Beschlussvorschlag

 

  1. Der Landkreis Coburg tritt dem Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) zum 01.01.2024 bei.

 

  1. Der Landkreis Coburg stellt dafür rechtzeitig einen Antrag auf Aufnahme in den Zweckverband Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (ZVGN) und auf Mitgliedschaft im Grundvertrags-Ausschuss.

 

  1. Der Landkreis Coburg übernehmen jeweils im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenträgerschaft die gemäß Sachverhalt anfallenden investiven und laufenden Kosten.

 

Diese Kosten ergeben sich aus den Kostengruppen

 

a.     Erstinvestitionen und Einmalkosten im ersten Beitrittsjahr (10% Eigenanteil; 90% Förderung Freistaat Bayern)

 

b.    Durchtarifierungs- und Harmonisierungskosten SPNV (Schiene) in den ersten 5 Jahren nach dem Beitritt (10% Eigenanteil; 90% Förderung Freistaat Bayern)

 

c.     Durchtarifierungs- und Harmonisierungskosten im aÖPNV (Bus)

 

d.    Durchtarifierungsverluste im VGN-Altraum

 

e.    Mitgliedsbeitrag beim Zweckverband Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (ZVGN)

 

f.      Mehraufwendungen für das 365-€-Schüler-Ticket

 

 

  1. Der Landrat des Landkreises Coburg wird ermächtigt, alle für die Verbundraumerweiterung notwendigen Maßnahmen umzusetzen bzw. sämtliche rechtsverbindlichen Erklärungen abzugeben, insbesondere alle notwendigen Verträge und Vereinbarungen gemäß Sachverhalt zu unterzeichnen.

 

  1. Nach der Entschließung des Freistaates Bayern, dass die Ausgleichsverpflichtungen des Freistaats für das 365-€-Ticket auch für die beitretenden Städte und Landkreise von Verbundraumerweiterungen gelten, soll die Einführung zeitgleich zum 01.01.2024 und im gesamten Nahverkehrsraum Coburg erfolgen. Das Verfahren zum Ausgleich der entstehenden Mindereinnahmen ist im VGN geregelt und wird auch über den VGN abgewickelt.

 

  1. Mit dem VGN-Beitritt wird in der aktuellen Fortschreibung des Nahverkehrsplans der Stadt und des Landkreises festgehalten, dass ab dem 1. Januar 2024 im gesamten Stadt und Landkreisgebiet der VGN-Tarif zur Anwendung kommt.

 

  1. In Abstimmung zwischen Stadt und Landkreis Coburg legt der Landkreis im Rahmen seiner Tarifhoheit fest, dass ab dem 1.Januar.2024 auf allen Linien im Landkreis Coburg der VGN-Gemeinschaftstarif zur Anwendung kommt. Notwendige Anpassungen in den bestehenden Verträgen werden bei Bedarf vorgenommen.

 


Sachverhalt

Der Kreistag Coburg hat beschlossen, sich an der Grundlagenstudie zum Verbundbeitritt zur VGN GmbH zu beteiligen. Im Landkreis Coburg wurde dieser Beschluss am 27. Juni 2019 gefasst. Diese Studie wird mit 90,25 % durch den Freistaat Bayern gefördert.

Der Zwischenbericht, der Anfang 2021 veröffentlicht wurde, ist dem Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität am 13.04.2021 vorgestellt worden. Zwischenzeitlich liegen die Ergebnisse der Beitrittsuntersuchung in ihren wesentlichen Punkten vor.

