1.

Anfrage von Kreisrat Carsten Höllein, SPD-Kreistagsfraktion, vom 12.07.2021, Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

 

Die Anfrage hat folgenden Wortlaut:

 

„Aktuell wird der Gesetzesentwurf im Vermittlungsausschuss behandelt. Geplant ist, dass der Rechtsanspruch zum 01.08.2026 umgesetzt werden soll – zunächst für die Schüler*innen der 1. Klasse. In den Folgejahren wird der Anspruch jeweils um eine Jahrgangsstufe ausgeweitet. Der Bundesrat hat vor allem wegen der Finanzierung den Vermittlungsausschuss angerufen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die quantitative und qualitative Ausgestaltung bei einer Einigung erhalten bleibt. Wie es aussieht, wird der Rechtsanspruch im SGB VIII verankert. Der bisherigen Systematik folgend richtet sich der Anspruch an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe – im Bayern an die kreisfreien Städte und Landkreise. Aus diesem Grund ergibt sich aus Sicht der SPD-Kreistagsfraktion ein hohes Interesse des Landkreises Coburg an der künftigen Erfüllung des Anspruchs.

 

1.   Nach Angaben der Bundesregierung nutzt etwa die Hälfte der Grundschüler*innen Ganztagsangebote. Sie geht aber davon aus, dass rund 70 bis 80 Prozent einen Bedarf haben.

Gibt es eine systematische Erfassung der Ganztagsangebote im Landkreis Coburg und eine entsprechende Bedarfsermittlung anhand der prognostizierten Schüler*innenzahlen?


Antwort:
Im Rahmen der Förderung „Bildung integriert“ ist der Landkreis Coburg derzeit in der Lage, Daten aus dem Bildungsbereich zu erfassen und auszuwerten. Somit ist es möglich, Aussagen zu den Betreuungen im Grundschulbereich zu generieren, auch wenn die Angebote in verschiedenen Zuständigkeitsbereichen und bei verschiedenen Trägern bestehen. Die Ganztagsangebote an Grundschulen – Mittagsbetreuung, offene Ganztagsschule und gebundene Ganztagsschule – werden systematisch erfasst und fortgeschrieben, seit die Stelle des Bildungsmonitorings im Landratsamt Coburg besetzt ist. Grundlegende Daten hierzu auf Gemeindeebene können dem aktuellen Schulentwicklungsplan entnommen werden. Für gezielte Auswertungen zu diesem Thema werden sowohl die Betreuungsform als auch die Anzahl der betreuten Kinder und die Dauer der Betreuung und das Verhältnis zur Gesamtschülerzahl zusammengestellt. Darüber hinaus wird das Thema Ganztagsbetreuung auf Ebene des Landkreises auch im kommenden Bildungsbericht 2022 dargestellt werden. Hier werden, wie bereits im Bildungsbericht 2019, auch die Angebote in den beiden Horten und den Kindertagesstätten mit berücksichtigt.

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung soll ab dem Schuljahr 2026/27 beginnend mit der ersten Klasse umgesetzt werden. Die Kinder, die dann die erste Klasse besuchen werden, sind i. d. R. im Jahr 2020 geboren. Darüber hinaus liegen noch keine Geburtszahlen vor. Sollte die Stelle „Bildungsmonitoring“ im Landkreis noch bestehen, würde die Prognose erfolgen und weiter kontinuierlich fortgeschrieben werden.

2.   Aktuell existieren verschiedene Betreuungsangebote für Schulkinder in Bayern, für die unterschiedliche Staatsministerien zuständig sind. Nach bisherigen Informationen favorisiert der Freistaat Bayern eine Verankerung der Angebote beim Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.

Gibt es aktuell in den Kommunen des Landkreises Coburg eine Betreuungsform, die nach den gesetzlichen Regelungen des Bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetzes gefördert wird?

Antwort:
Es gibt in Neustadt b. Coburg und Rödental explizit zwei reine Kinderhorte, die Einrichtungen nach dem SGB VIII sind. Außerdem besuchen in einzelnen Einrichtungen Schulkinder auch nach der Einschulung weiterhin ihre bisherige Kita, was ebenfalls dem Angebot nach SGB VIII zuzurechnen ist. Eine Tagesmutter hat sich explizit auf die Betreuung von Schulkindern spezialisiert, weitere Tagesmütter betreuen diese nach Bedarf. Diese Kindertagespflegen sind geschult, geprüft und erbringen alle SGB VIII-Leistungen. Eine Förderung nach dem BayKiBiG ist damit nicht zwingend verbunden, da die Förderung eine verpflichtende Ersatzbetreuung voraussetzt, die nur einige Tagesmütter im Landkreis haben.

