entfällt


Anfrage von der Bündnis 90/Die Grünen-Kreistagsfraktion vom 13.02.2023;

Hausärzte

 

Die Anfrage hat folgenden Wortlaut:

 

Durch die örtlichen Medien wird immer wieder die Unterversorgung des ländlichen Raumes im Landkreis Coburg mit Hausärzten thematisiert, was uns mit Sorge erfüllt. Wir spüren ja auch als BürgerInnen diesen Mangel, wenn wir auf der Suche nach einem neuen Hausarzt sind, weil der eigene Arzt in den Ruhestand gegangen ist. Ein vorwiegend daraus resultierendes Problem ist die Überbeanspruchung der Notaufnahmeeinrichtungen an den Krankenhäusern. Wichtig wäre die dezentrale ortsnahe Versorgung der Menschen mit einem niederschwelligen Angebot an Gesundheitsversorgung.

 

Daher drängen sich folgende Fragen auf, um deren Beantwortung wir die Verwaltung bitten:

 

Wie viele Hausarztsitze sind eigentlich für den Landkreis Coburg vorgesehen?

 

Antwort:
Stadt und Landkreis bilden (ohne Neustadt b. Coburg) ein Versorgungsgebiet. Innerhalb dieses Gebietes können die Niederlassungsadressen frei gewählt werden, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) muss allerdings zustimmen

Im Planungsbereich Coburg sind 60,75 Ärztinnen und Ärzte in Vollzeitäquivalenten tätig. Die Sollzahl liegt bei 74,52. Es könnten aber noch 21,5 Ärztinnen und Ärzte, angegeben in Vollzeitäquivalenten, tätig werden.
Die Sollzahl ist erreicht wenn der berechnete Versorgungsgrad bei 100 % liegt. Niederlassungen werden bis 110 % genehmigt, weshalb sich 21,5 Personen niederlassen können.

Im Planungsbereich Neustadt b. Coburg sind 9,5 Ärztinnen und Ärzte in Vollzeitäquivalenten tätig. Die Sollzahl liegt bei 10,58. Es könnten aber noch 2,5 Ärztinnen und Ärzte, angegeben in Vollzeitäquivalenten, tätig werden.

Wie viele dieser Hausarztsitze sind derzeit frei und können nicht besetzt werden? Wo sind die freien Hausarztsitze verortet?

Antwort:
Im Planungsbereich Coburg fehlen 13,77 Ärztinnen und Ärzte in Vollzeitäquivalenten bis zu einem Versorgungsgrad von 100 %.
Bis zu einem Versorgungsgrad von 110 % können sich sogar 21,5 Ärztinnen und Ärzte niederlassen.


Im Planungsbereich Neustadt b. Coburg fehlen 1,08 Ärztinnen und Ärzte in Vollzeitäquivalenten bis zu einem Versorgungsgrad von 100 %.
Bis zu einem Versorgungsgrad von 110 % können sich sogar 2,5 Ärztinnen und Ärzte niederlassen.

 

Somit können sich aktuell insgesamt 24 Ärztinnen und Ärzte niederlassen.


 

Wo liegt derzeit das Durchschnittsalter der Hausärzte und wie lange möchten diese noch praktizieren?

 

Antwort:
Das Durchschnittsalter der Ärztinnen und Ärzte im Planungsbereich Coburg liegt bei 55 Jahren, der bayernweite Altersdurchschnitt liegt bei 55,2 Jahren.

Das Durchschnittsalter der Ärztinnen und Ärzte im Planungsbereich Neustadt b. Coburg liegt bei 55 Jahren, der bayernweite Altersdurchschnitt liegt bei 55,2 Jahren.

Viele Ärztinnen und Ärzte möchten teilweise mit reduzierten Stunden bis zu einem Alter von 65 oder 70 Jahren arbeiten.

 

Wie plant man, diese Stellen in Zukunft besetzen zu können, wie stellt man die hausärztliche Versorgung im ländlichen Umland von Coburg sicher?