 

In der Studie wird auf die verkehrspolitischen Grundlagen und Ziele des Freistaats Bayern verwiesen:

 

1. Verkehrspolitische Grundlagen und Ziele des Freistaats Bayern (Auszüge)

 

1.1 Koalitionsvertrag 2018 – 2023 der Bayerischen Staatsregierung

„Wir werden den öffentlichen Personennahverkehr deutlich stärken und Zugangshemmnisse zum öffentlichen Verkehr abbauen. […] Wir wollen einheitliche Tarif- und Verbundstrukturen in den regionalen Verkehrsräumen voranbringen.“

 

1.2 Spitzengespräch zur Zukunft des ÖPNV in Bayern am 29. April 2019

„Die Staatsregierung unterstützt die Gründung und Erweiterung von verkehrlich sinnvollen Verkehrsverbünden […].“

 

1.3 ÖPNV-Strategie 2030 für den Freistaat Bayern vom Dezember 2022

„Flächendeckende und leistungsfähige Verkehrsverbünde sollen die Interessen und Zuständigkeiten der kommunalen Aufgabenträger in den Regionen bündeln und im direkten Kontakt zum Verkehrsministerium vertreten.“

 

1.4 Freistaat Bayern unterstützt Verbundintegrationen in ganz Bayern

Bayernweit sind 47 Landkreise und kreisfreie Städte noch nicht in leistungsfähigen Verkehrs- und Tarifverbünden aus Bus und Bahn organisiert. Das Förderprogramm des Freistaats zur Verbundintegration vom November 2019 ist maßgeblich auch auf die Nordost-Oberfranken-Initiative aus dem Jahr 2018 zurückzuführen.

 

Demnach werden vorbereitende Grundlagenstudien zur Klärung der verkehrlichen und wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit einer Verbunderweiterung bzw. einer Verbundneugründung mit bis zu 90 Prozent gefördert (die VGN-Erweiterung wird mit 90,25 % und einer Fördersumme von 2.455.012 € gefördert). Im Anschluss werden verbundintegrationsbedingte Einmalkosten (z. B. Anpassung der Vertriebssysteme) mit bis zu 90 Prozent (neu, bislang 50 + 20 Prozent) gefördert. Außerdem werden die dauerhaften verbundintegrationsbedingten Durchtarifierungs- und Harmonisierungsverluste (DHV) im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) in den ersten fünf Jahren zu 90 Prozent (neu, bislang 2/3) und ab dem sechsten Jahr in voller Höhe gefördert.

Darüber hinaus hat der Ministerrat am 6. Dezember 2022 beschlossen, dass das 365-Euro-Schüler-Ticket auch im VGN-Erweiterungsgebiet eingeführt wird. Der Freistaat übernimmt 2/3 der damit verbundenen Mindereinnahmen.

Zusätzlich wird der Freistaat Bayern voraussichtlich am 1. September 2023 für Auszubildende und Studenten ein 29-€-Ticket einführen.

 

 

2. Verkehrspolitische Grundlagen und Ziele im Landkreis Coburg

 

In Verkehrsverbünden arbeiten Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger zusammen, um den ÖPNV im Verbundgebiet optimal zu organisieren und so attraktiv wie möglich zu gestalten. Dabei geht es auch um die Verknüpfung von Stadt und Land. Für diese Verknüpfung wurden in der Vergangenheit von beiden Aufgabenträgern schon mehrere Ansätze unternommen, über die Tarifgemeinschaft Coburg (VGC) hinausgehend eine Verbundorganisation im Nahverkehrsraum zu schaffen. Das ist bisher an den Kosten gescheitert, so wie an der mangelnden Bereitschaft der Bahnunternehmen kleinen Tarifverbünden beizutreten.

Durch den VGC wurde eine gegenseitige Fahrkartenanerkennung vereinbart, sodass die Fahrgäste zwischen Stadt- und Regionalbus kein zusätzliches Ticket beziehen müssen. Ein Angebot, welches auf Grund von mehreren Faktoren nicht bei allen Fahrgästen bekannt ist.

Mit dem Beitritt in den VGN würden die Kunden lediglich ein Ticket für alle Verkehrsunternehmen in der Region kaufen müssen. Durch die einheitliche Kundenkommunikation und das umfangreiche Marketing im Verkehrsverbund werden solche Angebote besser an den Fahrgast weitergegeben. Am Ende profitiert der ÖPNV durch eine häufigere Nutzung von vor allem Gelegenheitskunden.

