde die Onkologische Rehabilitation als Fachbereich geschlossen, da diese mit Verlusten p.a. von ca. 0,5 Mio. € einherging. Die Leistungsbereiche Augenheilkunde sowie Orthopädie können ausgebaut und die Einrichtung somit nachhaltig wirtschaftlich geführt werden.

 

Die Servicegesellschaft steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Belegungstagen bzw. Patientenzahlen der Kliniken sowie den Senioreneinrichtungen bzgl. der Bewohneranzahl. Aufgrund des Rückgangs der Patientenzahlen sowie der Schließung der Senioreneinrichtungen ist die Auslastung in der Zentralküche weiter zurückgegangen, wird jedoch in Teilen durch externes Geschäft kompensiert.

 

Nach aktueller Bewertung der Geschäftsführung ist für die Jahre 2022 ff. von keiner vollständigen Durchfinanzierung bei Kostensteigerungen vor allem für Sachkosten und im Personalbereich auszugehen. Die genannten Risiken werden von dauerhafter Struktur sein, sodass diese auch für die Folgejahre berücksichtigt werden müssen. Die Fortsetzung der Restrukturierungs- und Sanierungsumsetzung muss diese Risiken dauerhaft minimieren.

 

Herausfordernd sind aktuell vor allem die sich regelmäßig ändernden Rahmenbedingungen im Gesundheitsweisen, u.a. die Zukunft des Perinatalzentrums Level I im Klinikum Coburg, die Schlaganfallversorgung und zusätzlich 14 weitere angekündigte Gesetze des Bundesgesundheitsministeriums binnen 12 Monaten umzusetzen, zu nennen.

 

Mögliche Gegeneffekte sind derzeit noch nicht bekannt, es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber die Erlösseite im Zuge der Krankenhausstrukturreform teilweise für Kliniken im ländlichen Raum stärken wird. Dies kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös vorhergesagt werden. Ferner können aktuell mögliche Verkaufserlöse, etwa für die Veräußerung von Grundstücken, Geschäftsbereichen, etc. nicht beziffert werden.

 

1.2 Risiken und Handlungsnotwendigkeiten

Erlöse:

Die in der Mittelfristplanung angesetzten Erlöse sind voraussichtlich nicht mehr zu erzielen, da sich das ambulante und stationäre Patientenaufkommen wesentlich verschiebt. Zudem kommt, dass die Rahmenbedingungen zur Krankenhausfinanzierung im Zuge der neuen Krankenhausstrukturreform nicht final festgelegt sind, sodass zunächst mit einer Fortschreibung der aktuell bestehenden Krankenhausfinanzierung geplant wird.

 

Sachkosten:

Hier werden die inflationsbedingten und geopolitischen Kostensteigerungen auf die Sachkostenansätze des Wirtschaftsplanes fortgeführt. Derzeit ist ersichtlich, dass jegliche Kostensteigerungen durch alle Branchen hinweg an die Krankenhäuser weitergereicht werden. 

 

Personalkosten:

Die geplanten Strukturanpassungen und Reorganisationsprojekte konnten pandemiebedingt nicht vollständig umgesetzt werden. Aufgrund der aktuellen Leistungsverschiebungen (ambulant/stationär) wird die Personalkostenoptimierung revalidiert. In Teilbereichen ist ersichtlich, dass ein Leistungsrückgang stattfindet, jedoch eine Mindestbesetzung gemäß den Strukturvorgaben eingehalten werden muss, sodass keine pauschalen Personalanpassungen vorgenommen werden können. Angesetzt wurde auf dieser Basis eine Vergütungsanhebung um 3 % auf alle Arbeitnehmer. Dies ist nach heutigem Stand ein realistischer Wert.

 

Tarifanpassungen:

Dabei handelt es sich um eine Angleichung der Vergütungsstruktur innerhalb des Verbundes. Dies ist erforderlich, um Abwanderungsbestrebungen von Mitarbeitern entgegenzuwirken. Im Rahmen des Fachkräftemangels müssen drittüblich, wettbewerbsfähige Gehälter gezahlt werden können.

 

Die Risiken belaufen sich auf gesamt ca. 30 Mio. €.

 

Der wirtschaftliche Druck auf die Krankenhäuser zwingt die Gesellschafter zu weiteren Maßnahmen zur finanziellen Sicherung der Gesellschaft bzw. aller Einzelgesellschaften.

 

1.3 Handlungsempfehlung

Es wird beabsichtigt, die Krankenhäuser und angeschlossenen Einrichtungen der ambulanten Versorgung zur nachhaltigen Absicherung künftig wirtschaftlich eigenständig zu betreiben und wieder in die Verantwortung der örtlichen Träger zu überführen. Auf diese Weise wird trotz der sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklung der einzelnen Einrichtungen sowie unterschiedlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen in den einzelnen Landkreisen der Fortbestand der Einrichtungen mit jeweils individuellen Maßnahmen perspektivisch gesichert. Im Interesse aller Beteiligten ist das erklärte Ziel, eine mögliche Insolvenz im Sinne der Patientenversorgung abzuwenden.

 

Die einzelnen Gesellschaften mit beschränkter Haftung bleiben erhalten. Das MVZ Thüringen muss auf die Gesellschafter Hildburghausen bzw. Sonneberg aufgeteilt werden. Es erfolgt eine Trennung in eigenständige Einheiten, gleichwohl werden über die REGIOMED-KLINIKEN GmbH die bestehenden Synergien genutzt.

Die wirtschaftliche Abspaltung der örtlichen Betriebs-GmbHs (Krankenhäuser und MVZs) soll zum 01.01.2024 wirksam werden.

 

Durch die Rückführung der Kliniken an die Gebietskörperschaften können die jeweiligen Träger durch schlankere Entscheidungsstrukturen bedarfsgerechter und schneller auf mögliche Verluste und örtliche Notwendigkeiten reagieren.

 

Künftig gelten für die Kliniken damit folgende Zuständigkeiten:

§  Krankenhausverband Coburg für die Klinikum Coburg GmbH und Klinik Neustadt GmbH einschl. MVZs

§  Landkreis Hildburghausen für die Henneberg-Kliniken GmbH einschl. Reha-Klinik und MVZ

§  Landkreis Lichtenfels für die Helmut-G.-Walther-Klinikum Lichtenfels GmbH einschl. MVZ

§  Landkreis Sonneberg für die MEDINOS-Kliniken des Landkreises Sonneberg GmbH einschl. MVZ

Die Gesellschafterversammlung der REGIOMED-Kliniken GmbH hat einen entsprechenden Beschluss gefasst. Auf der Grundlage diese Beschlusses wurde zwischenzeitlich der folgende Beschlussentwurf erarbeitet.