Sitzung: 26.02.2015 Kreis- und Strategieausschuss
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 12, Nein: 1
Vorlage: 018/2015
Beschluss:
1.
Übernahme der Kosten für den
Fahrzeugunterhalt
Der Landkreis Coburg erkennt die Drehleiterfahrzeuge als überörtlich erforderliche Fahrzeuge an und übernimmt ab dem Jahre 2015 die Kosten für den Unterhalt der Drehleiterfahrzeuge der Städte Bad Rodach, Neustadt b. Coburg und Rödental sowie der Drehleiter in Ebersdorf b. Coburg. Entsprechende Mittel sind in den Haushalten des Landkreises einzuplanen.
2.
Durchführung von Ersatzbeschaffungen
Der Landkreis Coburg nimmt die Kosten für mittel- bis langfristig erforderliche werdende Ersatzbeschaffungen der o.g. Drehleiterfahrzeuge in die Investitionsplanung des Landkreises auf und führt bei Bedarf die Ersatzbeschaffungen durch.
Sachverhalt:
Anliegen:
Vier Mitglieder des Kreistags (KR Tobias Ehrlicher, KR Frank Rebhan, KR Bernd Reisenweber, KR Marco Steiner) haben beantragt (siehe Anlage), dass der Landkreis Coburg ab dem Jahr 2015 die laufenden Kosten für den Unterhalt und eventuelle Ersatzbeschaffungen der vier im Landkreis Coburg vorhandenen Drehleitern übernehmen und zukünftig entsprechende Haushaltsmittel vorsehen möge.
Ausgangslage:
Die vier im Gebiet des Landkreises Coburg vorhandenen Drehleitern sind jeweils durch Bad Rodach, Rödental, Neustadt bei Coburg bzw. Ebersdorf (in Kooperation mit Grub, Sonnefeld und Weidhausen) erworben und werden gegenwärtig durch diese Kommunen unterhalten. Nach Einschätzung der vier Antragsteller käme den vier Drehleiterfahrzeugen mehr und mehr überörtliche Bedeutung zu. Ausweislich des Datenmaterials der Integrierten Leitstelle für den Zweckverband Rettungswesen und Feuerwehralarmierung ergeben sich folgende Daten:
|
Einsätze gesamt |
Einsätze im
örtlichen Bereich |
Einsätze
außerhalb des örtlichen Bereichs |
Drehleiter Bad
Rodach |
|||
2013 |
14 |
11 |
3 |
2014 |
15 |
15 |
0 |
Drehleiter
Rödental |
|||
2013 |
27 |
23 |
4 |
2014 |
12 |
9 |
3 |
Drehleiter
Neustadt bei Coburg |
|||
2013 |
19 |
18 |
1 |
2014 |
21 |
19 |
2 |
Drehleiter
Ebersdorf / Grub / Sonnefeld / Weidhausen |
|||
2013 |
29 |
21 |
8 |
2014 |
18 |
15 |
3 |
Summe |
155 (=100 %) |
131 (=85 %) |
24 (=15 %) |
Dabei sei darauf hingewiesen, dass als örtlicher Bereich für die Drehleiter Ebersdorf die Gemeinden Ebersdorf, Grub, Sonnefeld und Weidhausen angesehen wurde, also jene Gemeinden, welche die Drehleiter gemeinschaftlich angeschafft haben.
Die Kosten für die Anschaffung einer durchschnittlichen Drehleiter betragen gegenwärtig ca. 600.000 EUR. Zurzeit gewährt der Freistaat Bayern auf die Anschaffungen einen Zuschuss von regelmäßig ca. 200.000 EUR, so dass der Landkreis Coburg bei der Anschaffung einer Drehleiter (unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Zuschusslage) wirtschaftlich einmalig mit Kosten i.H.v. 400.000 EUR belastet wäre.
Die Kosten für den jährlichen gewöhnlichen Unterhalt betragen etwa 15.000 EUR bis 20.000 EUR. Hinzu kommen folgende größere Wartungsmaßnahmen, die in zeitlich festgelegten Zeitabständen zusätzlich durchzuführen sind: alle zehn Jahre eine Überprüfung der Hydraulik mit Austausch der Hydraulikschläuche (Kosten ca. 8.500 bis 10.000 EUR) und alle 30 Jahre eine Werkswartung des Leiteraufbaus (Kosten ca. 50.000 EUR).
Rechtliche Würdigung
Aus rechtlicher Sicht ist zu dem Antrag anzumerken, dass der Feuerschutz nach Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung grundsätzlich in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden fällt. In Bezug auf das Feuerwehrwesen wird die Bayerische Verfassung nicht durch die Gemeindeordnung, sondern durch das Bayerische Feuerwehrgesetz weiter konkretisiert:
„Art. 1 Feuerwehrgesetz: Aufgaben der Gemeinden
(1) Die Gemeinden haben als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis dafür zu sorgen, daß drohende Brand- oder Explosionsgefahren beseitigt und Brände wirksam bekämpft werden (abwehrender Brandschutz) sowie ausreichende technische Hilfe bei sonstigen Unglücksfällen oder Notständen im öffentlichen Interesse geleistet wird (technischer Hilfsdienst).
(2) Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Gemeinden in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gemeindliche Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1) aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten. Sie haben in diesen Grenzen außerdem die notwendigen Löschwasserversorgungsanlagen bereitzustellen und zu unterhalten.
