Beschluss: geändert beschlossen

Der Bauausschuss nimmt vom Ausbaubedarfsplan Kenntnis.

 

Der Ausbaubedarfsplan ist bei dem im Zuge der Aufstellung des Haushaltes 2016 fortzuschreibenden Investitionsprogramm der Jahre 2015 – 2019 entsprechend zu berücksichtigen.


Vorstellung des derzeitigen Entwicklungsstandes

 

Das Kreisstraßennetz ist derzeit ca. 195 Kilometer lang und beinhaltet um die 70 Ingenieurbauwerke. Durch ständigen Unterhalt werden Straßen und Brücken in verkehrssicherem Zustand erhalten. Trotzdem nagt der Zahn der Zeit an Asphalt und Beton, so dass zur Bestandserhaltung der Verkehrsinfrastruktur erhebliche Anstrengungen des Landkreises erforderlich werden.

 

Brücken:

Bei Ingenieurbauwerken wird deren Zustandserfassung wegen der erheblichen Auswirkungen bei einem unvorhergesehenen „Versagen“ durch regelmäßige Untersuchen in der DIN 1076 vorgeschrieben. Dabei handelt es sich nicht nur um Brücken, Tunnel, Tragbauwerke, Stützbauwerke und Lärmschutzbauwerke, sondern darunter fallen auch die sonstigen Ingenieurbauwerke. Das sind alle Bauwerke, für die ein Einzelstandsicherheitsnachweis erforderlich ist, wie etwa Regenrückhaltebecken aus Stahlbeton oder Schachtbauwerke unter oder neben der Fahrbahn. Für jedes dieser Bauwerke muss alle sechs Jahre eine umfangreiche Hauptprüfung, bei der es auf „Herz und Nieren“ untersucht wird, erfolgen. Wobei hier unter „Herz“ der Zustand der Stahlbewehrung und unter „Nieren“ die Trag- und Schutzfunktion des Betons zu verstehen ist. Dazwischen sind alle drei Jahre eine einfache Prüfung und jährliche Sicht- und Zustandskontrollen ohne große Hilfsmittel durchzuführen. Zusätzliche Sonderprüfungen werden im „Katastrophenfall“ notwendig: wenn auf oder unter einer Brücke ein Unfall mit Fahrzeuganprall geschah, wenn sich ein Hochwasser unter einer Brücke hindurchzwängte oder wenn andere plötzliche Ereignisse Einfluss auf Standfestigkeit, Verkehrssicherheit oder Dauerhaftigkeit des Bauwerkes befürchten lassen. Am Ende dieser Prüfungen bekommt das Bauwerk eine Zustandsnote, aus der die Dringlichkeit der Sanierung oder Erneuerung ersichtlich wird. Somit ist der Bereich der Ingenieurbauwerke gut planbar und zumindest auf sechs Jahre im Voraus doch einigermaßen finanziell sicher darzustellen.

 

Eine Brücke ist in der Regel für eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren ausgelegt. Von der Verkehrsfreigabe an läuft ihre Uhr ab, denn der stark zunehmende Lkw-Verkehr und die damit verbundenen Lastwechsel führen zu einer Ermüdung des Materials. Es ist wie bei einer Büroklammer: Wenn man sie einmal hin und her biegt, macht ihr das nichts aus. Doch wenn man sie 20 x biegt, bricht sie. 20 x kann eine Brücke noch locker ab, aber wenn sie 20 Millionen Mal belastet wird, geht auch bei der Brücke irgendwann die Festigkeit des Materials verloren.

 

Einen Schwerlasttransport, der einmal im Jahr über die Brücke fährt, verkraftet sie ohne Probleme. Die vielen einzelnen Lkw, die täglich nach und nach über sie hinwegbrausen, dagegen nicht. Es ist ausschließlich der Lkw-Verkehr, der uns Probleme bereitet. Die vielen PKWs merkt eine Brücke gar nicht. Ein 40 Tonnen schwerer LKW hat rein rechnerisch den gleichen Einfluss auf das Bauwerk wie 100.000 PKWs.