 

Antwort:
Bausteine zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sind das Stipendiatenprogramm des Landkreises, die Imagekampagne „Als Arzt nach Coburg“, Veranstaltungen für die niedergelassene Ärzteschaft zu Vernetzung (Schaffung von Synergien) und Telemedizin (vor allem zur leichteren Kommunikation mit Pflegeheimen zu einzelnen Patientinnen und Patienten) der Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin Coburg und die Medical School REGIOMED.

 

Dem Stipendiatenprogramm gehören aktuell zwei Ärzte in Weiterbildung, sowie elf Studierende an. Die nächsten zwei Weiterbildungsassistenten werden in ca. einem Jahr im Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin Coburg erwartet.

 

Die Imagekampagne hat bisher zu 56 Kontakten geführt, aus denen zehn Praxisgründungen oder –anstellungen plus zwei Anstellungen von Assistenzärzten in Stadt und Landkreis resultierten. Zwei zusätzliche Niederlassungen von Vertragsärztinnen und - ärzte kamen durch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Coburg zustande.

 

Der Weiterbildungsverbund hat bislang 12 Fachärztinnen und –ärzte für Allgemeinmedizin ausgebildet.

 

An der Medical School haben bisher 17 Ärztinnen und Ärzte ihr Medizinstudium abgeschlossen und befinden sich nun in der Weiterbildung zum Facharzt. Diesen Herbst werden voraussichtlich 23 Studierende das Studium abschließen, ca. 20 von ihnen möchten in der Region bleiben.

 

Die Stadt Coburg hat die Situation und den Bedarf der Hausärzte vor Ort analysiert und ist zum Entschluss gekommen, dass ganz dringend Handlungsbedarf besteht und jetzt soll ein MVZ entstehen. Gibt es für den Landkreis hier auch schon konkrete Ideen?

 

Antwort:
Es gibt momentan keine konkreten Planungen auf Ebene des Landkreises, aber bei einzelnen Gemeinden in unterschiedlicher Größe und Ausrichtung.

 

Hier einige Beispiele:

Die Gemeinde Ahorn hat konkrete Planungen für ein Ärztezentrum in einem durch einen Investor geplanten Objekt für wohnen und arbeiten. Hier können sich Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen einmieten und sich aktuell auch noch an den Planungen der Raumaufteilung beteiligen.

 

In Bad Rodach könnte mit Hilfe der „Bürgerstiftung für die Stadt Bad Rodach“ und der „Stiftung für Natur und Kinder“ (Habermaas) eine große Praxis gebaut werden. Für die Umsetzung fehlen noch entsprechende Interessenten.

 

In Ebersdorf b. Coburg könnte ein neues Praxisgebäude durch einen Investor gebaut werden. Aktuell fehlen neben einem Interessenten weitere um das Vorhaben realisieren zu können.

 

In Grub a. Forst steht ein Baugrundstück für eine Praxis zur Verfügung.

 

In Großheirath werden Praxisräume für einen bereits angesiedelten Arzt umgebaut.

 

In Weitramsdorf werden die Möglichkeiten für eine neue Praxis, möglicherweise mit einer Apotheke, eruiert.

 

Die nicht ausreichende hausärztliche Versorgung wird in Zukunft auch die Alten- und Pflegeheime massiv bedrohen, denn ohne hausärztliche Betreuung ist eine Versorgung der Einrichtungen mit Verordnungen für benötigte Medikamente nicht möglich. Gibt es zu diesem Thema schon Überlegungen?

 

Antwort:
Diese Problematik ist bekannt und es findet ein ständiger Austausch mi dem Fachbereich Senioren statt.

Durch eine bessere allgemeinmedizinische Versorgung, die unser Ziel ist, wird sich auch die Lage in den Heimen dahingehend verbessern. Eine Hausarztpraxis startet nun ein von der Gesundheitsregionplus vorgestelltes telemedizinisches Angebot, das die Kommunikation mit dem Pflegeheim und die Behandlung der dortigen Patienten vereinfachen soll. Falls die Praxis Erfolg mit diesem Konzept hat werden sich perspektivisch weitere anschließen.

