Sitzung: 22.07.2021 Kreistag
1.
Anfrage von Kreisrat Carsten
Höllein, SPD-Kreistagsfraktion, vom 12.07.2021, Rechtsanspruch auf
Ganztagsbetreuung
Die Anfrage hat folgenden Wortlaut:
„Aktuell wird der Gesetzesentwurf
im Vermittlungsausschuss behandelt. Geplant ist, dass der Rechtsanspruch zum
01.08.2026 umgesetzt werden soll – zunächst für die Schüler*innen der 1.
Klasse. In den Folgejahren wird der Anspruch jeweils um eine Jahrgangsstufe
ausgeweitet. Der Bundesrat hat vor allem wegen der Finanzierung den
Vermittlungsausschuss angerufen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die
quantitative und qualitative Ausgestaltung bei einer Einigung erhalten bleibt.
Wie es aussieht, wird der Rechtsanspruch im SGB VIII verankert. Der bisherigen
Systematik folgend richtet sich der Anspruch an die Träger der öffentlichen
Jugendhilfe – im Bayern an die kreisfreien Städte und Landkreise. Aus diesem
Grund ergibt sich aus Sicht der SPD-Kreistagsfraktion ein hohes Interesse des
Landkreises Coburg an der künftigen Erfüllung des Anspruchs.
1. Nach Angaben der Bundesregierung nutzt etwa die
Hälfte der Grundschüler*innen Ganztagsangebote. Sie geht aber davon aus, dass
rund 70 bis 80 Prozent einen Bedarf haben.
Gibt es eine systematische Erfassung der Ganztagsangebote im Landkreis
Coburg und eine entsprechende Bedarfsermittlung anhand der prognostizierten
Schüler*innenzahlen?
Antwort:
Im Rahmen der Förderung „Bildung integriert“ ist
der Landkreis Coburg derzeit in der Lage, Daten aus dem Bildungsbereich zu
erfassen und auszuwerten. Somit ist es möglich, Aussagen zu den Betreuungen im
Grundschulbereich zu generieren, auch wenn die Angebote in verschiedenen
Zuständigkeitsbereichen und bei verschiedenen Trägern bestehen. Die
Ganztagsangebote an Grundschulen – Mittagsbetreuung, offene Ganztagsschule und gebundene
Ganztagsschule – werden systematisch erfasst und fortgeschrieben, seit die
Stelle des Bildungsmonitorings im Landratsamt Coburg besetzt ist. Grundlegende
Daten hierzu auf Gemeindeebene können dem aktuellen Schulentwicklungsplan
entnommen werden. Für gezielte Auswertungen zu diesem Thema werden sowohl die
Betreuungsform als auch die Anzahl der betreuten Kinder und die Dauer der
Betreuung und das Verhältnis zur Gesamtschülerzahl zusammengestellt. Darüber
hinaus wird das Thema Ganztagsbetreuung auf Ebene des Landkreises auch im
kommenden Bildungsbericht 2022 dargestellt werden. Hier werden, wie bereits im
Bildungsbericht 2019, auch die Angebote in den beiden Horten und den
Kindertagesstätten mit berücksichtigt.
Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung soll ab dem Schuljahr 2026/27
beginnend mit der ersten Klasse umgesetzt werden. Die Kinder, die dann die
erste Klasse besuchen werden, sind i. d. R. im Jahr 2020 geboren. Darüber
hinaus liegen noch keine Geburtszahlen vor. Sollte die Stelle „Bildungsmonitoring“
im Landkreis noch bestehen, würde die Prognose erfolgen und weiter
kontinuierlich fortgeschrieben werden.
2. Aktuell existieren verschiedene Betreuungsangebote
für Schulkinder in Bayern, für die unterschiedliche Staatsministerien zuständig
sind. Nach bisherigen Informationen favorisiert der Freistaat Bayern eine
Verankerung der Angebote beim Staatsministerium für Familie, Arbeit und
Soziales.
Gibt es aktuell in den Kommunen des Landkreises Coburg eine Betreuungsform,
die nach den gesetzlichen Regelungen des Bayerischen Kinderbildungs- und
betreuungsgesetzes gefördert wird?
Antwort:
Es gibt in Neustadt b. Coburg und Rödental explizit
zwei reine Kinderhorte, die Einrichtungen nach dem SGB VIII sind. Außerdem
besuchen in einzelnen Einrichtungen Schulkinder auch nach der Einschulung
weiterhin ihre bisherige Kita, was ebenfalls dem Angebot nach SGB VIII
zuzurechnen ist. Eine Tagesmutter hat sich explizit auf die Betreuung von
Schulkindern spezialisiert, weitere Tagesmütter betreuen diese nach Bedarf.
