Beschluss: einstimmig

Der Fachbereich Jugend, Familie und Senioren wird beauftragt, die vorliegenden Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung mit

der GeRi GmbH Coburg und dem Diakonischen Werk e.V. über die Vermittlung und Betreuung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit gerichtlichen Arbeitsweisungen, über die Durchführung von Betreuungsweisungen und von Sozialen Trainingsmaßnahmen (STM), vorbehaltlich der Genehmigung der Haushaltsmittel durch den Kreistag, für das Jahr 2015 abzuschließen. Die Vereinbarung ist Bestandteil des Beschlusses.


Sachverhalt:

Gerichtliche Sanktionen jugendlicher und heranwachsender Straftäter liegen in einer zweigeteilten Zuständigkeit. Während Jugendhaft und Jugendarrest in den Händen der Justiz liegt, sind Maßnahmen unterhalb dieser Schwelle dann von der Jugendhilfe sicherzustellen, wenn sie aus Sicht des Jugendamtes im Einzelfall notwendig und geeignet sind. Sie zählen demnach zu den Hilfen zur Erziehung.

Die gängigsten Formen sind die Ableistung von Arbeitsweisungen, die Betreuungsweisungen und die Sozialen Trainingsmaßnahmen.

Die Betreuungsweisungen stellen eine jugendhilfeorientierte, intensive mittel- bis langfristige (mind. 6 Monate) sozialpädagogische Einzelfallhilfe dar. Sie soll dem Jugendlichen/Heranwachsenden im Alter zwischen 14 und 21 Jahren bei der Bewältigung von Entwicklungsschwierigkeiten und problembehafteten Lebenssituationen, unter Einbeziehung des sozialen Umfeldes unterstützen und unter Erhaltung des Lebensbezuges zur Familie seine Verselbständigung fördern.

 

Ziele einer Betreuungsweisung sind

 

-        weitere Delinquenz durch Einsicht, Reflexion der Lebenssituation und dar-aus resultierender Verhaltensänderung vermeiden (Einzelberatung)

 

-        Einbeziehung der Lebenswelt des Jugendlichen in die Arbeit mit dem Jugendlichen und Nutzung der individuellen Ressourcen um, falls notwendig, den Jugendlichen in sein soziales Umfeld zu reintegrieren und dadurch im Verhalten zu stabilisieren und zu sichern (Systemische bzw. Familienberatung, Mediation)

 

-        Abbau von Schwellenängsten durch Vernetzung mit anderen Institutionen bei einzelfallrelevanten Problemlagen.

 

-        Bei bestehender Voraussetzung: Hilfe bei der Integration in den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt

 

 

Die Soziale Trainingsmaßnahme (STM) ist eine ambulante gruppenpädagogische Maßnahme für jugendliche und heranwachsende Straftäter, die vom Jugendgericht gemäß § 10 Abs. 1. Nr. 6 JGG ausgesprochen wird und in der Regel 6 Monate dauert.

 

Soziale Trainingskurse sind sinnvoll für die Gruppe junger Menschen, die häufig auch in der jeweiligen Straftat zum Ausdruck kommende Schwierigkeiten beim Umgang mit anderen und sich selbst haben und denen mit einer sozialen Gruppenarbeit ein entsprechendes Lernfeld angeboten werden kann.

Soziale Trainingskurse sind Hilfen zur Erziehung für Jugendliche gem. § 29 SGB VIII „Soziale Gruppenarbeit“ bzw. Hilfen für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII in Verbindung mit § 29 SGB VIII. 

Für den Landkreis Coburg wurden bislang die Ableistung von Arbeitsleistungen und die Betreuungsweisungen durch die Gemeinnützige Gesellschaft für Resozialisierung und Integration mbH (GeRI) und die Sozialen Trainingsmaßnahmen (STM) durch das Diakonische Werk Coburg e.V. als komplett voneinander getrennte Hilfen angeboten. Ein Wechsel von einer Hilfeform in die andere wurde nicht realisiert. Des Weiteren war die Zahl der jugendlichen Straftäter, die zur Teilnahme an einer Sozialen Trainingsmaßnahme verurteilt wurden, rückläufig[1]. Folge war, dass zwischen der Straftat, der Verurteilung und der Sanktion nicht selten mehr als ein Jahr lag und damit der Grundsatz, dass sich die jungen Menschen sehr schnell für ihr Handeln verantworten und Konsequenzen spüren müssen, letztlich nicht mehr realisiert wurde.

Seit 2013 fanden deshalb unter Einbeziehung des Jugendgerichts Gespräche zwischen den Trägern und den Jugendämtern Stadt und Landkreis statt, in deren Mittelpunkt stand, ein für die Region passendes und flexibles Konzept zu entwickeln, welches eine unmittelbare und schnelle Umsetzung von erzieherisch wirkenden Sanktionen ermöglicht und dem regionalen Bedarf entspricht.

