Beschluss: einstimmig

Beschlussvorschlag

 

Der Landkreis Coburg erhebt an den Schulen in seiner Trägerschaft auf der Grundlage des Art. 21 Abs. 3 BaySchFG ab dem Schuljahr 2022/23 weiterhin Papiergeld in Höhe von 10 € je Schuljahr für alle Schülerinnen und Schüler, die zum Stichtag der amtlichen Schulstatistik an der Schule gemeldet sind. Wie bisher erfolgt keine anteilige Erstattung bei Austritt während des Schuljahres.

 

Von Schülerinnen und Schülern, die Klassen besuchen, die im Schulversuch „digitale Schule der Zukunft“ gemeldet sind, wird kein Papiergeld erhoben.

 

Von Schülerinnen und Schülern, die in iPad-Klassen außerhalb des Schulversuchs „digitale Schule der Zukunft“ unterrichtet werden, wird kein Papiergeld erhoben, wenn die Schulleitung zu Schuljahresbeginn erklärt, dass der Papierverbrauch in diesen Klassen um mind. 50 % reduziert wird.

 

Schülerinnen und Schüler, die mit ihren privaten digitalen Endgeräten am Unterricht teilnehmen und keiner überwiegend digital arbeitenden Klasse zugeteilt sind, können im Einzelfall auf Antrag von der Zahlung des Papiergelds befreit werden, sofern sie auf die Ausgabe von Arbeitsblättern zu Schuljahresbeginn schriftlich verzichten.

 

Diese Festlegung gilt für die kommenden fünf Jahre und ist dann erneut zu überprüfen.


Sachverhalt

 

Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport hat in seiner Sitzung am 02.11.2022 die Vorlage 173/2022 Papiergelderhebung und Verzicht auf die Erhebung von Papiergeld in iPad-Klassen zurückgewiesen und keine Entscheidung hierzu getroffen. Zum grundsätzlichen Inhalt hisichtlich der Entwicklung der Kosten für den Landkreis wird auf die Vorlage 173/2022 verwiesen.

 

Verschiedene Fragen sollten von der Verwaltung geklärt werden:

 

1.            Ist ein genereller Verzicht auf Papiergeld rechtlich möglich?

Nach den Formulierungen in Art. 23 Abs. 1. Satz 1 BayEUG sind die sonstigen Lernmittel – und hierzu zählen Kopien für Arbeitsblätter – von den Eltern zu beschaffen. Ausnahmen im gesetzlich definierten Umfang sind nur auf Antrag der Erziehungsberechtigten möglich und unterliegen einer Prüfung im Einzelfall. Generelle Ausnahmen sind nicht vorgesehen.

 

Ein genereller Verzicht auf die Einforderung der vom Sachaufwandsträger verauslagten Ausgaben gegenüber den Eltern ist daher nicht zulässig und würde gegen die gesetzlich zwingend vorgegebene Rangfolge der Einnahmebeschaffung des Art 62 Abs. 2 GO bzw. Art 56 Abs. 2 LKrO verstoßen ( erst sonstige Einnahmen, dann spezielle Entgelte, dann Steuern und erst dann Kredite ).

 

Es gilt der allgemeine Haushaltsgrundsatz aus Art. 55 LKrO zur Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.

 

Ein Verzicht auf einen Anspruch ist von der Begrifflichkeit her ein Erlass gem. § 87 Nr. 13 KommHV-K. Ein Anspruch auf die Forderung des Landkreises liegt in Art. 21 Abs. 3 S. 1 BaySchFG begründet, wonach die Eltern (…) die übrigen Lernmittel selbst zu beschaffen haben. Wenn das die Schule durch Anfertigung von Kopien etc. übernimmt, handelt diese nach den Grundsätzen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag und kann entsprechend Erstattung der Kosten hierfür von den Eltern verlangen.

 

Gem. § 32 Abs. 1 KommHV-K gelten für die Stundung, die Erhebung von Stundungszinsen, die Niederschlagung und den Erlass von Ansprüchen die Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend.

Der Erlass ist in § 227 AO geregelt. Dieser besagt: „Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.“

 

Eine Unbilligkeit bei der allgemeinen jährlichen Erhebung des Papiergeldes - wie bisher praktiziert – ist nicht erkennbar.

 

Eine andere Einschätzung ist denkbar bei der Erhebung von Papiergeld in den Klassen, die überwiegend digital unterrichtet werden. Da hier i.d.R. deutlich weniger Kopierkosten anfallen als in den „analogen“ Klassen, könnte die Erhebung des gleichen Betrages als unbillig betrachtet und hier ein geringerer Betrag oder, wie vorgeschlagen, gar kein Papiergeld erhoben werden.

