Sitzung: 19.02.2020 Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Senioren
Vorlage: 008/2020
Sachverhalt:
1.
Entstehungsgeschichte:
Im Jahr 1999 begann die Zusammenarbeit zwischen der Geriatrie des
Klinikums Coburg, der AWO Seniorenbegegnungsstätte Coburg und der Hochschule
Coburg mit dem Ziel, den Ist-Stand der Versorgungslandschaft im Bereich der
gerontopsychiatrischen Versorgung vor Ort zu erfassen und mögliche Bedarfe zu
formulieren.
1.1.
Der
gerontopsychiatrische Arbeitskreis Coburg nimmt die Arbeit auf
Um die gewonnenen Erkenntnisse regelmäßig in politische
Entscheidungsgremien einfließen lassen zu können, bildete sich der
gerontopsychiatrische Arbeitskreis als Untergruppe der Psychosozialen
Arbeitsgemeinschaft des Standardversorgungsgebietes Coburg/Kronach/ Lichtenfels
(PSAG). Dessen Geschäftsführung liegt beim Gesundheitsamt Coburg. Die PSAG wiederum
ist mit einem Vorstandsmitglied im Planungs- und Koordinierungsaus-schuss des
Bezirks Oberfranken vertreten.
Im gerontopsychiatrischen Arbeitskreis kamen Akteure mit viel Erfahrung
im Umgang mit älteren hilfebedürftigen und/oder gerontopsychiatrisch erkrankten
Menschen zusammen. Sie arbeiten in verschiedenen Bereichen der Altenhilfe, wie
z.B. im ambulanten und stationären Pflege- und Betreuungsbereich, in
Beratungsstellen und im klinischen Bereich. Die Koordination des
Arbeitskreises übernahm ebenfalls das Gesundheitsamt Coburg.
Der Arbeitskreis Gerontopsychiatrie der PSAG diente der Vernetzung und
dem regelmäßigen Informationsaustausch möglichst aller an der psychosozialen
Versorgung und Begleitung älterer Menschen in der Region beteiligter Einrichtungen
und Gruppierungen.
Hierzu gehören Vertreter der Sozialstationen, des Aufgabenbereiches
Senioren der Stadt Coburg sowie des Landkreises Coburg,
Einrichtungsleitungen/Pflegedienstleitungen bzw. Gerontofachkräfte von
Seniorenheimen, der Sozialdienst und der ärztliche Leiter der Klinik für
Rehabilitation und Geriatrie sowie der Chefarzt der Akutgeriatrie, Vertreter
der Fachstelle für pflegende Angehörige, Vertreter von
Tagespflegeeinrichtungen, Vertreter von Betreuungsgruppen, Mitarbeiter aus
Seniorentreff`s und Mehrgenerationenhäusern.
1.2.
Bedarfe definieren:
Während der Zusammenarbeit wurde deutlich, dass es einen verstärkten
Bedarf an Öffentlichkeitsarbeit gibt, um Betroffene, Angehörige, aber auch die
Gesamtgesellschaft über gerontopsychiatrische Krankheitsbilder zu informieren
und Hilfe bei der Versorgung aufzuzeigen.
Es entstand die Fachstelle für pflegende Angehörige, deren Trägerschaft
der AWO Bezirksverband Ofr./Mfr. e.V. übernahm. Die Fachstelle fand ihre
Heimat in der damals noch als AWO Seniorentreff Coburg bekannten und inzwischen
als AWO Mehrgenerationenhaus arbeitenden Institution am Oberen Bürglaß. In den
ersten Jahren gestaltete sich die finanzielle Förderung durch Stadt und
Landkreis Coburg noch etwas schwierig, da die Fallzahlen und Bedarfe erst
nachgewiesen werden mussten. Die Fachstelle griff viele Bedarfe auf, die im
Arbeitskreis definiert wurden. Die Mitarbeiterinnen entwickelten über die Jahre
eine breite Angebotspalette, die vom Vortrag und der Einzelberatung über die
Begleitung von Gesprächskreisen für pflegende Angehörige, Schulungen von
Ehrenamtlichen für den stundenweisen Helfereinsatz bei Erkrankten zu Hause bis
zum Gruppenbetreuungsangebot für an Demenz Erkrankte reichte. Hier wären noch
viele weitere Angebote zu nennen. Diese Unterstützungsangebote wurden
inzwischen auch von vielen weiteren Institutionen in ein festes
Leistungsangebot übernommen.
2.
Demografische Entwicklung und das Krankheitsbild
Demenz:
Wie in allen westlichen Gesellschaften steigt in Deutschland – damit
auch in Bayern – die Lebenserwartung der Bevölkerung. In der Folge wächst die
Zahl der an Demenz erkrankten Menschen, denn Demenzerkrankungen nehmen mit dem
Alter zu. In der Altersgruppe der über 90-jährigen weist derzeit mehr als jeder
Dritte demenzielle Symptome auf. Wir haben heute bereits 240 000 Menschen in
Bayern, die an Demenz erkrankt sind.
Das Krankheitsbild der Demenz forderte die zunehmende Aufmerksamkeit
aller Professionen, die mit der Versorgung und Betreuung von Senioren betraut
sind. Aus diesem Grund wurde der gerontopsychiatrische Arbeitskreis vor einigen
Jahren in Demenznetzwerk Coburg umbenannt. Es wurde der Fokus verstärkt auf
dieses Thema gelegt.
Demenz bezeichnet ein Syndrom des Abbaus der geistigen
Leistungsfähigkeit, vor allem des Gedächtnisses. Darüber hinaus können
demenzielle Erkrankungen auch viele andere Funktionen betreffen, wie z.B. das
Urteilsvermögen, den Orientierungssinn sowie emotionale und soziale
Fähigkeiten.
