Beschluss: geändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 12, Nein: 0

Dem Kreistag wird empfohlen, der vorliegenden Ausbauplanung - ergänzt um die verpflichtende finanzielle Beteiligung des Sachaufwandsträgers der jeweiligen Schule - für die Jugendsozialarbeit an Schulen zuzustimmen.


JaS – Jugendsozialarbeit an Schulen ist, nach einer Modellphase ab 1999, seit 2002 ein laufendes Förderprogramm des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS). 2009 beschloss das Bayerische Kabinett den Ausbau auf 1.000 Stellen.

Grundlage der staatlichen Förderung sind Richtlinien, die je Vollzeitstelle einen Zuschuss in Höhe von 16.360 € im Jahr vorsehen. Zurzeit werden die Richtlinien überarbeitet. Ob dabei die ursprünglich angekündigte Anhebung der staatlichen Förderung stattfindet, ist nach aktuellen Informationen unklar.

Die gesetzliche Grundlage für die Jugendsozialarbeit an Schulen findet sich im § 13 SGB VIII, Abs 1 …
           
            Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur           Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf
            Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendhilfe            sozialpädagogische Hilfen angeboten werden, die ihre schulische … Ausbildung,          und ihre soziale Integration fördern.

 

… und setzt als Jugendhilfe direkt im Lebensumfeld Schule an. Schüler*innen sind die unmittelbare oder mittelbare Zielgruppe. Eltern, Familie und Wohnumfeld werden im Bedarfsfall einbezogen, sind aber nicht Mittelpunkt der Unterstützung.
Ist der Hilfebedarf allein über die individuelle Beratung oder sozialpädagogische Gruppenarbeit in der Schule nicht zu lösen, wird der aufwändigere Unterstützungsbedarf an den ASD weiter gegeben. Dieser ist für die Einleitung und Begleitung erzieherischer Hilfen zuständig, nimmt die Garantenstellung bei Kindeswohlgefährdung wahr, kann über die Inobhutnahme in elterliche Rechte eingreifen, sichert die Jugendgerichtshilfe, etc. Sein Fokus sind die Familien und der Sozialraum.

 

JaS ist die intensivste Form der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule.

Mit Stand 01.01.2019 ist JaS mit 940 Vollzeitäquivalenten in Bayern an 1.255 Schulen tätig.
In Oberfranken sind entsprechende Stellen an 113 Schulen geschaffen, und JaS ist inzwischen an 80% der oberfränkischen Mittelschulen im Einsatz.

JaS im Landkreis Coburg

 

Der Landkreis Coburg nimmt an dem Förderprogramm seit 2009 teil.
Mit jeweils 0,5 Stellen erfolgte der Einstieg zum 01.09.2009 an der Heinrich-Schaumberger-Schule, der Glockenbergschule und an der Mittelschule Am Moos in Neustadt, jeweils in Trägerschaft des Landkreises Coburg.
Mit Beschluss vom 15.07.2014 fand eine Ausweitung auf die Mittelschule Oeslau in Rödental und die Grundschule An der Heubischer Straße in Neustadt statt. Die Trägerschaft übernahmen die EJOTT und der Caritasverband.

Der Landkreis Coburg ist Schlusslicht bei der Ausstattung mit JaS an den Schulen in Oberfranken. Im Vergleich zu den o.g. oberfränkischen Zahlen ist JaS aktuell an zwei von sieben Mittelschulen (=28%) tätig. Der Ausschuss Jugend und Familie befasste sich in seiner Sitzung am 21.05.2019 mit diesem Thema und beauftragte die Verwaltung, einen möglichen schrittweisen Ausbauplan zu erarbeiten und vorzulegen.

Der jetzt vorliegende Entwurf wurde in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Bildung, Kultur und Sport entwickelt. Zugrunde gelegt wurden dabei Schülerzahlen, Daten zu Fehlzeiten an den Schulen, erfolgreiche Bildungsabschlüsse sowie sozialräumliche –und nach Schulsprengeln oder den Wohnorten der Schüler*innen ausgewertete- Belastungsindikatoren zu Alleinerziehenden, Armut, Hilfebedarf und Jugendkriminalität.
Das Datenmaterial wurde ergänzt um qualitative Bewertungen der Fachleute aus beiden Bereichen.

 

Was sind Belastungsindikatoren nicht, und was können sie?

 

Belastungsindikatoren sind keine absoluten Zahlen.
Sie sind planerische Werte auf der Grundlage einer Indexierung, die zulässt, auch völlig unterschiedliche Gebiete im Landkreis vergleichen zu können. 

Eine so erfolgte Auswertung trifft keine qualitative Aussage über die jeweilige Schule. Sie spiegelt belastende Einflussgrößen auf z.B. eine Schule wieder.

 

Vorschlag Ausbauplanung

 

1.)

 

Der Einsatz von JaS hat an Mittelschulen die höchste Priorität, gefolgt von Wirtschafts-,  Berufsfachschule und Realschulen. An Platz 3 rangieren die Grundschulen. Abweichungen davon bedürfen der Begründung.

