Der Bericht über die Auswertung der
Erziehungsberatung wird zur Kenntnis genommen. Vorbehaltlich der Bereitstellung
der Haushaltsmittel durch den Kreistag wird die Verwaltung beauftragt, die
vorliegende Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung über die
Erziehungs- und Familienberatung im Landkreis Coburg mit dem Diakonischen Werk
Coburg abzuschließen. Die Vereinbarung ist Bestandteil des Beschlusses.
Sachverhalt:
Die Aufgabenwahrnehmung der Erziehungsberatung für den Landkreis Coburg in Trägerschaft des Diakonischen Werks Coburg wurde 2013 neu konzeptioniert.
Bis dahin wurden die einzelfallbezogenen Aufgaben vorrangig über die sog. Komm-Struktur –die Familie erhält Gesprächstermine in der Beratungsstelle oder der Außensprechstunde im Familienzentrum Neustadt- wahrgenommen. Nur ganz vereinzelt wurden Hausbesuche durchgeführt, was aber nicht zur Regel gehörte.
Mit der Neukonzeptionierung wurden die Onlineberatung und die Beratung vor Ort –in der Familie, in Kindertageseinrichtungen, in der Schule, etc.- als Regelangebot eingeführt.
Ausgangslage 2013 und
Auswertung der Projektphase
1. Ausgewogene regionale Verteilung im Landkreis
Die Inanspruchnahme von Erziehungsberatung wies 2012/2013 deutliche sozialräumliche Disparitäten auf. Insbesondere Familien aus in größerer Distanz zur Stadt Coburg gelegenen Städten und Gemeinden waren unterdurchschnittlich vertreten.
Die Darstellung in absoluten Zahlen ist dabei im interkommunalen Vergleich wenig aussagekräftig. Die Umrechnung der Inanspruchnahmedaten im Verhältnis zu Jugendeinwohnerwert lässt diesen Vergleich aber zu. 2012/2013 sah diese Verteilung wie folgt aus:
Mit der Einführung der Erziehungsberatung vor Ort wurde das Ziel verfolgt, diese Beratung und Unterstützung allen Familien mobilitätsunabhängig zu ermöglichen.
Die Auswertung 2014/2015 ergibt folgendes Bild:
Absolut erstaunlich ist, dass die Inanspruchnahme von Erziehungsberatung seit Einführung der aufsuchenden Beratung tatsächlich in (fast) alle kreisangehörigen Städten und Gemeinden auf einem einheitlichen Niveau erfolgt. Das Ziel ist also erreicht, auch, wenn künftig auch Schwankungen zu verzeichnen sein werden.
2. Erziehungsberatung als präventive Maßnahme
Die Erziehungsberatung ist im Kinder- und Jugendhilfegesetz als frühzeitige und niederschwellige Hilfe zur Erziehung verankert. Der Frankfurter Kommentar zum SGB VIII führt dazu aus: „Als spezifische Ziele der Erziehungsberatung lassen sich benennen - Frühzeitige und lebensweltorientierte Hilfe….“
2012 war die Inanspruchnahme hälftig auf Kinder unter 10 Jahren zum einen und Kinder und Jugendliche in weiterführenden Schulen oder Ausbildung zum anderen verteilt.
Dies hat sich durch die intensivere Arbeit in und mit den Kindertageseinrichtungen und Grundschulen deutlich verändert. 2015 waren 68 % der erreichten Zielgruppe 10 Jahre oder jünger. Mit der Erziehungsberatung vor Ort werden also Familien tatsächlich viel frühzeitiger erreicht.
Dieser Erfolg muss dennoch im Kontext der Gesamtzahlen betrachtet werden. Denn ein weiteres Ziel war:
3. Mehr Menschen frühzeitig erreichen
Die Gesamtzahl an Menschen, die Erziehungsberatung in Anspruch nehmen steigt kontinuierlich. Seit der Einführung der Erziehungsberatung vor Ort wurden summarisch 1/3 mehr jungen Menschen von diesem Angebot erreicht, wenngleich auch tatsächlich etwas weniger „ältere“ Kinder und Jugendliche angesprochen werden konnten. Die Fallzahlensteigerung ist also ausschließlich der aufsuchenden Arbeit der Erziehungsberatung vor Ort in Kindertageseinrichtung und Grundschule zuzuschreiben.
Eine umfassende Auswertung und Beschreibung der Aktivitäten der Erziehungsberatung ist dem in Anlage 1 beigefügten Jahresbericht 2015 zu entnehmen.
4. Online-Beratung
Neben der Erziehungsberatung vor Ort wurde 2014 die Beteiligung an der bundesweiten Online-Beratung in der Trägerschaft der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) aufgenommen.
Eine regionale Auswertung ist nicht möglich, schon gar nicht von der Erziehungsberatung selbst. Möglich ist hier aber, aus den bundesweit von der bke zur Verfügung gestellten Daten die Inanspruchnahme abzuleiten.
Bei der Online-Beratung erfolgt die Inanspruchnahme anonym, d.h. niemand ist dabei verpflichtet, Angaben zu seiner Herkunft zu machen. Ausgewertet werden stattdessen die Einwahlknoten ins Netz, was zu folgendem Ergebnis führt:
Die blauen Balken geben die jeweiligen Nutzer nach Einwahlknoten wieder, die roten Balken geben die Bevölkerungsdaten wieder. Die Nutzung entspricht damit in etwa der Einwohnerzahl des Bundeslandes.
Die bke hat aktuell 76.500 Nutzer registriert, von denen
19.262 aktiv sind.
Linear umgerechnet auf den Landkreis würde dies bedeuten, dass 82 Personen bei
der Online-Beratung registriert sind und 21 das Angebot aktiv nutzen, was 4,5 %
aller EB Inanspruchnahmen entspricht.
In der Analyse der verfügbaren Daten konnte die bke feststellen, dass die Nutzung sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum gleichermaßen erfolgt:
„……., dass die
Zugriffe auf die Website gleichermaßen in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte
und ländlichen Regionen in jeweiliger Relation zur Bevölkerung erfolgen. Daraus
leitet sich ab, dass Menschen Onlineberatung aus unterschiedlichen Gründen
wählen. Sie kann eine bewusst entschiedene Alternative zu einem
Beratungsangebot vor Ort sein, um räumliche Entfernungen oder Wartezeiten zu
umgehen. Die hohe Nutzung in Gebieten mit einer guten Infrastruktur an
Hilfeleistungen legt nahe, dass Onlineberatung auch als erste Wahl oder
paralleles Angebot in Frage kommt.“[1]
Der Jahresbericht der Online Beratung der bke ist der Anlage
2 zu entnehmen, in der die verschiedenen Formen des Beratungsangebots als auch
Beispiele zu den Inhalten dargestellt sind.
Zusammengefasst sind die Formen:
- die Mailberatung und der Einzelchat, wo die Beratung in einem 1:1 Kontakt zwischen Hilfesuchendem und einer Fachkraft stattfindet,
- die Gruppen- oder Themenchats, in denen im Durchschnitt 10 – 15 Personen gemeinsam mit einer Fachkraft persönliche Probleme oder Themen diskutieren und so auch voneinander lernen können, sowie
- das Forum, in der Nutzer sich untereinander austauschen und dabei im Hintergrund professionell begleitet werden, um im Bedarfsfall intervenieren zu können.
Finanzierung der
Erziehungsberatung / Ermittlung des Zuschussbedarfs
Die Leistung „Erziehungsberatung“ wird in Coburg durch Zuschüsse des Freistaats, der Stadt und des Landkreises, sowie durch den Eigenanteil des Trägers finanziert.
Die staatliche Förderung erfolgt über Personalkostenpauschalen (19.700 € je
VZ-Stelle Psychologe bzw. 14.300 je VZ-Stelle Sozialpädagoge).
