Sitzung: 16.02.2023 Kreistag
entfällt
Anfrage von der Bündnis 90/Die Grünen-Kreistagsfraktion vom
13.02.2023;
Hausärzte
Die Anfrage hat folgenden Wortlaut:
Durch die örtlichen Medien wird
immer wieder die Unterversorgung des ländlichen Raumes im Landkreis Coburg mit
Hausärzten thematisiert, was uns mit Sorge erfüllt. Wir spüren ja auch als
BürgerInnen diesen Mangel, wenn wir auf der Suche nach einem neuen Hausarzt
sind, weil der eigene Arzt in den Ruhestand gegangen ist. Ein vorwiegend daraus
resultierendes Problem ist die Überbeanspruchung der Notaufnahmeeinrichtungen
an den Krankenhäusern. Wichtig wäre die dezentrale ortsnahe Versorgung der
Menschen mit einem niederschwelligen Angebot an Gesundheitsversorgung.
Daher drängen sich folgende Fragen
auf, um deren Beantwortung wir die Verwaltung bitten:
Wie viele Hausarztsitze sind eigentlich für
den Landkreis Coburg vorgesehen?
Antwort:
Stadt und
Landkreis bilden (ohne Neustadt b. Coburg) ein Versorgungsgebiet. Innerhalb
dieses Gebietes können die Niederlassungsadressen frei gewählt werden, die
Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) muss allerdings zustimmen
Im Planungsbereich Coburg sind 60,75 Ärztinnen und
Ärzte in Vollzeitäquivalenten tätig. Die Sollzahl liegt bei 74,52. Es könnten
aber noch 21,5 Ärztinnen und Ärzte, angegeben in Vollzeitäquivalenten, tätig
werden.
Die Sollzahl ist erreicht wenn der berechnete Versorgungsgrad bei 100 % liegt.
Niederlassungen werden bis 110 % genehmigt, weshalb sich 21,5 Personen
niederlassen können.
Im Planungsbereich Neustadt b. Coburg sind 9,5
Ärztinnen und Ärzte in Vollzeitäquivalenten tätig. Die Sollzahl liegt bei
10,58. Es könnten aber noch 2,5 Ärztinnen und Ärzte, angegeben in
Vollzeitäquivalenten, tätig werden.
Wie viele dieser Hausarztsitze sind derzeit
frei und können nicht besetzt werden? Wo sind die freien Hausarztsitze
verortet?
Antwort:
Im Planungsbereich Coburg fehlen 13,77 Ärztinnen
und Ärzte in Vollzeitäquivalenten bis zu einem Versorgungsgrad von 100 %.
Bis zu einem Versorgungsgrad von 110 % können sich sogar 21,5 Ärztinnen und
Ärzte niederlassen.
Im Planungsbereich Neustadt b. Coburg fehlen 1,08 Ärztinnen und Ärzte in
Vollzeitäquivalenten bis zu einem Versorgungsgrad von 100 %.
Bis zu einem Versorgungsgrad von 110 % können sich sogar 2,5 Ärztinnen und
Ärzte niederlassen.
Somit können sich aktuell insgesamt 24 Ärztinnen und Ärzte
niederlassen.
Wo liegt derzeit das Durchschnittsalter der
Hausärzte und wie lange möchten diese noch praktizieren?
Antwort:
Das Durchschnittsalter der
Ärztinnen und Ärzte im Planungsbereich Coburg liegt bei 55 Jahren, der
bayernweite Altersdurchschnitt liegt bei 55,2 Jahren.
Das Durchschnittsalter der Ärztinnen und Ärzte im Planungsbereich Neustadt b.
Coburg liegt bei 55 Jahren, der bayernweite Altersdurchschnitt liegt bei 55,2
Jahren.
Viele Ärztinnen und Ärzte möchten teilweise mit reduzierten Stunden bis zu
einem Alter von 65 oder 70 Jahren arbeiten.
Wie plant man, diese Stellen in Zukunft
besetzen zu können, wie stellt man die hausärztliche Versorgung im ländlichen
Umland von Coburg sicher?
