Beschluss: einstimmig


Sachverhalt:

 

Die Verwaltung legt den Haushaltsentwurf der Jugendhilfe des Fachbereichs Jugend, Familie und Senioren für 2019 (Anlage 1) vor.

 

Der Haushaltsentwurf umfasst

  • die Aufgaben der Jugendhilfe gem. SGB VIII aus dem Einzelplan 4,
  • die Förderung der Jugendarbeit im musisch-kulturellen (Einzelplan 3) und im sportlichen Bereich (Einzelplan 5),
  • die Einnahmen und Ausgaben für die unbegleiteten minderjährigen Ausländer (umA), sowie
  • informatorisch die Kinderbetreuungskosten im Rahmen der Grundsicherung für Erwerbsfähige (SGB II).

 

Die Einnahmen und Ausgaben für die umA werden weiterhin gesondert ausgewiesen.

 

In der Jugendhilfe sehen die Planansätze für 2019 summarisch wie folgt aus

 

Jugendhilfe EP 4
ohne umA (4559)

Jugendhilfe EP 3+5

umA (UA 4559)

Einnahmen

1.468.214 €

881.500 €

Ausgaben

7.553.180 €

16.000 €

898.000 €

Zuschussbedarf

6.084.966 €

16.000 €

16.500 €

 

Die Steigerung im Vergleich zu den Planansätzen 2018 liegt bei 327.000 € und damit immerhin bei 5,3 %. Berücksichtigt man die Entwicklung im laufenden Haushaltsjahr und die erwarteten Ergebnisse, wird deutlich, dass dahinter keine plötzlichen Ereignisse stehen, sondern langsame und stetige Entwicklungen.

 

2017 lag der Zuschussbedarf in der im EP 4 abgebildeten Jugendhilfe bei

5.798.789 €

Für 2018 wird erwartet, dass der Zuschussbedarf bei

5.903.223 €

liegt, also bereits um 2,08 % gestiegen ist, um im Plan 2019 bei

und damit bei einem weiteren Zuwachs von 3,07 % „anzukommen“.

6.084.966 €

 

                                    .

Was sind die Ursachen?

 

1.            Fallzahlensteigerung

 

Der Bedarf, Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen, steigt. Zuwächse sind in der Beratung in Fragen der Erziehung, der Trennung, Scheidung oder des Umgangsrechts, bei den gemeldeten Kindeswohlgefährdungen, in den ambulanten Hilfen zur Erziehung und in den Hilfen, die außerhalb des Elternhauses geleistet werden müssen.

 

Bereits im Oktober 2018 lagen die Fallzahlen der erzieherischen Hilfen über denen des Gesamtjahres 2017. Auf das Jahr hochgerechnet wird mit 50 mehr Fällen gerechnet, was zu entsprechenden Mehraufwendungen führt.

Bedeutsam sind hier zwei Bereiche:

  • Bei den flexiblen erzieherischen Hilfen (UA 4553) sind bislang im Jahresdurchschnitt 2018 die Fälle um mehr als 20% angestiegen (138 à 168 Fälle).
  • Bei den Hilfen außerhalb des Elternhauses (Pflegefamilie oder Heimunterbringung) ist 2018 eine Fallsteigerung um 10% eingetreten. Dabei ist zwar auch eine Zunahme der Heimunterbringung unvermeidlich gewesen, aber auch hier zahlt sich weiterhin der konsequente umgesetzte Ausbau aus. 2018 lebten im Jahresverlauf 185 junge Menschen (ohne umA!) durchgehend oder zeitweise in einer Pflegefamilie. 2016 waren es noch 1/3 weniger Kinder und Jugendliche, für die diese Ressource verfügbar war.

