Sitzung: 21.04.2015 Kreistag
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 49, Nein: 5
Vorlage: 018/2015
Beschluss:
1. Der Landkreis Coburg erkennt die Drehleiterfahrzeuge als überörtlich erforderliche Fahrzeuge an und übernimmt ab dem Jahre 2015 die Kosten für den Unterhalt der Drehleiterfahrzeuge der Städte Bad Rodach, Neustadt b. Coburg und Rödental sowie der Drehleiter in Ebersdorf b. Coburg. Entsprechende Mittel sind in den Haushalten des Landkreises einzuplanen.
2. Der Landkreis Coburg nimmt die Kosten für mittel- bis langfristig erforderliche werdende Ersatzbeschaffungen der o.g. Drehleiterfahrzeuge in die Investitionsplanung des Landkreises auf und führt bei Bedarf die Ersatzbeschaffungen durch.
3. Die Verwaltung wird beauftragt, zu dem unter Ziffer 1 und 2 gefassten Grundsatzbeschluss ein Gesamtkonzept für die Ausstattung bzw. Bezuschussung der Städte und Gemeinden als Träger der örtlichen Feuerwehren, unter Maßgabe eines gemeindlichen Feuerwehrbedarfsplanes, für den Landkreis Coburg zu entwickeln.
Dieses Gesamtkonzept soll unter anderem Empfehlungen für die Anschaffung bzw. Unterhalt überörtlich erforderlicher Fahrzeuge und Gerätschaften, deren Standorte und das Verfahren der organisatorischen Abwicklung sowie eine Definition der Unterhaltskosten und die Zahlungsmodalitäten für verauslagte Gelder beinhalten.
Sachverhalt:
Anliegen:
Vier Mitglieder
des Kreistags (KR Tobias Ehrlicher, KR Frank Rebhan, KR Bernd Reisenweber, KR
Marco Steiner) haben beantragt (siehe Anlage), dass der Landkreis Coburg ab dem
Jahr 2015 die laufenden Kosten für den Unterhalt und eventuelle
Ersatzbeschaffungen der vier im Landkreis Coburg vorhandenen Drehleitern
übernehmen und zukünftig entsprechende Haushaltsmittel vorsehen möge.
Ausgangslage:
Die vier im Gebiet
des Landkreises Coburg vorhandenen Drehleitern sind jeweils durch Bad Rodach,
Rödental, Neustadt bei Coburg bzw. Ebersdorf (in Kooperation mit Grub,
Sonnefeld und Weidhausen) erworben und werden gegenwärtig durch diese Kommunen
unterhalten. Nach Einschätzung der vier Antragsteller käme den vier
Drehleiterfahrzeugen mehr und mehr überörtliche Bedeutung zu.
Ausweislich des
Datenmaterials der Integrierten Leitstelle für den Zweckverband Rettungswesen
und Feuerwehralarmierung ergeben sich folgende Daten:
|
Einsätze gesamt |
Einsätze im örtlichen Bereich |
Einsätze außerhalb des örtlichen Bereichs |
Drehleiter Bad
Rodach |
|||
2013 |
14 |
11 |
3 |
2014 |
15 |
15 |
0 |
Drehleiter
Rödental |
|||
2013 |
27 |
23 |
4 |
2014 |
12 |
9 |
3 |
Drehleiter
Neustadt bei Coburg |
|||
2013 |
19 |
18 |
1 |
2014 |
21 |
19 |
2 |
Drehleiter
Ebersdorf / Grub / Sonnefeld / Weidhausen |
|||
2013 |
29 |
21 |
8 |
2014 |
18 |
15 |
3 |
Summe |
155
(=100 %) |
131
(=85 %) |
24
(=15 %) |
Dabei sei darauf
hingewiesen, dass als örtlicher Bereich für die Drehleiter Ebersdorf die
Gemeinden Ebersdorf, Grub, Sonnefeld und Weidhausen angesehen wurde, also jene
Gemeinden, welche die Drehleiter gemeinschaftlich angeschafft haben.
Die Kosten für die
Anschaffung einer durchschnittlichen Drehleiter betragen gegenwärtig ca.
600.000 EUR. Zurzeit gewährt der Freistaat Bayern auf die Anschaffungen einen
Zuschuss von regelmäßig ca. 200.000 EUR, so dass der Landkreis Coburg bei der
Anschaffung einer Drehleiter (unter Berücksichtigung der gegenwärtigen
Zuschusslage) wirtschaftlich einmalig mit Kosten i.H.v. 400.000 EUR belastet
wäre.
Die Kosten für den
jährlichen gewöhnlichen Unterhalt betragen etwa 15.000 EUR bis 20.000 EUR.
Hinzu kommen folgende größere Wartungsmaßnahmen, die in zeitlich festgelegten
Zeitabständen zusätzlich durchzuführen sind: alle zehn Jahre eine Überprüfung
der Hydraulik mit Austausch der Hydraulikschläuche (Kosten ca. 8.500 bis 10.000
EUR) und alle 30 Jahre eine Werkswartung des Leiteraufbaus (Kosten ca. 50.000
EUR).
Rechtliche Würdigung
Aus rechtlicher
Sicht ist zu dem Antrag anzumerken, dass der Feuerschutz nach Art. 83
Abs. 1 der Bayerischen Verfassung grundsätzlich in den eigenen Wirkungskreis
der Gemeinden fällt. In Bezug auf das Feuerwehrwesen wird die Bayerische
Verfassung nicht durch die Gemeindeordnung, sondern durch das Bayerische
Feuerwehrgesetz weiter konkretisiert:
„Art. 1
Feuerwehrgesetz: Aufgaben der Gemeinden
(1) Die Gemeinden haben als Pflichtaufgabe im
eigenen Wirkungskreis dafür zu sorgen, daß drohende Brand- oder
Explosionsgefahren beseitigt und Brände wirksam bekämpft werden (abwehrender
Brandschutz) sowie ausreichende technische Hilfe bei sonstigen Unglücksfällen
oder Notständen im öffentlichen Interesse geleistet wird (technischer
Hilfsdienst).