3.   Der Gesetzesentwurf formuliert auch einen zeitlichen Umfang der täglichen Betreuung (8,0 Std., einschließlich Unterrichtszeit), auf den ein Grundschulkind künftig Anspruch hat.

Wie viele der derzeitigen Angebote im Landkreis Coburg genügen diesen Anforderungen?

Antwort:
Während die Gruppen der Offenen Ganztagsschule bis 16 Uhr geöffnet sind und somit den künftigen Anforderungen an die Betreuungszeit inklusive Unterrichtszeit von 8 Stunden gerecht werden, gibt es im Bereich der Mittagsbetreuung auch sogenannte Kurzgruppen. Die Daten der Mittagsbetreuung werden daher auch nach der Dauer des Angebots erfasst.
Von den 54 Gruppen in der Mittagsbetreuung haben 35 Gruppen (oder 65 %) ein Angebot bis 16 Uhr. Hinzu kommen im Grundschulbereich 21 Gruppen im Offenen Ganztag.

4.   Es ist anzunehmen, dass auch beim Betreuungspersonal Mindeststandards vorgegeben werden, die über die aktuellen Qualifikationsanforderungen bei Betreuungsangeboten hinausgehen. Das hat zur Folge, dass weitere pädagogische Fachkräfte oder Weiterqualifikationen notwendig werden.

Verfügt der Landkreis Coburg in Rücksprache mit der Arbeitsagentur über Erkenntnisse, wie sich der Arbeitsmarkt für pädagogisches Personal in den nächsten Jahren entwickeln wird?

Antwort:
Seitens der Agentur für Arbeit findet ein regelmäßiges Reporting statt, das auch das pädagogische Personal in der Kinderbetreuung und –erziehung umfasst. Der ausführliche Bericht liegt vor.

Zusammenfassend hier das Wichtigste in Kürze:
(aus: Bundesagentur für Arbeit; Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung. Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt - Pädagogisches Personal in der Kinderbetreuung und Erziehung. Nürnberg. Oktober 2020)

- Der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen hat in den letzten Jahren zu einer
  erheblichen Steigerung der Zahl betreuter Kinder und der Beschäftigtenzahl in Kinder-
  tageseinrichtungen geführt.

- Das Beschäftigungsplus zeigt sich in allen Bundesländern, wobei tendenziell das Plus in
  vielen westlichen Ländern stärker ausfällt als in den östlichen. In den östlichen Bundes-
  ländern war bereits das Ausgangsniveau der Kinderbetreuung – historisch bedingt –
  höher.

- Gestiegen ist sowohl die Zahl der Vollzeit-, als auch der Teilzeitarbeitsstellen.

- In allen Bundesländern, außer in Nordrhein-Westfalen, gibt es in Kindertagesein-
  richtungen mehr Teilzeit- als Vollzeitbeschäftigte.

- Die Zahl der Arbeitslosen ist im Feld der Kinderbetreuung und –erziehung in den letzten
  Jahren überdurchschnittlich zurückgegangen. Die geringe Arbeitslosenquote signalisiert
  Vollbeschäftigung.

- Gleichzeitig hat die Zahl der gemeldeten Stellen überdurchschnittlich zugenommen.
  Zumeist werden Fachkräfte mit einem Abschluss als Erzieher/-in gesucht. Hier fällt die
  Zahl der gemeldeten Stellen höher aus als die der Arbeitslosen. Für Sozialassistent/-
  innen oder Kinderpfleger/-innen gibt es dagegen vergleichsweise wenige Stellenange-
  bote.

- Gesucht werden sowohl Vollzeit-, als auch Teilzeitkräfte, wobei analog zur Beschäfti-
  gung der Anteil der Teilzeitstellen überdurchschnittlich hoch ist.


