Sitzung: 12.09.2019 Kreis- und Strategieausschuss
Beschluss: einstimmig
Beschluss:
Öffentliche
Konsultation zum 2. Entwurf des Netzentwicklungsplans 2030 (2019)
a)
Die 10
nachfolgend aufgeführten unverrückbaren Positionen des Landkreises Coburg sind
im Konsultationsverfahren im Rahmen einer Stellungnahme zum 2. Entwurf des
Netzentwicklungsplanes (NEP) 2030 (2019) zu vertreten:
1.
Das
gesamte Coburger Land hat durch zahlreiche Netz- und
Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen bereits einen erheblichen Beitrag zur
innerdeutschen Verknüpfung und Gestaltung der Energiewende geleistet! Eine
weitere Überbündelung solcher
Strukturen durch weitere Stromtrassen durch unsere Region ist unzumutbar und
wird nicht akzeptiert!
2.
Die
Planungen der Übertragungsnetzbetreiber zum Netzentwicklungsplan 2030 sind weder transparent noch berücksichtigen
sie die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Kommunen in ausreichender
Form!
3.
Der
geplante, völlig überdimensionierte
Netzausbau - dessen Notwendigkeit nach wie vor nicht nachgewiesen ist -
bedroht nicht nur die Akzeptanz des weiteren Ausbaus Erneuerbarer Energien,
sondern letztlich die Akzeptanz der Energiewende schlechthin!
4.
Der finanzpolitische Irrsinn weiterer neuer
Trassenplanungen, sei es P44 oder P44mod, ist sofort zu verwerfen!
5.
Aufgrund
zunehmender Gefahr vor Terror und Gewalt
gilt es einer Überbündelung von Infrastrukturmaßnahmen in jedem Falle
entgegenzuwirken, um keine potenziellen Angriffspunkte zu bieten!
6.
Durch
jede weitere Trasse wird die Planungshoheit
und Entwicklungsfähigkeit aller Kommunen in unserer Region existentiell
eingeschränkt, teilweise sogar außer Kraft gesetzt! Diese drohende
Handlungsunfähigkeit unserer Kommunen lassen wir nicht zu!
7.
Dem im
Strukturwandel befindlichen Wirtschaftsraum Coburg drohen durch weitere Trassen
enorme Einschränkungen der dringend notwendigen Gestaltungsfreiheit seiner Gewerbeentwicklungen!
8.
Die
aktuellen Planungen zum weiteren Netzausbau konterkarieren die Errungenschaften
und Bestrebungen der letzten Jahrzehnte, das Coburger Land als Tourismusregion zu etablieren!
9.
Zum
Schutz unserer heimischen Flora und
Fauna verbietet sich eine weitere Trassierung durch das Coburger Land, da
hiermit eine weitere Verschlechterung der naturschutzfachlichen Qualität
unserer Region einhergeht, die letztlich auch die bundesweite Bedeutung des
Naturschutzgroßprojekts „Grünes Band“ in Frage stellt!
10. Gesundheitsbeeinträchtigungen und gravierende Eingriffe in das Eigentumsrecht unserer Landkreisbürger sind durch
die aktuellen Trassenplanungen zu befürchten und werden von uns keinesfalls
hingenommen!
b)
Der
Landkreis Coburg macht sich - zusätzlich zu den durch eigene Erkenntnisse
festgestellten Einwendungen - die von den Städten und Gemeinden im Landkreis
erhobenen gleichgerichteten Einwendungen und Beeinträchtigungen zu Eigen. Er
bringt dies als Gesamtstellungnahme im Verfahren ein.
c)
Der
Landrat wird beauftragt, ergänzende Vorhaben und Aktionen im Sinne der o.g.
Vorgaben zu unterstützen oder selbst zu veranlassen.
Sachverhalt:
In der
Kreistagssitzung vom 21.02.2019 hat sich der Kreistag zuletzt mit der Thematik
„Stromtrassen durch das Coburger Land“ beschäftigt und die Verabschiedung einer
weiteren Stellungnahme im Konsultationsverfahren zum 1. Entwurf des
Netzentwicklungsplans (NEP) Strom 2030 (2019) beschlossen.
Der Entwurf des NEP
wurde daraufhin von den Übertragungsnetzbetreibern überarbeitet und am
15.04.2019 der Bundesnetzagentur als zweiter Entwurf des NEP Strom für die
Zieljahre 2030 und 2035 vorgelegt. Die Bundesnetzagentur hat mit dessen Prüfung
begonnen und konsultiert nun mit dem Entwurf, den vorläufigen
Prüfungsergebnissen sowie dem Entwurf eines Umweltberichts die Öffentlichkeit.