 

Ein gut ausgebauter und für die Menschen attraktiver öffentlicher Verkehr ist nicht nur eine tragende Säule der Daseinsvorsorge, sondern auch ein wichtiger Pfeiler für den Wirtschaftsraum der Europäischen Metropolegion Nürnberg. Die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs schaffen und sichern Arbeitsplätze und sorgen für die Erreichbarkeit von Standorten. Dies umso mehr, je erfolgreicher sie sind. Das sind maßgebliche Infrastruktur- und damit Wettbewerbsvorteile der Region in dem härter werdenden Kampf um die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbeunternehmen. Mit guten Nahverkehrsverbindungen können darüber hinaus Siedlungsbereiche lebenswert gestaltet, die Umwelt entlastet, Ressourcen geschont und die Unfallzahlen im Pkw-Verkehr reduziert werden. Um die Anzahl der privaten Pkw-Fahrten zu reduzieren, muss der ÖPNV weiter ausgebaut und die Verkehre besser vernetzt werden – Stichworte sind: Multimodalität und Intermodalität. Als Rückgrat des Stadt- und Regionalverkehrs muss der öffentliche Nahverkehr aber auch die wachsenden Möglichkeiten einer digitalisierten Welt bei Vertrieb (e-Ticket), Information (Live-Auskunft) und Service (Anschlusssicherung, Störungsinformation) nutzen, um seine zentrale Rolle im Verkehrssektor erfüllen zu können.

Diese Möglichkeiten kann ein Beitritt zum VGN bieten. Über die App „VGN Fahrplan & Tickets“ lassen sich jederzeit alle Fahrpläne und Informationen zu allen Verkehrsmitteln von Unterwegs abrufen und auch gleich online über das Smartphone ein Ticket kaufen. Über die VGN-App kann der Kunde zusätzlich Push-Benachrichtigungen einstellen, um bei Verzögerungen oder Baustellen rechtzeitig informiert zu werden.

Eine solche App in der Region allein aufzubauen, ist auf Grund der vergleichsweise hohen Kosten für die Implementierung und die Umsatzbeteiligung pro Ticket kaum möglich.

Fahrgäste, die ihr Ticket nicht über ein Smartphone kaufen wollen, können dies im VGN-Onlineshop tun und sich das Ticket zu Hause ausdrucken oder per Post zusenden lassen.

Für Fahrgäste, die gerne einen persönlichen Ansprechpartner für Fragen rund um einen Tarif, eine Fahrt oder eine Beschwerde benötigen, gibt es im VGN ein Service-Telefon, welches 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche besetzt ist.

 

Seit November 2022 ist die zweijährige Pilotphase des neuen elektronischen Tarifs egon gestartet. Der Fahrpreis im egon-Tarif setzt sich aus zwei Teilen zusammen: Einem Tagesgrundpreis, der pro aktivem Fahrtag berechnet wird, und den tatsächlich gefahrenen Kilometern. Für die Kilometer misst das System die Luftlinie der einzelnen Teilstrecken zwischen Start, Umstiegs-Haltestellen und Ziel. Man zahlt also, was man fährt. Am Ende von 31 Tagen wird der Fahrpreis bequem abgebucht. Wer viel gefahren ist, spart durch Rabatte. Die Pilotphase startet mit 20.000 Testkundinnen und Testkunden.

Das System haben Stadt und Landkreis Coburg mit Fairtiq am 6.März 2023 eingeführt. Jedoch müssen die laufenden monatlichen Kosten und die Umsatzbeteiligung selbst getragen werden. Im VGN würde ein solches Angebot einfacher bereitgestellt.

Neben dem vereinfachten Verkauf von Tickets gibt es im VGN eine Reihe von Sondertickets. Das bekannteste Beispiel ist das 365-Euro-Ticket für Schülerinnen, Schüler und Auszubildende. Das Ticket ermöglicht beliebig viele Fahrten innerhalb des Tarifverbunds für nur 365 Euro im Jahr. Das Angebot geht damit weit über die aktuellen Möglichkeiten der Schülerfahrkarten hinaus.

 

Viele Angebote innerhalb des VGN zielen auf die Naherholung und Touristen ab, die größeres Potenzial für die Region Coburg haben. Gerade der Landkreis Lichtenfels hat nach seinem Verbundbeitritt enorm vom Tagestourismus profitieren können.

