Sachverhalt:

 

Die zentrale rechtliche Grundlage der Kinder- und Jugendhilfe ist das Sozialgesetzbuch VIII. Von der Beratung in der Schwangerschaft bis zur Verselbständigung junger Volljähriger, vom Kitaplatz bis zu Wohngruppen, von der Vaterschaftsfeststellung und Unterhaltsfragen bis zur Vormundschaft – gleich ob jemand alleinerziehend ist, sich trennt, mit dem Gesetz in Konflikt gerät, immer, wenn das Kindeswohl gefährdet ist oder der Jugendschutz gefragt ist, ist das Jugendamt zentrale Instanz der Aufgabenerfüllung nach dem SGB VIII.

 

Zielgruppe der Jugendhilfe waren und sind unmittelbar und mittelbar Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und ihre Familien. Das bleibt auch künftig so, ändert sich künftig und schrittweise aber in einem kleinen, aber wichtigen Punkt. Während seelisch behinderte junge Menschen der Jugendhilfe zugeordnet wurden, gehörten körperlich, geistig, sinnesbeeinträchtigte junge Menschen, sowie frühförderbedürftige, noch nicht schulpflichtige Kinder im Leistungsbereich nicht dazu. Sie fallen in Bayern in die Zuständigkeit der Bezirke.

 

Mit dieser Diskrepanz und der Frage, wie diese Trennung aufzuheben ist, beschäftigte sich der Gesetzgeber seit mehr als einem Jahrzehnt und beschloss schließlich im Mai 2021 das Kinder- und Jugendhilfestärkungsgesetz (KJSG), dass am 10.06.2021 in Kraft getreten ist.

Es regelt, dass ab 2028 alle Kinder, unabhängig davon ob und wenn ja, welche Behinderungsart vorliegt, zum Adressatenkreis der Kinder- und Jugendhilfe gehören. Bis dahin sind vorgegebene Schritte des Übergangs zu vollziehen.

Neben der sog. „großen Lösung“ regelt das KJSG zahlreiche weitere Aufgaben neu.

Im Folgenden wird dies –aufgeteilt in Themenblöcke- mit dem Umsetzungsstand und dem Handlungsbedarf auch auf örtlicher Ebene dargestellt.

 

1.            Querschnittsthemen

 

1.1        Kinderschutz

1.1.1    Wesentliche Neuregelungen

 

Berufsgeheimnisträger:innen[1], die eine Kindeswohlgefährdung melden, sollen an Gefährdungseinschätzungen beteiligt werden und das Jugendamt soll diesen eine Rückmeldung darüber geben, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt und ein Schutzkonzept entwickelt ist oder wird.

 

Dem Familiengericht ist bei Kindeswohlgefährdungen, freiheitsentziehende Maßnahmen oder Verbleibensanordnungen von Pflegekindern der Hilfeplan gem. § 36 SGB VIII standardmäßig vorzulegen. In allen anderen Sorge- und Umgangsverfahren ist das Jugendamt dazu verpflichtet, dem auf Anforderung des Familiengerichts nachzukommen.

 

Die Strafverfolgungsbehörden sind verpflichtet, das Jugendamt bei Kindeswohlgefährdungen zu informieren. Diese „gewichtigen Anhaltspunkte“ dafür können auch vorliegen, wenn ein Kind oder Jugendlicher mit einem Straftatsverdächtigen[2] zusammenlebt oder mit diesem Umgang hat.

 

Die Voraussetzungen zum Erhalt einer Betriebserlaubnis sind u.a. um die Punkte Zuverlässigkeit des Trägers, Vorlage eines Gewaltschutzkonzeptes, Gewährleistung von Beschwerdemöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Einrichtung erweitert.
Bei Auslandsmaßnahmen sind die Voraussetzungen z.B. beim Fachkräftegebot konkretisiert und mit der Verpflichtung zur regelmäßigen vor-Ort-Prüfung versehen worden. 

 

1.1.2     Konsequenzen für den Landkreis Coburg

 

Die konkreten Regelungen zur Kooperation mit dem Berufsgeheimnisträger:inne:n ist eine konsequente Weiterentwicklung des Kinderschutzes. Die Voraussetzungen für entsprechende Kooperationsstrukturen sind über das Netzwerk Frühe Hilfen vorhanden.