 

2.         Spezifische Bedarfe

 

Das Spektrum an Jugendhilfeleistungen beginnt bei hauswirtschaftlicher, erzieherischer oder sozialpädagogischer Begleitung und Befähigung. Sind Störungen komplexer, manifest, tiefgreifender werden heilpädagogische, danach therapeutische oder gar intensiv-therapeutische Interventionen erforderlich. Die extremste Hilfeform ist die Unterbringung mit Freiheitsentzug, die auch der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf.

 

Fälle mit extrem hohen Hilfebedarf –intensiv-therapeutisch oder „geschlossen“- haben sich im Rückblick der vergangenen 10 Jahre wie folgt entwickelt:

 

 

In 2018 wurde erstmals eine Unterbringung erforderlich, die kalendertägliche Kosten in Höhe von mehr als 500 € (Jahresfallkosten: 200.000 €) auslöst.

 

3.         Kindeswohlgefährdungen

 

Die Anzahl gemeldeter Kindeswohlgefährdungen steigt weiter, wobei die jeweilige Überprüfung vor Ort ergab, dass in ca. 13% der Fälle kein Hilfebedarf besteht. Die Steigerung der Fallzahlen entspricht der bundesweiten Entwicklung[1]:

 

 

Die Dortmunder Arbeitsstelle Kinder- & Jugendhilfestatistik der Technischen Universität Dortmund kommentiert dies wie folgt:

 

 „Als Gründe für den ….. Anstieg kommen unterschiedliche Erklärungen in Betracht, z.B. eine Zunahme von Gefährdungslagen, eine erhöhte Sensibilität aufseiten der Meldenden, veränderte Verfahrensweisen in den Jugendämtern oder auch verbesserte Kooperationsstrukturen. Welche dieser Gründe im Endeffekt ausschlaggebend sind, kann …. nicht verifiziert werden.“

 

 

4.         Tarifabschluss

 

Der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst für 2018 bis 2020 hat sich in den Entgeltgruppen unterschiedlich ausgewirkt.

Das Gros der erbrachten Dienstleistungen freier Träger ist in den Entgeltgruppen S8b bis S12 angesiedelt. Im Mittel sind hier die Einkommen um 2,22% in 2018 gestiegen und erhöhen sich ab dem 01.04.2019 nochmals um 2,1%.

 

Diese Steigerung wirkt sich bei einigen Jugendhilfeleistungen unmittelbar aus (Entgelte in der stationären Jugendhilfe, Abrechnungen auf der Basis der tatsächlichen Personalkosten).
In anderen Bereichen müssen die Träger rechtzeitig den Bedarf an Neuverhandlungen ankündigen, so dass sich hier Steigerungen erst zeitversetzt auswirken. Von dieser Möglichkeit haben für 2019 zwei Träger Gebrauch gemacht.

 

Für die Haushaltsplanung 2019 wurden die Tariferhöhungen nur einkalkuliert, soweit diese bereits bekannt und verhandelt waren. Das Gros der Tarifsteigerung wird in der Leistungserbringung erst 2020 wirksam.

 

Im Folgenden werden –neben den bereits benannten Entwicklungen in den erzieherischen Hilfen- nur die Veränderungen für 2019 skizziert:

 

Verwaltungshaushalt

 

Jugendarbeit und Jugendschutz

hier: UA 4515

 

Während für die Jugendarbeit und die Jugendsozialarbeit die Haushaltsansätze unverändert sind, wurde der Ansatz für den erzieherischen Kinder- und Jugendschutz von 6.000 € auf 7.500 € hochgesetzt. Der Ansatz ist seit 2003 in seiner Höhe unverändert. Von den 6.000 € sind 5.000 € für die „Bausteine des sozialen Lernens“ der EJOTT gebunden. Mit den verbliebenen 1.000 € wurden Öffentlichkeitsmaterialien und vereinzelt kleinere Veranstaltungen finanziert. Das entspricht aber nicht mehr dem Bedarf. In den vergangenen 15 Jahren sind Themen wie Jugendmedienschutz (Cybermobbing, Datenpreisgabe, Internetsucht, etc.), „neue“ Drogen wie Crystal, Kräutermischungen oder die Gefahren über Extremismus und Radikalisierung hinzugekommen bzw. haben an Bedeutung deutlich gewonnen. Dabei reichen die EJOTT Aktivitäten an Schulen oder die Ausgabe von Informationsmaterial nicht aus.