 

2.)

 

Die bisherige Praxis im Landkreis Coburg war, JaS im Umfang einer 0,5 Vollzeitstelle einzurichten. Die Schülerzahlen an diesen Schulen lagen dabei bei 220 bis 280 Schüler*innen.
Die Schulen mit JaS im Landkreis melden immer wieder an, dass der Personaleinsatz ausgeweitet werden müsse. Nach bisherigen Erfahrungen und Auswertungen ist die bestehende Ausstattung  bedarfsgerecht und weicht auch nicht von anderen Schulen ab.

 

3.)

 

Jährlich wird an drei neuen Schulen der JaS-Ausbau umgesetzt. Voraussetzung ist, dass die jeweils zur Umsetzung anstehende Schule im zurückliegenden Schuljahr das Projekt COole Schule durchlaufen hat, in dem Fachleute aus dem Jugendhilfe- und dem Bildungsbereich die Schule besuchen, dort hospitieren, um die dabei gewonnenen Erkenntnisse auch[1] in die konkrete Bedarfsfeststellung durch den Ausschuss Jugend und Familie einfließen zu lassen. Die Terminierung zur Durchführung von COole Schule erfolgt spätestens im Oktober des Vorjahres.

 

4.)

 

JaS ist das Jugendamt in der Schule und sollte als solches auch durch das Amt für Jugend und Familie durchgeführt werden. Davon soll zur Vermeidung zusätzlicher Schnittstellen nur dann abgewichen werden, wenn ein freier Träger an der Schule Schulsozialpädagogik anbietet und dieser Träger auch bereit ist, JaS zu übernehmen. Dies trifft auf die Mittelschulen in Ebersdorf und Sonnefeld zu, an denen EJOTT tätig ist.

 

5.)

 

z. Zt. ergibt sich folgende Ausbaureihenfolge

September 2020

 

Mittelschule Bad Rodach
Mittelschule Sonnefeld
Mittelschule Ebersdorf

An den Schulen in Bad Rodach und in Sonnefeld ergibt die Datenauswertung in der Summe einen gleichrangigen Handlungsbedarf. Die Belastungsindikatoren sind hier summarisch am höchsten. Ebersdorf folgt dahinter auf Platz 3 der Datenauswertung.

 

September 2021

 

Mittelschule Lautertal
Staatliche Realschule Neustadt
Berufsfachschulen für Versorgung und Ernährung und für Kinderpflege

An 4. Stelle unter den Mittelschulen, die mit JaS auszustatten wären, ist Lautertal. Im Unterschied zu den Lautertaler Daten, die einen hohen, und im übrigen Werte im mittleren Bereich ergaben, waren die Indikatoren für die Mittelschule Untersiemau alle auf dem letzten Platz des Landkreisvergleichs.

Deshalb wurden bei der weiteren Auswertung bereits jetzt –abweichend von der Priorisierung der Mittelschulen- die Daten aus den Realschulen, der Wirtschaftsschule und der Berufsfachschulen für Ernährung und Versorgung und für Kinderpflege einbezogen.

Im direkten Vergleich ist festzustellen, dass die Schüler*innen aus der Wirtschaftsschule und der Berufsfachschulen aus dem ganzen Landkreis verteilt stammen, d. h die sozialräumlichen Belastungsindikatoren, die insbesondere über den Hilfebedarf ein deutliches Indiz darstellen, sind nicht anwendbar. Das sieht anders bei den Realschulen aus.
Die Schüler*innen der Realschule Neustadt kommen aus 6 Städten und Gemeinden, von denen 4 im summarischen Vergleich aller Indikatoren die ersten Plätze einnehmen. Das Gleiche gilt, wenn man ausschließlich den Indikator Hilfebedarf zugrunde legt.

Bei den Berufsfachschulen für Ernährung und Versorgung und für Kinderpflege spielen andere Erhebungen eine Rolle. Sozialräumliche Belastungsindikatoren sind aufgrund der Verteilung und Schüler*innenzahl nicht aussagefähig. Der Schulleiter teilt aber in seinem Antrag mit, dass „… die Schüler*innen in ihrem Lernverhalten stark eingeschränkt sind.“ Sowohl im Bildungs- als auch im Jugendhilfebereich kommt an, dass sich die Schüler*innen minderwertig sehen, von „Puddingkochschule“ sprechen und wenig Motivation zeigen. Das würde die Fehlzeiten an dieser Schule erklären, die im Vergleich aller Landkreisschulen am höchsten ist.

