Sachverhalt:
1. Rechtliche Einordung
Nach einer gesetzlichen Änderung werden einreisende minderjährige Flüchtlinge seit dem 01.11.2015 nach dem Königsteiner Schlüssel bundesweit verteilt. Alle bis zum 31.10.2015 eingereisten umA hingegen unterlagen diesem System nicht, sondern mussten in dem Bundesland versorgt werden, in dem sie aufgegriffen wurden. Im Landkreis Coburg waren in dieser Zeit zeitweise bis zu 110 junge Menschen untergebracht.
Seit dem 01.11.2015 sind keine neue Zuweisungen in den Landkreis mehr erfolgt. In wenigen Einzelfällen erfolgte eine Umverteilung von umA, deren Geschwister sich bereits im Landkreis aufhielten.
2. Minderjährige Flüchtlinge im Landkreis Coburg
Zum 01.10.2016 leben 86 unbegleitete minderjährige Ausländer
(umA) im Zuständigkeitsbereich der Jugendhilfe im Landkreis Coburg. Diesem
Personenkreis zugerechnet werden auch diejenigen, die -minderjährig eingereist-
inzwischen volljährig geworden sind, aber noch einen Jugendhilfebedarf haben.
Bis auf wenige Ausnahmen sind die jungen Volljährigen im Landkreis Coburg aber
bereits im Erachsenenbereich untergebracht, erhalten Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz und werden stundenweise ambulant nachbetreut.
Von den vollumfänglich in der Jugendhilfe versorgten umA leben aktuell 45 in
den Wohngruppen im Landkreis und 25 in Pflegefamilien.
Im Folgenden sind die Altersverteilung, sowie die Herkunftsländer mit Stand im Asylverfahren dargestellt:
Erläuterung zum
Status:
- Subsidiär Schutzberechtigte sind Ausländer, denen – bei fehlender Flüchtlingseigenschaft im Sinne der
Genfer Flüchtlingskonvention (Konventionsflüchtling) –ein ernsthafter
Schaden drohen würde, wenn sie in ihr Herkunftsland
abgeschoben werden würden. Als ernsthafter Schaden im Sinne dieses Artikels gilt die Verhängung oder Vollstreckung
der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder eine ernsthafte
individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit
einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen
bewaffneten Konflikts.[1]
- Die Duldung ist nach der Definition des
deutschen Aufenthaltsrechts eine „vorübergehende
Aussetzung der Abschiebung“ von ausreisepflichtigen Ausländern. Sie stellt keinen Aufenthaltstitel dar
und begründet daher auch keinen rechtmäßigen Aufenthalt.[2] Geduldet sind die umA s deshalb, weil hier das Asylverfahren noch
läuft und z.T. auch noch keine Interviews
beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stattgefunden
haben.
- Das Abschiebeverbot bei
abgelehntem Asyl gilt für die Dauer der Minderjährigkeit.
3. Finanzen
Mit der bundesweiten Verteilung wurde auch die Kostenerstattung umgestellt. Während alle bis zum 31.10.2015 entstandenen Kosten mit einem im Einzelfall zugeteiltem überörtlichen Träger abgerechnet werden mussten erfolgt seit dem 01.11. die Abrechnung mit dem Bezirk Oberfranken.
3.1 Abrechnungen bis zum 31.10.2015
Für die bis zum 31.10.2015 im Landkreis Coburg aufgenommenen umA waren Kostenerstattungsverfahren mit 12 überörtlichen Trägern und 6 örtlichen Jugendämtern durchzuführen.
Alle örtlichen Jugendämter haben Kostenerstattung geleistet.
Bei den überörtlichen Trägern gilt dies nicht:
In 28 Fällen ist bis heute trotz Rechnungstellung keine Reaktion erfolgt.
In 17 Fällen wurde die Rechnung gekürzt um Beträge für Fahrtkosten, Dolmetscher und/oder Vormundschaft.
Die Außenstände des Landkreises belaufen sich summarisch z.Zt. auf ca. 330.000 €.
Mit der gesetzlichen Änderung in 2015 zur bundesweiten Verteilung wurde festgelegt, dass diese Forderungen am 31.12.2016 verjähren, wenn nicht fristgerecht Klage eingereicht wird.
3.2 Abrechnungen mit dem Bezirk Oberfranken seit dem 01.11.2015
Die Abrechnungsverfahren mit dem Bezirk laufen deutlich einfacher ab, als die zuvor geltende bundesweite Systematik. Quartalsweise werden pauschale Abschlagsbeträge gezahlt, die erst danach einzelfallbezogen abgerechnet werden. Die Höhe der Abschläge lag bislang immer über den tatsächlichen Ausgaben, sodass die bislang eingegangenen drei Abschlagszahlungen für das gesamte Jahr verrechnet und zum Jahresende spitz abgerechnet werden.
3.3 Nicht erstattungsfähige Aufwendungen
Der Landkreis Coburg musste im vergangenen Jahr selbst in die Trägerschaft von Wohngruppen bzw. Notquartieren eintreten, um alle ankommenden umAs überhaupt versorgen zu können. Dafür hatte der Landkreis zwei ehemalige Kindertageseinrichtungen in Neustadt und Rödental angemietet, die zuvor von der jeweiligen Kommune umgebaut und instand gesetzt wurden.
Mit dem Ausbleiben neuer Zuweisungen von umA wurde Ende März 2016 die Übergangseinrichtung in Neustadt vorübergehend geschlossen und ausschl. die Wohngruppe in Rödental weiter betrieben. Die Miet- und Mietnebenkosten für die Neustadter Einrichtung laufen weiter. Anders als im Erwachsenenbereich tritt der Freistaat für diese Vorhaltekosten nicht ein. Diese gehen ausschließlich zu Lasten des Landkreises.
Durch die Entlassung von jungen Volljährigen in den Erwachsenenbereich wird im November auch die Landkreis-Wohngruppe in Rödental schließen. Die z.Zt. dort noch lebenden umA wechseln auf freie Plätze in den in freier Trägerschaft betriebenen Regeleinrichtungen bzw. in Pflegefamilien. Eine Fortsetzung der Wohngruppe ist im Hinblick auf die Belegung wirtschaftlich nicht vertretbar. Fortgesetzte Personalkosten entstehen nicht, da die Arbeitsverträge entsprechend befristet wurden. Aber auch hier fallen weiterhin Miet- und Mietnebenkosten an, die kein Dritter trägt.