 

 

2.            Befragung der Städte und Gemeinden zum Erlass von Papiergeld

 

Nur für den Fall, dass die Landkreisverwaltung zu dem Schluss kommt, dass ein Verzicht auf Papiergeld rechtlich möglich ist, sollte mit den Städten und Gemeinden zu diesem Thema Kontakt aufgenommen werden. Auch die Städte und Gemeinden erheben in ihren Schulen Papiergeld. Die Entscheidung des Landkreises könnte Auswirkungen auf sie haben. Nachdem die Verwaltung ihre Ansicht bestätigt sieht, dass ein Verzicht nicht möglich ist, wurden die Städte und Gemeinden nicht zu ihrer Positionierung zur Erhebung von Papiergeld befragt.

 

 

3.            Wie ist die Einschätzung der Schulleitungen zum Papierverbrauch und wie viele Schülerinnen und Schüler werden in digital-arbeitenden Klassen an Schulen in Trägerschaft des Landkreises unterrichtet?

An der Staatlichen Realschule Neustadt b. Cbg. werden in diesem Schuljahr 213 Schülerinnen und Schüler in iPad-Klassen unterrichtet. Es gibt dort keine kopierten Arbeitsblätter mehr. Lediglich Leistungsnachweise werden noch in Papierform erbracht. Im Schulversuch „Digitale Schule der Zukunft“ arbeiten 169 Schülerinnen und Schüler mit iPads. Weitere 44 Schülerinnen und Schüler arbeiten in iPad-Klassen außerhalb des Schulversuchs.

 

Für 340 Schülerinnen und Schüler der Staatlichen Realschule Coburg II in den iPad Klassen hat sich nach Einschätzung der Schulleitung der Papierverbrauch um 80 % reduziert. 268 Schülerinnen und Schüler sind in den Jahrgangsstufen 7 und 8 (digitale Schule der Zukunft) – 72 Schülerinnen und Schüler in iPad-Klassen außerhalb des Schulversuchs.

 

Am Staatlichen Arnold-Gymnasium Neustadt b. Cbg. hat nach Aussage des Schulleiters die Einführung und Nutzung der iPads in den 5. Klassen und in der Klasse 6b in diesem Schuljahr noch keine nennenswerte Auswirkung auf die Zahl der nötigen Kopien. Das kann sich im Laufe der kommenden Jahre, wenn die iPad-Klassen hochwachsen, nach seiner Aussage ändern.

Derzeit sind in diesen Klassen insgesamt 106 Schülerinnen und Schüler. Es ist geplant, auch im kommenden Schuljahr mit allen neuen 5.Klassen als iPad-Klassen zu starten. Zielsetzung sei, dass möglichst viele Eltern die Kosten tragen. Für diejenigen, die das nicht können würden die Schülerleihgeräte verwendet. Im Übrigen verweist der Schulleiter darauf, dass es in vielen Klassen einzelne Schülerinnen und Schüler gibt, die iPads nutzen und deshalb oft (nicht immer und nicht in allen Fächern) auf Kopien in Papierform verzichten. Eine individuelle Festlegung für einzelne Schülerinnen und Schüler wäre schwierig umsetzbar. Am Gymnasium wurde das Papiergeld für das Schuljahr 2022/23 in vollem Umfang von allen Schülerinnen und Schülern bereits erhoben. Für das laufende Schuljahr wird kein Änderungsbedarf an der bestehenden Regelung gesehen.

 

Perspektive:

Für 553 Schülerinnen und Schüler aus den digital arbeitenden Klassen in den beiden Staatlichen Realschulen in Trägerschaft des Landkreises wurde von den Schulleitungen bereits bestätigt, dass sich der Papierverbrauch um mehr als 50 % reduziert hat. Aktuell werden an den Schulen in Trägerschaft des Landkreises 659 Schülerinnen und Schüler in iPad-Klassen unterrichtet. Hinzu kommen am Gymnasium einzelne Schülerinnen und Schüler, die außerhalb des Klassenverbandes ihr eigenes iPad nutzen und damit theoretisch ebenfalls auf Kopien verzichten könnten.

 

Für das Schuljahr 2023/24 ist eine Aufweitung des Schulversuchs „Digitale Schule der Zukunft“ um max. zwei weitere Jahrgangsstufen für bereits beteiligte Schulen möglich. Hierzu sind von Schulseite noch keine Entscheidungen getroffen. Es ist aber möglich und wahrscheinlich, dass sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die papierlos bzw. mit deutlich geringerem Papieranteil arbeiten, noch erhöht.