Diese Kindertagespflegen sind geschult, geprüft und erbringen alle SGB
VIII-Leistungen. Eine Förderung nach dem BayKiBiG ist damit nicht zwingend
verbunden, da die Förderung eine verpflichtende Ersatzbetreuung voraussetzt,
die nur einige Tagesmütter im Landkreis haben.
3.
Der Gesetzesentwurf formuliert auch einen
zeitlichen Umfang der täglichen Betreuung (8,0 Std., einschließlich
Unterrichtszeit), auf den ein Grundschulkind künftig Anspruch hat.
Wie viele der derzeitigen Angebote im Landkreis Coburg genügen diesen
Anforderungen?
Antwort:
Während die Gruppen der
Offenen Ganztagsschule bis 16 Uhr geöffnet sind und somit den künftigen
Anforderungen an die Betreuungszeit inklusive Unterrichtszeit von 8 Stunden
gerecht werden, gibt es im Bereich der Mittagsbetreuung auch sogenannte
Kurzgruppen. Die Daten der Mittagsbetreuung werden daher auch nach der Dauer
des Angebots erfasst.
Von den 54 Gruppen in der Mittagsbetreuung haben 35 Gruppen (oder 65 %) ein
Angebot bis 16 Uhr. Hinzu kommen im Grundschulbereich 21 Gruppen im Offenen
Ganztag.
4.
Es
ist anzunehmen, dass auch beim Betreuungspersonal Mindeststandards vorgegeben
werden, die über die aktuellen Qualifikationsanforderungen bei
Betreuungsangeboten hinausgehen. Das hat zur Folge, dass weitere pädagogische
Fachkräfte oder Weiterqualifikationen notwendig werden.
Verfügt der Landkreis Coburg in
Rücksprache mit der Arbeitsagentur über Erkenntnisse, wie sich der Arbeitsmarkt
für pädagogisches Personal in den nächsten Jahren entwickeln wird?
Antwort:
Seitens der Agentur für Arbeit findet ein regelmäßiges Reporting statt, das
auch das pädagogische Personal in der Kinderbetreuung und –erziehung umfasst.
Der ausführliche Bericht liegt vor.
Zusammenfassend hier das Wichtigste in Kürze:
(aus: Bundesagentur für Arbeit; Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung.
Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt - Pädagogisches Personal in der
Kinderbetreuung und Erziehung. Nürnberg. Oktober 2020)
- Der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen hat in den letzten Jahren zu
einer
erheblichen Steigerung der Zahl
betreuter Kinder und der Beschäftigtenzahl in Kinder-
tageseinrichtungen geführt.
- Das Beschäftigungsplus zeigt sich in allen Bundesländern, wobei tendenziell
das Plus in
vielen westlichen Ländern stärker
ausfällt als in den östlichen. In den östlichen Bundes-
ländern war bereits das Ausgangsniveau
der Kinderbetreuung – historisch bedingt –
höher.
- Gestiegen ist sowohl die Zahl der Vollzeit-, als auch der
Teilzeitarbeitsstellen.
- In allen Bundesländern, außer in Nordrhein-Westfalen, gibt es in
Kindertagesein-
richtungen mehr Teilzeit- als
Vollzeitbeschäftigte.
- Die Zahl der Arbeitslosen ist im Feld der Kinderbetreuung und –erziehung in
den letzten
Jahren überdurchschnittlich
zurückgegangen. Die geringe Arbeitslosenquote signalisiert
Vollbeschäftigung.
- Gleichzeitig hat die Zahl der gemeldeten Stellen überdurchschnittlich
zugenommen.
Zumeist werden Fachkräfte mit einem
Abschluss als Erzieher/-in gesucht. Hier fällt die
Zahl der gemeldeten Stellen höher aus
als die der Arbeitslosen. Für Sozialassistent/-
innen oder Kinderpfleger/-innen gibt es
dagegen vergleichsweise wenige Stellenange-
bote.
- Gesucht werden sowohl Vollzeit-, als auch Teilzeitkräfte, wobei analog zur
Beschäfti-
gung der Anteil der Teilzeitstellen
überdurchschnittlich hoch ist.