Antwort:
Bausteine zur
Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sind das Stipendiatenprogramm des
Landkreises, die Imagekampagne „Als Arzt nach Coburg“, Veranstaltungen für die
niedergelassene Ärzteschaft zu Vernetzung (Schaffung von Synergien) und
Telemedizin (vor allem zur leichteren Kommunikation mit Pflegeheimen zu
einzelnen Patientinnen und Patienten) der Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin
Coburg und die Medical School REGIOMED.
Dem
Stipendiatenprogramm gehören aktuell zwei Ärzte in Weiterbildung, sowie elf
Studierende an. Die nächsten zwei Weiterbildungsassistenten werden in ca. einem
Jahr im Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin Coburg erwartet.
Die
Imagekampagne hat bisher zu 56 Kontakten geführt, aus denen zehn
Praxisgründungen oder –anstellungen plus zwei Anstellungen von Assistenzärzten
in Stadt und Landkreis resultierten. Zwei zusätzliche Niederlassungen von Vertragsärztinnen
und - ärzte kamen durch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Coburg
zustande.
Der
Weiterbildungsverbund hat bislang 12 Fachärztinnen und –ärzte für
Allgemeinmedizin ausgebildet.
An der
Medical School haben bisher 17 Ärztinnen und Ärzte ihr Medizinstudium
abgeschlossen und befinden sich nun in der Weiterbildung zum Facharzt. Diesen
Herbst werden voraussichtlich 23 Studierende das Studium abschließen, ca. 20
von ihnen möchten in der Region bleiben.
Die Stadt Coburg hat die Situation und den
Bedarf der Hausärzte vor Ort analysiert und ist zum Entschluss gekommen, dass
ganz dringend Handlungsbedarf besteht und jetzt soll ein MVZ entstehen. Gibt es
für den Landkreis hier auch schon konkrete Ideen?
Antwort:
Es gibt momentan keine
konkreten Planungen auf Ebene des Landkreises, aber bei einzelnen Gemeinden in
unterschiedlicher Größe und Ausrichtung.
Hier
einige Beispiele:
Die Gemeinde Ahorn hat konkrete Planungen für ein Ärztezentrum in
einem durch einen Investor geplanten Objekt für wohnen und arbeiten. Hier
können sich Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen einmieten und sich
aktuell auch noch an den Planungen der Raumaufteilung beteiligen.
In Bad Rodach könnte mit Hilfe der „Bürgerstiftung für die Stadt Bad
Rodach“ und der „Stiftung für Natur und Kinder“ (Habermaas) eine große Praxis
gebaut werden. Für die Umsetzung fehlen noch entsprechende Interessenten.
In Ebersdorf b. Coburg könnte ein neues Praxisgebäude durch einen
Investor gebaut werden. Aktuell fehlen neben einem Interessenten weitere um das
Vorhaben realisieren zu können.
In Grub a. Forst steht ein Baugrundstück für eine Praxis zur
Verfügung.
In Großheirath werden Praxisräume für einen bereits angesiedelten
Arzt umgebaut.
In Weitramsdorf werden die Möglichkeiten für eine neue Praxis,
möglicherweise mit einer Apotheke, eruiert.
Die nicht ausreichende hausärztliche
Versorgung wird in Zukunft auch die Alten- und Pflegeheime massiv bedrohen,
denn ohne hausärztliche Betreuung ist eine Versorgung der Einrichtungen mit Verordnungen
für benötigte Medikamente nicht möglich. Gibt es zu diesem Thema schon
Überlegungen?
Antwort:
Diese Problematik ist
bekannt und es findet ein ständiger Austausch mi dem Fachbereich Senioren
statt.
Durch
eine bessere allgemeinmedizinische Versorgung, die unser Ziel ist, wird sich
auch die Lage in den Heimen dahingehend verbessern. Eine Hausarztpraxis startet
nun ein von der Gesundheitsregionplus vorgestelltes telemedizinisches Angebot,
das die Kommunikation mit dem Pflegeheim und die Behandlung der dortigen
Patienten vereinfachen soll. Falls die Praxis Erfolg mit diesem Konzept hat
werden sich perspektivisch weitere anschließen.