Viele Wanderrouten, die zum Beispiel durch das Regionalmanagement beworben werden, können mit dem ÖPNV von Stadt und Landkreis Coburg angefahren werden. Durch das einheitliche Ticket können Personen aus dem gesamten Verbundgebiet einfacher in die Stadt und den Landkreis fahren. Für die Erstellung und die Vermarktung eines solchen Freizeitverkehrs hat der VGN ein eigenes Team, welches mit 177 VGN-Freizeittipps, 27 Freizeitlinien und zahlreichen Kooperationen mit Vereinen und Verbänden aktiv diese Nutzergruppe betreut. Auch von der Bewerbung dieser Freizeitangebote auf zahlreichen Messen wie auf der Freizeitmesse in Nürnberg, kann die Region Coburg profitieren.

 

3. Historie des VGN-Verbundraumerweiterung

 

In der Regierungserklärung vom 18. April 2018 hat Ministerpräsident Dr. Markus Söder erklärt, dass der Freistaat Bayern neue Wege im Bereich des ÖPNV gehen wolle mit den Zielsetzungen, einen einheitlichen Tarif, ein bayernweites Ticket sowie einheitliche Verbundstrukturen zu schaffen. Darauf Bezug nehmend baten am 16.05.2018 die Städte und Landkreise Hof, Coburg, Kronach, Kulmbach und Wunsiedel, allesamt Mitglieder der Europäischen Metropolregion Nürnberg, in einer Erklärung an den Bayerischen Ministerpräsidenten u. a. darum, dass sich der Freistaat an den Kosten für einen Beitritt zum VGN beteiligen möge.

Am 28.08.2019 hat das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) ein Eckpunktepapier zur Förderung von Verbundintegrationen vorgelegt. Zweck der Förderung ist, die vollständige Abdeckung des Freistaats mit verkehrlich und wirtschaftlich sinnvollen Verkehrs- und Tarifverbünden zu erleichtern und zu beschleunigen. Fördervoraussetzung ist eine Grundlagenstudie, um die Verkehrsbeziehungen, die Fahrgastzahlen und die verkehrliche und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer Verbundintegration darzulegen. Am 13.12.2019 erteilte die Regierung von Oberfranken die Förderzusage zur Erstellung einer Grundlagenstudie zur Erweiterung des Verkehrsverbunds Großraum Nürnberg (VGN) um die Landkreise Coburg, Hof, Kronach, Kulmbach, Wunsiedel i. Fichtelgebirge und Tirschenreuth, sowie die kreisfreien Städte Coburg und Hof.

 

4. Projekt VGN-Erweiterung: Integration der öffentlichen Verkehre der Landkreise Kulmbach, Kronach, Coburg, Wunsiedel, Hof und Tirschenreuth sowie der Städte Coburg und Hof in den VGN

 

4.1 Prüfung der verkehrlichen Sinnhaftigkeit einer Verbundintegration

 

Im Zuge der Grundlagenstudie zur VGN-Verbundraumerweiterung Nordost-Oberfranken und Tirschenreuth wurde eine Prüfung der verkehrlichen Sinnhaftigkeit durchgeführt. Grundlage hierfür waren Angaben der Bundesagentur für Arbeit sowie Ergebnisse der Fahrgastbefragung 2017, die die VGN GmbH zur Erfassung der aktuellen Nachfrage für die Fortschreibung der Einnahmenaufteilung im VGN beauftragt hat.

Die verkehrliche Sinnhaftigkeit wurde ausführlich bereits im Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität am 13. April 2021 und im Senat für Klimaschutz, Mobilität und Energie am 12.09.2021 vorgestellt.