 

 

September 2022

 

Staatliche Wirtschaftsschule
Mittelschule Untersiemau
Staatliche Realschule CO II

 

In der 3. Ausbaustufe ist der landkreisweite Vergleich nicht mehr hilfreich und aussagefähig. Hier sind andere Indikatoren anzusetzen, die den Bedarf an JaS aufzeigen:

In der Wirtschaftsschule weist der Fehlzeitenvergleich einen hohen Wert aus. Das kann seine Ursache in der Schulverweigerung haben; es kann aber auch durch ein oder zwei langzeiterkrankte Schüler*innen erklärt werden. Die Ursache der Fehlzeit wird nicht mit erfasst. In der Kombination mit den inhaltlichen Rückmeldungen aus der Schule und dem ASD lässt sich aber der Handlungsbedarf ableiten.
Die Schule teilte in ihrem Antragsschreiben aus JaS mit, dass die Hälfte der Schüler*innen mit einem alleinerziehenden Elternteil zusammenlebt und eine mangelnde Sprach- und Lesekompetenz und ein schwieriges Sozialverhalten ein großes Problem darstellt. Der ASD bestätigt diese Beschreibung.
Die Einrichtung von JaS an der Wirtschaftsschule setzt voraus, dass die für die Schule zuständige Stadt Coburg JaS einrichtet, wobei der Landkreis dabei entsprechend der Herkunft der Schüler*innen eine 0,5 Vollzeitstelle bezuschusst.

 

Die Mittelschule in Untersiemau ist nunmehr als letzte Mittelschule in den Ausbauplan mit aufzunehmen. Gleiches gilt für die Staatliche Realschule CO II.

 

Zum jetzigen Zeitpunkt einen darüberhinausgehenden Ausbauplan, der z.B. die Grundschulen mit einbezieht, zu entwickeln, macht keinen Sinn. Unstrittig besteht auch hier der Bedarf, dass sozialpädagogische Fachkräfte im schulischen Milieu unterstützen. Ob dies über JaS oder Schulsozialpädagogik und in welcher Priorisierung abzuhandeln ist, ist mit aktuellerem Zahlenmaterial 2023 zu klären.

Auf der Grundlage der bereits benannten Datenlage würde aktuell Handlungsbedarf in folgender Reihung bestehen:

GS Wildenheid-Haarbrücken
GS Weidhausen

GS Dörfles-Esbach
GS in Rödental
GS Bad Rodach.

 

6.)       

 

Generell gilt:

Für jede Schule ist, sollte sie COole Schule durchlaufen haben, vor der Einrichtung von JaS der Bedarf jeweils durch den Ausschuss für Jugend und Familie festzustellen.

Und die Einrichtung von JaS ist nur möglich, wenn der staatliche Zuschuss beantragt und positiv beschieden wurde.

 

 

Sonderfall Berufsschulen

An der Berufsschule I ist die Stadt Coburg „in Vorleistung gegangen“ und hat vor 2 Jahren eine Vollzeitstelle JaS eingerichtet, an der Berufsschule II existiert noch kein entsprechendes Angebot. Beide Schulen haben sowohl bei der Stadt als auch beim Landkreis einen (Ausbau)Bedarf angemeldet.

Hinsichtlich der Berufsschule I besteht –unter Berücksichtigung, dass hier die JoA-Klassen angesiedelt sind- eindeutig Bedarf. Unter Berücksichtigung der Schülerzahlen (1544 Schüler*innen, davon 581 aus dem Landkreis) muss auch nicht vom bisherigen Erfahrungswert, dass eine 0,5 Stelle bedarfsgerecht ist, abgewichen werden. Vorgeschlagen wird hier, dass der Landkreis Coburg ab dem Haushaltsjahr 2020 eine halbe Stelle bezuschusst.

 

Bei der Berufsschule II wird dieser Bedarf z.Zt. nicht gesehen.

 



[1] Die Ergebnisse aus COole Schule werden bislang ausschließlich an das jeweilige Schulforum zurückgemeldet, um Anregungen und Handlungsbedarfe im System Schule aufgreifen zu können.


Aus der Beratung:

Von den drei möglichen Varianten im Beschlussvorschlag, wird der Option zwei mit einer Ergänzung im Beschlusstext zugestimmt.

 

Angelika Sachtleben informiert die Ausschuss-Mitglieder, dass die vorliegende Beschlussfassung sich ausschließlich auf eine Prioritätenliste mit Grundlage einer Bedarfsanalyse bezieht.

 

Für den Ausbau von JaS wurden Planungen bis 2023 angesetzt. Die Belastungsindikatoren können jedoch nicht im Voraus auf vier Jahre festgestellt werden. Konkret kann gesagt werden, dass für das nächste Jahr keine Korrekturen notwendig sind, da die Indikatoren sich nicht so schnell verändern; ansonsten ist der Abgleich immer neu vorzunehmen, zu korrigieren und anzupassen.

 

Auch können Konzeptänderungen eintreten z. B. wenn ein größerer Handlungsbedarf an einer Schule festgestellt wird, als in der Reihung vorgesehen.

Eine Reihung mit der Prioritätensetzung ist nicht unumstößlich, weil klar ist, dass jede einzelne JaS-Stelle hier neu beschlossen werden muss.

 

Einzig im Haushalts- und Stellenplan müssen jedes Jahr bereits frühzeitig und vorsorglich entsprechende Stellen eingeplant werden.