Gibt es bereits Gespräche mit Ausbildungsträgern
(Fachakademien/Berufsfachschulen), wie man einem Fachkräftemangel begegnen und
Fortbildungen anbieten kann?“
Antwort:
Seitens der Gemeinnützigen Gesellschaft für soziale Dienste (GGSD) wird
im Rahmen des aktuell laufenden Schulversuchs in Coburg und München
(perspektivisch auch in Nürnberg) die Ausbildung zur Pädagogischen Fachkraft
für die Grundschulkindbetreuung angeboten.
Es handelt sich dabei um eine zweijährige, staatlich anerkannte Ausbildung. Sie
lehnt sich an die Erzieher/innenausbildung an, konzentriert sich allerdings auf
die Grundschulzeit der Kinder. Themen wie die Unterstützung der
Grundschulkinder bei den Hausaufgaben, sowie Bildungsangebote außerhalb der schulischen
Ausbildung stehen im Mittelpunkt. Die ganzheitliche Förderung der Entwicklung
des Kindes ist das Ziel. Für die Ausbildung wird kein Schulgeld erhoben.
Mögliche Arbeitsfelder für die so ausgebildeten Fachkräfte für
Grundschulkindbetreuung sind:
- Einfache und verlängerte Mittagsbetreuung
- Offene Ganztagsschule (an Grundschulen)
- Gebundene Ganztagsschule (an Grundschulen)
- Tätigkeit in Horten
- Tätigkeit in „Häusern für Kinder (für die Gruppen mit Kindern ab 6 Jahren)
- Ggf. altersgeöffnete Kindergärten
Die Zugangsvoraussetzungen, um die Ausbildung absolvieren zu können sind:
- Mittlerer Schulabschluss
- Berufliche Vorbildung durch eine erfolgreich abgeschlossene mindestens
zweijährige
Berufsausbildung
- Nachweis über eine sechswöchige praktische Tätigkeit in einer
sozialpädagogischen
oder schulischen Einrichtung im
einschlägigen Bereich
- Bewerberinnen und Bewerber mit einer anderen Muttersprache als Deutsch müssen
nachweisen, dass sie über hinreichende
Deutschkenntnisse in Wort und Schrift
mindestens auf dem Niveau B2 des
gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für
Sprache verfügen
Wenn die persönlichen Voraussetzungen vorliegen, kann die Ausbildung von der
zuständigen Agentur für Arbeit gefördert werden; die Beratung durch die Agentur
muss hierzu vor Ausbildungsbeginn erfolgen.
In Coburg beginnt die Ausbildung pandemiebedingt erst im kommenden
Ausbildungsjahr 2022/23. Interessenten sind ausreichend vorhanden, hierunter
viele Quereinsteiger aber auch Kinderpfleger, die nicht die länger dauernde
Erzieherausbildung absolvieren möchten.
2.
Kreisrat Herbert Müller verweist auf den Antrag der Kreisräte Thomas Büchner und Christoph Raabs bezüglich der kostenlosen Nutzung des ÖPNV durch Schüler an den Wochenenden. Dieser wurde vom Kreistag in seiner Sitzung am 17.09.2020 in den Geschäftsgang verwiesen. Herbert Müller möchte wissen, ob es hierzu schon einen neuen Sachstand gibt.
Landrat Sebastian Straubel wird das Anliegen intern prüfen und den Kreistag dann informieren.
3.
Christoph Raabs berichtet über einen Zeitungsartikel zur neu gegründeten Interessengemeinschaft Bahnlückenschluss. Er möchte wissen, wie die Gründung der Interessengemeinschaft publik gemacht wurde? Er hat er durch den Zeitungsartikel davon erfahren, hätte jedoch eventuell zusammen mit weiteren Kreistagsmitgliedern auch Interesse gehabt, hier mitzuwirken. Er möchte wissen, ob die Möglichkeit besteht, nachträglich noch beizutreten.
Landrat Sebastian Straubel erklärt, dass von der IHK zu Coburg sowie der IHK Südthüringen zu der Gründungsversammlung eingeladen wurde. Wer eingeladen wurde, entzieht sich seiner Kenntnis. Von Seiten des Landkreises war der weitere Stellvertreter des Landrats Christian Gunsenheimer in seiner Vertretung vor Ort.
Es gibt aufgrund der Satzung einen Geschäftsstellenleiter der Interessengemeinschaft, der als Ansprechpartner dient.
Christian Gunsenheimer erklärt, dass mit einfacher Mehrheit der Gesellschafterversammlung jederzeit weitere Mitglieder aufgenommen werden können.