Inwiefern die Einbeziehung der Melder:innen in jedem Einzelfall mit einem zeitlichen Mehraufwand einhergeht, muss abgewartet werden. Natürlich wurden auch bisher schon Kooperationspartner in der Gefährdungsabschätzung einbezogen. Das galt aber nicht in jedem Einzelfall. Und: Die Kindeswohlgefährdungen 2020 und 2021 bilden keine verlässlichen Zahlen ab, da durch Kita- und Schulschließungen wichtige Melder:innen nur eingeschränkt aktiv waren.

 

Die –wenn auch nur ausschnitthafte- Weitergabe von Hilfeplänen an das Familiengericht löst Handlungsbedarf aus. Soweit es sich um gerichtliche Maßnahmen im Kontext einer Hilfegewährung handelt, wie dies bei Eingriffen in elterliche Rechte oder freiheitsentziehenden Maßnahmen handelt, ist die Weitergabe unproblematisch. Schwierig wird es, wenn Sorge- und Umgangsverfahren und eine z.B. erzieherische Hilfe nicht miteinander verknüpft stattfinden. Hier müssen die bestehenden Verfahren überprüft und angepasst werden.

 

Dass die Strafverfolgungsbehörden nunmehr verpflichtet sind, bei gewichtigen Anhaltspunkten auf eine Gefährdung den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe einzuschalten, ist zu begrüßen. In der Jugendhilfe im Jugendstrafverfahren funktioniert das gut; Nachbesserungs- und Weiterentwicklungsbedarf wird in regelmäßigen Kooperationstreffen, an denen die Jugendämter aus Stadt und Landkreis, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, das Gericht und die beiden freien Träger, die Maßnahmen für jugendliche Straftäter anbieten, teilnehmen, thematisiert.
Bei häuslicher Gewalt oder Delikten strafunmündiger Kinder können Verfahren optimiert werden, in anderen Bereichen ist auf der Grundlage der bestehenden Kooperationskultur der konkrete Handlungsbedarf zu klären.

Für die Betriebserlaubnis (teil)stationärer Erziehungs- und Behindertenhilfeeinrichtungen ist die Heimaufsicht der Regierung von Oberfranken zuständig. Die mit Heimunterbringungen verknüpften Regelungen zu Auslandsmaßnahmen sind in dieser konkreten Form neu im Gesetz aufgenommen. In der Praxis im Landkreis Coburg löst das keinen Handlungsbedarf aus, da diese bereits vorher angewandt wurden. Mittelbar ist noch in der Klärung, wer die „erlaubniserteilende Behörde“ gem. § 45 Abs. 5 sein wird.
Die Aufsicht über die Kindertageseinrichtungen liegt beim Landkreis. In den Kitas des Landkreises sind die meisten Regelungen ohnehin Praxis. Fehlen schriftlich fixierte Gewaltschutzkonzepte oder Beschwerdestellen ist das unproblematisch nachzuholen, da dabei auf die bestehende Praxis zurückgegriffen werden kann.

 

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1.1.3      (vorläufiges) Fazit

 

Mit diesen Neuregelungen sind (noch) keine finanziellen Auswirkungen verbunden. Es sind Themen im Rahmen der laufenden Aufgabenwahrnehmung anzugehen.

 

1.2        Unterbringung von Kindern außerhalb der eigenen Familie

1.2.1    Wesentliche Neuregelungen

 

Die Hilfeplanung bei Hilfen in- und außerhalb der Familie wurde erweitert und konkretisiert:

Ø  Die Beratung der jungen Menschen und ihrer Familien muss in einer für den Betroffenen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

Ø  Geschwisterbeziehungen sind ausdrücklich zu berücksichtigen.

Ø  Alle Akteure, die an der Durchführung einer Hilfe beteiligt sind –Schulen, Ärzte, Psychotherapeuten, etc.- sind an der Hilfeplanung zu beteiligen.