Dieses Konzept wird heute zur Entscheidung vorgelegt. Es ist noch nicht abschließend fertig gestellt, aber in seinen Grundpfeilern entwickelt, finanziell kalkuliert und abgestimmt.  Fehlend ist die Einbindung der Ableistung von Arbeitsstunden in das Gesamtkonzept. Eine Umsetzung ab 2015 ist aber deshalb sinnvoll, weil

-      eine Verzahnung zwischen den Betreuungsweisungen und den Sozialen Trainingsmaßnahmen erfolgt ist

-      gruppenpädagogische Interventionen deliktspezifisch erfolgen

-      die Durchlässigkeit der Angebote eine passgenaue Hilfe und Intervention ermöglichen

-      die Maßnahmen „aus einer Hand“ und über eine gemeinsame Anlaufstelle beider Träger angeboten werden.

Der Arbeitstitel des gemeinsamen Konzepts „Haus des Jugendrechts“ beschreibt gut den Grundgedanken, ist aber sprachlich unscharf. Darunter wird nämlich ein Gebäude verstanden, in dem neben einschlägig tätigen freien Trägern auch Jugendgericht Polizei, Jugendstaatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe unter einem Dach zusammenarbeiten.


Konkret sieht das Verfahren nach dem neuen Konzept wie folgt aus:

 

 

 

 

 

 


STM im Rahmen eines Gruppenangebots

 

Einzelfallhilfe im Rahmen einer Betreuungsweisung

 
         

 

Ergebnisbericht an Jugendgericht und an das zuständige Jugendamt

nach Beendigung der Maßnahme

 
 

 

 


Nach der ausgesprochenen Weisung durch das Jugendgericht meldet sich der Jugendliche in den gemeinsamen Räumlichkeiten der Träger in der Judengasse.
In der Diagnosephase werden mit ihm zuerst anamnestische Daten erhoben, er wird über die Maßnahme informiert und seine aktuelle Lebenssituation besprochen. Im zweiten Schritt werden die Problemlagen definiert.
Dies bildet die Grundlage der gemeinsam mit den zuständigen Fachkräften der Jugendämter vorzunehmenden differenzierten Hilfeplanung.
Die vom Gericht festgelegte Maßnahme wird dabei ggf. ergänzt durch Elemente aus dem anderen Schwerpunkt. Beispielsweise soll ein Jugendlicher mit einer Weisung für STM, neben den Gruppenangeboten auch Einzelgespräche z.B. mit der Zielsetzung Berufswegeplanung erhalten.

Eine differenzierte Darstellung mit Inhalten und Abläufen der einzelnen Maßnahmen ist der Gesamtkonzeption (Anlage 1) zu entnehmen.

Für die Berechnung der Finanzierung der gemeinsamen Maßnahmen durch die beiden Träger aus dem Gesamtkonzept wurden die Personalkosten für die (in Teilzeit tätigen) sozialpädagogischen Fachkräfte –ausgedrückt in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) und eine Verwaltungskraft in Teilzeit zu Grunde gelegt. Die Sachkosten wurden pauschal auf der Grundlage der Berechnung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagament (KGSt) angesetzt und berücksichtigen neben Miete incl. Nebenkosten, PC-gestützten Arbeitsplätzen, Querschnittsleistungen, Bürobedarf, Telefon, Fahrtkosten und Fortbildung auch Maßnahmekosten im Kontext der gruppenpädagogischen Angebote.
Unter Berücksichtigung eines Trägeranteils von 10 % (7.324 €) ergibt diese Berechnung einen Gesamtzuschuss an beide Träger für die Umsetzung des neuen Konzepts in Höhe von 65.918 € für Stadt und Landkreis Coburg, von denen der Landkreis Coburg 47.829 € trägt. Dies entspricht den bisherigen Beträgen, die bislang getrennt an beide Träger gezahlt wurden. Mit der neuen Konzeption werden damit kostenneutral qualitative Verbesserungen erreicht.

 

Im nächsten Jahr soll die Vermittlung und Betreuung von jungen Menschen mit gerichtlichen Arbeitsweisen durch GeRi ebenfalls in diese gemeinsame Konzeption –sowohl inhaltlich als auch finanziell- eingearbeitet werden. Eine gesonderte Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarung wird dafür nicht abgeschlossen, sondern in die neue Vereinbarung (Anlage 2) mit aufgenommen. Der bisherige Zuschuss des Landkreises in Höhe von 7.000 € wird beibehalten und darin gesondert ausgewiesen.

 

 



[1] Der Trägerzuschuss wurde deshalb bereits reduziert.