Der
Ausschuss für Jugend und Familie nimmt den Abschlussbericht des Projektes zum
quantitativen und qualitativen Ausbau im Pflegekinderbereich zustimmend zur
Kenntnis und beschließt, die Pflegekinderkonzeption in den Regelbetrieb zu
überführen. Die zusätzliche 0,5 Fachkraftstelle einer Sozialpädagogin im
Pflegekinderfachdienst wird dauerhaft eingesetzt.
Sachverhalt:
1.
Ausgangslage
Am 10.07.2012
beschloss der Ausschuss für Jugend und Familie des Landkreises Coburg die
Pflegekinderkonzeption zum 01.09.2012 auf der Basis eines Projektplans
umzusetzen (Vorlage 062/2012). Nach Ablauf von 3 Jahren war vorgesehen, anhand
der Zielerreichung über die dauerhafte Umsetzung oder Beendigung entscheiden zu
können.
Diese Auswertung
wird jetzt vorgelegt.
Ziele des Projektes waren
·
die Schaffung von 14 neuen, zusätzlichen Plätzen in
der Bereitschafts- und Vollzeitpflege und in sonderpädagogischen Pflegestellen,
·
die entsprechende Reduzierung der
Heimunterbringungen,
·
die Anpassung von Erziehungszuschlägen und
Beihilfen für Pflegefamilien und
·
die Umsetzung einer „Kampagne“ zur Altersvorsorge
von Pflegeeltern
2.
Ergebnisse
2.1 Zielerreichung
der einzelnen Maßnahmen
2.1.1 „Zur Gewinnung neuer Pflegeeltern sind neue
Wege, potentielle Familien erreichen, sie zu informieren und sie vorzubereiten,
zu beschreiten.
Dies soll über
- SozialraummentorInnen
(Erfahrene Pflegeeltern sprechen vor Ort Familien an und werben dafür,
Pflegeeltern zu werden. Sie halten Kontakt zu den Pflegefamilien, organisieren
Austauschtreffen vor Ort, bereiten ggf. relevante Themen auf und sind
Erstanlaufstelle bei auftauchenden Fragestellungen.)
- die Herausgabe eines Handbuches für Pflegeeltern mit
Informationen zu pädagogischen, psychologischen und rechtlichen
Fragestellungen, sowie Hilfsangeboten und Ansprechpartnern vor Ort
sowie
- Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber umgesetzt
werden.“
(aus Vorlage 062/2012)
Ergebnis
Das Ziel, 9 SozialraummentorInnen zu akquirieren, einzusetzen und zu
begleiten, wurde nicht erreicht.
Im 1. Projektjahr wurden 5 Pflegeeltern gefunden, die bereit waren, als
MentorInnen aktiv zu werden. Persönliche Ansprache im Umfeld, Besuche in
Schulen oder Kindertageseinrichtungen führten nicht zum gewünschten Erfolg,
neue Interessenten zu finden. Was aber positiv ankam, war, dass erfahrene
Pflegeeltern als Erstansprechpartner zur Verfügung standen, insbesondere, wenn
Familien erstmalig ein Kind bei sich aufgenommen hatten.
Diese positiven Rückmeldungen und den fehlenden Erfolg hinsichtlich der
Gewinnung neuer Familien berücksichtigend, unterstützen seit diesem Jahr nur
noch 2 Pflegeeltern die Arbeit des Pflegekinderfachdienstes. Die Gewinnung
neuer Pflegeeltern wurde aus dem Aufgabenkatalog der Mentorinnen entfernt.
Stattdessen sind sie in der Begleitung von Interessenten und neuen
Pflegefamilien aktiv.
Das Pflegeelternhandbuch wurde 2013 heraus gegeben, das Ziel wurde
damit erreicht.
Erfahrene Pflegeeltern benötigen dies nicht; bei den neu
hinzugekommenen Familien und den Interessenten traf dies auf eine sehr positive
Resonanz.
