Beschluss: einstimmig

Beschluss:

 

1.    Die Zukunft.Coburg.Digital GmbH wird mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Bereich Wirtschaftsförderung nach näherer Maßgabe betraut.

Der in der Anlage beigefügte Betrauungsakt, der einen Bestandteil dieses Beschlusses bildet, wird beschlossen.

Der Landrat wird beauftragt und ermächtigt die Weisung an die Geschäftsführung der Zukunft.Coburg.Digital GmbH sicherzustellen.

 

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, bei der nächsten Änderung des Gesellschaftsvertrages der Zukunft.Coburg.Digital GmbH den Betrauungsakt mit aufzunehmen.

 


Sachverhalt:

 

A. Hintergründe

Das europäische Beihilferecht ist in den Artikeln 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (sog. Lissabon-Vertrag, nachfolgend: AEUV) geregelt. Danach sind aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen (Art. 107 Abs. 1 AEUV). Unter dieses Beihilfeverbot fallen nicht nur direkte Zuschüsse, sondern weitere mögliche wirtschaftliche Vorteile (z.B. Kapitalzuführungen ohne Aussicht auf angemessene Gewinnausschüttung, Verlustübernahmen, Übernahme von Bürgschaften ohne Avalprovisionen, günstige Kredite), die den Wettbewerb verzerren können.

 

Wird eine Beihilfe aus staatlichen Mitteln gewährt, bei der nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie den Wettbewerb verfälscht und hierdurch den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt, muss sie grundsätzlich bei der EU-Kommission angezeigt und notifiziert werden. Diese prüft dann, ob die Mittelgewährung mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Hierfür gibt es verschiedene Ausnahmeregelungen.

 

Die EU-Kommission erkennt im Rahmen von Artikel 106 AEUV an, dass Mitgliedstaaten bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) erbringen müssen (DAWI-Mitteilung).Hierbei handelt es sich zumeist um Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge. Bei der Definition von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse steht den Mitgliedstaaten ein erhebliches Ermessen zu.

 

 

B. Tätigkeit und Finanzierung der Z.C.D.-GmbH

Die Stadt Coburg und der Landkreis Coburg haben nach Art. 83 der Bayerischen Verfassung (BV) in Verbindung mit Art. 57 GO und Art. 51 LKrO die Aufgabe, im Rahmen ihres Wirkungskreises und den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten, die nach den örtlichen Verhältnissen für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl und die Förderung des Gemeinschaftslebens ihrer Einwohner erforderlich sind Hierzu zählen auch Einrichtungen zur Förderung und Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur.

 

Diese Aufgaben erfüllt nach § 2 Abs. 1 der Gesellschaftssatzung die Zukunft.Coburg.Digital GmbH im Bereich der Stärkung der regionalen Wirtschaft und Gründerszene sowie durch die aktive Unterstützung von Existenzgründungen im Bereich der Digitalisierung durch indirekte Wirtschaftsförderung. Gleichzeitig pflegt sie den Aufbau und die Unterhaltung eines Netzwerkes zu allgemeinen Digitalisierungsstandorten anderer Kommunen im Freistaat Bayern.
Durch die Errichtung, den Betrieb und die Entwicklung eines „Digitalen Gründerzentrums“ für das Coburger Land sollen Gründungsvorhaben mit einem klaren technologie- und digitalaffinen Fokus gefördert werden. Die ZCD betreibt Standorte in Coburg und Rödental und etabliert ein breit angelegtes Netzwerk aus Unternehmen, Existenzgründern, Wirtschaftskammern, Forschungseinrichtungen, Hochschule, Kapitalgebern und kommunalen Wirtschaftsförderungen. Als Grundlage dienen die Richtlinien zur Förderung von Gründerzentren, Unternehmensgründungen und Netzwerkaktivitäten im Bereich der Digitalisierung vom 01. Dezember 2015 (BayRS 7071-W).