 

Deshalb werden einige unserer Brücken stärker beansprucht als ursprünglich bemessen. Diese Tatsache kann mit Instandhaltungsmaßnahmen allein nicht mehr behoben werden. Wir müssen also diese Brücken verstärken und zur Not neu bauen. Das trifft vor allem auf die Bauwerke aus den 60er und 70er Jahren zu, in denen der Großteil unserer Bauwerke entstanden ist.

 

Der Fachbereich Tiefbau hat hier seine Hausaufgaben gemacht. Auch wenn marode Brücken in Deutschland zu einem immer größeren Problem werden, besteht im Landkreis Coburg kein Grund zur Panik. Dies liegt auch daran, dass wir meist kleine und kurze Brücken mit geringer Spannweite haben, deren Tragfähigkeit mit Einzelberechnungen noch etwas ausgereizt werden kann. Und selbst wenn dies nicht klappt, sind Umwege für die Verkehrsteilnehmer bei einer Tonnagebeschränkung hinnehmbar. Anders als bei Rhein- oder Alpenbrücken, wo bei einer Sperrung oft mehr als 50 km Umweg unvermeidlich sind.

 

 

Straßen:

Nicht so streng normiert ist die Situation im Bereich der Kreisstraßen. Hier gibt es zwar Empfehlungen und Richtlinien für die Bedarfsermittlung von Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen, diese sind sehr kostenintensiv und deshalb nicht verpflichtend vorgeschrieben. Die Planung der Mittelbereitstellung für Ausbau-, Bestandserhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen ist deshalb sehr komplex und muss immer wieder saisonbedingt an Extremsituationen angepasst werden. Grundsätzlich sind in die Beurteilung des allgemeinen Erhaltungszustandes unserer Kreisstraßen folgende Überlegungen mit einzubeziehen.

 

Die Lebensdauer einer Straße hängt stark von ihrer Nutzung und der Wartungsintensität ab. Eine neu erbaute Straße würde ohne regelmäßigen Unterhalt nach etwa 50 Jahren zerfallen. Die mittel- und langfristige Planung der Sanierungsarbeiten ist anspruchsvoll, denn eine Straße besteht aus verschiedenen Elementen: Deckschicht, Tragschicht, Frostschutzschicht und Entwässerung. Die Schichten wiederum bestehen aus verschiedenen Materialien und haben unterschiedliche Lebensdauer. Unterhaltsarbeiten müssen also abgestimmt auf die verschiedenen Bestandteile der Straße geplant und durchgeführt werden.

 

Lebensdauer der verschiedenen Fahrbahnbestandteile:

- Deckschicht: 20 bis 25 Jahre

- Trag- und Binderschicht: 50 Jahre

- Totalersatz der Frostschutzschicht: 100 bis 125 Jahre

- Entwässerung: 50 bis 80 Jahre

 

Die Lebensdauer reduziert sich bei vielbefahrenen, aber auch wenig frequentieren Strecken entsprechend. Die Aufgabe des Fachbereiches Tiefbau besteht darin, ein geschicktes Intervall für Sanierungsarbeiten festzulegen, um so die Lebensdauer einer Straße – bei sich gleichzeitig verändernden Anforderungen wie Lärmschutz oder Bevölkerungszunahme – optimal zu nutzen. Aufgabe des Kreistages und des Bauausschusses ist es, die dafür erforderlichen Mittel bereit zu stellen. Bei einem Streckennetz von 195 km ergeben sich rein rechnerisch folgende Aufwendungen für den Erhalt der Kreisstraßen.

 

Vollausbau:                    195 km x 1.200 €/m: 110 a =       2,13 Mio €/a

Oberbauverstärkung:      195 km x 750 €/m: 55 a : 2 =       1,64 Mio €/a

Deckenbau:                   195 km x 350 €/m: 27,5 a :4 =     1,24 Mio €/a

Gesamtsumme für Bestandserhaltung pro Jahr:                  5,01 Mio €/a

 

Diese Summe umfasst nur den Erhalt des Bestandes, also beinhaltet nicht Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit oder Entlastung der Landkreisbürger, wie z. B. die Umgehung Ebersdorf, der Kreisverkehrsplatz bei Untersiemau oder die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in der OD Hassenberg. Gerade so umfangreiche und kostenintensive Vorhaben wie die Umgehung Ebersdorf dürfen keinesfalls zur Folge haben, dass die jährlichen Ausgaben für den Bestandserhalt des Kreisstraßennetzes gekürzt werden.

