Sitzung: 06.02.2023 Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport
Beschluss: einstimmig
Beschlussvorschlag
Der Landkreis Coburg erhebt an den Schulen in seiner Trägerschaft auf der Grundlage des Art. 21 Abs. 3 BaySchFG ab dem Schuljahr 2022/23 weiterhin Papiergeld in Höhe von 10 € je Schuljahr für alle Schülerinnen und Schüler, die zum Stichtag der amtlichen Schulstatistik an der Schule gemeldet sind. Wie bisher erfolgt keine anteilige Erstattung bei Austritt während des Schuljahres.
Von Schülerinnen und Schülern, die Klassen besuchen, die im Schulversuch „digitale Schule der Zukunft“ gemeldet sind, wird kein Papiergeld erhoben.
Von Schülerinnen und Schülern, die in iPad-Klassen außerhalb des Schulversuchs „digitale Schule der Zukunft“ unterrichtet werden, wird kein Papiergeld erhoben, wenn die Schulleitung zu Schuljahresbeginn erklärt, dass der Papierverbrauch in diesen Klassen um mind. 50 % reduziert wird.
Schülerinnen und Schüler, die mit ihren privaten digitalen Endgeräten am Unterricht teilnehmen und keiner überwiegend digital arbeitenden Klasse zugeteilt sind, können im Einzelfall auf Antrag von der Zahlung des Papiergelds befreit werden, sofern sie auf die Ausgabe von Arbeitsblättern zu Schuljahresbeginn schriftlich verzichten.
Diese Festlegung gilt für die kommenden fünf Jahre und ist dann erneut zu überprüfen.
Sachverhalt
Der Ausschuss für
Bildung, Kultur und Sport hat in seiner Sitzung am 02.11.2022 die Vorlage
173/2022 Papiergelderhebung und Verzicht auf die Erhebung von Papiergeld in
iPad-Klassen zurückgewiesen und keine Entscheidung hierzu getroffen. Zum
grundsätzlichen Inhalt hisichtlich der Entwicklung der Kosten für den Landkreis
wird auf die Vorlage 173/2022 verwiesen.
Verschiedene Fragen
sollten von der Verwaltung geklärt werden:
1.
Ist
ein genereller Verzicht auf Papiergeld rechtlich möglich?
Nach den
Formulierungen in Art. 23 Abs. 1. Satz 1 BayEUG sind die sonstigen Lernmittel –
und hierzu zählen Kopien für Arbeitsblätter – von den Eltern zu beschaffen.
Ausnahmen im gesetzlich definierten Umfang sind nur auf Antrag der
Erziehungsberechtigten möglich und unterliegen einer Prüfung im Einzelfall.
Generelle Ausnahmen sind nicht vorgesehen.
Ein genereller
Verzicht auf die Einforderung der vom Sachaufwandsträger verauslagten Ausgaben
gegenüber den Eltern ist daher nicht zulässig und würde gegen die gesetzlich
zwingend vorgegebene Rangfolge der Einnahmebeschaffung des Art 62 Abs. 2 GO
bzw. Art 56 Abs. 2 LKrO verstoßen ( erst sonstige Einnahmen, dann spezielle
Entgelte, dann Steuern und erst dann Kredite ).
Es gilt der
allgemeine Haushaltsgrundsatz aus Art. 55 LKrO zur Sparsamkeit und
Wirtschaftlichkeit.
Ein Verzicht auf
einen Anspruch ist von der Begrifflichkeit her ein Erlass gem. § 87 Nr. 13 KommHV-K. Ein Anspruch auf die Forderung
des Landkreises liegt in Art. 21 Abs. 3 S. 1 BaySchFG begründet, wonach die
Eltern (…) die übrigen Lernmittel selbst zu beschaffen haben. Wenn das die
Schule durch Anfertigung von Kopien etc. übernimmt, handelt diese nach den
Grundsätzen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag und kann
entsprechend Erstattung der Kosten hierfür von den Eltern verlangen.
Gem. § 32 Abs. 1
KommHV-K gelten für die Stundung, die Erhebung von Stundungszinsen, die
Niederschlagung und den Erlass
von Ansprüchen die Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend.
Der Erlass ist in §
227 AO geregelt. Dieser besagt: „Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach
Lage des einzelnen Falls unbillig
wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge
erstattet oder angerechnet werden.“
Eine Unbilligkeit
bei der allgemeinen jährlichen Erhebung des Papiergeldes - wie bisher
praktiziert – ist nicht erkennbar.
Eine andere
Einschätzung ist denkbar bei der Erhebung von Papiergeld in den Klassen, die überwiegend
digital unterrichtet werden. Da hier i.d.R. deutlich weniger Kopierkosten
anfallen als in den „analogen“ Klassen, könnte die Erhebung des gleichen
Betrages als unbillig betrachtet und hier ein geringerer Betrag oder, wie
vorgeschlagen, gar kein Papiergeld erhoben werden.