Ø  Auch nicht sorgeberechtigte Eltern(teile) sollen –wenn möglich- einbezogen werden.

Ø  Mögliche Zuständigkeitswechsel sind in der Hilfeplanung rechtzeitig aufzunehmen und mit den „neuen“ Trägern zu vereinbaren.

Elternarbeit, also die pädagogische Arbeit mit Eltern, deren Kind(er) außerhalb des Elternhauses untergebracht sind, wird als eigener Rechtsanspruch auf Beratung, Unterstützung und Förderung der Beziehung zum Kind verankert.

 

Das Jugendamt wir verpflichtet, in der Vollzeitpflege Schutzkonzepte zu entwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu prüfen.

 

Bei der Unterbringung in Mutter/Vater-Kind-Einrichtungen ist der Zugang ausgeweitet worden. Ab sofort können auch Eltern gemeinsam mit ihren unter 6jährigen Kindern stationär aufgenommen werden.

 

Bei den Hilfen für junge Volljährige ist aus der Soll- eine Muss-Vorschrift geworden. Außerdem ist es nun möglich, beendete Hilfen selbst nach einem langem Zeitraum wieder neu zu beginnen und das Jugendamt wird verpflichtet, auch nach Beendigung der Hilfe regelmäßigen Kontakt zum jungen Volljährigen zu halten und dies in einer Art fortgesetztem Hilfeplan ohne Hilfe auch zu dokumentieren.

 

Für alle stationären Hilfen wird ein Kostenbeitrag von den Eltern und dem jungen Menschen selbst erhoben. Bei letztgenanntem musste bislang 75% des Einkommens, nunmehr höchstens 25 % eingesetzt werden, wobei Ferienjobs und Aufwandsentschädigungen aus ehrenamtlicher Tätigkeit unberücksichtigt bleiben.

 

1.2.2     Konsequenzen für den Landkreis Coburg

Die Änderungen in der Hilfeplanung vollziehen weitestgehend nach, was bereits Praxis im Jugendamt ist. Interner Verbesserungsbedarf besteht im Hinblick auf eine einfache Sprache. Und im Kooperationsalltag zeigt sich, dass die aktive Einbindung aller Akteure an der Hilfeplanung immer wieder an Terminkollisionen oder Personalmangel scheitert. Nichtsdestotrotz ist die gesetzliche Normierung das richtige Signal an alle Beteiligten. Wird das künftig deshalb besser und zuverlässiger wahrgenommen, ist es nicht nur ein Kraftakt, einen passenden Termin zu finden, sondern es wird vor allem auch eine angemessene Umsetzung mit Blick auf den jungen Menschen zu klären sein, der sonst seinen schulischen, medizinischen, erziehenden, therapierenden, die Freizeit gestaltenden, usw. Menschen gegenübersitzt und diese Teilbereiche seines Lebens auch umfassend dokumentiert weiß.

 

Bisher war die sog. „Elternarbeit“ Bestandteil der stationären Erziehungshilfe, d.h. der Träger einer Wohngruppe oder der Pflegekinderfachdienst hat mit den Eltern der Kinder, die außerhalb des Elternhauses leben, gearbeitet. Eine Folge -insbesondere bei Heimunterbringungen mit einer größeren räumlichen Distanz- war, dass sich Elternarbeit immer wieder darauf begrenzte, Beurlaubungen am Wochenende oder in der Ferien vor- und nachzubesprechen. Wir leisten aktuell in einem Einzelfall eine entsprechende Hilfe und befinden uns aktuell im Aufbau eines Gruppenangebotes. Die Ausweitung und der Ausbau wird mit entsprechenden Mehraufwendungen in den erzieherischen Hilfen einhergehen.

 

Ein explizites Schutzkonzept ist in der aktuell gültigen Pflegekinderkonzeption nicht ausgewiesen, einzelne Bausteine hingegen sind vorhanden. Die Pflegekinderkonzeption muss deshalb entsprechend überarbeitet und ergänzt werden. Dabei reicht es nicht aus, theoretisch-konzeptionell vorzugehen. Im Gegensatz zu institutionellen Schutzkonzepten sollen diese in Familien Anwendung finden und müssen deshalb unter Berücksichtigung familiärer Gegebenheiten zwingend mit den Beteiligten erarbeitet werden.

