Sitzung: 21.05.2019 Ausschuss für Jugend und Familie
Vorlage: 050/2019
Sachverhalt:
Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen
Anspruch auf
Unterhaltsvorschuss haben Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil
leben und keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt von dem anderen Elternteil
erhalten. Hierbei gibt es keine Einkommensgrenze für den alleinerziehenden
Elternteil.
Zum 01.07.17 entfiel die bis dahin geltende
Altersgrenze („bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres“) und die zeitliche
Begrenzung auf 72 Monate Höchstbezugsdauer.
Einzige Einschränkung ist, dass für 12 bis unter 18jährige bei bestehendem SGB
II Bezug nur dann Unterhaltsvorschuss gewährt wird, wenn ein Erwerbseinkommen
von mind. 600 € brutto erzielt wird.
Die Höhe des
Unterhaltsvorschusses richtet sich nach dem gesetzlichen Mindestunterhalt,
dessen Höhe im BGB geregelt ist.
Die aktuellen
monatlichen Zahlbeträge seit dem 01.01.19 lauten wie folgt:
- für Kinder von 0 bis 5 Jahren 160 Euro,
- für Kinder von 6 bis 11 Jahren 212 Euro,
- für Kinder von 12 bis 17 Jahren 282 Euro.
Entwicklung
der Inanspruchnahme
Bundesweit
hat sich mit der Gesetzesänderung die Inanspruchnahme von 370.000 auf 780.000
„Zahlfälle“[1]
mehr als verdoppelt. Diese Entwicklung ist genauso auch im Landkreis Coburg
eingetreten (Anstieg von 393 auf 799 Fälle).
Rückforderung des Unterhaltsvorschusses
vom Unterhaltspflichtigen
Grundsätzlich ist der Elternteil, bei dem
das Kind nicht oder nicht überwiegend lebt, barunterhaltspflichtig. Kommt
dieser dem nicht nach, „springt“ der Staat ersatzweise mit eben den
Unterhaltsvorschussleitungen ein und versucht anschließend, diese vom
Unterhaltspflichtigen zurückzuholen.
Dazu wird er über die Beantragung des
Unterhaltsvorschusses informiert und zur Zahlung des Unterhaltes bzw. zur
Auskunft über seine Einkommensverhältnisse aufgefordert
(Rechtswahrungsanzeige).
Dem nachfolgenden Schema ist die
Vorgehensweise bei der Rückholung der Unterhaltsvorschussleistungen zu
entnehmen:
Die Rückgriffsquote
ist der Prozentsatz des geleisteten Unterhaltsvorschusses, der von den
Unterhaltspflichtigen zurückgeholt werden konnte.
Bundesweit liegt die Rückholquote
aktuell bei nur 13%, wobei länderspezifisch eine deutliche Spreizung vorhanden
ist.
In Bayern lag die Quote immer deutlich über dem Bundesdurchschnitt, ist aber
nach Inkrafttreten der gesetzlichen Änderungen von ca. 35% in 2015 auf 20%
abgesunken.
Im Landkreis
Coburg ist eine ähnliche Entwicklung eingetreten. Lag die Rückholquote 2016
noch bei 40,59%, sank sie 2017 auf 29,27% und 2018 auf nur noch 19,68%.
Die
Süddeutsche Zeitung schrieb dazu am 18.02.2019:
Statistisch
wird (noch) nicht zwischen zahlungsunfähigen und zahlungsunwilligen
Unterhaltspflichtigen unterschieden.
Was aber
eine Rolle spielt, sind die Prioritätensetzung in der Fallbearbeitung („zuerst
Unterhaltsansprüche von Kindern und Jugendlichen umsetzen und erst danach das
Geld zurückholen“), die Personalausstattung und die Qualifikation der in dem
Bereich tätigen Fachkräfte.
Im Landkreis
Coburg musste seit Inkrafttreten des neuen Unterhaltsvorschussgesetzes aufgrund
von Fluktuation und Krankheitsausfällen mit 3 Mitarbeiter*innen gearbeitet
werden und es mussten Quereinsteiger ohne Verwaltungsausbildung eingesetzt und
erst nachqualifiziert werden. Erst ab Sommer dieses Jahres ist davon
auszugehen, dass der Bereich Unterhaltsvorschuss voll besetzt ist und
Rückstände aufgearbeitet werden können.
Denn: Mit
jedem Antrag auf Unterhaltsvorschuss wird die Rechtswahrungsanzeige an den
Unterhaltspflichtigen verschickt. Bearbeitet die Unterhaltsvorschussstelle den
möglichen Rückgriff zunächst nicht, verjährt der Anspruch gegen den
Unterhaltspflichtigen erst nach 3 Jahren.
[1] Zahlfälle sind die Fälle,
in denen die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, für die Unterhaltsvorschuss
geleistet wird, gezählt werden. Die Gesamtzahl liegt höher, da auch Fälle, in
denen nur noch Rückstände von Unterhaltspflichtigen beigetrieben werden, bearbeitet
werden müssen.