Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 49, Nein: 5

Beschluss:

 

1.    Der Landkreis Coburg erkennt die Drehleiterfahrzeuge als überörtlich erforderliche Fahrzeuge an und übernimmt ab dem Jahre 2015 die Kosten für den Unterhalt der Drehleiterfahrzeuge der Städte Bad Rodach, Neustadt b. Coburg und Rödental sowie der Drehleiter in Ebersdorf b. Coburg. Entsprechende Mittel sind in den Haushalten des Landkreises einzuplanen.

 

2.    Der Landkreis Coburg nimmt die Kosten für mittel- bis langfristig erforderliche werdende Ersatzbeschaffungen der o.g. Drehleiterfahrzeuge in die Investitionsplanung des Landkreises auf und führt bei Bedarf die Ersatzbeschaffungen durch.

 

3.    Die Verwaltung wird beauftragt, zu dem unter Ziffer 1 und 2 gefassten Grundsatzbeschluss ein Gesamtkonzept für die Ausstattung bzw. Bezuschussung der Städte und Gemeinden als Träger der örtlichen Feuerwehren, unter Maßgabe eines gemeindlichen Feuerwehrbedarfsplanes, für den Landkreis Coburg zu entwickeln.

 

Dieses Gesamtkonzept soll unter anderem Empfehlungen für die Anschaffung bzw. Unterhalt überörtlich erforderlicher Fahrzeuge und Gerätschaften, deren Standorte und das Verfahren der organisatorischen Abwicklung sowie eine Definition der Unterhaltskosten und die Zahlungsmodalitäten für verauslagte Gelder beinhalten.


Sachverhalt:

 

Anliegen:

 

Vier Mitglieder des Kreistags (KR Tobias Ehrlicher, KR Frank Rebhan, KR Bernd Reisen­weber, KR Marco Steiner) haben beantragt (siehe Anlage), dass der Landkreis Coburg ab dem Jahr 2015 die laufenden Kosten für den Unterhalt und eventuelle Ersatzbeschaffun­gen der vier im Landkreis Coburg vorhandenen Drehleitern übernehmen und zukünftig entsprechende Haushaltsmittel vorsehen möge.

 

Ausgangslage:

 

Die vier im Gebiet des Landkreises Coburg vorhandenen Drehleitern sind jeweils durch Bad Rodach, Rödental, Neustadt bei Coburg bzw. Ebersdorf (in Kooperation mit Grub, Sonnefeld und Weidhausen) erworben und werden gegenwärtig durch diese Kommunen unterhalten. Nach Einschätzung der vier Antragsteller käme den vier Drehleiterfahrzeu­gen mehr und mehr überörtliche Bedeutung zu.

 

Ausweislich des Datenmaterials der Integrierten Leitstelle für den Zweckverband Rettungswesen und Feuerwehralarmierung ergeben sich folgende Daten:

 

 

Einsätze gesamt

Einsätze im örtlichen Bereich

Einsätze außerhalb des örtlichen Bereichs

Drehleiter Bad Rodach

2013

14

11

3

2014

15

15

0

Drehleiter Rödental

2013

27

23

4

2014

12

9

3

Drehleiter Neustadt bei Coburg

2013

19

18

1

2014

21

19

2

Drehleiter Ebersdorf / Grub / Sonnefeld / Weidhausen

2013

29

21

8

2014

18

15

3

Summe

155 (=100 %)

131 (=85 %)

24 (=15 %)

 

 

Dabei sei darauf hingewiesen, dass als örtlicher Bereich für die Drehleiter Ebersdorf die Gemeinden Ebersdorf, Grub, Sonnefeld und Weidhausen angesehen wurde, also jene Gemeinden, welche die Drehleiter gemeinschaftlich angeschafft haben.

 

Die Kosten für die Anschaffung einer durchschnittlichen Drehleiter betragen gegenwärtig ca. 600.000 EUR. Zurzeit gewährt der Freistaat Bayern auf die Anschaffungen einen Zuschuss von regelmäßig ca. 200.000 EUR, so dass der Landkreis Coburg bei der An­schaffung einer Drehleiter (unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Zuschusslage) wirtschaftlich einmalig mit Kosten i.H.v. 400.000 EUR belastet wäre.

 

Die Kosten für den jährlichen gewöhnlichen Unterhalt betragen etwa 15.000 EUR bis 20.000 EUR. Hinzu kommen folgende größere Wartungsmaßnahmen, die in zeitlich fest­gelegten Zeitabständen zusätzlich durchzuführen sind: alle zehn Jahre eine Überprüfung der Hydraulik mit Austausch der Hydraulikschläuche (Kosten ca. 8.500 bis 10.000 EUR) und alle 30 Jahre eine Werkswartung des Leiteraufbaus (Kosten ca. 50.000 EUR).

 

Rechtliche Würdigung

Aus rechtlicher Sicht ist zu dem Antrag anzumerken, dass der Feuerschutz nach Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung grundsätzlich in den eigenen Wirkungskreis der Ge­meinden fällt. In Bezug auf das Feuerwehrwesen wird die Bayerische Verfassung nicht durch die Gemeindeordnung, sondern durch das Bayerische Feuerwehrgesetz weiter konkretisiert:

 

„Art. 1 Feuerwehrgesetz: Aufgaben der Gemeinden

(1)  Die Gemeinden haben als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis dafür zu sorgen, daß drohende Brand- oder Explosionsgefahren beseitigt und Brände wirksam be­kämpft werden (abwehrender Brandschutz) sowie ausreichende technische Hilfe bei sonstigen Unglücksfällen oder Notständen im öffentlichen Interesse geleistet wird (technischer Hilfsdienst).