Die hier vorgenommene Untersuchung der verkehrlichen Sinnhaftigkeit hat gute Gründe für eine Verbundraumerweiterung ergeben. Vor allem die ausgeprägten Pendlerverflechtungen zwischen den beitrittsinteressierten Gebietskörperschaften, aber auch zwischen den potenziellen Beitrittsgebieten und dem VGN-Raum sprechen dafür. Denn ob die angestrebte Verkehrswende – und damit eine Reduzierung der Schadstoff- und Lärmbelastungen – Erfolg hat, wird wesentlich davon abhängen, in wie weit es gelingt, die Arbeitsplatzpendler vom eigenen Pkw auf den ÖPNV zu bringen. Denn die Verkehrsprobleme der Städte werden in erster Linie durch den Pendlerverkehr verursacht.

Eine besondere Bedeutung für die hier betrachteten Erweiterungsgebiete hat der Freizeitverkehr. Günstige Freizeittickets, die Deckelung der Preise für Weitfahrer auf die Tarifstufe 10+T und die bundesweit anerkannten Aktivitäten des VGN im Freizeit- und Tourismusbereich sind ebenfalls gute Gründe für eine Verbundintegration der Erweiterungskommunen.

 

4.2 Finanzielle Folgen der VGN-Verbundraumerweiterung

 

Die Integration der öffentlichen Verkehre in den Gebietskörperschaften im Erweiterungsraum in das VGN-Verbundgebiet führt zu Änderungen im bestehenden Erlösbild der Regionalbus-, Stadt- und Schienenverkehrsunternehmen. Diese resultieren aus der Ersetzung des Deutschlandtarifs im SPNV, den Tarifen der Tarifgemeinschaften sowie der Haustarife durch den VGN-Gemeinschaftstarif. Die Ersetzung der bisher gültigen Tarife durch den VGN-Tarif wird als Tarifharmonisierung und der Wegfall des zweiten Fahrscheines für Umsteiger als Durchtarifierung bezeichnet. Diese beiden Effekte führen in Summe zu Fahrgeldrückgängen und damit zu Mindereinnahmen bei den Verkehrsunternehmen. Die Beantwortung der Frage, welche finanziellen Vorteile sich für die Fahrgäste durch die Einführung des VGN-Gemeinschaftstarifs ergeben, hängt davon ab, ob ein Fahrgast bereits vor der Verbundtariferweiterung ÖPNV-Kunde ist oder nicht und ob er regelmäßig nur ein oder mehrere Verkehrsunternehmen benutzt. Steigt ein Fahrgast nicht um, benutzt also regelmäßig nur ein Verkehrsmittel im ÖPNV, hat er durch die Einführung des Verbundtarifs keine systematischen finanziellen Vorteile, denn die Eintarifierung einer Linie in den VGN-Tarifzonenplan orientiert sich an den bislang geltenden Preisen. Fahrgäste die umsteigen und nach dem Umstieg in der gleichen Tarifzone weiterfahren, sparen den Fahrpreis für den zweiten Fahrausweis. Auch Weitfahrer sparen mit dem VGN-Tarif durch die Endpreisstufen im Bar- und Zeitkartenbereich.

Damit durch Fahrpreisverbilligungen für die Fahrgäste im Falle der Verbundintegration keine finanziellen Nachteile bei den Verkehrsunternehmen entstehen, muss sichergestellt sein, dass die Einnahmen vor und nach der Integration für jede einzelne Personenfahrt gleich sind. Dies führt zu Ausgleichszahlungen für Harmonisierungs- und Durchtarifierungsverluste. Neben den laufenden Verlusten der Verkehrsunternehmen aus der Tarifanpassung vom vorherigen Gemeinschaftstarif auf den künftigen VGN-Tarif und durch Umsteiger entstehen den Verkehrsunternehmen auch einmalige tarifraumerweiterungsbedingte Kosten.

 

4.2.1 Einmalkosten

 

Die Einmalkosten umfassen alle Aufwendungen, die zum Verbundbeitritt durch die Beschaffung bzw. Umstellung von Verkaufsautomaten, die verbundkonforme Ausstattung von Haltestellen oder die Anpassung von Verkaufs- und Informationssystemen im Erweiterungsgebiet entstehen. Beim Landkreis Coburg belaufen sich die Einmalkosten nach vorläufigen Schätzungen auf 478.200 Euro, wovon der größte Anteil für eine neue Haltestellenausstattung ist.