Geplant ist, künftig diese Themen in Form einer jugendgerechten Veranstaltung oder spezifischer Fachtage für Multiplikatoren aufzugreifen. So ist z.B. in Kooperation mit dem Jugendbeauftragten des Landkreises für Februar folgende Veranstaltung[2] vorgesehen:

 

 

 

 

Förderung der Erziehung in der Familie

UA 4531

 

Im Unterabschnitt „Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie“ ändert sich am Zuschussbedarf nichts. Er ist und bleibt mit 28.300 € veranschlagt.

 

Ohne Finanzauswirkung für den Landkreis ist aber eine Änderung bei Elterntalk vorgesehen: Durch Umstrukturierung der Elterntalkregionen sind ab 2019 höhere Zuschüsse durch die Aktion Jugendschutz möglich, die komplett den weiteren Ausbau dieser niedrigschwelligen Familienbildungsform abdecken. Die Einnahmen und Ausgaben erhöhen sich dadurch um 8.000 €. Geplant ist, allein im Landkreis Coburg fast 200 Talks durchzuführen.
Der Landkreis Coburg nimmt bei Elterntalk eine führende Rolle in Bayern ein und hat deshalb 2018 eine Leistungsprämie in Höhe von 1.000 € zusätzlich zugesagt bekommen.

 

Kinderbetreuung

UA 4541 und 4542 (korrelierend mit UA 4822)

 

In der Kinderbetreuung wurde mit den in 2018 bekannten Fallzahlen und Kosten kalkuliert.

Diese Kalkulation steht unter dem Vorbehalt, dass die Auswirkungen der im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern festgehaltenen Regelungen….

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

…. terminlich noch nicht konkretisiert sind und daher erst im Nachtragshaushalt Eingang finden können. Um eine Vorstellung zu bekommen, wie sich die Entlastung der Eltern von Kita-Kindern für den Landkreis Coburg auswirkt, wurde auf der Basis der Fallzahlen aus 2017 ermittelt, dass die Ausgaben bei ganzjähriger Übernahme von 100 € für alle Kita-Kinder von 3 bis 6 Jahren um ca. 200.000 € sinken würden.

 

Inhaltlich wichtig ist, dass z.Zt.

  • die Fallzahlen in der Kostenübernahme als SGB II-Leistung sinken und im Gegenzug als Jugendhilfeleistung steigen, summarisch aber bereits 2018 abgenommen haben,
  • in 15 von 17 kreisangehörigen Städten und Gemeinden der weitere Ausbau von Kitas und Krippen umgesetzt wird,
  • in der Kinderbetreuung der tägliche Betreuungsumfang deutlich zugenommen hat und insbesondere in der Tagespflege das erzielte Einkommen nicht ausreicht, die Kinderbetreuungskosten selbst zu tragen. Während 2016 der tägliche Betreuungsumfang noch bei 4-5 Stunden am Tag gelegen hat und damit eine Teilzeittätigkeit des betreuenden Elternteils möglich wurde, liegt sie heute zu fast 90% bei 8-9 Std. täglicher Betreuungszeit. Im UA 4542 bildet sich diese Entwicklung durch einen höheren Zuschussbedarf ab: die Ausgaben steigen um 70.000 €, während die Einnahmen „nur“ um 20.000 € über den Ansätzen aus 2018 liegen.