Seit November 2013 werden für Bewerberfamilien Vorbereitungsseminare durchgeführt;
das Maßnahmeziel ist damit ebenfalls erreicht.
Die Seminare finden an 2 Samstagen und an 2 Abendterminen statt. Sowohl die
Familien als auch die Fachkräfte bewerten diese als sehr gut. Neben der
konzentrierten Schulung lernen sich Familien und Fachkräfte besser
untereinander kennen und die Familien halten oft auch nach der
Vorbereitungsphase Kontakt untereinander und tauschen sich informell bei
auftauchenden Fragestellungen aus.
2.1.2 „Pflegefamilien –neue wie erfahrene-
brauchen angemessene finanzielle Unterstützung, sowie eine fachlich gute
Begleitung.
Der angemessenen finanziellen Unterstützung
soll durch die Einführung eines standardisierten Bewertungsverfahrens, mit dem
der erhöhte Erziehungsaufwand festgestellt (und vergütet) wird, Rechnung
getragen werden….
Die Pauschalierung (der Beihilfen)
soll …. angehoben und altersdifferenziert werden…..
Die Projektplanung sieht vor,
eine zusätzliche 0,5 Fachkraft Sozialpädagoge im Pflegekinderfachdienst
einzusetzen. Mit dieser personellen Erweiterung ist nicht nur eine bessere
fachliche Begleitung der Familien, sondern auch der zusätzliche Personalbedarf
im Zuge des angestrebten Ausbaus umzusetzen.“
(aus Vorlage 062/2012)
Ergebnis
Ein standardisierter Bewertungsbogen wird seit 2013 systematisch in
allen Hilfeplangesprächen eingesetzt und dient als Grundlage, einen ggf.
bestehenden erhöhten Erziehungsaufwand festzustellen. Sowohl für die Fachkräfte
als auch für die Pflegefamilien ist damit eine strukturierte und transparente
Feststellung des Handlungsbedarfs bei einem Pflegekind realisiert worden. Ein
darüber festgestellter erhöhter Erziehungsaufwand wird mit 100, 200 oder 300 €
im Monat vergütet.
Während zu Beginn des Projektes nur in wenigen Einzelfällen und nur
dann, wenn dies auch von den Pflegeeltern entsprechend benannt wurde, ein
individueller Zuschlag gewährt wurde, wird aktuell in ca. 1/3 aller Fälle der
erhöhte Erziehungsaufwand konstatiert. Das o.g. Ziel ist umfassend erreicht
worden.
Pflegekinder ….
Die Pauschalierung der Beihilfen wurde auf der Basis der
Pflegeelternbefragung bereits im September 2012 angepasst und umgesetzt.
Ebenfalls zum Projektbeginn wurde der Pflegekinderfachdienst um eine 0,5
Fachkraft erweitert.
Beide Maßnahmen sind damit realisiert.
2.1.3 „Spätestens ab Januar 2014 soll die
Vermittlung von Kindern in die neuen Pflegefamilien, die 2013 gewonnen und
vorbereitet wurden, erfolgen.
Zum einen werden im Rahmen der
Hilfeplanung alle grundsätzlich familienfähigen Kinder, die in Wohngruppen
(also in der Heimerziehung) untergebracht sind, auf einen Wechsel in eine
Pflegefamilie überprüft.
Zum anderen hat bei allen in
Frage kommenden Neufällen die Vermittlung in die Pflegefamilie Vorrang vor der
Unterbringung in einem Heim.“
(aus Vorlage 062/2012)
Ergebnis
Bis 2015 sollten 14 neue Plätze in Vollzeit-, Bereitschafts- und
sonderpädagogischen Pflegefamilien verfügbar und ggf. belegt sein. Das
Projektziel wurde deutlich übertroffen.