(2) Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die
Gemeinden in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gemeindliche Feuerwehren
(Art. 4 Abs. 1) aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten. Sie haben in
diesen Grenzen außerdem die notwendigen Löschwasserversorgungsanlagen
bereitzustellen und zu unterhalten.
(3) […]“
Die Aufgaben der
Landkreise beschreibt das Feuerwehrgesetz wie folgt:
„Art. 2
Aufgaben der Landkreise
Die Landkreise
haben als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis in den Grenzen ihrer
Leistungsfähigkeit die für den Einsatz der gemeindlichen Feuerwehren
überörtlich erforderlichen Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen zu beschaffen
und zu unterhalten oder hierfür Zuschüsse zu gewähren.“
In Bezug auf den
Antrag ist unter rechtlichen Aspekten also wichtig, ob die Drehleiterfahrzeuge
überörtlich erforderlich sind. Der Kommentar zum Bayerischen Feuerwehrgesetz
(39. Auflage vom Januar 2014) besagt dazu:
„Vom Landkreis
müssen nur Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen beschafft werden, die für den
überörtlichen Einsatz der gemeindlichen Feuerwehren erforderlich sind. Überörtlich
bedeutet hier, dass es sich um Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen handeln
muss, die über das hinausgehen, was von den Gemeinden für ihre Feuerwehren nach
Art. 1 Abs. 2 [Feuerwehrgesetz] beschafft werden muss. In Nr. 2 VollzBekBayFwG
ist aufgelistet, welche Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen insbesondere
überörtlich notwendig sein können.“
Die Nr. 2
VollzBekBayFwG lautet:
„Zu Art. 2
Aufgaben der Landkreise
Überörtlich
erforderlich können insbesondere folgende Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen
sein:
– Fahrzeuge
Rüstwagen, Gerätewagen,
Schlauchwagen, Einsatzleitwagen, Atemschutz- und Strahlenschutzfahrzeuge,
Ölschaden- und Einsatzfahrzeuge für Gefahrgutunfälle, überörtlich notwendige
größere Lösch- oder Sonderfahrzeuge, Wasserfahrzeuge und Löschboote
Drehleiterfahrzeuge
sind dort nicht genannt. Der Kommentar zitiert aber aus einem unveröffentlichten
Schreiben des StMI:
„Drehleitern
dienen in erster Linie der Menschenrettung. Ihr Einsatz für diesen Zweck ist in
der Regel nur sinnvoll, wenn innerhalb von höchstens 10 Minuten Hilfe geleistet
werden kann. Hierdurch sind dem Hilfeleistungsbereich verhältnismäßig enge
Grenzen gezogen. Drehleitern werden deshalb in der Regel nicht zu den
überörtlich erforderlichen Geräten gehören. Etwas anderes könnte jedoch
gelten, wenn in einer größeren Zahl von Gemeinden eines Landkreises besondere
Verhältnisse vorliegen, die unabhängig von der Menschenrettung den Einsatz
einer Drehleiter notwendig machen.
Das könnte z.B.
für den Brandeinsatz bei größeren Industriebetrieben zutreffen. Ob solche
örtlich bedingte Verhältnisse vorliegen, muss jedoch im Einzelfall geprüft
werden.“
Nach Einschätzung
der Verwaltung liegen solche örtlich bedingte Verhältnisse nicht vor. Dies wird
durch die Einsatzzahlen bestätigt. Nach Einschätzung der Verwaltung besteht
also kein überörtlicher Bedarf an Drehleitern im Landkreis Coburg. Damit würde
die Anschaffung und der Unterhalt der Drehleitern eine freiwillige Leistung
darstellen.
Natürlich besteht
ein Entscheidungsspielraum der Politik, wie sie die Fakten wertet. Bei der
Beurteilung möge aber auch berücksichtigt werden, dass die Politik sich
gegenwärtig auch um eine Haushaltskonsolidierung bemüht.
aus der Beratung:
Landrat Michael Busch bringt den Vorschlag ein, die Verwaltung solle zusammen mit dem Kreisbrandrat und der Kreisbrandinspektion ein Gesamtkonzept entwickeln. Darin solle festgehalten werden, wie künftig mit Anschaffungen und Unterhalt der überörtlichen Fahrzeuge und Gerätschaften umzugehen sei.
Der Mitglieder des Kreistages stimmen dem Vorschlag zu.
Der Beschlussvorschlag wird durch Absatz 3 ergänzt:
3. „Die Verwaltung wird beauftragt, zu dem unter Ziffer 1 und 2 gefassten Grundsatzbeschluss ein Gesamtkonzept für die Ausstattung bzw. Bezuschussung der Städte und Gemeinden als Träger der örtlichen Feuerwehren, unter Maßgabe eines gemeindlichen Feuerwehrbedarfsplanes, für den Landkreis Coburg zu entwickeln.
Dieses Gesamtkonzept soll unter anderem Empfehlungen für die Anschaffung bzw. Unterhalt überörtlich erforderlicher Fahrzeuge und Gerätschaften, deren Standorte und das Verfahren der organisatorischen Abwicklung sowie eine Definition der Unterhaltskosten und die Zahlungsmodalitäten für verauslagte Gelder beinhalten.“