 

 

Hilfe und Unterstützung
hier: UA 4620, 4650 und 4660

 

Zur Entwicklung im kostenintensiven Bereich der Jugendhilfe, den in den Unterabschnitten 4534 bis 4567 abgebildeten sog. Transferleistungen in den Hilfen zur Erziehung bzw. der Eingliederungshilfe für seelisch Behinderte, ist bereits in der Beschreibung der Ursachen für die Kostensteigerung eingegangen worden. Detailfragen werden in der Sitzung dargestellt und erläutert.

 

Die von freien Trägern erbrachten Leistungen sehen nur in drei Bereichen Änderungen vor:

  • die Suchtberatung Minderjähriger und junger Volljähriger des Blauen Kreuzes Coburg,
  • die Weisungen nach dem Jugendgerichtsgesetz, die ab 2018 in alleiniger Verantwortung durch GeRi (Gemeinnützige Gesellschaft für Resozialisierung und Integration verhaltensauffälliger und sozial benachteiligter Menschen mbH) und
  • die Schwangerenberatung des Diakonischen Werks.

 

Die Suchtberatung des Blauen Kreuzes ist Gegenstand der gesonderten Vorlage zum Abschluss einer Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung für 2019, in der auf den neu ausgehandelten Zuschussbetrag in Höhe von 16.900 € (2018: 11.130 €) konkret eingegangen wird.

 

Bei den Weisungen nach dem Jugendgerichtsgesetz wird die Zuschusshöhe wieder auf das Niveau von 2017 angehoben und damit mit 54.800 € angesetzt. Die Reduzierung um 4.000 € im HH-Jahr 2018 erfolgte nur für dieses eine Jahr, weil aufgrund personeller Engpässe im Gericht Verhandlungen und damit erzieherische Maßnahmen erst zeitverzögert erfolgen konnten.

 

Der Zuschussbedarf der Schwangerenberatung wird vom zuständigen Staatsministerium nach Einwohnerzahlen ermittelt und ist vom Landkreis Coburg zu übernehmen. Hier liegt der neue Betrag mit 31.190 € um 1.200 € über dem Bedarf aus 2018.

 

Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

UA 4559

 

Die Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Ausländer (umA) wird weiterhin gesondert betrachtet, weil die Kostenerstattung durch den Bezirk erst so zeitverzögert erfolgt, dass eine Hinzunahme das Bild völlig verfälschen würde. Zum Rechnungsschluss im Dezember sind vereinzelte Zahlungen aus dem 2. Quartal und die vollumfängliche Abrechnung des 3. und 4. Quartals noch offen.

 

Mit Vorlage 038/2018 wurde in der Sitzung des Ausschusses für Jugend und Familie ausführlich darüber berichtet, welche Aufwendungen für die umA 2018 dem Landkreis seit 2015 nicht erstattet wurden.

In 2019 verbleibt nur noch 1 Altfall (in einer Pflegefamilie lebend) beim Landkreis, für den keine Kostenerstattung durch den Bezirk erfolgt. Hochgerechnet entsteht damit im UA 4559 ein Zuschussbedarf in Höhe von 16.500 €; alle anderen Ausgaben –auch die der in 2019 neu zugewiesenen umA- werden erstattet.

 

Vermögenshaushalt

 

Die Ansätze im Vermögenshaushalt werden unverändert aus dem Vorjahr übernommen.



[1] Statistisches Bundesamt, Gefährdungseinschätzungen nach § 8a SGB VIII, 2017

[2] Eric Stehfest ist erfolgreicher Schauspieler, Tänzer, Filmproduzent und junger Familienvater. Dass der Publikumsliebling aus »Gute Zeiten, Schlechte Zeiten« und »Let’s Dance« derzeit auf der Sonnenseite des Lebens steht, ist dabei alles andere als selbstverständlich. Eric Stehfest ist nämlich auch: Ein vorbestrafter Ex-Junkie. Mehr als zehn Jahre lang war er abhängig von Crystal Meth – der gefährlichsten Partydroge überhaupt. (Auszug aus der Pressemappe)