2.
Befragung
der Städte und Gemeinden zum Erlass von Papiergeld
Nur für den Fall,
dass die Landkreisverwaltung zu dem Schluss kommt, dass ein Verzicht auf
Papiergeld rechtlich möglich ist, sollte mit den Städten und Gemeinden zu
diesem Thema Kontakt aufgenommen werden. Auch die Städte und Gemeinden erheben
in ihren Schulen Papiergeld. Die Entscheidung des Landkreises könnte
Auswirkungen auf sie haben. Nachdem die Verwaltung ihre Ansicht bestätigt
sieht, dass ein Verzicht nicht möglich ist, wurden die Städte und Gemeinden
nicht zu ihrer Positionierung zur Erhebung von Papiergeld befragt.
3.
Wie
ist die Einschätzung der Schulleitungen zum Papierverbrauch und wie viele
Schülerinnen und Schüler werden in digital-arbeitenden Klassen an Schulen in
Trägerschaft des Landkreises unterrichtet?
An der Staatlichen Realschule Neustadt b. Cbg.
werden in diesem Schuljahr 213 Schülerinnen und Schüler in iPad-Klassen
unterrichtet. Es gibt dort keine kopierten Arbeitsblätter mehr. Lediglich
Leistungsnachweise werden noch in Papierform erbracht. Im Schulversuch
„Digitale Schule der Zukunft“ arbeiten 169 Schülerinnen und Schüler mit iPads.
Weitere 44 Schülerinnen und Schüler arbeiten in iPad-Klassen außerhalb des
Schulversuchs.
Für 340
Schülerinnen und Schüler der Staatlichen
Realschule Coburg II in den iPad Klassen hat sich nach Einschätzung der Schulleitung
der Papierverbrauch um 80 % reduziert. 268 Schülerinnen und Schüler sind in den
Jahrgangsstufen 7 und 8 (digitale Schule der Zukunft) – 72 Schülerinnen und
Schüler in iPad-Klassen außerhalb des Schulversuchs.
Am Staatlichen Arnold-Gymnasium Neustadt b.
Cbg. hat nach Aussage des Schulleiters die Einführung und Nutzung der iPads
in den 5. Klassen und in der Klasse 6b in diesem Schuljahr noch keine
nennenswerte Auswirkung auf die Zahl der nötigen Kopien. Das kann sich im Laufe
der kommenden Jahre, wenn die iPad-Klassen hochwachsen, nach seiner Aussage
ändern.
Derzeit sind in
diesen Klassen insgesamt 106 Schülerinnen und Schüler. Es ist geplant, auch im
kommenden Schuljahr mit allen neuen 5.Klassen als iPad-Klassen zu starten.
Zielsetzung sei, dass möglichst viele Eltern die Kosten tragen. Für diejenigen,
die das nicht können würden die Schülerleihgeräte verwendet. Im Übrigen
verweist der Schulleiter darauf, dass es in vielen Klassen einzelne
Schülerinnen und Schüler gibt, die iPads nutzen und
deshalb oft (nicht immer und nicht in allen Fächern) auf Kopien in Papierform
verzichten. Eine individuelle Festlegung für einzelne Schülerinnen und Schüler
wäre schwierig umsetzbar. Am Gymnasium wurde das Papiergeld für das Schuljahr
2022/23 in vollem Umfang von allen Schülerinnen und Schülern bereits erhoben.
Für das laufende Schuljahr wird kein Änderungsbedarf an der bestehenden
Regelung gesehen.
Perspektive:
Für 553
Schülerinnen und Schüler aus den digital arbeitenden Klassen in den beiden
Staatlichen Realschulen in Trägerschaft des Landkreises wurde von den
Schulleitungen bereits bestätigt, dass sich der Papierverbrauch um mehr als 50
% reduziert hat. Aktuell werden an den Schulen in Trägerschaft des Landkreises
659 Schülerinnen und Schüler in iPad-Klassen unterrichtet. Hinzu kommen am
Gymnasium einzelne Schülerinnen und Schüler, die außerhalb des Klassenverbandes
ihr eigenes iPad nutzen und damit theoretisch ebenfalls auf Kopien verzichten
könnten.
Für das Schuljahr
2023/24 ist eine Aufweitung des Schulversuchs „Digitale Schule der Zukunft“ um
max. zwei weitere Jahrgangsstufen für bereits beteiligte Schulen möglich.
Hierzu sind von Schulseite noch keine Entscheidungen getroffen. Es ist aber
möglich und wahrscheinlich, dass sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler,
die papierlos bzw. mit deutlich geringerem Papieranteil arbeiten, noch erhöht.