 

(2)  Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Gemeinden in den Grenzen ihrer Leistungs­fähigkeit gemeindliche Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1) aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten. Sie haben in diesen Grenzen außerdem die notwendigen Löschwasser­versorgungsanlagen bereitzustellen und zu unterhalten.

 

(3)  […]“

 

Die Aufgaben der Landkreise beschreibt das Feuerwehrgesetz wie folgt:

 

„Art. 2 Aufgaben der Landkreise

Die Landkreise haben als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für den Einsatz der gemeindlichen Feuerwehren überörtlich erfor­derlichen Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen zu beschaffen und zu unterhalten oder hierfür Zuschüsse zu gewähren.“

 

In Bezug auf den Antrag ist unter rechtlichen Aspekten also wichtig, ob die Drehleiter­fahrzeuge überörtlich erforderlich sind. Der Kommentar zum Bayerischen Feuerwehrge­setz (39. Auflage vom Januar 2014) besagt dazu:

 

„Vom Landkreis müssen nur Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen beschafft werden, die für den überörtlichen Einsatz der gemeindlichen Feuerwehren erforderlich sind. Überört­lich bedeutet hier, dass es sich um Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen handeln muss, die über das hinausgehen, was von den Gemeinden für ihre Feuerwehren nach Art. 1 Abs. 2 [Feuerwehrgesetz] beschafft werden muss. In Nr. 2 VollzBekBayFwG ist aufgelis­tet, welche Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen insbesondere überörtlich notwendig sein können.“

 

Die Nr. 2 VollzBekBayFwG lautet:

 

„Zu Art. 2 Aufgaben der Landkreise

Überörtlich erforderlich können insbesondere folgende Fahrzeuge, Geräte und Einrichtun­gen sein:

 

–  Fahrzeuge

Rüstwagen, Gerätewagen, Schlauchwagen, Einsatzleitwagen, Atemschutz- und Strahlen­schutzfahrzeuge, Ölschaden- und Einsatzfahrzeuge für Gefahrgutunfälle, überörtlich not­wendige größere Lösch- oder Sonderfahrzeuge, Wasserfahrzeuge und Löschboote

 

Drehleiterfahrzeuge sind dort nicht genannt. Der Kommentar zitiert aber aus einem un­veröffentlichten Schreiben des StMI:

 

„Drehleitern dienen in erster Linie der Menschenrettung. Ihr Einsatz für diesen Zweck ist in der Regel nur sinnvoll, wenn innerhalb von höchstens 10 Minuten Hilfe geleistet wer­den kann. Hierdurch sind dem Hilfeleistungsbereich verhältnismäßig enge Grenzen gezo­gen. Drehleitern werden deshalb in der Regel nicht zu den überörtlich erforderli­chen Geräten gehören. Etwas anderes könnte jedoch gelten, wenn in einer größeren Zahl von Gemeinden eines Landkreises besondere Verhältnisse vorliegen, die unabhängig von der Menschenrettung den Einsatz einer Drehleiter notwendig machen.

 

Das könnte z.B. für den Brandeinsatz bei größeren Industriebetrieben zutreffen. Ob sol­che örtlich bedingte Verhältnisse vorliegen, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden.“

 

Nach Einschätzung der Verwaltung liegen solche örtlich bedingte Verhältnisse nicht vor. Dies wird durch die Einsatzzahlen bestätigt. Nach Einschätzung der Verwaltung besteht also kein überörtlicher Bedarf an Drehleitern im Landkreis Coburg. Damit würde die Anschaffung und der Unterhalt der Drehleitern eine freiwillige Leistung darstellen.

 

Natürlich besteht ein Entscheidungsspielraum der Politik, wie sie die Fakten wertet. Bei der Beurteilung möge aber auch berücksichtigt werden, dass die Politik sich gegenwärtig auch um eine Haushaltskonsolidierung bemüht.

 

 


aus der Beratung:

 

Landrat Michael Busch bringt den Vorschlag ein, die Verwaltung solle zusammen mit dem Kreisbrandrat und der Kreisbrandinspektion ein Gesamtkonzept entwickeln. Darin solle festgehalten werden, wie künftig mit Anschaffungen und Unterhalt der überörtlichen Fahrzeuge und Gerätschaften umzugehen sei.

 

Der Mitglieder des Kreistages stimmen dem Vorschlag zu.

 

Der Beschlussvorschlag wird durch Absatz 3 ergänzt:

 

3.    „Die Verwaltung wird beauftragt, zu dem unter Ziffer 1 und 2 gefassten Grundsatzbeschluss ein Gesamtkonzept für die Ausstattung bzw. Bezuschussung der Städte und Gemeinden als Träger der örtlichen Feuerwehren, unter Maßgabe eines gemeindlichen Feuerwehrbedarfsplanes, für den Landkreis Coburg zu entwickeln.

 

Dieses Gesamtkonzept soll unter anderem Empfehlungen für die Anschaffung bzw. Unterhalt überörtlich erforderlicher Fahrzeuge und Gerätschaften, deren Standorte und das Verfahren der organisatorischen Abwicklung sowie eine Definition der Unterhaltskosten und die Zahlungsmodalitäten für verauslagte Gelder beinhalten.“