Sachverhalt:

 

Zum aktuellen Stand in der Kinderbetreuung im Landkreis Coburg

 

Im Februar diesen Jahres zeichnete sich ab, dass zum Beginn des neuen Kindergartenjahres im September keine bedarfsdeckenden Betreuungsplätze im Landkreis Coburg zur Verfügung stehen.

Die punktgenaue Bezifferung des Bedarfs scheitert daran, dass es weder eine zentrale Erfassung gibt, noch ein Abgleich der Anmeldedaten datenschutzrechtlich zulässig ist. Insofern muss die Kalkulation auf der Grundlage von Erfahrungswerten erfolgen. Zur Zeit wird von        fehlenden Plätzen ausgegangen.

Betroffen sind hiervon Plätze in allen Altersstufen, wobei der Anteil an benötigten Betreuungsangeboten im Krippenalter deutlich höher ist.

 

Am 26.03.2019 hatte der Landrat deshalb die Bürgermeister der Städte und Gemeinden zu einem Gespräch eingeladen, um zu klären, wie eine gemeinsame Vorgehensweise aussehen kann.

Ursachen

Bislang haben die Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahren stets ausgebaut, angebaut, weiter entwickelt und erzielten bundes- und bayernweit Spitzenwerte in der Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen. Warum also tritt plötzlich ein Engpass auf? Die Ursachen haben völlig unterschiedliche Bedingungsfaktoren:

 

Krippenkinder

·         Inanspruchnahme von Betreuungsplätzen

Bei Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz im August 2013 ist planerisch von einer Inanspruchnahme durch ca. 1/3 aller 1 bis 3jährigen Kinder ausgegangen worden.
Dem Bildungsmonitoring konnte entnommen werden, dass 2018 bereits ca. 56% aller 1-3jährigen im Landkreis mit einem Krippenplatz versorgt sind, lag da also bereits deutlich über den ursprünglichen Prognosen – und dabei ist es nicht geblieben.
Diese Quote hat sich laut Rückmeldung der Städte und Gemeinden weiter nach oben verschoben.

·         Planungszeiträume bei der Schaffung von Plätzen

Der Rechtsanspruch gilt uneingeschränkt ab dem vollendeten 1. Lebensjahr eines Kindes bzw. bei unter 1jährigen Kindern bei vorliegender Erwerbstätigkeit der Eltern nach Ablauf der Mutterschutzfrist.
Verlässliche Planungsdaten, z.B. über die Geburtenzahlen, liegen den Städten und Gemeinden aber erst nach der Geburt vor. Bei einem Anstieg der Geburten von einem Jahr auf das nächste ist es planungstechnisch ausgeschlossen, neue Gruppen zu schaffen. Ein realistischer Planungszeitraum für Neu- oder Erweiterungsbauten beträgt ca. 3 Jahre. 

 

Das Wissen um den tatsächlichen (nicht den möglichen!) Bedarf und die Realisierung von entsprechenden Platzangeboten klaffen damit auseinander.

 

Krippen- und Kindergartenkinder

·         Mehr Kinder


Die Zahl der im Betreuungsbereich zu versorgenden Kinder ist wg. höherer Geburtenzahlen, Zuzug von Familien und Flüchtlingsfamilien in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. In den vergangenen 5 Jahren stieg lt. Bildungsmonitoring in Stadt und Landkreis Coburg die Anzahl der unter 3jährigen um 16,7% (absolut 463), der Anteil der 3 bis unter 6jährigen um 13% (= 739 Kinder) an. Daraus folgt, dass selbst bei gleichbleibendem Inanspruchnahmeverhalten von Eltern ein Ausbaubedarf besteht. Und dieser ist durchaus erheblich, wenn man berücksichtigt, dass in einer Krippengruppe 12, in einer Kindergartengruppe 25 Kinder betreut werden.

 

Kindergartenkinder

 

·         Flexibilisierung der Einschulung

Eltern können ab diesem Schuljahr darüber entscheiden, ob ihre zwischen dem 30.06. und 30.09. sechs Jahre alt werdenden Kinder vom Schulbesuch zurückgestellt wird und ein weiteres Jahr den Kindergarten besuchen. Plätze die planerisch mit Neuaufnahmen belegt werden sollten, stehen damit z.T. nicht zur Verfügung.

