Sachverhalt:

Hintergrund

Ambulant betreute Wohngemeinschaften ermöglichen ein selbstbestimmtes unabhängiges und individuelles Leben im Alter trotz Hilfe- und Pflegebedarf und sind mittlerweile bundesweit als Alternative zur vollstationären pflegerischen Versorgung anerkannt. Sie tragen dazu bei, den sozialpolitischen Grundsatz „ambulant vor stationär“ umzusetzen.

 

In Bayern stieg die Zahl der ambulant betreuten Wohngemeinschaften von 2011 bis 2013 um ca. 47 % auf aktuell 198, wobei sich deutlich regionale Differenzen zeigen.

 

 

 

Quelle: Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, eigene Darstellung

 

Oberfranken ist mit nur 4 ambulanten Wohngemeinschaften bayernweit Schlusslicht und sichert damit nur 2 % dieses Angebotes in Bayern.

 

Merkmale einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft

 

In einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft leben in der Regel zwischen sechs und zwölf Hilfe- bzw. Pflegebedürftige in einem gemeinsamen Haushalt, um sich gemeinsam die notwendigen Unterstützungsleistungen zu organisieren und einzukaufen. Jedes Wohngemeinschaftsmitglied verfügt über ein eigenes Zimmer. Wohn- und Esszimmer, sowie die Küche sind Gemeinschaftsräume und werden von allen genutzt. Alle Entscheidungen werden eigenverantwortlich von den Bewohner/innen bzw. ihren gesetzlichen Betreuern oder Bevollmächtigten getroffen. Zu diesem Zweck schließen sie sich zu einem Gremium zusammen. Das sogenannte „Gremium der Selbstbestimmung“ trifft sich in regelmäßigen Abständen, um sich auszutauschen, über Wünsche, Anregungen und Planungen zu sprechen und gemeinsam erforderliche Entscheidungen zu treffen. Der Pflege- und Betreuungsdienst hat nur einen Gaststatus und ist nicht Träger der Wohngemeinschaft. Nicht er entscheidet damit über Alltag oder Neuaufnahmen, sondern die Bewohner/innen selbst.

Darin liegt das wesentlichste Unterscheidungsmerkmal zu stationären Versorgung.

 

Das Bayrische Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, das am 01.08.2008 in Kraft trat, regelt zentrale Rahmenbedingungen zur Sicherung der Qualität einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft:

 

·         Die Gründung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft ist bei der FQA (Heimaufsicht) anzuzeigen.

·         Die Selbstbestimmung der Mieterinnen und Mieter ist gewährleistet. Diese schließen sich zu einem Gremium der Selbstbestimmung zusammen.

·         Alle Dienstleistungsanbieter (Pflege, Betreuung, Hauswirtschaft etc.) sind frei wählbar und können unabhängig vom Mietvertrag gekündigt werden. Auch der Umfang der beauftragten Leistungen ist frei wählbar.

·         Die Pflege- und Betreuungsdienste sind Gäste in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft. Das heißt, sie haben keine Büroräume in oder in enger Verbindung mit der Wohngemeinschaft.

·         Es leben maximal 12 Mieterinnen und Mieter in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft.

·         Jede Wohngemeinschaft ist für sich wirtschaftlich und organisatorisch selbständig und es befinden sich nicht mehr als 2 WG´s desselben Initiators in räumlicher Nähe.

 

Finanzierung für ambulant betreute Wohngemeinschaften

 

Laufende Kosten

 

Für jede/n Bewohner/in in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft fallen folgende Kosten an:

 

·         Wohnen (Miete, Mietnebenkosten, Instandhaltung)

·         Verpflegung und Wirtschaftsbedarf

·         Hauswirtschaftliche Versorgung

·         Pflege- und Betreuungsleistungen

·         Einrichtung, Versicherungen, Rücklagen …

 

Die pflegerischen Leistungen werden über das Pflegegeld der Pflegeversicherung gedeckt.

Außerdem erhält jede/r Pflegebedürftige seit 2013 zusätzlich einen monatlichen Pauschalbetrag in Höhe von 200 €, sofern er/sie in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaften mit mindestens 3 Pflegebedürftigen lebt. Dadurch soll dem höheren Organisationsbedarf (im Vergleich zu der klassischen ambulanten Pflege)  Rechnung getragen werden.

