Sitzung: 15.07.2014 Ausschuss für Jugend und Familie
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Vorlage: 066/2014
Beschluss:
JaS wird an der Mittelschule Rödental-Oeslau eingeführt 10:1 Stimmen
JaS wird an der Grundschule „An der Heubischer Straße“, Neustadt eingeführt 8:6 Stimmen
Der Landkreis übernimmt dabei einen Zuschuss in gleicher Höhe, wie der des Freistaats, das entspricht ca. 1/3 der Kosten 12:1 Stimmen
mehrheitlich beschlossen
Sachverhalt:
Die Mittelschule Rödental-Oeslau
und die Neustadter Grundschulen An der Heubischer Straße und
Wildenheid/Haarbrücken haben beantragt, an ihren Schulen Jugendsozialarbeit an
Schulen (JaS) einzusetzen.
1.
JaS und das staatliche Förderprogramm
Jugendsozialarbeit an Schulen wird seit 2002 vom Freistaat Bayern mit
einem Festbetrag von 16.360 € je vollzeitbeschäftigter Fachkraft gefördert.
Seit 2009 erfolgt die staatliche
Förderung neuer Stellen nach drei Prioritäten:
- Priorität: Mittel-, Förder- und Berufsschulen
- Priorität: Grundschulen mit einem Migrantenanteil von über 20
Prozent
- Priorität: Realschulen (nur in besonders gelagerten Einzelfällen)
Zielgruppe von JaS sind SchülerInnen, die durch ihr Verhalten,
insbesondere durch erhebliche erzieherische, psychosoziale und familiäre
Probleme, Schulverweigerung, erhöhte Aggressivität und Gewaltbereitschaft
auffallen, deren soziale und berufliche Integration aufgrund von individuellen
und/oder sozialen Schwierigkeiten sowie aufgrund eines Migrationshintergrundes
erschwert ist. JaS richtet sich nicht an die gesamte Schülerschaft.
Diese benachteiligten jungen Menschen sind individuell zu beraten
(Einzelfallhilfe), soziale Kompetenzen oder z.B. die Befähigung zur
Konfliktbewältigung sollen mit Methoden der sozialen Gruppenarbeit und
Trainingskurse erworben und die soziale Integration des/der Einzelnen durch
Kontakte im Sozialraum angebahnt und unterstützt werden. Weitere Zielgruppe
sind die Eltern, die mit vergleichbaren Methoden angesprochen werden. Bei
gravierenden familiären oder erzieherischen Problemen kann unter
Steuerungsverantwortung des Jugendamts auch die Vermittlung weiterer Leistungen
der Jugendhilfe angezeigt sein. Neben der vernetzten Kooperation mit div.
Partnern wie z.B. die Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kitas, Jugendarbeit ist
eine enge Verzahnung insbesondere mit dem Sozialen Dienst des Jugendamts
strukturell zu verankern.
Voraussetzungen für eine Antragstellung sind
- die Bedarfsfeststellung anhand von
sozialen Belastungsindikatoren durch den Jugendhilfeausschuss
- die Vorlage eines in Federführung des
Jugendamtes gemeinsam mit Schulamt und der betroffenen Schule erstellten
und unterzeichneten Konzepts
- der Abschluss einer
Kooperationsvereinbarung mit den Beteiligten
- der Einsatz eines/r SozialpädagogIn als
JaS, in der Regel als Vollzeitstelle
- eine mind. der staatlichen Förderung
entsprechende Finanzierung durch die öffentliche Jugendhilfe, wobei die staatliche Förderung ca. 1/3 des
Arbeitgeberaufwands der Personalkosten abdeckt.
2.