Die Verwaltung möge die Möglichkeit eines
Modellprojektes prüfen, indem landkreisweit in allen Gemeinden eine Stelle geschaffen
wird, die die sozialen Belange der Gemeinde verzahnt. Jugendpflege,
Seniorenarbeit (z.B. Hilfen nach Entlassung aus dem Krankenhaus),
Gesundheitsfürsorge (enge Zusammenarbeit mit Ärzten, Gesundheitsassistenten (
früher Gemeindeschwester) usw.
Vor Jahren gab es schon mal die Idee des
Kümmerers. Eine Stelle vor Ort, an die man sich als Bürger mit allen sozialen
Problemen wenden kann - gemeindliche Sozialarbeit, Von dort würde dann das
weiter nötige koordiniert, z. B häusliche Hilfen, Kontakt mit Ärzten,
Jugendamt, Nachbarschaftshilfe usw.
Gedacht ist nicht an eine Stellenmehrung,
sondern die Überführung der vorhandenen Stellen für Jugendpflege,
Seniorenarbeit in die neue Position des "Kümmerers". Weg von der
starken Spezialisierung hin zu mehr Generalisierung der Sozialarbeit in der
Gemeinde.
Das Problem des Ärztemangels und seine
Auswirkungen sind ein landesweites Problem. Zu prüfen wäre deshalb die
Fördermöglichkeit eines Modellprojektes durch den Freistaat Bayern und/ oder
den Bund.
Antwort:
Hier handelt es sich nicht um eine Frage, sondern um einen konkreten Auftrag an
die Verwaltung. Dies muss als eigenständiger Antrag formuliert werden, über den
dann das zuständige Gremium entscheidet.
Hinweis: Der
sogenannte „Kümmerer“ ist eine kommunale Aufgabe. Die Jugendpflegen sind
bereits in den Kommunen tätig und betreuen zusätzlich den Bereich Senioren. Bei
speziellen Fragen verweisen die Kommunen an das Landratsamt.
Bietet das Modell des
Bundesgesundheitsministeriums „Gesundheitskiosk“ für unsere Region eine
geeignete Struktur, die die Bevölkerung versorgen kann?
Antwort:
Hintergrund:
Gesundheitskioske
werden von Kommunen initiiert und von gesetzlichen und privaten Krankenkassen
mehrheitlich finanziert (Kommune beteiligt sich). Ziel ist es, den Zugang zur
Versorgung (besonders für Personen mit Unterstützungsbedarf) zu verbessern und
die Versorgung zu koordinieren. Die Krankenkassen sind zur Teilnahme
verpflichtet, wenn sich die Kommune ebenfalls finanziell beteiligt: Die
gesetzliche Krankenversicherung wird 74,5 % der Gesamtkosten, die private
Krankenversicherung 5,5 % und die Kommunen 20 % der Gesamtkosten tragen.
Ziele:
·
Niedrigschwellige Beratung in benachteiligten
Regionen
·
Förderung der Gesundheitskompetenz von Menschen mit
besonderem Unterstützungsbedarf, Informationen zu gesundem Lebensstil und
Angeboten zur Gesundheitsförderung
·
Vermittlung von medizinischen Leistungen
·
Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur
medizinischen und sozialen Bedarfsermittlung
·
Durchführung einfacher medizinischer
Routineaufgaben (Blutzucker- und Blutdruckmessung, Verbandswechsel, etc.)
·
Leitung und Personal sollen Pflegekräfte und
Community Health Nurses sein
·
Ziel ist ein Kiosk auf 80.000 Einwohner
Stand in
Coburg:
Das
Konzept wurde bereits ins Gespräch gebracht, wurde von den Ärztinnen und
Ärzten, mit denen die Gesundheitsregion bisher darüber gesprochen hat, aber
nicht als vielversprechend eingestuft. Gründe dafür sind, dass der Arztbesuch
kein Privileg sein soll, welches man erst erhält wenn man durch verschiedene
Instanzen gegangen ist (wie in England). Außerdem liegt die Endverantwortung
immer noch beim Arzt und das Konstrukt könnte zu Parallelstrukturen führen.
Die
Gesundheitsregion wird das Thema aufgreifen, da die Niedrigschwelligkeit an
sich positiv ist und für einige Dienstleistungen in Frage kommen könnte.