Beschluss: geändert beschlossen

  1. Der Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität befürwortet grundsätzlich das Modell zur Realisierung von Bürger-Photovoltaikanlagen auf hierfür von der Verwaltung als geeignet angesehenen Dachflächen von Liegenschaften des Landkreises Coburg durch die langfristige Anmietung einer betriebsfertigen PV-Anlage zum eigenen Betrieb durch den Landkreis Coburg.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Klimaschutzmanager der Coburg Stadt und Land aktiv GmbH entsprechende Flächen zu identifizieren und grundlegende Finanzmodelle mit externen Kooperationspartnern insbesondere Bürgerbeteiligungen oder Eigenfinanzierung zu erarbeiten. Hierbei muss auf ein betriebswirtschaftlich weitgehend ausgeglichenes Ergebnis über die gesamte Vertragslaufzeit geachtet werden. Die Auswahl des jeweiligen Kooperationspartners (Vermieters) hat entsprechend der Vergabevorschriften der öffentlichen Hand zu erfolgen, wobei regionale Kooperationen insbesondere mit Möglichkeiten zur Einbindung von Bürgerkapital im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu bevorzugen sind.

 


Der Kreistag Coburg hat 2012 die Umsetzung des im Rahmen eines breiten Beteiligungsprozesses erarbeiteten Integrierten Klimaschutzkonzepts (IKSK) des Landkreises Coburg beschlossen. Hierzu zählen u.a. ambitionierte Ziele zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes und zum Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien. Zumindest was den CO2-Ausstoß betrifft, zeichnet sich jedoch aktuell trotz aller Bemühungen zur Energieeinsparung ein gegenteiliges Bild ab. So weist die CO2-Bilanz der Stadt Coburg (im Landkreis Coburg wird aktuell noch keine CO2-Bilanz fortgeschrieben) einen Anstieg des CO2-Ausstoßes trotz rückläufigen Energiebedarfs auf. Dies ist v.a. auf die verstärkte Produktion von Strom aus Gaskraftwerken seit der Abschaltung erster Atommeiler zurückzuführen.

 

Insofern sind eigene Bemühungen zum Ausbau (weitgehend) CO2-neutral produzierten Stroms aus erneuerbaren Energien zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes insgesamt deutlich zu forcieren, um die beschossenen Zielvorgaben des IKSK zu erfüllen. Allerdings sind die Möglichkeiten des Landkreises bzw. der öffentlichen Hand hierzu begrenzt – zumal in Zeiten der Haushaltskonsolidierung, die investiven Gestaltungsspielräume eingeschränkt sind.

Nun ist die Coburg Stadt und Land aktiv GmbH auf Stadt und Landkreis Coburg mit folgendem Vorschlag zugekommen:

 

  • Mit Unterstützung des Regionalmanagements / der Coburg Stadt und Land aktiv GmbH wurde die Gründung einer Bürger-Energiegenossenschaft Coburg Stadt und Land (vergleichbar: Neue Energien Obermain e.G. mit ihren Projekten bspw. in der Nähe von Untersiemau) weit vorangebracht. Gut zwei Dutzend interessierte BürgerInnen aus der Region haben in den vergangenen fast zwei Jahren alle Vorarbeiten (v.a. Entwurf und juristische Abstimmung einer Satzung) auf den Weg gebracht. Eine Gründung könnte kurzfristig erfolgen, sobald diese neue Genossenschaft erste Startprojekte zur Investition des genossenschaftlichen Kapitals in regionale Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien nachweisen kann. Erfahrungen zeigen, dass die Bevölkerung sehr interessiert an der Zeichnung von Genossenschaftsanteilen ist, wenn verlässliche Projekte vorhanden sind.

 

  • Hierzu werden Bürger-Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Dachflächen von Stadt und Landkreis (bspw. von Schulen, Turnhallten oder Verwaltungsgebäuden) vorgeschlagen.

 

  • Nach den letzten Änderungen am Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) ist der Betrieb solcher Photovoltaikanlagen jedoch nur noch rentabel, wenn der Betreiber einen möglichst großen Anteil der erzeugten Energie selbst nutzt (sog. Eigenstromnutzung) und damit nicht nur Erlöse durch die Netzeinspeisung des produzierten Stroms nach EEG erzielt, sondern vor allem durch den vermiedenen Bezug von (teurem) Strom Einsparungen erzielt. Hierfür müssen jedoch Anlagenbetreiber und Stromkunde identisch sein. Daher kommt eine reine Vermietung von Dachflächen an die Betreiber von Bürger-Photovoltaikanlagen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr in Betracht, wie dies in der Vergangenheit oftmals praktiziert wurde.

 

  • Vielmehr bietet sich ein neues Kooperationsmodell an, wobei Stadt und/oder Landkreis Coburg für eigene Liegenschaften eine betriebsfertige Anlage auf die Dauer von 20 Jahren anmieten. Diesen Mietausgaben stehen dafür Einnahmen aus dem Verkauf des eingespeisten Stroms nach EEG gegenüber, die für den Mietzeitraum von 20 Jahren gesetzlich gesichert sind. Hierzu kommen die Einsparungen durch den Eigenverbrauch des selbst produzierten Stroms, der sich anhand von Strom-Lastkurven sehr präzise berechnen lässt und bei derartigen Spezialimmobilien bis zu 65 Prozent des aus der PV-Anlage produzierten Stroms beträgt. Geht man davon aus, dass die Stromkosten weiter steigen, erhöht sich diese Kostenersparnis sogar noch kontinuierlich in der Zukunft.

  • Somit können Stadt und Landkreis Coburg ohne selbst investiv tätig werden zu müssen, dauerhaft ihre Abhängigkeit vom Stromeinkauf reduzieren, den Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion vor Ort forcieren und somit den CO2-Ausstoß vor Ort reduzieren. Berechnungen an einem konkreten Modellprojekt (Turnhalle Gymnasium Ernestinum, Coburg) haben ergeben, dass die Einnahmen bzw. Kosteneinsparungen leicht über den Mietkosten liegen werden. Allerdings ist der Betrieb einer PV-Anlage für die Verwaltung des Landkreises mit einem gewissen Verwaltungsaufwand verbunden, so dass von einem wirtschaftlich ausgeglichenen Betriebsergebnis auszugehen ist.

  • Zudem würde eine Zusammenarbeit mit einer Bürger-Energiegenossenschaft gewährleisten, dass sich die Bevölkerung im Coburger Land auch schon mit kleinen Summen (ab 500 EUR) wirtschaftlich an Projekten zur Gestaltung der Energiewende in ihrem Lebensumfeld beteiligen und hiervon mit einer Rendite von voraussichtlich ca. 2,5 Prozent vor Steuer profitieren können.

  • Alle weiteren rechtlichen Fragen sind im Grundsatz mit positivem Ergebnis geprüft und müssten in den weiteren Schritten im Rahmen des zu schließenden Kooperationsvertrags final geklärt werden. Bei der Auswahl des Kooperationspartners zum Betrieb einer jeden derartigen Photovoltaikanlage sind die entsprechenden Vergabevorschriften der öffentlichen Hand zu beachten, so dass auch durchaus andere Partnerschaften als die angedachte Bürger-Energiegenossenschaft möglich sind.

Ergänzend wird auf die beispielhafte Projektbeschreibung in der begleitenden Präsentation verwiesen.

 


aus der Beratung:

 

Die Powerpointpräsentation von Stefan Hinterleitner wurde als Anlage 3 der Niederschrift angefügt.