Sachverhalt:

 

2011 wurden im Vormundschaftsrecht u.a. die Höchstzahl der von einer Fachkraft zu führenden Vormundschaften oder Pflegschaften und die Verpflichtung zum monatlichen Kontakt mit dem Kind/Jugendlichen festgeschrieben.

 

Bereits 2014 wurde ein erster Entwurf einer weiteren Reformstufe vorgelegt. Dieses Vorhaben wurde schließlich am 04.05.2021 als Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt zum 01.01.2023 in Kraft.

 

Was ändert sich?

 

Ø    Die Partizipation des Kindes bzw. Jugendlichen bei der Einrichtung und Führung einer Vormundschaft werden gestärkt. Bei Meinungsverschiedenheiten ist der junge Mensch ab 14 Jahren berechtigt, Anträge beim Familiengericht zu stellen. Dieses soll in geeigneten Fällen und wenn es der Entwicklungsstand des Kindes/Jugendlichen zulässt auch die Berichte des Vormundes mit dem jungen Menschen besprechen.

 

Ø    Der Wille der Eltern ist zu berücksichtigen und dem Vormund/Pfleger wird aufgegeben, mit diesen zusammenzuarbeiten.

 

Ø    Auch, wenn sich die Auswahl des Vormundes nach dessen Eignung richtet, erfährt die ehrenamtliche Vormundschaft eine deutliche Aufwertung. Bei gleicher Eignung haben ehrenamtliche Vormünder oder Pfleger Vorrang und das Jugendamt hat diese zu gewinnen, zu schulen, zu begleiten, zu unterstützen und seine Bemühungen im Einzelfall dem Familiengericht zu belegen.

 

Ø    Für die geeignete Auswahl wird deshalb auch die vorläufige Vormundschaft eingeführt, um dem Jugendamt die erforderliche Zeit zur gezielten Suche nach einem Vormund zu lassen, der den Willen, den familiären Beziehungen und Bindungen, und dem religiösen und kulturellen Hintergrund des Kindes/Jugendlichen und den Willen der Eltern berücksichtigt.

 

Widersprüchlich ist die Regelung, wie die Vormundschaften innerhalb des Jugendamtes organisatorisch zu verankern sind. Die Reform des Vormundschaftsrecht beschreibt in § 55 SGB VIII, dass ab 2023 die „Aufgaben der Pflegschaft und Vormundschaft

…. funktionell, organisatorisch und personell von den übrigen Aufgaben des

Jugendamts zu trennen“ sind.
Auf der anderen Seite
-          
wird die Vormundschaft oder Pflegschaft in § 2 SGB VIII als explizite Aufgabe der Jugendhilfe normiert
-           regelt das Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) in Art 15
„Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind die Landkreise und die kreisfreien Gemeinden. Soweit sich aus dem Achten Buch Sozialgesetzbuch oder aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, erfüllen sie die Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe nach den Vorschriften der Gemeindeordnung oder der Landkreisordnung; sie handeln dabei im eigenen Wirkungskreis.“ und
-           beschreibt § 69 SGB VIII wiederum, dass für die Wahrnehmung der Aufgaben nach SGB VIII der örtliche Träger ein Jugendamt errichtet.

 

Vorgehensweise im Landkreis Coburg

 

Ganz unabhängig von der organisatorischen Zuordnung ändert sich die Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Vormundschaften grundlegend. Bislang wurden die Vormundschaften und Pflegschaften von verschiedenen Fachkräften innerhalb des Amtes für Jugend und Familie anteilig wahrgenommen. Der summarische dafür verfügbare Stellenanteil liegt –da sich die Anzahl der geführten Vormundschaften und Pflegschaften immer bei +/- 50 bewegt hat- bei 1,0 VZÄ. Mit dieser Stellenkapazität ist der sukzessive Umbau der Aufgaben zu vollziehen.

 

 

Aktueller Stand

 

Ziel ab 01.01.2023

 

Vormundschaften/Pflegschaften werden anteilig von 3 Personen in einem Gesamtumfang von 1,0 VZÄ wahrgenommen.

 

 

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1 Vollzeitkraft ist für alle Aufgaben im Bereich der Vormundschaften und Pflegschaften zuständig.

 

Die Vormundschaften und Pflegschaften werden unmittelbar geführt, die Kinder und Jugendlichen 1 x monatlich besucht, mit dem ASD kooperiert, dem Gericht regelmäßig berichtet, im Einzelfall mit den Eltern gesprochen

 

 

 

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Die Fachkraft führt selbst nur vorläufige Vormundschaften oder Pflegschaften. Sie akquiriert, schult und begleitet ehrenamtliche Vormünder und arbeitet z.B. bei Kindern in Vollzeitpflege eng mit dem Pflegekinderfachdienst zusammen, um Pflegeeltern zu befähigen oder zu begleiten, die Vormundschaft für ihr Pflegekind zu übernehmen.

 

Spannend wird sein, in diesem Bereich und in Konkurrenz zu anderen Bereichen, auch in der Jugendhilfe, Ehrenamtliche zu finden, die bereit sind, Kinder und Jugendliche als Vormund zu begleiten.