 

Miete und Nebenkosten, der Lebensunterhalt und die Kosten für die hauswirtschaftlichen Dienste und die Betreuungsleistungen sind von dem/der Bewohner/in selbst aufzubringen.

Verfügt er über kein ausreichendes Einkommen, können Leistungen der Grundsicherung in Anspruch genommen werden. Damit auch die hauswirtschaftlichen und die Betreuungsleistungen vom Träger der Grundsicherung übernommen werden können, muss der Leistungserbringer mit dem Träger der Grundsicherung eine grundsätzliche oder eine einzelfallbezogene Leistungsvereinbarung abschließen, in der die zu erbringenden Leistungen und die dafür entstehenden Kosten ausgehandelt sind.

 

 

Investitionskosten

 

Seit Inkrafttreten des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes (PNG) 2013 erhalten ambulant betreute Wohngemeinschaften mit mind. 3 Pflegebedürftigen als Anschubfinanzierung für eine altersgerechte und barrierearme Umgestaltung von der Pflegeversicherung einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 2.500 € pro Pflegebedürftigen bei einer max. Fördersumme von 10.000 € je Wohngemeinschaft (§ 45e SGB XI). Diese Förderung endet am 31.12.2015.

 

Als Kann-Leistung sieht das SGB XI – Pflegeversicherung auch die finanzielle Unterstützung von Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen vor, „....beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird......Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 2.557 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 10.228 Euro begrenzt...“ (§ 40 SGB XI)

 

Bayerische Fördermittel

 

Die Landesstiftung Bayern fördert den (Um)Bau innovativer Modellprojekte, wozu auch ambulant betreute Wohngemeinschaften gehören können.

 

Ob eine Förderung im Rahmen des Bayerischen Wohnungsbauprogramm in Betracht kommt, kann mit dem zuständigen Landratsamt (Stichwort: Wohnraumförderung) geklärt werden.

 

Im Rahmen der Förderrichtlinie „Neues Seniorenwohnen“ gewährt der Freistaat Bayern eine Anschubfinanzierung für den Auf- und Ausbau einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft mit bis zu 40.000 €. Hier werden jedoch keine investiven Maßnahmen bezuschusst, sondern  Personal- und Sachkosten z.B. für eine externe Moderation für einen Zeitraum von max.1 ½ Jahren.

 

Ambulant betreute Wohngemeinschaften im Landkreis Coburg

 

Bis 2012 bestanden im Landkreis keine ambulant betreuten Wohngemeinschaften.

Die erste wurde –initiiert über einen Pflegedienst- Anfang 2013 in der „Villa Goebel“ in Rödental eröffnet.

 

Der aktuelle Planungsstand sieht erfreulicherweise vor, dass 2014 und 2015 zwei weitere eröffnet werden.

 

Am Standort Seßlach sind die konzeptionellen Vorarbeiten abgeschlossen und ein noch umzubauendes Gebäude bereits verfügbar.

 

Die Planungen in Rossach betten die geplante ambulant betreute Wohngemeinschaft in einen Komplex mit Wohnungen und Nahversorgung ein. Der Seniorenbeirat wurde darüber bereits in seiner Sitzung vom 28.03.2011 informiert. In 2013 wurde die umfangreiche Baumaßnahme begonnen. Mit der Fertigstellung und dem Bezug wird in 2015 gerechnet.

 

 

Stadt/Gemeinde

Zielgruppe

Plätze

Eröffnung

Rödental (Oeslau)

Personen mit einer Pflegeeinstufung mit und ohne Demenz

12

02/2013

Seßlach (Dietersdorf)

Dementiell erkrankte Menschen die eine intensive Betreuung, Anleitung und Beaufsichtigung benötigen

12

 

Planung: 2014

Großheirath (Rossach)

Personen mit einer Pflegeeinstufung mit und ohne Demenz

9

Planung: 2015

 

Vertreter der drei  Projekte berichten in der Sitzung.

 

Zusammenfassend ist aber bereits jetzt zu konstatieren, dass sich ab dem kommenden Jahr die Hälfte der oberfränkischen ambulant betreuten Wohngemeinschaften im Landkreis Coburg befindet und hier vor Ort eine bisher bestandene Versorgungslücke sinnvoll geschlossen wird.