Sachverhalt:

Zu den beiden größten Risiken älterer Menschen, die allein leben, gehören Stürze und eine mangelhafte Flüssigkeitsaufnahme.

Die Gründe für Stürze von Senior/-innen sind vielfältig: eingeschränkte Mobilität, Sehbeeinträchtigung, Krankheiten, Verwirrtheit, vorangegangene Stürze und die Angst vor weiteren Stürzen. Medikamente, keine oder falsche Hilfsmittel, Stolperfallen und schlechtes Schuhwerk erhöhen das Sturzrisiko. Verletzungen infolge von Stürzen lösen gerade bei älteren Menschen nicht nur eine vorübergehende Mobilitätseinschränkung und Pflegebedarf aus; sie zeitigen auch Folgen wie Muskelabbau, Verwirrtheit oder den langanhaltenden oder dauerhaften Verlust von Elementen der selbständigen Lebensführung.


Eine zu geringe Aufnahme von Flüssigkeit kompensieren ältere Menschen nicht mehr so leicht wie junge Leute; sie sind durch die sogenannte Dehydration mit der Folge von    
Kopfschmerzen, Übelkeit, zunehmender Verwirrtheit, Teilnahmslosigkeit, Antriebshemmung, Schläfrigkeit sowie Schwindel- und Schwächegefühle  bis hin zu Herzrasen bis zum Schock, niedrigem Blutdruck, hohem Fieber oder Verstopfung gefährdet. Das Durstgefühl älterer Menschen nimmt ab und sie vergessen deshalb oft, ausreichend zu trinken. Kommen noch Schluck-, Seh-, Greif-, Bewegungsstörungen oder geistige Beeinträchtigungen hinzu wird die Flüssigkeitsaufnahme zu einem Problem. Hinzu kommt, dass z.B. die Einnahme von Medikamenten eine Ausschwemmung von Wasser aus dem Körper zur Folge haben kann oder infolge von Inkontinenz versucht wird, möglichst wenig zu trinken.


Lassen sich diese beiden Risikobereiche mit technischen Hilfs- und Assistenzsystemen reduzieren?

 

1.            Hilfssysteme bei Stürzen

 

Sowohl über die Initiierung von Sturzpräventionskursen oder Anregungen der Wanderausstellung „Wohnen zu Hause im Alter“ wurde das Thema einer aktiven Sturzvermeidung aufgegriffen.

 

Die technikgestützte Sturzerkennung verhindert keine Stürze, vermittelt aber dem älteren Menschen und seinen Angehörigen eine höhere subjektive Sicherheit und sorgt im Notfall für eine schnelle Hilfe.

 


1.1     Klassische Hausnotrufsysteme

 

Ältere Menschen, die alleine leben oder tagsüber viel allein sind, können durch ein Hausnotrufgerät Hilfe im Notfall herbeirufen. Es gibt Geräte, die im Notfall die eingegebene Nummer von Verwandten oder Bekannten anwählen. Andere Geräte sind mit einer Zentrale verbunden, die dann die nötige Hilfe organisiert.

Ob als Halskette oder Armbanduhr: Ein Fingerdruck reicht, um Hilfe und Unterstützung bei einer Hausnotrufzentrale zu bekommen. Wenn der Kontakt an dem Gerät auslöst wird, erscheint auf dem Computerbildschirm der Zentrale die „Karteikarte“ des Benutzers. Der Empfänger des Notrufs erhält dadurch umgehend alle Informationen über den hilfesuchenden älteren Menschen, d.h. persönliche Daten, gesundheitliche Probleme, wichtige Telefonnummern (Angehörige, Freunde, ambulante Pflegedienste, Ärzte etc.) nach einer festgelegten Rangfolge, die im Hilfefall angerufen werden sollen.

Der Hausnotruf stellt sicher, dass in weniger als zwanzig Minuten die benötigte Unterstützung ankommt. In dringenden Fällen werden sofort Rettungswagen oder Notarzt hinzugezogen.

 

Die Anbieter von Hausnotrufsystemen sind in der Regel alle Wohlfahrtsverbände und viele ambulante Pflegedienste. Eine stets aktualisierte Liste der Anbieter im Landkreis Coburg ist über die Internetseite des Landratsamtes (http://www.landkreis-coburg.de/734-0-Hausnotruf.html) abrufbar.

Wenn eine Pflegestufe vorliegt, beteiligt sich die Pflegekasse auf Antrag an den Kosten des Hausnotrufs (vgl. § 78 Abs. 1 SGB XI). Die Leistungen, die bei einem Notfalleinsatz in der Wohnung notwendig sind, werden gesondert abgerechnet.

 

1.2     Tragbare Sensoren

 

Für die Sturzerkennung werden Beschleunigungs- und Neigungssensoren in modernen Sturzarmbändern verwendet. Wird eine (unnatürlich) starke Beschleunigung registriert und besteht anschließend eine längere Bewegungslosigkeit, wird ein automatischer Notruf an das zuständige Hilfenetzwerk (Angehörige, Pflegedienst, Nachbarn) gesendet.