Die Verwaltung möge die Möglichkeit eines Modellprojektes prüfen, indem landkreisweit in allen Gemeinden eine Stelle geschaffen wird, die die sozialen Belange der Gemeinde verzahnt. Jugendpflege, Seniorenarbeit (z.B. Hilfen nach Entlassung aus dem Krankenhaus), Gesundheitsfürsorge (enge Zusammenarbeit mit Ärzten, Gesundheitsassistenten ( früher Gemeindeschwester) usw.

Vor Jahren gab es schon mal die Idee des Kümmerers. Eine Stelle vor Ort, an die man sich als Bürger mit allen sozialen Problemen wenden kann - gemeindliche Sozialarbeit, Von dort würde dann das weiter nötige koordiniert, z. B häusliche Hilfen, Kontakt mit Ärzten, Jugendamt, Nachbarschaftshilfe usw.

Gedacht ist nicht an eine Stellenmehrung, sondern die Überführung der vorhandenen Stellen für Jugendpflege, Seniorenarbeit in die neue Position des "Kümmerers". Weg von der starken Spezialisierung hin zu mehr Generalisierung der Sozialarbeit in der Gemeinde.

Das Problem des Ärztemangels und seine Auswirkungen sind ein landesweites Problem. Zu prüfen wäre deshalb die Fördermöglichkeit eines Modellprojektes durch den Freistaat Bayern und/ oder den Bund.

Antwort:

Hier handelt es sich nicht um eine Frage, sondern um einen konkreten Auftrag an die Verwaltung. Dies muss als eigenständiger Antrag formuliert werden, über den dann das zuständige Gremium entscheidet.

 

 

Hinweis: Der sogenannte „Kümmerer“ ist eine kommunale Aufgabe. Die Jugendpflegen sind bereits in den Kommunen tätig und betreuen zusätzlich den Bereich Senioren. Bei speziellen Fragen verweisen die Kommunen an das Landratsamt.

 

Bietet das Modell des Bundesgesundheitsministeriums „Gesundheitskiosk“ für unsere Region eine geeignete Struktur, die die Bevölkerung versorgen kann?

 

Antwort:
Hintergrund:

Gesundheitskioske werden von Kommunen initiiert und von gesetzlichen und privaten Krankenkassen mehrheitlich finanziert (Kommune beteiligt sich). Ziel ist es, den Zugang zur Versorgung (besonders für Personen mit Unterstützungsbedarf) zu verbessern und die Versorgung zu koordinieren. Die Krankenkassen sind zur Teilnahme verpflichtet, wenn sich die Kommune ebenfalls finanziell beteiligt: Die gesetzliche Krankenversicherung wird 74,5 % der Gesamtkosten, die private Krankenversicherung 5,5 % und die Kommunen 20 % der Gesamtkosten tragen.

 

Ziele:

·         Niedrigschwellige Beratung in benachteiligten Regionen

·         Förderung der Gesundheitskompetenz von Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf, Informationen zu gesundem Lebensstil und Angeboten zur Gesundheitsförderung

·         Vermittlung von medizinischen Leistungen

·         Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur medizinischen und sozialen Bedarfsermittlung

·         Durchführung einfacher medizinischer Routineaufgaben (Blutzucker- und Blutdruckmessung, Verbandswechsel, etc.)

·         Leitung und Personal sollen Pflegekräfte und Community Health Nurses sein

·         Ziel ist ein Kiosk auf 80.000 Einwohner

 

Stand in Coburg:

Das Konzept wurde bereits ins Gespräch gebracht, wurde von den Ärztinnen und Ärzten, mit denen die Gesundheitsregion bisher darüber gesprochen hat, aber nicht als vielversprechend eingestuft. Gründe dafür sind, dass der Arztbesuch kein Privileg sein soll, welches man erst erhält wenn man durch verschiedene Instanzen gegangen ist (wie in England). Außerdem liegt die Endverantwortung immer noch beim Arzt und das Konstrukt könnte zu Parallelstrukturen führen.

Die Gesundheitsregion wird das Thema aufgreifen, da die Niedrigschwelligkeit an sich positiv ist und für einige Dienstleistungen in Frage kommen könnte.