 

Rahmenbedingungen

 

·         Neue Einrichtungen bedeuten für jeden Träger eine Investition 7stelligen Bereich. Deshalb erfolgt hier auch eine staatliche Förderung. Die reguläre Förderung beläuft sich auf ca. 50%, die über ein befristetes Sonderprogramm aufgestockt werden kann, wenn ausreichend Mittel verfügbar sind. Grundlage für jede Förderung ist ein sogenanntes Summenraumprogramm, in dem Räume und ihre Flächen aufgelistet sind.
Dieses Summenraumprogramm wurde im Oktober 2018 modifiziert und –vor allem- erweitert. Planungen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen vorlagen, mussten damit neu beginnen, z.T. diese auch nicht mehr realisieren, weil die verfügbare Fläche für die neuen Vorgaben zu klein war.
Das hat die kontinuierliche Schaffung neuer Plätzen verzögert.

 

Handlungsoptionen

 

Nutzung der max. Gruppengröße in bestehenden Einrichtungen

 

Für jede Einrichtung der Kinderbetreuung bedarf es einer Betriebserlaubnis, die auch die Platzzahl mit festschreibt. Je nach räumlicher Ausstattung, Gruppenzusammensetzung und Personalausstattung kann für einen begrenzten Zeitraum auf Antrag des Trägers die Gruppengröße geringfügig ausgeweitet werden, womit zusätzliche Plätze verfügbar sind.

Darüber finden derzeitig Gespräche mit allen Trägern statt.

 

Einrichtung von Zusatzgruppen

 

Um einen vorübergehenden Mehrbedarf abzudecken, können neue Gruppen durch Nutzung von Mehrzweckräumen innerhalb der Einrichtung oder außerhalb von Einrichtung entstehen.

Auch diese Lösung ist nur befristet machbar, ist aber bereits in der Vergangenheit z.B. für die Dauer von Baumaßnahmen bereits realisiert worden.

Einige Städte und Gemeinden planen in diesem Rahmen weitere Gruppen.

 

Anmietung von Containern

 

Ebenfalls vorübergehend ist es möglich, vollausgestattete Kindergartencontainer anzumieten. Die Mietkosten sind begrenzt staatlich zuschussfähig.
Auch hier sind Gemeinden aktiv.

 

Installation von Großtagespflegen

 

Tagespflege ist die Betreuung von max. 5 Kindern bei einer geeigneten und durch das Jugendamt geprüften Person, in der Regel in ihrem eigenen Haushalt. Vor der Aufnahme müssen alle Tagespflegepersonen eine 160 Std. umfassende Qualifizierung absolvieren.

Die Übernahme der Betreuungskosten erfolgt durch das Jugendamt, das von den Eltern im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit einen Kostenbeitrag fordert. Die Kindertagespflege unterliegt dem BayKiBiG.

Bislang spielte die Tagespflege im Landkreis eine untergeordnete Rolle und wurde fast ausschließlich bis zur Bereitstellung eines Krippenplatzes oder zur Randzeitenbetreuung bei Kindergarten- oder Schulkindern in Anspruch genommen.

 

·         Schließen sich 2 oder max. 3 Tagespflegen zusammen,

·         hat eine der beiden/drei eine pädagogische Ausbildung und

·         findet die Betreuung außerhalb der Wohnung in angemieteten oder ausschließlich dafür zur Verfügung stehenden mind. 2 Räumen statt,

spricht man von einer Großtagespflege.

In dieser Betreuungsform dürfen bis zu zehn gleichzeitig anwesende und insgesamt max. 16 Kinder betreut werden, wenn die qualifizierte Fachkraft mind. die Qualifikation Erzieher*in vorweist. Ist sie „nur“ Kinderpfleger*in reduziert sich die max. Zahl der gleichzeitig anwesenden Kinder auf 8.

 

Für die genutzten Räume gibt es keine weitergehenden baulichen Vorschriften.

Träger für die Großtagespflege können entweder selbständig tätige Personen sein oder bei die Kommune selbst.

 

Im Landkreis Coburg ist derzeitig eine Großtagespflege (Bad Rodach) aktiv.

 

Derzeitig werden bereits Räumlichkeiten im Hinblick auf ihre Nutzung als Großtagespflege in verschiedenen Städten und Gemeinden geprüft.
Durch das Jobcenter, die Agentur für Arbeit und auch durch Mundpropaganda haben sich bereits vereinzelt sowohl Fachkräfte als auch bislang noch nicht weiter pädagogisch qualifizierte Personen gemeldet.

 

Bei der Bezahlung der Tagespflege findet die Satzung des Landkreises Coburg auf der Grundlage der Empfehlungen des Städte- und Landkreistages Anwendung.
Soweit Kommunen Träger der Tagespflege werden, ist zwingend der Tarifvertrag für den Sozial- und Erziehungsdienst (TVSuE) anzuwenden, was eine Satzungsanpassung für dieses neue „Modell“ der Kinderbetreuung erforderlich macht, was für die nächste Sitzung vorgesehen ist.