 

Die Änderungen im Bereich der Mutter/Vater-Kind-Einrichtungen werden mittelfristig einen Anstieg der Fallzahlen, mindestens aber eine Ausgabesteigerung zur Folge haben. Aktuell liegt der kalendertägliche Entgeltsatz für einen (weiteren) Erwachsenen bei 170 – 200 €. Bislang sind die meisten Einrichtungen aber noch nicht auf die Aufnahme beider Elternteile eingestellt.

 

Bei den junge Volljährigen wird ein Fallanstieg erwartet, da durchaus Anträge in der Vergangenheit abgelehnt wurden. Die Kontakthalteverpflichtung durch die sozialpädagogischen Fachkräfte hat einen personellen Mehraufwand zur Folge, da dies bislang proaktiv nicht stattgefunden hat.

 

Beim Kostenbeitrag wird aktuell auf die neue Höchstgrenze umgestellt, was entsprechende Mindereinnahmen generiert. Hier ist aber eine künftig ggf. veränderte Praxis zu prüfen: Ist es fachlich und finanziell sinnvoll, generell keinen Kostenbeitrag zu erheben? Sollte stattdessen eine Verselbständigungspauschale dann nur noch auf Härtefälle begrenzt werden? Können Vereinbarungen zu Ansparungen in den Hilfeplan mit aufgenommen werden und wenn ja, wie kann ein missbräuchlicher Umgang verhindert werden?

 

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1.2.3      (vorläufiges) Fazit

 

In diesem Änderungskomplex entstehen zusätzliche Aufgaben für den ASD und den Pflegekinderfachdienst und es sind Folgekosten zu erwarten. All das lässt sich nur ansatzweise konkretisieren. Beim Kostenbeitrag gehen wir aktuell von ca. 20.000 € Mindereinnahmen aus und bei der einzelfallbezogenen Elternarbeit ist ein Fall bereits begonnen worden, der allein 10.000 € im Jahr kostet.

 

1.3        Prävention im Sozialraum

1.3.1    Wesentliche Neuregelungen

 

Der Sozialraumansatz wird in der Prävention gesetzlich verankert. Dies findet sich sowohl in der Verpflichtung, in der einzelfallbezogenen Beratung auf Leistungen und Hilfen im Sozialraum hinzuweisen, als auch in der Familienbildung die Entwicklung entsprechender Angebotsstrukturen zu unterstützen.

 

Der Förderung der Erziehung in der Familie, der Familienbildung, wird ein konkreter  Themenkanon aufgegeben, der von der Erziehung über Gesundheitsthemen bis zur Hauswirtschaft reicht.

 

Die Schulsozialarbeit (nicht zu verwechseln mit der Jugendsozialarbeit an Schulen!) wird als neue Aufgabe in das SGB VIII aufgenommen. Hier wird den Bundesländern aber die Möglichkeit eröffnet, zu regeln, dass diese Aufgabe auch durch andere Stellen nach anderen Rechtsvorschriften erbracht wird. Landesrechtliche Regelungen zum KJSG liegen noch nicht vor.

 

Die Betreuung in Notsituationen erhält eine grundsätzlich neue Rahmung. Sie ist nur dann eine Hilfsmöglichkeit, wenn „der familiäre Lebensraum erhalten“ bleibt. Außerdem wird die Möglichkeit einer unmittelbaren Inanspruchnahme eröffnet, wenn diese von der Erziehungsberatung zusätzlich angeboten oder vermittelt wird. Dabei wird explizit der Einsatz ehrenamtlicher Pat:inn:en benannt. Hierbei und generell wird öffentliche Jugendhilfe auf ihre Planungs-, Qualitätsentwicklungs- und Finanzierungsverantwortung verpflichtet.

 

1.3.2    Konsequenzen für den Landkreis Coburg

 

Die Sozialraumorientierung ist im Landkreis Coburg seit fast 20 Jahren Strukturprinzip. Die gesetzliche Neuregelung bestätigt diesen Weg und bleibt deshalb ohne Folgewirkung.