Der ältere Mensch kann, ist die Situation nicht kritisch, den Notruf deaktivieren.

 

1.3         Sensorische Raumüberwachung

 

Systeme zur sensorischen Raumüberwachung können Gefahrensituationen frühzeitig erkennen und automatisch Notalarme absetzen, ohne dass eine aktive Bedienung (z. B. mittels Fingerdruck) durch den Bewohner notwendig wird. Zum Einsatz kommen u.a. Sensoriksysteme die den Raum dreidimensional erfassen und damit feststellen können, ob z.B. eine Person gestürzt ist oder lange Zeit völlig bewegungslos sitzt/liegt. Die Geräte sind so programmiert, dass die Daten nicht gespeichert werden oder die Wohnung verlassen. Sie lösen ausschließlich in den entsprechenden Fällen einen Notruf aus.

 

1.4     Intelligenter Fußboden

 

Ähnlich sind die sogenannten „intelligenten Fußböden“ konzipiert, nur dass diese nicht drei-, sondern nur zweidimensional die Bodenfläche abbilden.

Beim Betreten des (Sensor-)Fußbodens werden unterschiedlich viele Zellen angesprochen – beim normalen Gehen nur wenige Zellen, im Falle eines Sturzes mehrere nebeneinanderliegende Segmente, die dann den Notruf auslösen.

 

Der Sensorfußboden kann unter allen Bodentypen verlegt werden (Teppich, PVC, Laminat, Parkett, und – theoretisch – sogar unter Fliesen) und ist der für den Bewohner der Wohnung komplett unsichtbar.

Neben einer teuren Komplettausstattung ganzer Räume bilden kleinere Sensormatten eine Alternative. Diese sind einerseits kostengünstiger, decken andererseits auch nur einen begrenzten Bereich der Wohnung ab. Sinnvoll ist, sie an neuralgischen Punkten (vor dem Bett oder auf einer Türschwelle) zu verlegen.


2.            Hilfen bei der Sicherstellung einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr

 

So breit inzwischen die Palette an technischen Hilfsmitteln bei der Sturzerkennung ist, so wenig Probates gibt es in dem zweiten Risikobereich der Überwachung der Flüssigkeitszufuhr.

Dem Vergessen kann über „Dienste mit Erinnerungsfunktionen“ entgegengewirkt werden. Konkret ist damit die elektronische Programmierung z.B. eines Tablet-PCs mit Trinkaufforderung gemeint, möglichst an Orten in der Wohnung placiert, an denen dann auch Getränke bereit stehen. Genauso ist die Programmierung von festzulegenden Zeiten, an denen eine bestimmte Menge getrunken werden soll, denkbar.

Erinnerungsfunktionen entlasten nicht nur Angehörige, sondern auch ältere Menschen, selbst, wenn sie z.B. kognitiv leicht eingeschränkt sind. Sie garantieren aber weder, dass tatsächlich auch genug getrunken wird, noch sichern sie die ausreichende Flüssigkeitszufuhr bei dementen Menschen.

Kosten, Nutzen und Akzeptanz

Das Bundesministerium für Gesundheit hat im November 2013 den Abschlussbericht der Studie „Unterstützung Pflegebedürftiger durch technische Assistenzsysteme“ vorgelegt. (Auszüge dazu siehe Anlage 1).

Die Ergebnisse wurden am 21./22.01.2014 im Rahmen eines Fachkongresses „Wohnen – Pflege – Teilhabe: Besser leben durch Technik“, veranstaltet vom VDE[1] vorgestellt. Das Deutsche Ärzteblatt hält zu den zusammenfassenden Ergebnissen folgendes fest:

„Von anfänglich 45 Assistenzsystemen, die im Hinblick darauf kategorisiert und unter Kosten-Nutzen-Aspekten untersucht wurden, erschienen nur zwölf Lösungen als prinzipiell geeignet, die häusliche Pflege und einen längeren Verbleib in der eigenen Häuslichkeit zu unterstützen, berichtete Braesecke. In einem Expertenworkshop wurden diese Systeme nochmals hinsichtlich Nutzen, Akzeptanz und Praxistauglichkeit unter die Lupe genommen. Am Ende blieben sechs Lösungen übrig: die Toilette mit Intimpflege, der intelligente Fußboden (Sensormatte), die elektronische Medikamentenbox (Erinnerungsfunktion), die automatische Herdabschaltung, die mobile Aufstehhilfe und die Quartiersvernetzung (IT-Plattform, die zum Beispiel den Notruf und Kommunikationsfunktionen umfasst). „Es zeigte sich, dass klassische Stand-alone-Lösungen eine viel höhere Akzeptanz haben als vernetzte Systeme, weil sie einfach verständlicher sind“, meinte Weiß. So fiel etwa die sensorische Raumüberwachung in der Bewertung durch, wohingegen die intelligente Fußmatte eher akzeptiert wird.“

(http://www.aerzteblatt.de/archiv/154025/Assistenzsysteme-Entlastung-fuer-die-Pflege, 24.03.2014)

 

 

 

 



[1] Verband der Elektrotechnik