3.
Vom Gerontopsychiatrischen Arbeitskreis zum
Demenznetzwerk Coburg
Zielsetzung und Struktur des Demenznetzwerkes Coburg wurden neu
definiert.
3.1.
Ziele
des Demenznetzwerkes Coburg:
- Öffentlichkeitsarbeit (aktiv gegen Tabus
kämpfen, sensibilisieren und informieren, themenbezogene Veranstaltungen
und lokale Aktivitäten planen)
- Bisher Unbeteiligte für das Thema
sensibilisieren (z.B. Schüler, Berufsgruppen)
- Beratung und Unterstützung für
Betroffene und deren Angehörige anbieten
- Austausch der Akteure vor Ort
3.2.
Struktur des Demenznetzwerkes Coburg:
3.2.1 Netzwerkforum:
Alle Netzwerkpartner treffen sich zwei Mal pro Jahr (im Frühjahr und im
Herbst) im Landratsamt Coburg in der großen Runde (Forum), um
- Arbeitsziele zu definieren
- Arbeitsergebnisse mitzuteilen
- Fachlichen Input zu leisten bzw. zu
erfahren
- Zum allgemeinen Austausch
Aus dem Netzwerkforum wird ein Sprecher für die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft des
Standardversorgungsgebietes Coburg/Kronach/Lichtenfels gewählt, deren
Untergruppe das Demenznetzwerk Coburg ist.
3.2.2 Steuerungsgruppe:
Aus dem Forum bildet sich eine kleine Gruppe für die Koordination,
Organisation und Moderation der Arbeit.
- Vorbereitung und Durchführung der
Netzwerkforum-Treffen
- Ansprechpartner für verschiedene
Arbeitsgruppen
3.2.3 Arbeitsebene:
Hier findet die Umsetzung der Einzelmaßnahmen statt. Dazu arbeiten
interessierte Netzwerkpartner in kleineren Arbeitsgruppen. Themenschwerpunkte
werden im Forum festgelegt. Aktuell sind dies:
- AG Schulungen für Berufsgruppen
- Demenzwoche / Welt-Alzheimertag Planung
und Umsetzung
- Das Demenzfreundliche Krankenhaus
3.2.3.1 Bisherige Arbeitsergebnisse:
Es wurde ein Wegweiser für Menschen mit Demenz und deren Angehörige mit
allen Versorgungsangeboten und Beratungsstellen entwickelt und in Stadt und
Landkreis verteilt. Der Wegweiser wird regelmäßig aktualisiert und steht sowohl
in Papierform als auch als Download zur Verfügung.
Auf der Internetseite des Landratsamtes wurde unter www.demenz-netzwerk-coburg.de ebenfalls versucht, die Versorgungslandschaft
vor Ort zu präsentieren.
In Postkartengröße entstanden Pocket-Hilfen, die kurz und knapp bei der Kommunikation
mit Betroffenen unterstützen sollen.
Ein Konzept, um Schulungsangebote für Berufsgruppen anbieten zu können,
die im beruflichen Setting mit Erkrankten zu tun haben (Einzelhandel,
Verwaltung, Busfahrer…) wurde erarbeitet und an Interessierte weitergegeben.
2018 wurde ein Schülerwettbewerb ausgelobt, um das Thema auch im
Schulunterricht zu platzieren.
Mit einer Materialsammlung zur Unterrichtsgestaltung, die in Form eines
sogenannten „Demenzkoffers“ zur Ausleihe für Schulklassen, Jugendgruppen und
auch für die Ehrenamtsarbeit zur Verfügung stehen, soll auch weiterhin die
Möglichkeit bestehen mit den benannten Zielgruppen am Thema zu arbeiten.
Mit der VHS, dem Landestheater, dem Einzelhandel oder Berufsfachschulen wurde
zusammengearbeitet, um immer wieder neue Formen der Öffentlichkeitsarbeit zu
gestalten.
In der Vergangenheit konnten verschiedene Ausstellungen zum Thema präsentiert
werden.
Rund um den Welt-Alzheimertag am 21.September wurden
Veranstaltungsreihen für unterschiedliche Zielgruppen konzipiert. Im Herbst
2019 gab es die erste Bayerische Demenzwoche vom 13. – 22.09.2019, die auch mit
einer Reihe von Veranstaltungsangeboten bedient wurde. Erfreulicherweise
gelingt es immer wieder Netzwerkpartner zu gewinnen, die mit in die Planungs-
und Umsetzungsphase gehen.
Das Demenznetzwerk greift eigenständig in der Region aktuell bestehende
Fragen auf, arbeitet der PSAG und dem Planungs- und Koordinierungsausschuss
zu. Ein bis zweimal jährlich berichtet ein Netzwerksprecher den Mitgliedern
der PSAG von der im Zeitraum geleisteten Arbeit. Die Koordinatorin des
Demenznetzwerkes Coburg arbeitet mit der neu geschaffenen Koordinierungsstelle
Gerontopsychiatrie Oberfranken eng zusammen und nahm an der ersten
Dienstbesprechung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege
zum Thema Demenz in Bayern teil.
In einer Arbeitsgruppe des Netzwerkes wurde
zuletzt das Thema „Demenzfreundliches Krankenhaus“ erörtert. Denn auch
Krankenhäuser müssen sich dieser neuen Herausforderung stellen, da die Zahl der
Patienten mit einer Nebendiagnose Demenz - also nicht dem eigentlichen Anlass
des Krankenhausaufenthaltes - ständig ansteigt.