Die Eisenbahnunternehmen haben bei ihren Einmalkosten auch Unterhaltskosten geltend gemacht, sodass für den Landkreis Coburg ein Betrag von insgesamt 104.106 Euro zusammenkommt. Der Freistaat Bayern wird gemäß dem geänderten Eckpunktepapier zur Förderung von Verbundraumerweiterungen 90 Prozent der einmaligen und laufenden Umstellungskosten, die durch die Verbundraumerweiterung entstehen, übernehmen. Die restlichen 10 Prozent verbleiben als Eigenanteil beim Landkreis.

Dadurch entstehen Kosten von 60.206 Euro für den Landkreis Coburg.

 

4.2.2 Mindereinnahmen im SPNV

 

Ein Großteil der gesamten Mindereinnahmen ist bei Verbundraumerweiterungen üblicherweise dem SPNV zuzuordnen. Nachdem es im VGN-Tarif eine Höchstpreisstufe gibt (10+T), fallen im SPNV insbesondere für Fahrgäste, die längere Strecken fahren, höhere Tarifharmonisierungsverluste an. Der Freistaat Bayern hat sich zur Förderung der Tarifharmonisierungsverluste im SPNV in Höhe von 90 Prozent für die ersten 5 Jahre bereit erklärt. Die Gebietskörperschaften müssten für diesen Zeitraum einen Eigenanteil von 10 Prozent selbst aufwenden. Ab dem 6. Jahr werden diese zu 100 % gefördert.

Für den Landkreis fallen nach der Förderung 43.796 Euro an.

 

4.2.3 Mindereinnahmen im allgemeinen ÖPNV

 

Auch im allgemeinen ÖPNV fallen durch die Einführung des VGN-Gemeinschaftstarifs Mindereinnahmen an. Harmonisierungs- und Durchtarifierungsverluste entstehen, weil die vor Verbundbeitritt gültigen Haustarife bzw. Tarife der Verkehrsgemeinschaften durch den VGN-Tarif ersetzt werden (Harmonisierungsverluste) und für Umsteiger der zweite Fahrausweis entfällt (Durchtarifieringsverluste). Die Mindereinnahmen im ÖPNV des Erweiterungsraums müssen in voller Höhe vom Landkreis getragen werden.

Um die Tarifharmonisierungsverluste im ÖPNV berechnen zu können wurden alle Orte, die vom ÖPNV bedient werden, in den VGN-Tarifzonenplan eingearbeitet. Aus diesem ergeben sich die Tarifstufen im VGN-Tarif für alle Relationen im Binnenverkehr der Landkreise sowie der ein- und ausbrechenden Verkehre in andere Gebietskörperschaften des VGN. Die Eintarifierungen selbst wurden mit den jeweils zuständigen Aufgabenträgern abgestimmt. Die Zielsetzung bei der Eintarifierung des ÖPNV war, analog wie beim SPNV, die Fahrpreise annähernd auf dem Niveau des vor Verbundbeitritt gültigen Tarifs zu halten.

Um das zu erreichen belaufen sich die Harmonisierungsverluste im Landkreis Coburg auf 121.315 Euro. Die Durchtarifierungsverluste liegen bei 8.668 Euro, deshalb müssen Mindereinnahmen von 129.983 Euro ausgeglichen werden.

 

4.2.4 Mindereinnahmen im ÖPNV des VGN-Altraums

 

Für Fahrgäste, die vom Erweiterungsraum in den VGN-Altraum fahren (bzw. umgekehrt) und dabei im VGN-Altraum umsteigen, entfällt künftig der aktuell noch notwendige VGN-Fahrausweis für den Streckenanteil im VGN-Altraum. Dies führt zu (zusätzlichen) Durchtarifierungsverlusten im VGN-Altraum. Die VGN GmbH hat diese Durchtarifierungsverluste pro Jahr berechnet und nach dem Wohnortprinzip unter den betroffenen Gebietskörperschaften aufgeteilt. Die Durchtarifierungsverluste im VGN-Altraum müssen den betroffenen Verkehrsunternehmen so lange ausgeglichen werden, bis deren aktuell gültige Konzession ausläuft.