 

Die Weiterentwicklung der Familienbildung ist mit der Umsetzung und konzeptionellen Weiterentwicklung der Familienstützpunkte auf einem guten und richtigen Weg. Die umfassende Konkretisierung der entsprechenden Angebote wird zu einem finanziellen Mehraufwand führen, da der Schwerpunkt bislang auf Erziehungsthemen lag.

 

Bei der Betreuung in Notsituationen muss in Gesprächen vor allem mit der Erziehungsberatung deren Bereitschaft geklärt werden, sich des Themas niedrigschwelliger ambulanter Hilfen anzunehmen. Mittelfristig wird daraus ein finanzieller Mehrbedarf entstehen, da diese Leistung bislang nicht angeboten wurde.

 

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1.3.3      (vorläufiges) Fazit

 

Mit den Neuregelungen in der Familienbildung und dem Aufbau und der Betreuung von Patenschaften ist schrittweise ein finanzieller Mehrbedarf im Zuschussbereich verbunden, der noch nicht bezifferbar ist.

 

1.4        Partizipation

1.4.1    Wesentliche Neuregelungen

 

Für Kinder und Jugendliche ist ein eigener Rechtsanspruch auf eine uneingeschränkte Beratung verankert worden. Darüber hinaus wird auch hier die verständliche, nachvollziehbare und wahrnehmbare Form in Beratung und Beteiligung unterstrichen.

 

Letzteres gilt auch für die bereits beschriebenen Änderungen in der Hilfeplanung, die die Beteiligungsrechte der jungen Menschen und ihrer Eltern stärkt. Explizit und neu aufgenommen im SGB VIII sind die §§ 10a und 10b SGB VIII, auf die im Abschnitt zur Inklusion eingegangen wird. Im Kontext der Partizipation ist hier die Eingangsformulierung „Zur Wahrnehmung ihrer Rechte…“ bedeutsam.

 

Die Beschwerderechte und -möglichkeiten von jungen Menschen und ihren Familien werden an verschiedenen Stellen verstärkt. Dazu gehören die bereits benannten Neuregelungen in der Kinderbetreuung und der Vollzeitpflege, aber auch die Einführung von Ombudsstellen.

1.4.2     Konsequenzen für den Landkreis Coburg

Ob eine eigene Instanz zur Umsetzung des Beratungsanspruchs von Kindern und Jugendlichen geschaffen werden muss, ist für den Landkreis Coburg eher zu bezweifeln. Hier wird es eher darum gehen, alle beteiligten Akteure beginnend bei den Kitas, über den ASD und JaS bis hin zu den Trägern der freien Jugendhilfe entsprechend zu sensibilisieren, damit diesem Anspruch nachgekommen wird.

 

Im Beschwerdemanagement wird den Bundesländern der Sicherstellungsauftrag für Ombudsstellen aufgegeben. In Bayern laufen dazu aktuell an drei Standorten –in Augsburg, im Landkreis München und in Rosenheim- Modellprojekte.

 

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1.4.3     (vorläufiges) Fazit

 

Mit diesen Neuregelungen sind keine finanziellen Auswirkungen verbunden. Hier geht es vor allem um die rechtliche Verankerung einer Haltung der beteiligten Professionen. Dazu gehört auch die Beratung von Kindern und Jugendlichen.

 

2.            Inklusive Kinder- und Jugendhilfe

 

2.1        Wesentliche Neuregelungen

 

Ab dem 01.01.2028 wird die Jugendhilfe für alle jungen Menschen bis zum 21. Lebensjahr zuständig und übernimmt damit ab diesem Zeitpunkt auch die Zuständigkeit für die geistig und körperlich beeinträchtigten jungen Menschen.

