Beschluss: einstimmig

Beschluss:

 

Öffentliche Konsultation zum 2. Entwurf des Netzentwicklungsplans 2030 (2019)

 

a)    Die 10 nachfolgend aufgeführten unverrückbaren Positionen des Landkreises Coburg sind im Konsultationsverfahren im Rahmen einer Stellungnahme zum 2. Entwurf des Netzentwicklungsplanes (NEP) 2030 (2019) zu vertreten:

1.    Das gesamte Coburger Land hat durch zahlreiche Netz- und Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen bereits einen erheblichen Beitrag zur innerdeutschen Verknüpfung und Gestaltung der Energiewende geleistet! Eine weitere Überbündelung solcher Strukturen durch weitere Stromtrassen durch unsere Region ist unzumutbar und wird nicht akzeptiert!

2.    Die Planungen der Übertragungsnetzbetreiber zum Netzentwicklungsplan 2030 sind weder transparent noch berücksichtigen sie die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Kommunen in ausreichender Form!

3.    Der geplante, völlig überdimensionierte Netzausbau - dessen Notwendigkeit nach wie vor nicht nachgewiesen ist - bedroht nicht nur die Akzeptanz des weiteren Ausbaus Erneuerbarer Energien, sondern letztlich die Akzeptanz der Energiewende schlechthin!

4.    Der finanzpolitische Irrsinn weiterer neuer Trassenplanungen, sei es P44 oder P44mod, ist sofort zu verwerfen!

5.    Aufgrund zunehmender Gefahr vor Terror und Gewalt gilt es einer Überbündelung von Infrastrukturmaßnahmen in jedem Falle entgegenzuwirken, um keine potenziellen Angriffspunkte zu bieten!

6.    Durch jede weitere Trasse wird die Planungshoheit und Entwicklungsfähigkeit aller Kommunen in unserer Region existentiell eingeschränkt, teilweise sogar außer Kraft gesetzt! Diese drohende Handlungsunfähigkeit unserer Kommunen lassen wir nicht zu!

7.    Dem im Strukturwandel befindlichen Wirtschaftsraum Coburg drohen durch weitere Trassen enorme Einschränkungen der dringend notwendigen Gestaltungsfreiheit seiner Gewerbeentwicklungen!

8.    Die aktuellen Planungen zum weiteren Netzausbau konterkarieren die Errungenschaften und Bestrebungen der letzten Jahrzehnte, das Coburger Land als Tourismusregion zu etablieren!

9.    Zum Schutz unserer heimischen Flora und Fauna verbietet sich eine weitere Trassierung durch das Coburger Land, da hiermit eine weitere Verschlechterung der naturschutzfachlichen Qualität unserer Region einhergeht, die letztlich auch die bundesweite Bedeutung des Naturschutzgroßprojekts „Grünes Band“ in Frage stellt!

10.  Gesundheitsbeeinträchtigungen und gravierende Eingriffe in das Eigentumsrecht unserer Landkreisbürger sind durch die aktuellen Trassenplanungen zu befürchten und werden von uns keinesfalls hingenommen!

 

b)    Der Landkreis Coburg macht sich - zusätzlich zu den durch eigene Erkenntnisse festgestellten Einwendungen - die von den Städten und Gemeinden im Landkreis erhobenen gleichgerichteten Einwendungen und Beeinträchtigungen zu Eigen. Er bringt dies als Gesamtstellungnahme im Verfahren ein.

 

c)    Der Landrat wird beauftragt, ergänzende Vorhaben und Aktionen im Sinne der o.g. Vorgaben zu unterstützen oder selbst zu veranlassen.

 


Sachverhalt:

 

In der Kreistagssitzung vom 21.02.2019 hat sich der Kreistag zuletzt mit der Thematik „Stromtrassen durch das Coburger Land“ beschäftigt und die Verabschiedung einer weiteren Stellungnahme im Konsultationsverfahren zum 1. Entwurf des Netzentwicklungsplans (NEP) Strom 2030 (2019) beschlossen.

Der Entwurf des NEP wurde daraufhin von den Übertragungsnetzbetreibern überarbeitet und am 15.04.2019 der Bundesnetzagentur als zweiter Entwurf des NEP Strom für die Zieljahre 2030 und 2035 vorgelegt. Die Bundesnetzagentur hat mit dessen Prüfung begonnen und konsultiert nun mit dem Entwurf, den vorläufigen Prüfungsergebnissen sowie dem Entwurf eines Umweltberichts die Öffentlichkeit.

Der NEP 2019-2030 listet die Ausbaumaßnahmen, die für eine sichere Stromversorgung bis zum Jahr 2030 notwendig sein sollen. Erstmals wurde dem aktuellen NEP-Entwurf das Ziel der Bundesregierung zugrunde gelegt, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Um auch dem langfristigen Effekt des vollständigen Kohleausstiegs Rechnung zu tragen, hat die Bundesnetzagentur zusätzlich zu den bisherigen Szenarien ein Szenario C 2038 für die Prüfung verwendet. Um frühzeitig Umweltaspekte in die Planung des Stromnetzausbaus einzubeziehen, werden im Entwurf des Umweltberichts die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen bewertet.

Bis zum 16.10.2019 besteht die Möglichkeit, zu den aktuellen Planunterlagen Stellung zu nehmen.

Nach wie vor ist der Landkreis Coburg durch die aktuellen Netzausbauplanungen betroffen. Während die Übertragungsnetzbetreiber weiterhin in ihrem 2. Entwurf  des NEP sowohl die P44 (Netzverstärkung und –ausbau zwischen Altenfeld und Grafenrheinfeld)  als auch – alternativ hierzu - die P44 mod. (Netzverstärkung von Altenfeld über Würgau nach Ludersheim) als erforderliche Maßnahme identifizieren, begrenzt die Bundesnetzagentur ihre Untersuchung auf die Vorzugslösung der Übertragungsnetzbetreiber, die P44.

Die Bundesnetzagentur kommt dabei zu dem Ergebnis, dass sich das Projekt in allen Szenarien als wirksam und erforderlich erweist und geht daher nach derzeitigem Stand der Prüfung von einer Bestätigungsfähigkeit der Maßnahme aus.

In den vorläufigen Prüfungsergebnissen der Bundesnetzagentur ist auch eine Alternativenuntersuchung enthalten, inwiefern auf die P44 zwischen Schalkau nach Grafenrheinfeld verzichtet werden kann, wenn nicht nur das Vorhaben P43 in seiner Ursprungsvariante, sondern auch bereits 2030 die für 2035 vorgesehene Erweiterung des SüdOstLink von Klein Rogahn nach Isar (DC20) realisiert wird (SOL-Erweiterung).

Die Bundesnetzagentur kommt dabei zu dem Ergebnis, dass sich die alternativ geplante SüdOstLink-Erweiterung als ebenfalls geeignet erweist. Es bedarf insoweit also – so die Bundesnetzagentur – einer Abwägungsentscheidung, welche Alternative mit Blick auf Realisierungschancen und Akzeptanz weiter geplant werden soll, wobei – zugunsten eines Verzichts der P44 – zu berücksichtigen sein wird, dass beim SüdOstLink bereits zusätzliche Leerrohre gesetzlich vorgesehen sind.

 

 

Der entsprechende Prüfauftrag an die Bundesnetzagentur zur Alternativenprüfung geht zurück auf den „Vorschlag für Lösung der Netzprobleme im Dreiländereck Bayern, Hessen und Thüringen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie der Energieministerien der Länder Bayern, Hessen und Thüringen vom 05.06.2019.

 

Nicht zuletzt vor diesem zeitlichen Horizont dürfte es Verwaltung und Politik gleichermaßen überraschen, dass aus den aktuell zu konsultierenden Netzausbauplanungen nicht jedwede weitere Trassenführung durch das Coburger Land herausgenommen wurde. Schließlich haben bereits Ende Mai/Anfang Juni verschiedenen Minister und Abgeordnete in den Medien verlautbaren lassen, „dass weitere Trassen in der Region vom Tische seien“.

 

Da sich diese Verbindlichkeit in den aktuellen Planunterlagen nicht wiederfinden lässt, beabsichtigt der Landkreis, auch im Rahmen des aktuellen Konsultationsverfahrens eine Stellungnahme bezüglich der geplanten 380 kV-Leitung abzugeben. Hierbei gilt weiterhin der Grundsatz, jede denkbare Betroffenheit vom Landkreis Coburg abzuwenden. Auf Grundlage der 10 unverrückbaren Positionen des Landkreises Coburg soll eine Gesamtstellungnahme erstellt werden, die den aktuellen Änderungen entsprechend anzupassen ist und selbstverständlich auch gleichgerichtete Eingaben der Kommunen einbeziehen soll.