 

 

C. Inhalt des Betrauungsaktes

Der vorliegende Betrauungsakt überträgt der Z.C.D.-GmbH die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung der Errichtung, des Betriebs und der Entwicklung eines „Digitalen Gründerzentrums“ für das Coburger Land. Er wiederholt damit die Zweckbestimmung, die in der Satzung der Gesellschaft getroffen wurde. Die Errichtung, der Betrieb und die Entwicklung eines „Digitalen Gründerzentrums“ liegen im Gemeinwohlinteresse und können daher als DawI qualifiziert werden.

Die Errichtung, der Betrieb und die Entwicklung eines „Digitalen Gründerzentrums“ dient der Förderung von Gründerzentren, Unternehmensgründungen und Netzwerkaktivitäten im Bereich der Digitalisierung vom 01. Dezember 2015 (BayRS 7071-W).

Die Dienstleistungen mit denen die Gesellschaft betraut ist, stellen Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des „Beschlusses der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Art. 106 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind“ (2012/21EU) dar. Das sind solche Tätigkeiten, die mit einer besonderen Gemeinwohlverpflichtung verbunden sind und die im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden. Diese Aufgaben werden von privaten Unternehmen, die im eigenen gewerblichen Interesse handeln, nicht oder nicht in gleichem Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen erbracht. Die hier relevanten Tätigkeiten werden also vom Markt nicht bereitgestellt, gleichwohl besteht an deren Erbringung ein allgemeines wirtschaftliches Interesse.

Aufgrund der Einordnung der Errichtung, des Betriebs und der Entwicklung eines „Digitalen Gründerzentrums“ als DawI dürfen die aus der Erfüllung dieser Tätigkeit entstehenden Verluste ausgeglichen werden. Führen unvorhersehbare Ereignisse auf Grund der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichen Interessen zu höheren nicht gedeckten Kosten, können auch diese ausgeglichen werden. Bereits in der Vergangenheit an die Gesellschaft gewährte Ausgleichsleistungen (Begünstigungen) werden von dieser Betrauung umfasst.

 

Davon zu trennen sind sonstige Leistungen, die keine DawI in diesem Sinne sind. Nicht dem DawIBereich zuzuordnen sind solche Tätigkeiten, bei denen kein Gemeinwohlelement vorliegt und die von privaten Marktteilnehmern auch ohne staatliche Subventionierung kostendeckend angeboten werden. Es muss rechnerisch sichergestellt werden, dass diese Leistungen nicht an dem Defizitausgleich partizipieren.

Im Falle der Gesellschaft betrifft dies alle weiteren Tätigkeiten, welche ggf. über die Errichtung, den Betrieb und die Entwicklung eines „Digitalen Gründerzentrums“ hinaus erbracht werden. Den Vorgaben des Freistellungsbeschlusses entsprechend, ist daher im Betrauungsakt vorgesehen, dass die Kosten und Erlöse dieser nicht betrauten Tätigkeiten buchhalterisch getrennt von denen der DawI-Tätigkeiten erfasst werden müssen. Nur die über diese sogenannte Trennungsrechnung ermittelten Nettokosten der DawI (Erlöse abzgl. Kosten) können ausgeglichen werden.

Zur Höhe der Ausgleichsleistung selbst ist in der Betrauung geregelt, dass bei der Berechnung der Ausgleichsleistungen die variablen und anteiligen fixen Kosten der DawI-Tätigkeiten, angemessene Abschreibungen auf das Anlagevermögen, sowie ggf. ein (kalkulatorischer) Gewinnzuschlag für die Gesellschaft von maximal 4 % berücksichtigt werden dürfen. Der voraussichtliche Ausgleichsbedarf wird zukünftig bereits im Rahmen des jährlichen Wirtschaftsplanes mittels der Trennungsrechnung dargestellt.

 

 

D. Umsetzung des Betrauungsaktes

Die Betrauung wird für die nach dem Freistellungsbeschluss höchstzulässige Dauer von zehn Jahren vorgenommen. Die Betrauung erfolgt durch diesen Beschluss einschließlich der gesellschaftsrechtlichen Weisung des Landrats des Landkreises Coburg an die Geschäftsführung der Zukunft.Coburg.Digital GmbH.

 

Der Gesellschaftsvertrag ist entsprechend anzupassen.