Der NEP 2019-2030
listet die Ausbaumaßnahmen, die für eine sichere Stromversorgung bis zum Jahr
2030 notwendig sein sollen. Erstmals wurde dem aktuellen NEP-Entwurf das Ziel
der Bundesregierung zugrunde gelegt, den Anteil der erneuerbaren Energien bis
2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Um auch dem langfristigen Effekt des
vollständigen Kohleausstiegs Rechnung zu tragen, hat die Bundesnetzagentur
zusätzlich zu den bisherigen Szenarien ein Szenario C 2038 für die Prüfung
verwendet. Um frühzeitig Umweltaspekte in die Planung des Stromnetzausbaus
einzubeziehen, werden im Entwurf des Umweltberichts die voraussichtlichen
erheblichen Umweltauswirkungen bewertet.
Bis zum 16.10.2019
besteht die Möglichkeit, zu den aktuellen Planunterlagen Stellung zu nehmen.
Nach wie vor ist
der Landkreis Coburg durch die aktuellen Netzausbauplanungen betroffen. Während
die Übertragungsnetzbetreiber weiterhin in ihrem 2. Entwurf des NEP sowohl die P44 (Netzverstärkung und
–ausbau zwischen Altenfeld und Grafenrheinfeld)
als auch – alternativ hierzu - die P44 mod. (Netzverstärkung von
Altenfeld über Würgau nach Ludersheim) als erforderliche Maßnahme
identifizieren, begrenzt die Bundesnetzagentur ihre Untersuchung auf die
Vorzugslösung der Übertragungsnetzbetreiber, die P44.
Die
Bundesnetzagentur kommt dabei zu dem Ergebnis, dass sich das Projekt in allen
Szenarien als wirksam und erforderlich erweist und geht daher nach derzeitigem
Stand der Prüfung von einer Bestätigungsfähigkeit der Maßnahme aus.
In den vorläufigen
Prüfungsergebnissen der Bundesnetzagentur ist auch eine
Alternativenuntersuchung enthalten, inwiefern auf die P44 zwischen Schalkau
nach Grafenrheinfeld verzichtet werden kann, wenn nicht nur das Vorhaben P43 in
seiner Ursprungsvariante, sondern auch bereits 2030 die für 2035 vorgesehene
Erweiterung des SüdOstLink von Klein Rogahn nach Isar (DC20) realisiert wird
(SOL-Erweiterung).
Die
Bundesnetzagentur kommt dabei zu dem Ergebnis, dass sich die alternativ
geplante SüdOstLink-Erweiterung als ebenfalls geeignet erweist. Es bedarf
insoweit also – so die Bundesnetzagentur – einer Abwägungsentscheidung, welche
Alternative mit Blick auf Realisierungschancen und Akzeptanz weiter geplant
werden soll, wobei – zugunsten eines Verzichts der P44 – zu berücksichtigen
sein wird, dass beim SüdOstLink bereits zusätzliche Leerrohre gesetzlich
vorgesehen sind.
Der entsprechende Prüfauftrag an die Bundesnetzagentur zur
Alternativenprüfung geht zurück auf den „Vorschlag für Lösung der Netzprobleme
im Dreiländereck Bayern, Hessen und Thüringen“ des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Energie sowie der Energieministerien der Länder Bayern, Hessen
und Thüringen vom 05.06.2019.
Nicht zuletzt vor diesem zeitlichen Horizont dürfte es Verwaltung und
Politik gleichermaßen überraschen, dass aus den aktuell zu konsultierenden
Netzausbauplanungen nicht jedwede weitere Trassenführung durch das Coburger
Land herausgenommen wurde. Schließlich haben bereits Ende Mai/Anfang Juni
verschiedenen Minister und Abgeordnete in den Medien verlautbaren lassen, „dass
weitere Trassen in der Region vom Tische seien“.
Da sich diese Verbindlichkeit in den aktuellen Planunterlagen nicht
wiederfinden lässt, beabsichtigt der Landkreis, auch im Rahmen des aktuellen
Konsultationsverfahrens eine Stellungnahme bezüglich der geplanten 380
kV-Leitung abzugeben. Hierbei gilt weiterhin der Grundsatz, jede denkbare
Betroffenheit vom Landkreis Coburg abzuwenden. Auf Grundlage der 10
unverrückbaren Positionen des Landkreises Coburg soll eine Gesamtstellungnahme
erstellt werden, die den aktuellen Änderungen entsprechend anzupassen ist und
selbstverständlich auch gleichgerichtete Eingaben der Kommunen einbeziehen
soll.