Die Förderung der klassischen Erziehungsberatung teilen sich Stadt und Landkreis Coburg je Inanspruchnahme auf, wobei der Landkreis drei BeraterInnen, die Stadt vier anerkennt.
Getrennt davon werden von der Stadt Coburg der Mobile Fachdienst und vom Landkreis die Erziehungsberatung vor Ort bezuschusst.
Der Träger hat in den zurückliegenden Jahren moniert, dass der von ihm zu leistende Eigenanteil zu hoch sei und in seinen Abrechnungen Eigenmittel von 27,5% angegeben.
Dies ist auch anderen Tarifverträgen geschuldet, die eine z.T. wesentlich höhere Vergütung als im öffentlichen Dienst vorsehen. Für die Berechnung des Zuschussbedarfs muss das aber außen vor bleiben: Das sog. Besserstellungsverbot legt fest, dass Empfänger von Zuwendungen ihre Mitarbeiter nicht besser vergüten dürfen als vergleichbare Angestellte des Zuwendungsgebers, was häufig einer Vergütung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst entspricht.
Die jetzt vorgenommene Neuberechnung des Zuschusses berücksichtigt dies und führt die beiden bislang „getrennten“ Systeme Erziehungsberatung und Erziehungsberatung vor Ort auch rechnerisch zusammen.
Berechnungsfaktoren sind
- der Bedarf an Personalausstattung für den Landkreis Coburg,
- die durchschnittlichen Personalkosten nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bzw. für den Sozial- und Erziehungsdienst, sowie
- eine Sachkostenpauschale in Höhe von 10 % der Personalkosten, wobei die erforderliche Verwaltungskraft künftig der Personalausstattung und nicht den Sachkosten gerechnet wird.
Der Bedarf an Fachkräften in der Erziehungsberatung für den Landkreis Coburg liegt bei 3,2 Planstellen[2]. Diese Bedarfsdeckung ist (incl. der Erziehungsberatung vor Ort und der Onlineberatung) gegeben. Der Anteil des Landkreises an der „klassischen“ EB beträgt 65,8 % des Fallvolumens
Da die Erziehungsberatung in Stadt und Landkreis nicht in getrennten Einheiten erfolgt, ist dies in der Berechnung zu berücksichtigen:
Gesamtaufwand (Personalkosten TVöD/TVSuE +Sachkostenpauschale) |
|
428.883 € |
||
10% Trägeranteil |
- 42.888 € |
|
||
staatl. Zuschuss |
- 76.900 € |
|
||
Zuschussbedarf gesamt |
|
309.095 € |
||
davon |
||||
Nur Stadt |
1,75 Stellen |
90.910 € |
145.069 € |
|
Stadt + Landkreis gemeinsam: 3 Stellen |
Stadt 34,2%= |
1,03 Stellen |
54.159 € |
|
Landkreis 65,8%= |
1,97 Stellen |
104.201 € |
164.026 € |
|
Nur Landkreis |
1,20 Stellen |
59.825 € |
Bislang hat der Landkreis einen Zuschuss in Höhe von 133.900 € geleistet. Die neue Berechnung bedeutet demnach einen Mehrbedarf in Höhe von 30.100 €.
In der neu für 2017 abzuschließenden Leistungs- Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung (Anlage 3) wird festgeschrieben, dass
· 3,2 Stellen für die Erziehungsberatung im Landkreis zur Verfügung stehen müssen, davon
· im Umfang von mind. 1 Vollzeitstelle die Leistungen der Erziehungsberatung vor Ort in Familien, Kindertageseinrichtungen und Schulen im Landkreis zu erbringen sind, sowie
· die Beteiligung an der Onlineberatung der bke sicherzustellen ist und
· der Landkreis dafür einen Zuschuss in Höhe von 164.000 € leistet.
aus der Beratung:
Kreisrat Frank Rebhan bittet um eine Auflistung der Fortbildungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Erziehungs- und Familienberatungsstelle.