JaS in Oberfranken
Laut dem zuständigen Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und
Soziales, Familie und Integration (STMAS) waren mit Stand April 2014 in
Oberfranken JaS-Stellen in folgenden Städten und Landkreisen eingesetzt:
Landkreis / Kreisfreie Stadt |
Anzahl der Schulen |
Stadt Bamberg |
7 |
Stadt Bayreuth |
5 |
Stadt Coburg |
2 |
Stadt Hof |
4 |
Landkreis Bamberg |
9 |
Landkreis Bayreuth |
2 |
Landkreis Coburg |
3 |
Landkreis Forchheim |
9 |
Landkreis Hof |
12 |
Landkreis Kronach |
6 |
Landkreis Kulmbach |
7 |
Landkreis Lichtenfels |
8 |
Landkreis Wunsiedel |
3 |
Die Verteilung auf
die dabei erreichten Schultypen sieht wie folgt aus:
Schultyp |
Anzahl der Schulen |
Mittelschulen |
61 |
Förderschulen (HS-Stufe) |
11 |
Berufsschulen |
1 |
Grundschulen |
4 |
Im Landkreis Coburg
sind seit 2009 drei JaS-Stellen im Umfang von 0,5 Vollzeitstelle in
Trägerschaft des Landkreises an den Förderzentren Glockenberg- und
Heinrich-Schaumberger-Schule und an der Mittelschule Am Moos in Neustadt
eingerichtet.
3.
Sozialraumanalyse des Landkreises Coburg
Die Verwaltung hat
eine Sozialraumanalyse durchgeführt. Die dabei gewählten Indikatoren treffen
quantitative Aussagen zu den Risikofaktoren Alleinerziehend, Armut und
Arbeitslosigkeit, sowie zur Kindeswohlgefährdung, zur Jugendkriminalität und
der Inanspruchnahme von Jugendhilfeleistungen.
Die dargestellten
Werte sind keine prozentualen oder absoluten Zahlenangaben, sondern sog.
Standardpunktzahlen, die eine Vergleichbarkeit zwischen den Städten und
Gemeinden zulassen. Der Standwert des Landkreises ist mit 100 angegeben;
darüber liegende Werte weisen eine relative Belastung innerhalb des Landkreises
aus.
Die Auswertung
erfolgt nicht nach Gemeinden, sondern nach den Schulsprengeln der
Mittelschulen. Diese gelten zwar nicht für die Grundschule, was aber
unerheblich ist, da von allen Grundschulen im Landkreis Coburg nur die
Grundschule An der Heubischer Straße in Neustadt mit einer Quote von 22,07 %
die staatliche JaS-Fördervoraussetzung eines mind. 20 % Migrantenanteils erfüllt.
Innerhalb des
Landkreises zeigt sich, dass Neustadt bei allen Belastungsindikatoren über dem
Landkreisdurchschnitt liegt, Rödental in 5 Bereichen, was im Hinblick auf deren
städtische Strukturen nicht erstaunt.
In allen anderen Schulsprengeln ist jeweils nur ein einzelner Bereich
überproportional vertreten, in einem Schulsprengel liegen sogar alle
Belastungsindikatoren unter dem Landkreisdurchschnitt.
Seitens der Schulen,
die die Einrichtung einer JaS-Stelle beantragt haben, sind eigene
Datenerhebungen und Erkenntnisse vorgelegt worden.
Laut Grundschule
an der Heubischer Straße sind bis zu ¼ der SchülerInnen im
sozio-emotionalen Bereich auffällig und z.T. in kinder- und jugendpsychiatrischer
oder psychologischer Behandlung. Bei 18 % der SchülerInnen greifen Leistungen
des Bildungs- und Teilhabepakets (als ein Hinweis auf Kinderarmut) und jedes
20. Kind würde „vom Jugendamt betreut“.
Die Mittelschule Rödental-Oeslau
sieht den Bedarf an JaS gegeben, da viele SchülerInnen aus Alleinerziehenden-/Patchwork-Familien
stammen, sowie in materieller Armut (ALG II) leben. Bei 15 % der SchülerInnen
läge ein sonderpädagogischer Förderbedarf, vorwiegend im sozial-emotionalen
Bereich, vor.
Der Indikator Kinderarmut bestätigt
die von beiden Schulen benannten Problemlagen. Neustadt und Rödental liegen
über dem Landkreisdurchschnitt.
Die von der Mittelschule Rödental-Oeslau benannte Problematik eines hohen
Anteils Alleinerziehender bzw. Patchworkfamilie kann durch die
Sozialraumanalyse nicht bestätigt werden. Rödental liegt hier unter der
Standardpunktzahl von 100.