Der Betrag beläuft sich auf 27.614 Euro für den Landkreis Coburg.

 

4.2.5 Mindereinnahmen durch das 365-Euro-Ticket

 

Zum 1. August 2020 hat der VGN ein verbundweit gültiges 365-Euro-Ticket VGN für Auszubildende, Schülerinnen und Schüler eingeführt.

Die aus der Einführung des Tickets resultierenden Mindereinnahmen werden vom Freistaat Bayern zu zwei Dritteln und von den im VGN organisierten Gebietskörperschaften zu einem Drittel ausgeglichen.

Die finanzielle Belastung der einzelnen Gebietskörperschaften richtet sich dabei nach deren finanzieller Betroffenheit, bezogen auf den Wohnort des Schülers/Auszubildenden, der dieses Ticket nutzt. Um die Mindereinnahmen aus dem 365-Euro-Ticket zu berechnen, wurden einige Annahmen getroffen, die im Detail im Endbericht des VGN auf S. 24 ff zu lesen sind.

Bei den Schülern und Auszubildenden, die regionale Bus- oder Bahnverkehre benutzen, sind in den Bereichen Schülerbeförderung und ÖPNV/SPNV Verlagerungsprozesse erkennbar. Dadurch, dass für die Schülerfahrkarten keine fahrwegbezogenen Preise, sondern nur noch 365 Euro bezahlt werden, sparen die Schulaufwandsträger in der Regel Aufwendungen für die Schülerbeförderung. Im Gegenzug müssen die Mindereinnahmen aus dem ÖPNV-Haushalt beglichen werden. Am Ende stehen beim Landkreis Coburg Mindereinnahmen von 100.206 Euro.

 

4.2.6 Beteiligung ZVGN und VGN GmbH

 

Die Aufgabenträger müssen sich mit ca. 3 Cent pro Einwohner und Jahr am Verwaltungsaufwand des ZVGN beteiligen. Dazu kommen noch ca. 72 Cent pro Einwohner und Jahr an Personal- und Sachaufwendungen, die anteilig bei der VGN GmbH für die Wahrnehmung von Aufgaben im Auftrag des ZVGN und für Marketingaktivitäten entstehen.

Der Verwaltungsaufwand liegt bei 2.610 Euro. Für die VGN-GmbH muss der Landkreis 62.640 Euro jährlich zahlen.

Im Gegenzug erhalten die Städte und Landkreise höhere ÖPNV-Zuweisungen von 1 Euro pro Einwohner als „Verbundbonus“.

 

4.3 Kostenaufstellung 2024

 

Kosten

Landkreis Coburg

 

 

Einmalkosten:

 

Busverkehr (Haltestellen, Softwarekosten etc.)

478.200 €

VGN GmbH (Online-Shop, App, Website, Tarifprogramm)

19.750 €

SPNV

104.106 €

 

 

Gesamtsumme Einmalkosten:

602.056 €

Anteil Freistaat (90%)

541.851 €

 

 

Anteil Landkreis (10%)

60.206 €

 

 

Tarifharmonisierungsverluste im SPNV

437.963 €

Anteil Freistaat (90%)

394.167 €

 

 

Anteil Landkreis (10%)

43.796 €

 

 

Harmonisierungsverluste LK

121.315 €

Durchtarifierungsverluste LK

8.668 €

 

 

Summe Harmonisierung- und Durchtarifierungsverluste

129.983 €

 

 

Mindereinnahmen VGN-Altraum

27.614 €

 

 

Belastung aus 365-Euro-Ticket

100.206 €

 

 

Verwaltungsaufwand ZVGN

2.610 €

Personal- und Sachaufwendungen VGN GmbH

62.640 €

 

 

Gesamtkosten:                         

427.055 €

 

 

Verbundbonus ÖPNV-Zuweisung

87.000 €

 

 

Gesamtkosten abzüglich Verbundbonus:

340.055 €

 

5. Zusammenfassung

 

