Sitzung: 25.01.2023 Museumsausschuss Ahorn
Beschluss: Kenntnis genommen
Sachverhalt
1. Situation
Im Zwischenlager in Grub am Forst werden seit 2016
alle aus bereits aufgelösten Außenlagern stammenden Objekte der Alten Schäferei
verwahrt, die künftig die Sammlung des Gerätemuseums bilden werden. Auch die
Objekte aus dem letzten verbliebenen Außenlager im Gut Ahorn werden sukzessive
nach Grub gebracht und dort bearbeitet. Ein großer Teil aller Objekte leidet
durch bislang ungünstige Lagerungsbedingungen unter äußerst starkem
Schädlingsbefall. Eine Schädlingsbekämpfung sollte ursprünglich erst zum Einzug
in das neue Depot erfolgen. Da der Neubau gegenwärtig jedoch nicht realisiert
werden kann, ist dieser Zeitpunkt völlig ungewiss. Die Objekte werden deutlich
länger als geplant im Zwischenlager bleiben. Die Schädlinge breiten sich währenddessen
immer weiter aus. Es ist zu befürchten, dass die Museumssammlung bis zum
endgültigen Einzug in ein dauerhaftes Depot in großem Umfang irreparabel
geschädigt wird. Der Bestand ist schon jetzt akut bedroht. Es besteht
dringender Handlungsbedarf, um den Schädlingen Einhalt zu gebieten.
2. Mögliche Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen
Zur Bekämpfung der
Schädlinge kommen in erster Linie eine Begasung oder eine thermische Behandlung
der Objekte in Frage. Dabei muss neben den primären finanziellen Aufwendungen
vor allem auch der langfristige wirtschaftliche und ökologische Nutzen bedacht
werden.
Eine Begasung erscheint aus verschiedenen Gründen
für die Objekte der Alten Schäferei wenig praktikabel. Die folgenden
Erläuterungen gehen daher von einer thermischen Behandlung aus, bei der durch
kontrollierte, feuchtegeregelte Erwärmung alle Entwicklungsstadien der
Schädlinge abgetötet werden. Für die thermische Behandlung bestehen im Fall der
Alten Schäferei drei Durchführungsmöglichkeiten.
2.1.
Behandlung
im Zuge des Umzuges in ein neues Depot
Für eine
Schädlingsbekämpfung direkt vor der Einlagerung der Objekte in einem neuen
Depot spräche, dass bis dahin der Großteil alles zu Deakzessionierende
aussortiert ist und somit nur Stücke, die tatsächlich im Bestand verbleiben, behandelt
werden müssen. Die Gefahr eines erneuten Befalls ließe sich im neuen Depot
durch einen Quarantäneraum sowie strikte Überwachungsroutinen (IPM – Integrated
Pest Management) minimieren.
Nachteilig bei dieser Variante ist unter den neuen
Bedingungen ein deutlich höherer Lagerflächenbedarf bis zum Umzug. Nur eine
erhöhte Ausgangsobjektzahl und das Bewahren von Dubletten gewährleisten, dass
überhaupt ausreichend Objekte für die zukünftige Museumssammlung erhalten
bleiben. Die endgültige Deakzession würde sich für viele Objekte, je nach
Zustand, auf kurz vor dem Umzug verschieben. Für etliche Stücke, die eigentlich
in der Sammlung verbleiben sollten, käme die Behandlung dann jedoch zu spät.
2.2.
Sofortige,
kurzfristige (Teil-)Behandlung in Grub am Forst
Eine zeitnahe
Behandlung des bereits in Grub am Forst eingelagerten Objektbestandes würde die
Ausbreitung der Schädlinge dort durch eine Art „Cut“ eindämmen. Im Raum stehen
Angebote von Fachfirmen mit speziellen LKW-Aufliegern oder Zelten. Die Kosten
für die Maßnahme würden sich auf 60.000 bis 80.000 Euro belaufen.
Die Aktion würde allerdings nur den akuten Befall
stoppen. Sie verhindert keinen Neubefall. Mit jeder Räumung aus dem Gut werden
neue Schädlinge nach Grub eingeschleppt, die sich im Bestand wieder ausbreiten.
Die Maßnahme müsste demnach unter Umständen mehrfach, spätestens jedoch vor dem
Umzug in ein neues Depot wiederholt werden – auch für bereits behandelte
Objekte, und mit wiederholten Kosten.
2.3.
Langfristige
Alternative: Aufbau einer eigenen Thermokammer zur dauerhaften Nutzung
Durch den Einbau
einer Thermokammer im Depot könnten Großgeräte, kleine Objekte,
befallsgefährdete Lager- und Ausstellungsmaterialien sowie zurückkehrende
Leihgaben ganz nach Bedarf jederzeit direkt vor Ort behandelt werden. Die ersten
Investitionskosten erscheinen hoch. Dennoch hat diese Alternative gegenüber den
anderen Möglichkeiten erhebliche Vorteile.
Durch die eigene
Thermokammer würde nicht nur der akute Befall gestoppt, sondern auch das Risiko
eines erneuten Befalls durch eingeschleppte Schädlinge kontinuierlich
kleingehalten.
Die Behandlung
kann durch eingewiesenes Museumspersonal kostensparend eigenständig
durchgeführt werden - ganzjährig in vielen Durchläufen neben der eigentlichen
Sammlungsarbeit. Zudem besteht die Möglichkeit, auch andere Museen oder
Kultureinrichtungen von der Thermokammer profitieren zu lassen, gegebenenfalls
in einer Form der Vermietung.
Auch ökologisch
erscheint die Anlage sinnvoll: Sie benötigt für den Betrieb nur Strom und
Wasser, es gelangen keinerlei Gifte in die Umwelt. Dazu entzieht sie den
Objekten bereits eingebrachte Gifte, gesundheitsschädliche Ausdünstungen würden
zugunsten von Mitarbeitern und Besuchern reduziert.
Die Kosten für die
Errichtung einer solchen Thermokammer belaufen sich nach Einschätzung der
Fachfirmen auf ca. 150.000 Euro. Dazu kommen laufende Kosten für Strom, Wasser
und ein Servicevertrag für Technik und Steuerungssoftware. Die Nutzugsdauer
einer solchen Kammer liegt jedoch bei etwa 25 Jahren. Da sie mobil konzipiert
ist, wäre ein Umzug in das neue Depot problemlos möglich.
3. Abwägungen und
Fazit
Aus Sicht der
Sammlungsbetreuung der Alten Schäferei ist eine zeitnahe
Schädlingsbekämpfungsmaßnahme im Zwischendepot Grub am Forst dringend
erforderlich. Die Durchführung beim Umzug in ein neues Depot erscheint im
Hinblick auf den aktuellen Zustand des Objektbestands als unverantwortlich
spät. Um den akuten Befall zu stoppen, würde eine kurzfristige Maßnahme
genügen, nachhaltig ist sie jedoch nicht. Längerfristig steht die Thermokammer
mit ihren Vorteilen deutlich im Vordergrund. Die vergleichsweise hohen
Anschaffungskosten würden schon bei einem Bedarf an nur zwei kurzfristigen
Maßnahmen innerhalb der nächsten Jahre wieder aufgewogen. Somit stellt eine
eigene Thermokammer als ökologischste, wirtschaftlichste und finanziell
sinnvollste Investition die klare Empfehlung der Sammlungsbetreuung dar.