(3) […]“
Die Aufgaben der Landkreise beschreibt das Feuerwehrgesetz wie folgt:
„Art. 2 Aufgaben der Landkreise
Die Landkreise haben als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für den Einsatz der gemeindlichen Feuerwehren überörtlich erforderlichen Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen zu beschaffen und zu unterhalten oder hierfür Zuschüsse zu gewähren.“
In Bezug auf den Antrag ist unter rechtlichen Aspekten also wichtig, ob die Drehleiterfahrzeuge überörtlich erforderlich sind. Der Kommentar zum Bayerischen Feuerwehrgesetz (39. Auflage vom Januar 2014) besagt dazu:
„Vom Landkreis müssen nur Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen beschafft werden, die für den überörtlichen Einsatz der gemeindlichen Feuerwehren erforderlich sind. Überörtlich bedeutet hier, dass es sich um Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen handeln muss, die über das hinausgehen, was von den Gemeinden für ihre Feuerwehren nach Art. 1 Abs. 2 [Feuerwehrgesetz] beschafft werden muss. In Nr. 2 VollzBekBayFwG ist aufgelistet, welche Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen insbesondere überörtlich notwendig sein können.“
Die Nr. 2 VollzBekBayFwG lautet:
„Zu Art. 2 Aufgaben der Landkreise
Überörtlich erforderlich können insbesondere folgende Fahrzeuge, Geräte und Einrichtungen sein:
– Fahrzeuge
Rüstwagen, Gerätewagen, Schlauchwagen, Einsatzleitwagen, Atemschutz- und Strahlenschutzfahrzeuge, Ölschaden- und Einsatzfahrzeuge für Gefahrgutunfälle, überörtlich notwendige größere Lösch- oder Sonderfahrzeuge, Wasserfahrzeuge und Löschboote
Drehleiterfahrzeuge sind dort nicht genannt. Der Kommentar zitiert aber aus einem unveröffentlichten Schreiben des StMI:
„Drehleitern dienen in erster Linie der Menschenrettung. Ihr Einsatz für diesen Zweck ist in der Regel nur sinnvoll, wenn innerhalb von höchstens 10 Minuten Hilfe geleistet werden kann. Hierdurch sind dem Hilfeleistungsbereich verhältnismäßig enge Grenzen gezogen. Drehleitern werden deshalb in der Regel nicht zu den überörtlich erforderlichen Geräten gehören [Hervorhebung durch Ersteller der Beschlussvorlage]. Etwas anderes könnte jedoch gelten, wenn in einer größeren Zahl von Gemeinden eines Landkreises besondere Verhältnisse vorliegen, die unabhängig von der Menschenrettung den Einsatz einer Drehleiter notwendig machen. Das könnte z.B. für den Brandeinsatz bei größeren Industriebetrieben zutreffen. Ob solche örtlich bedingte Verhältnisse vorliegen, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden.“
Nach Einschätzung der Verwaltung liegen solche örtlich bedingte Verhältnisse nicht vor. Dies wird durch die Einsatzzahlen bestätigt. Nach Einschätzung der Verwaltung besteht also kein überörtlicher Bedarf an Drehleitern im Landkreis Coburg. Damit würde die Anschaffung und der Unterhalt der Drehleitern eine freiwillige Leistung darstellen.
Natürlich besteht ein Entscheidungsspielraum der Politik, wie sie die Fakten wertet. Bei der Beurteilung möge aber auch berücksichtigt werden, dass die Politik sich gegenwärtig auch um eine Haushaltskonsolidierung bemüht.
Die Verwaltung empfiehlt daher, den Beschlussvorschlag der Antragsteller abzulehnen. Sollte der Kreistag den Beschlussvorschlag annehmen, so empfiehlt die Verwaltung, auch den weiteren Beschlussvorschlag der Verwaltung (Ziffer 3) anzunehmen, um eine räumlich sinnvolle Verteilung der Drehleitern im Landkreis Coburg zu gewährleisten.
aus der Beratung:
Kreisrat Frank Rebhan schlägt eine Kostenbeteiligung vorm, 50 % trägt
der Landkreis und 50 % die Gemeinden.
Kreisrat Rainer Mattern stellt daraufhin den Antrag, den
Tagesordnungspunkt in die nächste Kreistagssitzung zu vertagen. Die Verwaltung
solle bis dahin eine Kostenaufstellung über eine mögliche Bezuschussung von 50
% der Verbrauchsmaterialien vorlegen.
Landrat Michael Busch lässt über den Vorschlag abstimmen.
Der Antrag ist mit 6 Fürstimmen und 7 Gegenstimmen
abgelehnt.
Bürgermeister Bernd Reisenweber berichtet in seiner Eigenschaft als
Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetages Kreisverband Coburg, dass es sich
bei dem eingereichten Antrag ausschließlich um die Übernahme der laufenden
Kosten handle. Diese beinhalten die Wartung, Instandhaltung und
Wiederbeschaffung der Drehleiterfahrzeuge. Die Maschinenversicherungskosten,
Ausbildungskosten, Lohnersatzkosten etc. werden von den Kommunen übernommen.
Das werde er auch schriftlich nachreichen.
Landrat Michael Busch regt nach ausführlicher Beratung an, über den
vorliegenden Beschlussvorschlag der Antragsteller abzustimmen.