Beschluss: einstimmig


Sachverhalt:

 

Der Haushaltsentwurf des Fachbereichs Jugend und Familie für 2022 (Anlage 1) sieht folgende Einnahmen und Ausgaben vor:

 

Jugendhilfe EP 4
ohne umA

umA (UA 4559)

Jugendhilfe EP 3+5

 

Grundsicherung (UA 4822)

Einnahmen

1.479.410 €

283.000 €

 

 

Ausgaben

7.988.720 €

295.000 €

23.000 €

112.000 €

Zuschussbedarf

6.509.310 €

12.000 €

23.000 €

112.000 €

 

… wobei die Ausgaben für die Kinderbetreuung im Rahmen der Grundsicherung keine Jugendhilfeausgaben sind, sondern eine Leistung des SGB II, die hier informatorisch mit aufgenommen ist.

 

Der Zuschussbedarf 2022 liegt damit um 176.000 € (=2,7 %) über den Planansätzen für 2022. Die Entwicklung ist dennoch stabil, da dieser Steigerung nicht einem Zuwachs in Fallzahlen oder kostenintensiven Hilfen, sondern

-       den tariflichen und Unterhaltsanpassungen bei den Honoraren, Zuschüssen, in der Vollzeitpflege,.

-       dem Ausbau der Jugendsozialarbeit an Schulen und

-       der seit September 2021 wirksam gewordenen neuen Verpflichtung, auch die Fahrtkosten für die Einzelbeförderung von Schüler:innen der Stütz- und Förderklassen zu übernehmen

geschuldet ist.

 

In der Haushaltssystematik wurden umfangreiche Anpassungen in Vorbereitung zur Umsatzsteuerpflicht ab 2023 und sachgerechte Neuzuordnungen vorgenommen.

 

Zum Haushalt und seinen Erläuterungen im Einzelnen:

 

 

Verwaltungshaushalt

 

Jugendarbeit und Jugendschutz

UA 4511 bis 4515, 4600 und 4601

 

Wie in vielen Bereichen setzte sich in der Kinder- und Jugendarbeit 2021 fort, was auch schon 2020 prägend war: pandemiebedingte Beschränkungen und Schließungen.

Einerseits sind alle Beteiligten inzwischen über das Auf und Ab an Inzidenzen und die daraus entstehenden Folgen wie z.B. dass ein Großteil der Kinder- und Jugendarbeit aktuell der 2 G Regel unterworfen ist, obwohl Kinder und Jugendliche gar nicht allein entscheiden dürfen, ob sie geimpft werden oder nicht, höchst frustriert.

Andererseits werden Angebote mit Abstandsregeln, draußen, digital inzwischen auch routinierter entwickelt. Alle (nicht nur in der Jugendarbeit, aber eben auch) sehnen sich nach Normalität, aber es wird wesentlich unaufgeregter auf sich verändernde Situationen reagiert.

 

Finanziell bemerkbar macht sich dieser Verlauf vor allem im Verleih der Jugendbusse und in den Buchungen im Kreisjugendheim Weinberg. Letzteres befindet sich in der Betriebsträgerschaft des Kreisjugendrings und ist Gegenstand einer gesonderten Vorlage. Bei ersterem ist es trotzdem gelungen, dass die Einnahmen in der Kommunalen Jugendarbeit auch 2021 über den Ausgaben liegen.

 

Die Planansätze aus 2021 werden für 2022 fortgeschrieben.

 

Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS)

UA 4521

 

2021 wurde eine flächendeckende Versorgung mit sozialpädagogischen Fachkräften an allen Grund, Mittel- und Realschulen und den Förderzentren Heinrich-Schaumberger- und Glockenbergschule erreicht. Soweit keine Schulsozialpädagog:innen in Verantwortung des Kultusministeriums an Schulen eingesetzt waren, wurden im Zuge des „Aufholen nach Corona“ an allen Schulen Jugendsozialarbeiter:innen eingesetzt.

 

Im Jugendhilfehaushalt  wird das nur dann wirksam, wenn Zuschüsse an freie Träger oder die Stadt Coburg fließen. 2021 startete EJOTT mit den JaS-Stellen in Ebersdorf und Sonnefeld und der Landkreis bezuschusste anteilig die JaS-Stellen an der Berufsschule I in Trägerschaft der Stadt Coburg.

Der finanzielle Mehraufwand für 2022 im Vergleich zu den Planansätzen 2021 liegt bei ca. 48.000 €.

 

Förderung der Erziehung in der Familie

UA 4530 bis 4532

 

Die „digitale“ Familienbildung bildete auch 2021 einen Schwerpunkt. Daneben wurden kreative andere Formen umgesetzt. Wenn die Witterung es zuließ, wurde z.B. der Elterntalk zu Erziehungsthemen eben nicht im Wohnzimmer einer Familie, sondern auf dem Spielplatz durchgeführt. Die Aktion Jugendschutz honorierte diese Flexibilität und die weitere Umsetzung digitaler Talks mit einem höheren Förderbetrag für die Moderatorinnen.

 

Bei der FamilienCard ist in Vorbereitung, die Karte künftig für das Smartphone anzubieten. Die (dafür zweckgebundenen) Sponsorengelder konnten nur teilweise 2021 verausgabt werden. Da eine neue Haushaltsstelle (UA 4532) dafür eingerichtet wurde, konnte der „Übertrag“ dieser Restmittel nicht als Haushaltsrest erfolgen. Die geplanten Ausgaben sind deshalb einmalig um den Betrag der Restmittel in Höhe von etwas mehr als 4.600 € angehoben worden.

 

In den Frühen Hilfen fließen 2021 und 2022 zusätzliche Mittel für das „Aufholen nach Corona“ in den Familien mit Kindern im Alter von 0-3 Jahren. Hier stehen den Einnahmen immer gleich hohe Ausgaben gegenüber.

 

Diese drei Bereiche werden ab 2022 im Haushalt getrennt verbucht. Finanzielle Änderungen sind nicht vorgesehen. Der Zuschussbedarf für die Förderung der Erziehung in der Familie liegt auch für 2022 unverändert bei 30.000 €.

 

Kinderbetreuung

UA 4541 und 4542 (korrelierend mit UA 4822)

 

Die Zahlen, in denen Eltern mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit die Kosten für die Kinderbetreuung über die Jugendhilfe in Anspruch nehmen müssen, sind in einem Zeitreihenvergleich der letzten 7 Jahre deutlich gesunken.

 

 

Während 2015 noch mehr als 700 Kinder von dieser Unterstützungsleistung profitiert haben, sind die 2021 (hochgerechnet) 200 Kinder weniger.

 

Finanziell bildet sich das aber nicht immer ab. Je mehr Großtagespflegeplätze da sind, desto höher sind die Aufwendungen des Landkreises, was 2020 statt zu sinkenden zu höheren Ausgaben geführt hat. Durch die Umwandlung dieser Plätze in Mini-Kitas hat sich das inzwischen wieder nivelliert. Für 2022 ist ein Nettoaufwand von ca. 230.000 € kalkuliert.

 

Hilfe und Unterstützung

 

Bei Erziehungsproblemen, Unterstützungsbedarf in der Verselbständigung und für seelisch behinderte junge Menschen ist die Jugendhilfe mit ambulanten, teilstationären und stationären Leistungen gefragt, auf die die Familien und die jungen Menschen einen Rechtsanspruch haben.

Die Leistungen werden von freien Trägern der Jugendhilfe, von in eigener Praxis tätigen Selbständigen oder von Honorarkräften erbracht.
Im Haushalt finden sich diese Aufwendungen in den UA 4534 bis 4567 und 4620, 4640, 4650 und 4660 wieder.

Im Folgenden werden die wesentlichen Entwicklungen beschrieben:

 

Ambulante flexible Hilfen

UA 4553, 4561, 4564 sowie die Gr. 7606 der UA 4556, 4562, 4566 und 4567

 

Bei den ambulanten Hilfen macht sich die Pandemie deutlichst –und nicht unbedingt positiv- bemerkbar. In zahlreichen Familien ist seit Beginn der Pandemie eine aufsuchende ambulante Hilfe nicht oder nur zeitverzögert zu installieren. Gerade mit den Kontaktbeschränkungen im Hinterkopf versucht manche Familie Erziehungsprobleme allein hinzubekommen, auch, wenn die fachliche Einschätzung eine andere ist. In den beiden Pandemiejahren sind fast ¼ weniger junge Menschen ambulant unterstützt worden. Eine frühzeitige Intervention ist nicht zu erzwingen, sodass zu befürchten ist, dass sich dieser Trend zeitversetzt negativ auswirken wird.

In der Hoffnung, 2022 normaleren Zeiten entgegen zu blicken, ist beabsichtigt, diesen Trend zu stoppen und umzukehren. Passgenaue ambulante Hilfen haben immer noch teuren stationären Hilfebedarf verhindern oder reduzieren können.

 

Finanziell machen sich die Tarifanpassungen in den Fachleistungsstunden bemerkbar. Für 2022 sind in allen Haushaltsstellen für ambulante Leistungen Ausgaben in Höhe von ca. 770.000 € geplant.

 

Stationäre Hilfen

UA 4534, 4557, 4560, 4563

 

Trotz zahlreicher Fallübernahmen von anderen Jugendämtern konnten die Fallzahlen in den stationären Hilfen gehalten werden. Die Mehrausgaben 2021 sind ausschließlich den rückwirkenden Erstattungen bei Fallübernahme geschuldet, sodass 2022 wieder wie in den Vorjahren mit ca. 2,8 Mio. € Nettoausgaben kalkuliert wird.