Der überdurchschnittliche
Jugendhilfebedarf in Neustadt bestätigt zwar dem Grunde nach die Einschätzung
der Grundschule An der Heubischer Straße. Innerhalb Neustadts liegt dieser
Inanspruchnahmewert aber deutlich unter dem Durchschnitt, da hier bei 9 % aller
Kinder und Jugendlichen eine Hilfe zur Erziehung stattfindet.
Kinder mit sozio-emotionalem
Förderbedarf fallen in der Jugendhilfe unter den Personenkreis der
Eingliederungshilfe für seelisch Behinderte. Rödental und Neustadt liegen hier
–neben 2 weiteren Schulsprengeln- über dem Landkreisdurchschnitt.
In der Auswertung
bestätigt sich also grundsätzlich das, was die beiden Schulen melden. In der
Höhe zu SchülerInnen mit sozio-emotionalem Förderbedarf sind die Zahlen jedoch
zu bezweifeln. Landkreisweit haben weniger als 1 % aller Kinder und
Jugendlichen einen Hilfebedarf als seelisch Behinderte.
4.
Konsequenzen
Die Grundschule
Wildenheid/Haarbrücken erfüllt die Fördervoraussetzungen für JaS im Hinblick
auf den Migrationsanteil von 20 % nicht. Eine weitergehende Befassung mit
diesem Antrag entfällt deshalb.
Die Grundschule An
der Heubischer Straße und die Mittelschule Rödental-Oeslau
erfüllen die
grundsätzlichen Fördervoraussetzungen, wobei gemäß der Richtlinien des STMAS
bei einer Einführung von JaS vorrangig die Mittelschule und nachrangig die
Grundschule an zweiter Stelle zu versorgen wäre.
Aus der vorliegenden Analyse sind verschiedene Handlungsoptionen
möglich:
JaS stellt eine gute Ergänzung zu den bereits vorhandenen Hilfen und der
Schnittstelle zu dem in den Sozialräumen angesiedelten Sozialen Dienst dar.
Zwingend ist dieser Ausbau aber nicht.
Option 1:
Unter Berücksichtigung der laufenden Folgekosten für den Landkreis wird
deshalb keine weitere JaS-Stelle eingerichtet.
Option 2:
JaS wird entsprechend der Prioritätensetzung des staatlichen
Förderprogramms nur an der Mittelschule Rödental-Oeslau eingeführt. Für diesen
Ausbau wird der Bedarf bestätigt, für weitere Schulen besteht kein
Ausbaubedarf.
Die Einführung setzt neben der staatlichen Förderung und dem gleich
hohen Anteil des Landkreises Coburg eine Mitfinanzierung durch den
Sachaufwandsträger der Schule in Höhe des noch dann noch verbleibenden Aufwands
voraus.
Option 3:
JaS wird sowohl an der Mittelschule Rödental-Oeslau als auch an der
Grundschule An der Heubischer Straße eingeführt. Für diesen Ausbau wird der
Bedarf bestätigt, für weitere Schulen besteht kein Ausbaubedarf.
Die Einführung setzt neben der staatlichen Förderung und dem gleich hohen
Anteil des Landkreises Coburg eine Mitfinanzierung durch den Sachaufwandsträger
der Schule in Höhe des noch dann noch verbleibenden Aufwands voraus.
Der Landkreis Coburg hat an den bisherigen 3 Standorten der
Jugendsozialarbeit an Schulen an jeder Schule eine 0,5 Stelle eingesetzt.
Obwohl die aktuelle Richtlinie die Vollzeitstelle als den Regelfall annimmt,
ist bei einer Ausweitung von JaS auch für diese Schulen von einem Bedarf von
einer 0,5 Vollzeitstelle auszugehen.
Der Bruttopersonalaufwand für eine 0,5 Sozialpädagogenstelle beläuft
sich aktuell auf ca. 24.000 € / Jahr. Der staatliche Zuschuss beträgt 8.180 €.
Der finanzielle Mehraufwand für den Landkreis würde demnach in der
Option 2 ebenfalls 8.180 €, in der Option 3 bei 2 Stellen 16.360 € betragen.
Über die Beschlussvorschläge wird in der Sitzung abgestimmt.