Zum Projektstart 2012 lebten 78 Kinder und Jugendliche in
Pflegefamilien. Freie Kapazitäten waren nicht vorhanden. Eines dieser
Pflegeverhältnisse war eine sonderpädagogische Familie.
Mit Stichtag 01.07.2015 leben inzwischen 92 junge Menschen in Pflegefamilien.
Neun weitere Plätze sind verfügbar, für die z.T. bereits Anbahnungen laufen.
Drei Familien möchten ausschließlich unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
aufnehmen. Summarisch stehen damit 101 Plätze in Pflegefamilien zur Verfügung.
Im Projektzeitraum konnten damit 23 neue Plätze geschaffen werden. Statt 1
leben inzwischen 6 Kinder in einer sonderpädagogischen Pflegestelle.
In der Bereitschaftspflege standen 2012 zwei Familien für die
Ad-hoc-Aufnahme von Kindern zur Verfügung. Diese wurden aber auch von der Stadt
Coburg angefragt und belegt und konnten daher auch nur bedingt in Anspruch
genommen werden.
Aktuell stehen in der Bereitschaftspflege 10 Plätze in Familien zur
Verfügung. 7 Plätze stehen ausschließlich dem Landkreis Coburg zur Verfügung,
bei 3 Familien belegt auch die Stadt Coburg. 2 Familien nehmen auch
Geschwisterkinder auf.
Im Durchschnitt ist die Hälfte der Plätze belegt; die Spannbreite der
gleichzeitigen Belegung in Bereitschaftspflegefamilien reicht von 3 bis zu 10
Kindern.
Im Projektzeitraum wurden
- 18
Pflegeverhältnisse beendet (9 Pflegefamilien wollten danach auch nicht mehr
weiter machen, 1 Pflegefamilie wechselte in die Bereitschaftspflege),
- 3
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Vollzeitpflege untergebracht
und wechselten 6 Kinder aus dem Heim in eine
Pflegefamilie.
Während 2012 noch 12 unter 10-jährige Kinder in Heimerziehung
untergebracht waren (davon 3 im Kindergartenalter), konnte diese Zahl bis Juni
2015 auf 2 reduziert werden. Für diese beiden derzeitig noch im Heim lebenden
Kinder scheidet aus fachlichen Gründen (z.B. gemeinsame Unterbringung mit einem
älteren Geschwisterkind, enge Bindungen in der Gruppe) die Unterbringung in
einer Pflegefamilie aus.
2.1.4 „Eine Informationskampagne zur
Altersvorsorge ist für 2012 und 2013 vorgesehen. Alle Pflegefamilien sollen
angeschrieben und informiert werden; darüber hinaus ist dieser Punkt in den
Beratungsgesprächen aufzugreifen.“
(aus Vorlage 062/2012)
Ergebnis
2012 lag die Inanspruchnahme der
Altersvorsorge durch Pflegeeltern äußerst niedrig. Nur 7 Pflegefamilien nahmen
diese Leistung in Anspruch. Alle Pflegeeltern wurden darüber informiert und sie
wurde in den Beratungsgesprächen explizit aufgegriffen.
Das Ziel ist damit erreicht, das quantitative
Ergebnis dennoch nicht zufriedenstellend. Mit 17 die Altersvorsorge in Anspruch
nehmenden Familien konnte die Zahl zwar mehr als verdoppelt werden. Dennoch
verzichtet das Gros der Pflegeeltern immer noch darauf. Der
Pflegekinderfachdienst hat deshalb aktuell nochmals alle Pflegeeltern
angeschrieben.
2.2 Kostenwirkung
2.2.1 „Ab 2015 stehen den Mehraufwendungen für
Pflegefamilien in Höhe von 340.000 € Minderausgaben in der Heimerziehung in
Höhe von 525.000 € gegenüber.“
(aus Vorlage 062/2015)
Ergebnis
Der Ausbau der Vollzeitpflege war mit Mehraufwendungen für die
Pflegefamilien (durch die größere Anzahl, die Anhebung der Pauschalen und die
Einführung der strukturierten Erfassung eines erhöhten Erziehungsaufwands) und
für die Personalkosten der 0,5 Fachkraftstelle verbunden, sollte summarisch
aber durch weitaus größere Minderausgaben in der Heimerziehung kompensiert
werden.