Die Idee der Integration der öffentlichen Verkehre in einem Verkehrsverbund hat sich in Deutschland, Österreich und auch in der Schweiz als Erfolg erwiesen. Der Freistaat Bayern schreibt hierzu: „Leistungsfähige Verbünde bieten den Fahrgästen im jeweiligen regionalen Verkehrsraum ein über Landkreis- und Stadtgrenzen hinweg abgestimmtes Fahrplanangebot mit einem einheitlichen Tarif, bauen Zugangshemmnisse zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ab und können so den Umweltverbund stärken.“ Die Ausweitung der Verbundräume wird die individuelle Entscheidung der Menschen in Bayern für den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel erleichtern, insbesondere für Pendler und den Freizeitverkehr.

Auf der Grundlage dieser politischen Zielsetzung des Freistaats Bayern in Verbindung mit der dargestellten Fördersituation besteht mit dem Beitritt zum VGN eine echte Chance zur Stärkung des ÖPNV-Angebots in Stadt und Landkreis Coburg. Einheitliche durchgängige Tarife erleichtern den Zugang zum ÖPNV für neue Kundinnen- und Kundengruppen und bieten den Bestandskunden weitergehende Optionen zur Nutzung der vorhandenen Angebote. Auch durch die Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 wird der Verbundbeitritt nicht weniger wichtig. Im Landkreis Coburg bestehen die Einnahmen – neben den dominierenden Schülertickets – zum größten Teil aus Einzelfahrausweisen. Bei einem Preis von 49 Euro im Monat ist nicht damit zu rechnen, dass dieser Teil signifikant kleiner wird. Diese Gelegenheitsfahrerinnen und –fahrer profitieren enorm von einem einheitlichen Tarif und einem leichteren Zugang zum ÖPNV. Dieser leichtere Zugang erfolgt unter anderem über die VGN-Homepage mit Mobilitätsberater und über die VGN Fahrplan & Tickets-App.

Zusätzlich profitieren die Schülerinnen und Schüler und Auszubildende in Stadt und Landkreis vom 365-Euro-Ticket VGN, welches der Freistaat zu zwei Drittel fördert.

 

Bei einem Nicht-Beitritt zum VGN ist nicht damit zu rechnen mit den Schienenverkehrsunternehmen zu lokalen Vereinbarungen zu kommen, eine Beteiligung am 365-Euro-Ticket für Schülerinnen und Schüler wird genauso wenig möglich sein, und die Abwicklung bundesweiter Angebote, wie dem Deutschlandticket bleibt auf lokaler Ebene schwierig. Eine Kooperation mit den Thüringer Nachbarlandkreisen wird an den unterschiedlichen Fördervoraussetzungen der Bundesländer scheitern.

Unklar bleibt, welche Folgen ein Nicht-Beitritt auf mögliche zukünftige Förderprogramme hat. Durch die gute Vernetzung des VGN in die Landes- und Bundespolitik und durch die Mitgliedschaft in einem solchen Verbund ist der Zugang zu bestimmten Förderprogrammen absehbar leichter möglich. Diese Vernetzung zum Staatsministerium ist jedoch nicht nur für etwaige Fördermittel hilfreich, sondern insgesamt als Interessensvertretung der ÖPNV-Aufgabenträger und der Verkehrsunternehmen. Als besonders wichtig ist eine solche Interessensvertretung für den Informationsfluss bei der Einführung von bundes- bzw. bayernweiten Angeboten wie das Deutschlandticket oder aktuell bei der geplanten Einführung des bayerischen 29-Euroticket für Studierende und Auszubildende.

 

Festzuhalten ist, dass die Fördersituation mit einer zu 90,25 Prozent geförderten Grundlagenstudie (inklusive einer Fahrgastbefragung im Jahr 2024), Einmalkosten, die bis zu 90 Prozent gefördert werden und Dauerkosten der SPNV-Integration in den ersten fünf Jahren zu 90 Prozent (anschließend 100 Prozent), eine einmalige Chance bietet und zeigt, wie wichtig dem Freistaat Bayern ein Beitritt zu einem Verbund ist.