Beschlussvorschlag
1. Der Kreistag beauftragt und ermächtigt den
Landrat und die Verbandsräte in der
Verbandsversammlung des
Krankenhauszweckverbandes einem Betrauungsakt mit
gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im
Bereich Gesundheitsdienstleistungen zu Gunsten von
REGIOMED grundsätzlich zuzustimmen.
2. Die Ermächtigung wird für einen territorialen
Betrauungsakt, der als Anlage einen Bestandteil dieses
Beschlusses bildet, erteilt.
Dies gilt vorbehaltlich einer gleichlautenden
Beschlussfassung des Coburger Stadtrats.
Sachverhalt
Die
als Anlage beigefügte Betrauung soll mögliche beihilfenrechtliche Risiken, die
sich aus dem Neubau des Klinikums Coburg im Bereich Gesundheitsvorsorge im
Verbandsgebiet (Landkreis Coburg und Stadt Coburg) ergeben, einer Lösung
zuführen:
1.
Tätigkeit und Finanzierung der Klinikum Coburg GmbH
Das
Klinikum Coburg ist eine GmbH, die eine 100%ige Tochter der RegioMed GmbH ist. Die
RegioMed GmbH steht zu je 25 % im Eigentum der Landkreise Hildburghausen,
Sonneberg, Lichtenfels sowie des Krankenhausverbandes Coburg mit den
Verbandsmitgliedern Landkreis und Stadt Coburg. Zweck des Krankenhausverbandes
ist gemäß § 3 der Verbandssatzung im Wesentlichen die Förderung des
öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere
durch den Betrieb des Klinikum Coburgs. Die Klinikum Coburg GmbH ist Bauherrin
des Neubaus Klinikum Coburg. Der Krankenhausverband finanziert diesen Neubau,
indem er die nicht durch eine Förderung abgedeckten Kosten zur Hälfte selbst in
die Finanzierung einbringt („verlorener Zuschuss“) und zur Hälfte über ein der
Klinikum Coburg GmbH gewährten Darlehen abdeckt. Die aus diesen festen Quoten
resultierenden absoluten Beträge sind abhängig von den tatsächlichen
Gesamtprojektkosten.
Beihilfenrechtliche Risiken der Finanzierung
Nach
den Vorgaben des europäischen Rechts sind Beihilfen staatlicher Stellen –
hierzu zählen auch Kommunen – aus staatlichen Mitteln zugunsten von Unternehmen
grundsätzlich untersagt (Art. 107 AEUV). Der europarechtliche
Unternehmensbegriff umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende
Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Beihilfen
dürfen nur dann gewährt werden, wenn sie der EU-Kommission angezeigt und von dieser
genehmigt werden. Eine Ausnahme gilt nach
Art. 106 Abs. 2 AEUV jedoch für Beihilfen an Unternehmen,
die mit der Erbringung von sogenannten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse (nachfolgend „DawI“) betraut sind. Dabei handelt es sich um Leistungen,
die grundsätzlich der Allgemeinheit zugutekommen und typischerweise nicht kostendeckend
erbracht werden können. Die Verluste aus solchen Tätigkeiten darf die
öffentliche Hand auch ohne Genehmigung der EU-Kommission ausgleichen.
Voraussetzung ist der Erlass eines sogenannten Betrauungsaktes nach den
Maßstäben des „Freistellungsbeschlusses“ der Kommission vom 20.12.2011. Der
Betrauungsakt muss bestimmte Regelungen enthalten, insbesondere für den
Leistungsumfang und die Berechnung des Verlustausgleichs.
Zu
Abwendung der beihilferechtlichen Risiken und dauerhaften Absicherung einer
Finanzierung soll daher von den Gebietskörperschaften Stadt und Landkreis
Coburg sowie vom Krankenhausverband ein Betrauungsakt für den Klinikneubau nach
den Vorgaben der EU-Kommission erlassen werden.
2.
Inhalt des Betrauungsaktes
Dieser
Betrauungsakt überträgt der Klinikum Coburg GmbH die gemeinwirtschaftliche
Verpflichtung der
Gesundheitsvorsorge
im Verbandsgebiet durch den Neubau des Klinikums Coburg. Er wiederholt damit
die Zweckbestimmung, die in der Satzung des Krankenhausverbandes getroffen
wurde.
Die
Versorgung der Bevölkerung im Verbandsgebiet mit Gesundheitsdienstleistungen
liegt im
Gemeinwohlinteresse
und ist daher als DAWI zu qualifizieren.
Der
Betrieb von Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der Gesundheit und der
öffentlichen
Wohlfahrtspflege
ist gemäß Art. 57 BayGO (Art. 51 BayLKrO, Art. 57 BayGo) Pflichtaufgabe
der
Bayerischen Gemeinden und Landkreise. Die Entscheidung der Beteiligten
Gebietskörperschaften,
die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherzustellen ist darüber
hinaus
von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG
i. V. m. Art. 11 Abs. 2 Verfassung des Freistaates
Bayern abgedeckt. Darüber hinaus befasst sich Art. 168 des
Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) mit dem Gesundheitswesen.
Aufgrund
der Einordnung der Gesundheitsdienstleistungen als DawI dürfen die aus der
Erfüllung
dieser
Tätigkeit entstehenden Verluste ausgeglichen werden. Davon zu trennen sind sonstige
Leistungen,
die keine DawI in diesem Sinne sind. Nicht dem DawI-Bereich zuzuordnen sind
solche
Tätigkeiten, bei denen kein Gemeinwohlelement vorliegt und die von privaten
Marktteilnehmern
auch ohne staatliche Subventionierung kostendeckend angeboten werden.
Es
muss rechnerisch sichergestellt werden, dass diese Leistungen nicht an dem
Defizitausgleich
partizipieren.
Im Falle der Klinikum Coburg GmbH betrifft dies alle weiteren Tätigkeiten,
welche z. B.
etwaige
Defizite aus der Verpachtung von gastronomischen Einrichtungen und Kiosken. Den
Vorgaben
des Freistellungsbeschlusses entsprechend, ist daher im Betrauungsakt
vorgesehen,
dass
die Kosten und Erlöse dieser nicht betrauten Tätigkeiten buchhalterisch
getrennt von denen
der
DawI-Tätigkeiten erfasst werden müssen. Nur die über diese sogenannte
Trennungsrechnung
ermittelten
Nettokosten der DawI (Erlöse abzgl. Kosten) können ausgeglichen werden.
3.
Umsetzung des Betrauungsaktes
Die
Betrauung wird für die nach dem Freistellungsbeschluss höchstzulässige Dauer
von
10
Jahren vorgenommen. Die Betrauung erfolgt durch diesen Kreistagsbeschluss
einschließlich
der
gesellschaftsrechtlichen Weisung des Landrats des Landkreises an die
Geschäftsführung
der
Klinikum Coburg GmbH.
4.
Wirtschaftliche Auswirkung des Betrauungsaktes
Der
hier zum Beschluss vorliegende Betrauungsakt hat selbst noch keine
wirtschaftliche Auswirkung. Er bildet lediglich die europarechtliche Grundlage
für die Finanzierung des Neubaus Klinikum Coburg.
5.
Varianten des Betrauungsaktes
Grundsätzlich
kann ein quotaler Betrauungsakt (QB) oder ein territorialer Betrauungsakt (TB)
erteilt werden.
Vorliegend
wird der TB gewählt, weil die Klinikum Coburg GmbH Bauherrin des geförderten
Neubaus ist.