Gibt es bereits Gespräche mit Ausbildungsträgern (Fachakademien/Berufsfachschulen), wie man einem Fachkräftemangel begegnen und Fortbildungen anbieten kann?“

Antwort:
Seitens der Gemeinnützigen Gesellschaft für soziale Dienste (GGSD) wird im Rahmen des aktuell laufenden Schulversuchs in Coburg und München (perspektivisch auch in Nürnberg) die Ausbildung zur Pädagogischen Fachkraft für die Grundschulkindbetreuung angeboten.

Es handelt sich dabei um eine zweijährige, staatlich anerkannte Ausbildung. Sie lehnt sich an die Erzieher/innenausbildung an, konzentriert sich allerdings auf die Grundschulzeit der Kinder. Themen wie die Unterstützung der Grundschulkinder bei den Hausaufgaben, sowie Bildungsangebote außerhalb der schulischen Ausbildung stehen im Mittelpunkt. Die ganzheitliche Förderung der Entwicklung des Kindes ist das Ziel. Für die Ausbildung wird kein Schulgeld erhoben.

Mögliche Arbeitsfelder für die so ausgebildeten Fachkräfte für Grundschulkindbetreuung sind:

- Einfache und verlängerte Mittagsbetreuung
- Offene Ganztagsschule (an Grundschulen)
- Gebundene Ganztagsschule (an Grundschulen)
- Tätigkeit in Horten
- Tätigkeit in „Häusern für Kinder (für die Gruppen mit Kindern ab 6 Jahren)
- Ggf. altersgeöffnete Kindergärten

Die Zugangsvoraussetzungen, um die Ausbildung absolvieren zu können sind:

- Mittlerer Schulabschluss
- Berufliche Vorbildung durch eine erfolgreich abgeschlossene mindestens zweijährige
  Berufsausbildung
- Nachweis über eine sechswöchige praktische Tätigkeit in einer sozialpädagogischen
  oder schulischen Einrichtung im einschlägigen Bereich
- Bewerberinnen und Bewerber mit einer anderen Muttersprache als Deutsch müssen
  nachweisen, dass sie über hinreichende Deutschkenntnisse in Wort und Schrift
  mindestens auf dem Niveau B2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für
  Sprache verfügen

Wenn die persönlichen Voraussetzungen vorliegen, kann die Ausbildung von der zuständigen Agentur für Arbeit gefördert werden; die Beratung durch die Agentur muss hierzu vor Ausbildungsbeginn erfolgen.

In Coburg beginnt die Ausbildung pandemiebedingt erst im kommenden Ausbildungsjahr 2022/23. Interessenten sind ausreichend vorhanden, hierunter viele Quereinsteiger aber auch Kinderpfleger, die nicht die länger dauernde Erzieherausbildung absolvieren möchten.

 

 

2.

 

Kreisrat Herbert Müller verweist auf den Antrag der Kreisräte Thomas Büchner und Christoph Raabs bezüglich der kostenlosen Nutzung des ÖPNV durch Schüler an den Wochenenden. Dieser wurde vom Kreistag in seiner Sitzung am 17.09.2020 in den Geschäftsgang verwiesen. Herbert Müller möchte wissen, ob es hierzu schon einen neuen Sachstand gibt.

Landrat Sebastian Straubel wird das Anliegen intern prüfen und den Kreistag dann informieren.

 

 

3.

Christoph Raabs berichtet über einen Zeitungsartikel zur neu gegründeten Interessengemeinschaft Bahnlückenschluss. Er möchte wissen, wie die Gründung der Interessengemeinschaft publik gemacht wurde? Er hat er durch den Zeitungsartikel davon erfahren, hätte jedoch eventuell zusammen mit weiteren Kreistagsmitgliedern auch Interesse gehabt, hier mitzuwirken. Er möchte wissen, ob die Möglichkeit besteht, nachträglich noch beizutreten.

Landrat Sebastian Straubel erklärt, dass von der IHK zu Coburg sowie der IHK Südthüringen zu der Gründungsversammlung eingeladen wurde. Wer eingeladen wurde, entzieht sich seiner Kenntnis. Von Seiten des Landkreises war der weitere Stellvertreter des Landrats Christian Gunsenheimer in seiner Vertretung vor Ort.

Es gibt aufgrund der Satzung einen Geschäftsstellenleiter der Interessengemeinschaft, der als Ansprechpartner dient.

Christian Gunsenheimer erklärt, dass mit einfacher Mehrheit der Gesellschafterversammlung jederzeit weitere Mitglieder aufgenommen werden können.