 

Um den Ausbaubedarf des Kreisstraßennetzes zu beurteilen, ermittelte der Fachbereich Tiefbau zunächst den Zustand aller Kreisstraßen, getrennt nach Ortsdurchfahrten und freier Strecke. Die Ergebnisse wurde in einer Tabelle erfasst und mit den Streckendaten, wie Baujahr, Fahrbahnbreite, Verkehrsbelastung ergänzt. Aus Netzfunktion, Belastung, Erhaltungsaufwand und Alter wurde versucht eine Ausbaupriorität festzulegen. Bei den Ortsdurchfahrten ist dies bereits ganz fundiert erfolgt und die angegebenen Zahlen sind auch aussagekräftig. Bei den freien Strecken ist diese Zuordnung noch nicht vollständig abgeschlossen. So sind die aus den Tabellen (siehe Anlage 1) ersichtlichen Prioritäten derzeit noch als Diskussionsgrundlage für die zukünftige Ausbauplanung zu sehen.

 

Zur Vorbereitung der Haushaltsberatungen mit Überarbeitung des Investitionsplanes hat der Fachbereich Tiefbau die erforderlichen Maßnahmen 2016 bis 2020 in Anlage 2 aufgelistet und mit der Kämmerei vorbesprochen. Ziel ist es, in der Sitzung am 14.01.2016 zumindest die Baumaßnahmen für das Jahr 2016 bis 2018 zu bestätigen, da hierfür bereits Planungsaufträge vergeben worden sind, bzw. zeitnah vergeben werden müssen.

 

Trotz der für den statistischen Bestandserhalt unzureichenden Finanzausstattung in den zurückliegenden Jahren, ist das Kreisstraßennetz durchschnittlich in einem noch guten Zustand. Zukünftig will der Fachbereich Tiefbau zusammen mit den Unterhaltungsarbeiten der Straßenmeisterei bei erhöhten Anstrengungen im Bereich des Deckenbaus die Lebensdauer unserer Kreisstraßen erhöhen und aufwändige Oberbauverstärkungen oder gar einen Vollausbau möglichst lange hinauszuzögern. Dazu müssten vom Landkreis jährlich Haushaltsmittel von ca. 1 Mio. € eingeplant werden. Sinnvoll wäre hier die Bereitstellung einer pauschalierten Haushaltsstelle. Dies würde eine kurzfristige Reaktion auf unvorhersehbare Ereignisse, oder unerwartete Einflüsse der Wintersaison ermöglichen, ohne den beschlossenen Investitionsplan abändern zu müssen.

 

 

Umwelt- und Naturschutz, Radverkehr

Über diese bisher dargelegten Mittel zur Erhaltung des Straßennetzes mit seinen Bauwerken hinaus sind Maßnahmen für den Umwelt- und Naturschutz oder zur Erweiterung und Verbesserung des Radwegenetzes des Landkreises ebenfalls noch zu berücksichtigen.

 

Das sind alles Aufwendungen, die für eine moderne und nachhaltige Infrastruktur erforderlich sind und keinesfalls vernachlässigt werden dürfen. Gerade im Bereich Radfahren hat sich der Landkreis mit dem Beitritt in die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern (kurz AGFK) zur Förderung des Radverkehrs verpflichtet. Radfahren ist ebenso wie zu Fuß gehen gesund, schont die Umwelt und erhöht die Lebensqualität in den Kommunen. Zudem ist Radtourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor auch für unsere Region. Um den Radverkehr als wesentliches Element des Umweltverbundes in der Nahmobilität zu verorten, sind zukünftig vermehrte Finanzmittel dafür zur Verfügung zu stellen.

 

Derzeit gibt es keinen festen Betrag, der im Kreishaushalt dafür bereitgestellt wird. Mit einem Ansatz von 100.000 € jährlich, der auch für Fremdplaner herangezogen werden kann, könnte das Radwegenetz im Landkreis langfristig überarbeitet, ergänzt und erneuert werden. Mit diesen Erkenntnissen können dann zielgerichtet geförderte Einzelmaßnahmen zur sinnvollen Streckenergänzung und für notwendige Lückenschlüsse im überörtlichen Radwegenetz des Landkreises erfolgen.