 

Beispiel:

Frau M. ist die Mutter von Kevin, der seit Jahren in einem Heim lebt. Sie lehnt den Kontakt zu ihrem Kind seit Jahren ab und arbeitet auch nicht mit dem zuständigen Jugendamt X zusammen. Dieses stellt bei einer laufenden Überprüfung der Meldedaten im Januar 2021 fest, dass Frau M. bereits im Juli 2020 in den Landkreis Coburg verzogen ist. Das Jugendamt X wendet sich daraufhin an das Amt für Jugend und Familie des Landkreises Coburg und beantragt die Übernahme des Falles und Kostenerstattung ab Juli 2020. Der Landkreis Coburg übernimmt nach Prüfung den Fall zum 01.03.2021 und zahlt damit die laufenden monatlichen Heimkosten. Für die zurückliegenden Monate muss außerdem Kostenerstattung in Höhe von 50.000 € geleistet werden.

 

Der Landkreis Coburg wurde 2021 in elf Heimfällen aufgrund Umzugs oder Tod von Elternteilen zuständig, dem steht nur ein Wegzug gegenüber.

 

 

Pflegekinder

UA 4556, 4562, 4566, 4567

 

Im 2. Jahr hintereinander konnte aufgrund der Pandemie nur eine sehr begrenzte Akquise neuer Pflegeeltern realisiert werden. Die verfügbaren Plätze in Pflegefamilien stagnieren damit weiterhin. Zwar wurden in der Pflegekinderarbeit durchaus auch digitale Methoden eingesetzt. Für eine adäquate Vorbereitung und Überprüfung künftiger Pflegefamilien sind persönliche Kontakte aber unerlässlich. Gerade in der Folge von Seminaren haben immer wieder Bewerber:innen auch Abstand davon genommen, Pflegekinder aufzunehmen. Das ist nicht Zielsetzung der Vorbereitungszeit, aber wichtiger Bestandteil in der individuellen Auseinandersetzung mit den mit einer Aufnahme eines Pflegekindes einhergehenden Belastung.

Neue Pflegefamilien werden vermutlich erst 2023 wieder zur Verfügung stehen, wenn 2022 Werbung über Mundpropaganda, Elternabende, persönliche Begegnungen angegangen und Vorbereitungsseminare realisiert werden können.

 

Der geplante Zuschussbedarf in Höhe von ca. 1,1 Mio. € berücksichtigt die jüngsten von Städte- und Landkreistag empfohlenen Erhöhungen der Vollzeitpflegesätze.

 

Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen

UA 4560, 4564, 4566, 4567

 

2021 rückte das „persönliche Budget“ für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in den Fokus. Was 2020 modellhaft in einem Fall erprobt wurde, wurde inzwischen auf drei Fälle ausgeweitet. In allen Fällen liegt ein umfassender ambulanter Hilfebedarf mit Schulassistenz bei autistischen Kindern vor. Hier sind die Zahlen deutlich ansteigend. Während bis vor vier Jahren fünf bis sechs Kinder eine Schulbegleitung benötigten, hat sich diese Zahl inzwischen verdoppelt und es ist von einem weiterem Zuwachs auszugehen.

 

In den anderen Bereichen sind die Fallzahlen weitestgehend stabil. Nur eine neue „Leistung“ ist hinzugekommen. Wurden bislang die behinderungsbedingten Taxifahrten in die Stütz- und Förderklassen von der Regierung von Oberfranken übernommen, müssen diese nunmehr als Leistung der Eingliederungshilfe von der Jugendhilfe übernommen werden.

 

Das Zuschussbedarf für alle mit Blick auf die gesetzliche Grundlage sog. „35a-Hilfen“ –von ambulant bis stationär, von Beratung bis Vollzeitpflege- liegt 2022 bei knapp 1,55 Mio. €.

 

Freie Träger

UA 4620, 4640, 4650, 4660

 

Bei den pauschal finanzierten Leistungen freier Träger wie der Erziehungs-, Schwangeren- und Suchtberatung, den Stütz- und Förderklassen, der Heilpädagogisch-Therapeutischen Ambulanz und den Sozialen Trainingsmaßnahmen- ergeben sich für 2022 keine wesentlichen Änderungen.

 

Detailauswertungen des Gesamtspektrums der Jugendhilfe werden in der Sitzung dargestellt und erläutert.

 

Dem Ausschuss für Jugend und Familie wird vorgeschlagen, dem Kreistag zu empfehlen, den Haushaltsplanentwurf 2022 gem. Anlage 1 im Rahmen des Gesamthaushaltes zu übernehmen und zu beschließen.