Dazu zunächst einige Eckpunkte:
Bei Projektbeginn lagen die monatlichen Kosten für eine
durchschnittliche Heimerziehung bei 4.250 €, für eine Pflegefamilie bei 860 €.
Ende 2014 waren die durchschnittlichen Fallkosten für eine
Heimunterbringung auf 5.050 € angestiegen, was zum einen deutlich gestiegenen
Entgelten, zum anderen aber auch der Tatsache geschuldet ist, dass mit dem
Ausbau der Vollzeitpflege der Anteil junger Menschen mit spezialisiertem
Hilfebedarf in Heimerziehung (und damit teureren Einrichtungen) angestiegen
ist. Dieser Effekt muss bei einer Auswertung außen vor gelassen werden.
Tatsächlich sind die Entgelte in den zurückliegenden Jahren um ca. 8 %
angestiegen, was -ausgehend von den Kosten aus 2012- gestiegenen Durchschnittsfallkosten
in Höhe von 4.590 € entspricht. Für die einzelne Vollzeitpflege wurden 2014
durchschnittlich monatlich 920 € gezahlt.
Im Projektzeitraum
wurden im Ergebnis 14 zusätzliche Unterbringungen in Pflegefamilien umgesetzt.
Ohne den Ausbau hätte hier eine Heimunterbringung realisiert werden müssen.
2015 wären dies Ausgaben in Höhe von 770.000 € gewesen.
Im
Pflegekinderbereich schlagen die Qualitätsverbesserungen für alle Pflegefamilien
finanziell, der quantitative Ausbau und die Personalkosten für die Fachkraft zu
Buche Summarisch ist dadurch ein zusätzlicher Finanzaufwand in Höhe von 278.000
€ (250.000 € für Leistungen an Pflegefamilien + 28.000 € Personalkosten)
entstanden.
Im Gesamtergebnis
sind durch das Projekt hochgerechnete Ausgaben in Höhe von 490.000 € vermieden
worden.
Diese Entwicklung
war bereits in den Haushaltsplanungen deutlich geworden.
Das
Pflegekinderkonzept hat maßgeblich dazu beigetragen, die Gesamtaufwendungen der
Jugendhilfe stabil zu halten.
3.
Ausblick
Um das derzeitige
quantitative Niveau zu halten, ist der Gewinnung und Unterstützung von
Pflegefamilien laufende Aufmerksamkeit zu schenken. Das gilt insbesondere im
Hinblick auf die Entwicklungen im Bereich der Pflegefamilien für körperlich und
geistig behinderte Kinder. Die Zuständigkeit für Hilfen für diese Kinder liegt
nicht bei der Jugendhilfe, sondern beim Bezirk. Bislang wurden sie in Heimen
oder Internaten untergebracht, sollen aber künftig auch in Pflegefamilien
vermittelt werden.
Der
Betreuungsaufwand in den Familien steigt stetig, was mit dem „Problemrucksack“,
den Kinder in Familien mitnehmen, korreliert. Kinder, die sexuellen Missbrauch
erlebt haben oder deren Mütter z.T. auch in der Schwangerschaft illegale Drogen
konsumiert haben, die seelisch behindert sind oder bei denen jeder
Besuchskontakt zu den Eltern begleitet werden muss, machen inzwischen mehr als
1/3 aller Pflegekinder aus.
Über den damit
verbundenen Handlungsbedarf wird berichtet, sobald entsprechende Konzepte
entwickelt wurden.
Dem Ausschuss für
Jugend und Familie wird vorgeschlagen, folgenden Beschluss zu fassen: