Sitzung: 09.07.2019 Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport
Beschluss: geändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 12, Nein: 0
Dem Kreistag
wird empfohlen, der vorliegenden Ausbauplanung - ergänzt um die verpflichtende
finanzielle Beteiligung des Sachaufwandsträgers der jeweiligen Schule - für die
Jugendsozialarbeit an Schulen zuzustimmen.
Grundlage der staatlichen Förderung sind
Richtlinien, die je Vollzeitstelle einen Zuschuss in Höhe von 16.360 € im Jahr
vorsehen. Zurzeit werden die Richtlinien überarbeitet. Ob dabei die
ursprünglich angekündigte Anhebung der staatlichen Förderung stattfindet, ist
nach aktuellen Informationen unklar.
Die gesetzliche Grundlage für die
Jugendsozialarbeit an Schulen findet sich im § 13 SGB VIII, Abs 1 …
Jungen Menschen, die zum Ausgleich
sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung
individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf
Unterstützung angewiesen sind,
sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische
Hilfen angeboten werden, die ihre schulische … Ausbildung, … und ihre soziale Integration fördern.
… und setzt als Jugendhilfe direkt im
Lebensumfeld Schule an. Schüler*innen sind die unmittelbare oder mittelbare
Zielgruppe. Eltern, Familie und Wohnumfeld werden im Bedarfsfall einbezogen,
sind aber nicht Mittelpunkt der Unterstützung.
Ist der Hilfebedarf allein über die individuelle Beratung oder
sozialpädagogische Gruppenarbeit in der Schule nicht zu lösen, wird der
aufwändigere Unterstützungsbedarf an den ASD weiter gegeben. Dieser ist für die
Einleitung und Begleitung erzieherischer Hilfen zuständig, nimmt die
Garantenstellung bei Kindeswohlgefährdung wahr, kann über die Inobhutnahme in
elterliche Rechte eingreifen, sichert die Jugendgerichtshilfe, etc. Sein Fokus
sind die Familien und der Sozialraum.
JaS ist die intensivste Form der
Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule.
Mit Stand 01.01.2019 ist JaS mit 940
Vollzeitäquivalenten in Bayern an 1.255 Schulen tätig.
In Oberfranken sind entsprechende Stellen an 113 Schulen geschaffen, und JaS
ist inzwischen an 80% der oberfränkischen Mittelschulen im Einsatz.
JaS im Landkreis Coburg
Der Landkreis Coburg nimmt an dem
Förderprogramm seit 2009 teil.
Mit jeweils 0,5 Stellen erfolgte der Einstieg zum 01.09.2009 an der
Heinrich-Schaumberger-Schule, der Glockenbergschule und an der Mittelschule Am
Moos in Neustadt, jeweils in Trägerschaft des Landkreises Coburg.
Mit Beschluss vom 15.07.2014 fand eine Ausweitung auf die Mittelschule Oeslau
in Rödental und die Grundschule An der Heubischer Straße in Neustadt statt. Die
Trägerschaft übernahmen die EJOTT und der Caritasverband.
Der Landkreis Coburg ist Schlusslicht bei
der Ausstattung mit JaS an den Schulen in Oberfranken. Im Vergleich zu den o.g.
oberfränkischen Zahlen ist JaS aktuell an zwei von sieben Mittelschulen (=28%)
tätig. Der Ausschuss Jugend und Familie befasste sich in seiner Sitzung am
21.05.2019 mit diesem Thema und beauftragte die Verwaltung, einen möglichen
schrittweisen Ausbauplan zu erarbeiten und vorzulegen.
Der jetzt vorliegende Entwurf wurde in
Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Bildung, Kultur und Sport entwickelt.
Zugrunde gelegt wurden dabei Schülerzahlen, Daten zu Fehlzeiten an den Schulen,
erfolgreiche Bildungsabschlüsse sowie sozialräumliche –und nach Schulsprengeln
oder den Wohnorten der Schüler*innen ausgewertete- Belastungsindikatoren zu
Alleinerziehenden, Armut, Hilfebedarf und Jugendkriminalität.
Das Datenmaterial wurde ergänzt um qualitative Bewertungen der Fachleute aus
beiden Bereichen.
Was sind Belastungsindikatoren nicht, und
was können sie?
Belastungsindikatoren sind keine absoluten
Zahlen.
Sie sind planerische Werte auf der Grundlage einer Indexierung, die zulässt,
auch völlig unterschiedliche Gebiete im Landkreis vergleichen zu können.
Eine so erfolgte Auswertung trifft keine
qualitative Aussage über die jeweilige Schule. Sie spiegelt belastende
Einflussgrößen auf z.B. eine Schule wieder.
Vorschlag Ausbauplanung
1.)
Der Einsatz von JaS hat an Mittelschulen die
höchste Priorität, gefolgt von Wirtschafts-,
Berufsfachschule und Realschulen. An Platz 3 rangieren die Grundschulen.
Abweichungen davon bedürfen der Begründung.
2.)
Die bisherige Praxis im Landkreis Coburg
war, JaS im Umfang einer 0,5 Vollzeitstelle einzurichten. Die Schülerzahlen an
diesen Schulen lagen dabei bei 220 bis 280 Schüler*innen.
Die Schulen mit JaS im Landkreis melden immer wieder an, dass der
Personaleinsatz ausgeweitet werden müsse. Nach bisherigen Erfahrungen und
Auswertungen ist die bestehende Ausstattung
bedarfsgerecht und weicht auch nicht von anderen Schulen ab.
3.)
Jährlich wird an drei neuen Schulen der
JaS-Ausbau umgesetzt. Voraussetzung ist, dass die jeweils zur Umsetzung
anstehende Schule im zurückliegenden Schuljahr das Projekt COole Schule durchlaufen hat, in dem Fachleute aus dem Jugendhilfe-
und dem Bildungsbereich die Schule besuchen, dort hospitieren, um die dabei
gewonnenen Erkenntnisse auch[1] in
die konkrete Bedarfsfeststellung durch den Ausschuss Jugend und Familie
einfließen zu lassen. Die Terminierung zur Durchführung von COole Schule erfolgt spätestens im
Oktober des Vorjahres.
4.)
JaS ist das Jugendamt in der Schule und
sollte als solches auch durch das Amt für Jugend und Familie durchgeführt
werden. Davon soll zur Vermeidung zusätzlicher Schnittstellen nur dann
abgewichen werden, wenn ein freier Träger an der Schule Schulsozialpädagogik
anbietet und dieser Träger auch bereit ist, JaS zu übernehmen. Dies trifft auf
die Mittelschulen in Ebersdorf und Sonnefeld zu, an denen EJOTT tätig ist.
5.)
z. Zt. ergibt sich folgende
Ausbaureihenfolge
September 2020
Mittelschule Bad Rodach
Mittelschule Sonnefeld
Mittelschule Ebersdorf
An den Schulen in Bad Rodach und in
Sonnefeld ergibt die Datenauswertung in der Summe einen gleichrangigen
Handlungsbedarf. Die Belastungsindikatoren sind hier summarisch am höchsten.
Ebersdorf folgt dahinter auf Platz 3 der Datenauswertung.
September 2021
Mittelschule Lautertal
Staatliche Realschule Neustadt
Berufsfachschulen für Versorgung und Ernährung und für Kinderpflege
An 4. Stelle unter den Mittelschulen, die
mit JaS auszustatten wären, ist Lautertal. Im Unterschied zu den Lautertaler
Daten, die einen hohen, und im übrigen Werte im mittleren Bereich ergaben,
waren die Indikatoren für die Mittelschule Untersiemau alle auf dem letzten
Platz des Landkreisvergleichs.
Deshalb wurden bei der weiteren Auswertung
bereits jetzt –abweichend von der Priorisierung der Mittelschulen- die Daten
aus den Realschulen, der Wirtschaftsschule und der Berufsfachschulen für
Ernährung und Versorgung und für Kinderpflege einbezogen.
Im direkten Vergleich ist festzustellen,
dass die Schüler*innen aus der Wirtschaftsschule und der Berufsfachschulen aus
dem ganzen Landkreis verteilt stammen, d. h die sozialräumlichen
Belastungsindikatoren, die insbesondere über den Hilfebedarf ein deutliches
Indiz darstellen, sind nicht anwendbar. Das sieht anders bei den Realschulen
aus.
Die Schüler*innen der Realschule Neustadt kommen aus 6 Städten und Gemeinden,
von denen 4 im summarischen Vergleich aller Indikatoren die ersten Plätze
einnehmen. Das Gleiche gilt, wenn man ausschließlich den Indikator Hilfebedarf
zugrunde legt.
Bei den Berufsfachschulen für Ernährung und
Versorgung und für Kinderpflege spielen andere Erhebungen eine Rolle.
Sozialräumliche Belastungsindikatoren sind aufgrund der Verteilung und
Schüler*innenzahl nicht aussagefähig. Der Schulleiter teilt aber in seinem
Antrag mit, dass „… die Schüler*innen in ihrem Lernverhalten stark
eingeschränkt sind.“ Sowohl im Bildungs- als auch im Jugendhilfebereich kommt
an, dass sich die Schüler*innen minderwertig sehen, von „Puddingkochschule“
sprechen und wenig Motivation zeigen. Das würde die Fehlzeiten an dieser Schule
erklären, die im Vergleich aller Landkreisschulen am höchsten ist.
September 2022
Staatliche Wirtschaftsschule
Mittelschule Untersiemau
Staatliche Realschule CO II
In der 3. Ausbaustufe ist der landkreisweite
Vergleich nicht mehr hilfreich und aussagefähig. Hier sind andere Indikatoren
anzusetzen, die den Bedarf an JaS aufzeigen:
In der Wirtschaftsschule weist der Fehlzeitenvergleich
einen hohen Wert aus. Das kann seine Ursache in der Schulverweigerung haben; es
kann aber auch durch ein oder zwei langzeiterkrankte Schüler*innen erklärt
werden. Die Ursache der Fehlzeit wird nicht mit erfasst. In der Kombination mit
den inhaltlichen Rückmeldungen aus der Schule und dem ASD lässt sich aber der
Handlungsbedarf ableiten.
Die Schule teilte in ihrem Antragsschreiben aus JaS mit, dass die Hälfte der
Schüler*innen mit einem alleinerziehenden Elternteil zusammenlebt und eine
mangelnde Sprach- und Lesekompetenz und ein schwieriges Sozialverhalten ein
großes Problem darstellt. Der ASD bestätigt diese Beschreibung.
Die Einrichtung von JaS an der Wirtschaftsschule setzt voraus, dass die für die
Schule zuständige Stadt Coburg JaS einrichtet, wobei der Landkreis dabei
entsprechend der Herkunft der Schüler*innen eine 0,5 Vollzeitstelle
bezuschusst.
Die Mittelschule in Untersiemau ist nunmehr
als letzte Mittelschule in den Ausbauplan mit aufzunehmen. Gleiches gilt für
die Staatliche Realschule CO II.
Zum jetzigen Zeitpunkt einen
darüberhinausgehenden Ausbauplan, der z.B. die Grundschulen mit einbezieht, zu
entwickeln, macht keinen Sinn. Unstrittig besteht auch hier der Bedarf, dass
sozialpädagogische Fachkräfte im schulischen Milieu unterstützen. Ob dies über
JaS oder Schulsozialpädagogik und in welcher Priorisierung abzuhandeln ist, ist
mit aktuellerem Zahlenmaterial 2023 zu klären.
Auf der Grundlage der bereits benannten
Datenlage würde aktuell Handlungsbedarf in folgender Reihung bestehen:
GS Wildenheid-Haarbrücken
GS Weidhausen
GS Dörfles-Esbach
GS in Rödental
GS Bad Rodach.
6.)
Generell gilt:
Für jede Schule ist, sollte sie COole Schule
durchlaufen haben, vor der Einrichtung von JaS der Bedarf jeweils durch den
Ausschuss für Jugend und Familie festzustellen.
Und die Einrichtung von JaS ist nur möglich,
wenn der staatliche Zuschuss beantragt und positiv beschieden wurde.
Sonderfall Berufsschulen
An der Berufsschule I ist die Stadt Coburg
„in Vorleistung gegangen“ und hat vor 2 Jahren eine Vollzeitstelle JaS
eingerichtet, an der Berufsschule II existiert noch kein entsprechendes
Angebot. Beide Schulen haben sowohl bei der Stadt als auch beim Landkreis einen
(Ausbau)Bedarf angemeldet.
Hinsichtlich der Berufsschule I besteht
–unter Berücksichtigung, dass hier die JoA-Klassen angesiedelt sind- eindeutig
Bedarf. Unter Berücksichtigung der Schülerzahlen (1544 Schüler*innen, davon 581
aus dem Landkreis) muss auch nicht vom bisherigen Erfahrungswert, dass eine 0,5
Stelle bedarfsgerecht ist, abgewichen werden. Vorgeschlagen wird hier, dass der
Landkreis Coburg ab dem Haushaltsjahr 2020 eine halbe Stelle bezuschusst.
Bei der Berufsschule II wird dieser Bedarf
z.Zt. nicht gesehen.
[1] Die Ergebnisse aus COole
Schule werden bislang ausschließlich an das jeweilige Schulforum
zurückgemeldet, um Anregungen und Handlungsbedarfe im System Schule aufgreifen
zu können.
Aus der Beratung:
Von den drei
möglichen Varianten im Beschlussvorschlag, wird der Option zwei mit einer
Ergänzung im Beschlusstext zugestimmt.
Angelika Sachtleben
informiert die Ausschuss-Mitglieder, dass die vorliegende Beschlussfassung sich
ausschließlich auf eine Prioritätenliste mit Grundlage einer Bedarfsanalyse
bezieht.
Für den Ausbau von
JaS wurden Planungen bis 2023 angesetzt. Die Belastungsindikatoren können
jedoch nicht im Voraus auf vier Jahre festgestellt werden. Konkret kann gesagt
werden, dass für das nächste Jahr keine Korrekturen notwendig sind, da die
Indikatoren sich nicht so schnell verändern; ansonsten ist der Abgleich immer
neu vorzunehmen, zu korrigieren und anzupassen.
Auch können
Konzeptänderungen eintreten z. B. wenn ein größerer Handlungsbedarf an einer
Schule festgestellt wird, als in der Reihung vorgesehen.
Eine Reihung mit
der Prioritätensetzung ist nicht unumstößlich, weil klar ist, dass jede
einzelne JaS-Stelle hier neu beschlossen werden muss.
Einzig im Haushalts-
und Stellenplan müssen jedes Jahr bereits frühzeitig und vorsorglich entsprechende
Stellen eingeplant werden.