 

Für die Übergangszeit sind zwei Zwischenschritte vorgesehen:

 

Ab Inkrafttreten des KJSG (10.06.2021) ist die Jugendhilfe verpflichtet junge Menschen und ihre Familien ausführlich und in verständlicher, nachvollziehbarer und wahrnehmbarer Form für alle Leistungen beginnend mit der Kinderbetreuung über die Jugendarbeit und die Familienbildung bis hin zu den kostenintensiven Hilfen der Jugendhilfe und die Leistungen anderer Leistungsträger zu beraten und sie bei der Antragstellung, der Klärung mit anderen Leistungsträgern und der Inanspruchnahme dieser Leistungen zu unterstützen. Das Jugendamt hat auch am Gesamtplanverfahren geistig und körperlich Minderjähriger beratend teilzunehmen, wenn die Eltern dem zustimmen.

 

Ab dem 01.01.2024 hat der öffentliche Träger der Jugendhilfe „Verfahrenslotsen“ vorzuhalten, die alle behinderten jungen Menschen oder die von einer Behinderung bedroht sind und deren Familien bei der Verwirklichung von Leistungsansprüchen unabhängig unterstützen. Darüber hinaus unterstützt er das Jugendamt bei dem Zusammenführungsprozess hin zur Gesamtverantwortung der Jugendhilfe für alle behinderten jungen Menschen bis 2028.

 

Die Regelung zur Teilnahme am Gesamtplanverfahren und der Verfahrenslotse fallen zum 01.01.2028 weg.

 

Das Gesetz wird in seiner Umsetzung und seinen Auswirkungen evaluiert.

 

2.2        Konsequenzen für den Landkreis Coburg

Allein die die umfassende Beratung auch von Leistungen anderer Rehaträger incl. Unterstützung im Antrags- und Umsetzungsverfahren bedeutet einen erheblichen Aufgabenzuwachs, der nur durch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter:innen geleistet werden kann.
Dabei ist eine zweigeteilte Vorgehensweise sinnvoll. Zum einen müssen die Mitarbeiter:innen des ASD und des Pflegekinderfachdienstes qualifiziert werden, die Erstberatung und das Clearing zu übernehmen. Zeichnet sich ein Hilfebedarf anderer Rehaträger ab, sollte dies an eine spezialisierte Fachkraft übergeben werden, die auch die Teilnahme am Gesamtplanverfahren übernimmt und den Übergang zum ab 01.01.2024 ohnehin vorgeschriebenen Verfahrenslotsen darstellt.

 

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2.3        (vorläufiges) Fazit

 

Die erforderliche Qualifizierung der sozialpädagogischen Fachkräfte ist der Teil, der noch am klarsten zum jetzigen Zeitpunkt formuliert werden kann. Alles andere ist noch unklar: Wieviel Einzelfälle werden voraussichtlich ab 2028 in die Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe wechseln, welches Finanzvolumen steht dahinter, wer will bereits jetzt die Beratung in Anspruch nehmen und ab 2024 von einem Verfahrenslotsen begleitet werden.
Das Ganze kann nur schrittweise in einem kontinuierlichen Prozess entwickelt werden.

Die Finanzfolgen sind nicht abzuschätzen, sondern u.a. der Evaluation des Gesetzes zugeordnet worden.

 

 

In dieser Vorlage sind nur die wesentlichen Änderungen dargestellt. Die zahlreichen „kleineren“ Punkte sind insofern bedeutsam, dass auch darin z.T. ein hoher Umstellungsaufwand liegt.

 

Aber auch in dem hier Beschriebenen wird bereits deutlich, dass das KJSG ein Gesetz mit grundlegenden Veränderungen ist. Das bezieht sich nicht nur auf die „inklusive Lösung“, sondern auch den in die unterschiedlichsten Bereiche hineinwirkenden Neuregelungen bei der Partizipation, im Kinderschutz, der Prävention und Niederschwelligkeit. Leitend dabei ist die Selbstbestimmung, die der Eltern, aber auch die der Kinder und Jugendlichen.

 

In der Anlage 1 ist eine Synopse der SGB VIII Reform, die das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht[3] veröffentlicht hat, beigefügt.

 

 

 

 

 



[1] Dazu zählen u.a. Ärzt:inn:e:n, Hebammen, Psycholog:inn:en, Lehrer:innen, Sozialpädagog:inn:en in Beratungsstellen, usw.

[2] Dies gilt nur für die Straftaten, die auch einen Tätigkeitsausschluss im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zur Folge haben.