Sitzung: 17.07.2018 Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Senioren
Vorlage: 077/2018
Sachverhalt:
Zuwanderung sowie Integration und Teilhabe
von Migranten sind nicht erst seit der großen Flüchtlingszuwanderung in den
Jahren 2015 und 2016 ein wichtiges Zukunftsthema. Der Landkreis Coburg wurde in
dieser Zeit bei der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen stark
gefordert. Nun geht es um die Frage, wie eine Integration in die kommunale
Gesellschaft und ihre Strukturen gelingen kann?
Um dieser Frage genauer nachzugehen, hat die
Robert Bosch Stiftung zwischen März und Juli 2017 eine Bedarfsanalyse zur Integration
von Flüchtlingen in ländlichen Räumen erstellt, um daraus Empfehlungen und
Handlungslinien für ein neues Förderprogramm zu entwickeln. Dabei wurden
Interviews in sieben Landkreisen geführt, um auszuloten, welche Bedarfe und
Themen es gibt, die in einem größer angelegten Förderprogramm aufgegriffen
werden sollten. Für die Bedarfsanalyse wurden die Landkreise
Ludwigslust-Parchim (Mecklenburg-Vorpommern), Lüchow-Dannenberg
(Niedersachsen), Prignitz (Brandenburg), Goslar (Niedersachsen), Harz (Sachsen-Anhalt),
Coburg (Bayern) und der Vogtlandkreis (Sachsen) von der Robert Bosch Stiftung
ausgewählt.
Die Ergebnisse der Bedarfsanalyse wurden mit
Vertretern der Landkreise sowie Fachleuten aus Wissenschaft, Praxis,
Stiftungen, aber auch Politik und Verwaltung diskutiert.
Auf Basis der Empfehlungen und Bedarfe aus
den Landkreisen und der Gespräche mit den Experten wurde beschlossen, dass man
sich nicht nur auf die Zielgruppe der Flüchtlinge, sondern auf Neuzuwanderer
insgesamt konzentriert.
Anfang 2018 hat die Robert Bosch Stiftung
dann das Förderprogramm: „Land.Zuhause.Zukunft - Integration und Teilhabe von
Neuzuwanderern in ländlichen Räumen" aufgelegt.
Förderprogramm
Ziel des Programms ist es, innovative und
zukunftsfähige Ansätze für die Integration und Teilhabe in sowie die Bindung
von Neuzuwanderern an ländliche Räume (weiter) zu entwickeln.
Die Pilotphase des Programms ist für den
Zeitraum Februar 2018 bis Juni 2019 angesetzt. Im Rahmen dieser Pilotphase
wurden die sieben Landkreise, in denen bereits die Bedarfsanalyse durchgeführt
wurde, in das Förderprogramm aufgenommen. Die beteiligten Landkreise erhalten
die Möglichkeit, erfolgreiche Konzepte, Modelle und Initiativen für die
nachhaltige Integration von Neuzuwanderern zu entwickeln und damit vorbildhaft
für den ländlichen Raum zu wirken. Sie werden kontinuierlich begleitet,
bekommen Wissen und gute Praxis an die Hand und erhalten Mittel für die
Umsetzung von (innovativen) Vorhaben.
Darüber hinaus soll das Förderprogramm als
Plattform dienen, um Empfehlungen, die sich aus den strukturellen kommunalen
Herausforderungen ergeben, für die Landes- und Bundesebene zu erarbeiten.
Die sieben beteiligten Landkreise haben
thematisch unterschiedliche Schwerpunkte gewählt. Der Landkreis Coburg wird
sich intensiv mit dem Thema Fachkräftesicherung in der Pflege beschäftigen.
Die Pflegebranche steht aktuell vor großen
Herausforderungen: Bedingt durch den demografischen Wandel wird nach
Expertenschätzungen die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland von derzeit
2,3 Mio. auf 3,4 Mio. im Jahr 2030 ansteigen. Bereits in den letzten Jahren ist
in ganz Deutschland die Nachfrage nach Pflegedienstleistungen deutlich
gestiegen. Der bereits heute sowohl von Wohlfahrtsverbänden als auch durch die
Bundesagentur für Arbeit konstatierte Mangel an examinierten Altenpflegekräften
wird sich in den kommenden Jahren somit eklatant verschärfen. Es fehlt jedoch
schon heute vielerorts qualifiziertes Personal um den steigenden Anforderungen
an gute Pflege gerecht zu werden. Die Experten sind sich einig, dass dieses
Fachkräftedefizit weder akut noch mittel- bis langfristig durch einheimische
Arbeitnehmer oder durch Arbeitskräfte aus EU-Mitgliedsstaaten gedeckt werden
kann. Vielmehr wird es für Deutschland – ebenso wie für viele Länder mit
ähnlicher demografischer Entwicklung – unumgänglich, Fachkräfte aus
Drittstaaten zu gewinnen.
Auftaktveranstaltung im Landkreis Coburg
Bei der Auftaktveranstaltung zum
Förderprogramm Ende Februar 2018 bestätigten alle anwesenden Träger schon jetzt
den Mangel an Fachkräften und Auszubildenden in der Pflege: „der lokale
Arbeits- und Ausbildungsmarkt ist weitgehend leergefegt“ oder „es ist eher fünf
nach 12 als fünf vor 12.“ Einige Teilnehmer berichteten von ihren Überlegungen
überregionale, nationale und internationale Arbeitsmärkte für die Rekrutierung
von Fachkräften bzw. Auszubildenden einzubeziehen. Nur wenige Träger haben
bereits Erfahrungen mit der Personalrekrutierung im Ausland (z. B. Serbien,
Albanien). Die Anwerbung ist jedoch zeitlich sehr aufwendig (Hilfe bei
Formalitäten, Hilfe bei Einreise, Wohnungsbeschaffung, Wohnungseinrichtung,
Anerkennungsprüfung, Hilfe zur Erlangung von Fahrpraxis, Hilfe beim
Familiennachzug) und für einen Träger allein oft nicht schulterbar. Der Bedarf
dieses Thema gemeinsam anzugehen wird von allen Trägern gesehen und
ausdrücklich begrüßt.
Momentan ist der Landkreis Coburg in der
Antragsphase. Eine Prozessbegleitung wurde bereits von Seiten der Robert Bosch
Stiftung beauftragt. Der Landkreis Coburg wird von der Kompetus Management
Consulting GmbH aus Berlin betreut.
Stärkung des Ehrenamts zur Teilhabe von
Neuzuwanderern –Finanzierung von Mikroaktivitäten aus der Zivilgesellschaft im
Landkreis Coburg
Im Rahmen des Förderprogramms
„Land.Zuhause.Zukunft - Integration und Teilhabe von Neuzuwanderern in
ländlichen Räumen“ soll das ehrenamtliche Engagement zur Teilhabe von
Neuzuwanderern im Landkreis Coburg mithilfe eines Kleinprojektfonds
unbürokratisch und nachhaltig gestärkt werden. Dabei werden von Juli 2018 bis
Dezember 2019 Mikroaktivitäten aus der Zivilgesellschaft mit einer Gesamtsumme
von 11.500 Euro unterstützt. Die Mittelverwaltung übernimmt die Volkshochschule
Coburg Stadt und Land GmbH. Gefördert werden können Kleinprojekte von 100 € bis
max. 1.000 €. Der Auswahlprozess erfolgt durch ein Entscheidungsgremium.