Der Seniorenbeirat stimmt den vorliegenden Handlungsempfehlungen in den
Themenbereichen Wohnen und Wohnumgebung, Pflege und Betreuung sowie Freizeit,
Kultur, Bildung und Begegnung zu.
Sachverhalt:
Zu Beginn des Jahres 2012 wurde das Coburger Land als Modellregion vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ausgewählt. Im Rahmen dieses „Modellvorhabens der Raumordnung“, kurz MORO, entwickelten Bürger in zehn Arbeitskreisen Strategien, damit wir auch in 20 Jahren hier noch gut und gerne leben können.
Aufgrund der Komplexität des Themas, hat der Arbeitskreis Seniorinnen
und Senioren drei Untergruppen gebildet, die sich mit den spezifischen
Bedarfslagen in den Themenfeldern Wohnen und Wohnumgebung, Pflege und Betreuung
sowie Freizeit, Kultur und Begegnung auseinandergesetzt haben.
Im Arbeitsprozess wurden daraufhin verschiedene Problemlagen identifiziert und daraus folgende Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Handlungsempfehlungen im Bereich Wohnen und
Wohnumgebung
Barrierefreiheit
bei öffentlichen Bau- und Umgestaltungsmaßnahmen immer mit denken
Bei allen Bau- und
Umgestaltungsmaßnahmen im öffentlichen Raum, beispielsweise bei Wegen, Plätzen,
Überquerungsmöglichkeiten von Straßen oder Zugängen zu öffentlichen Gebäuden
sollte grundsätzlich auf Barrierefreiheit geachtet werden. Die Schaffung einer
seniorengerechten Wohnumgebung geht aber darüber hinaus und bezieht sich auch
auf nahe Versorgungsmöglichkeiten, Behindertentoiletten, Ruhebänke usw..
Wohnraumanpassungsberatung
etablieren
Die überwiegende
Wohnform des Alters ist „die normale Wohnung“. Dazu ist eine altersgerechte
häusliche Umgebung nötig. Eine Wohnraumberatungsstelle sollte geschaffen
werden, um gezielte Informationen und Beratungen bereitzustellen. Diese kann
den Zugang zum Thema erleichtern und fördert private Baumaßnahmen. Um auch
immobilen Seniorinnen und Senioren den Zugang zu diesen Informationen zu
ermöglichen, sind aufsuchende Wohnberater zusätzlich ratsam. Die barrierfreie
Wohnungsgestaltung erleichtert nicht nur älteren Menschen den Alltag, sondern
auch Familien, Kranken und Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz.
Beratungs- und
Einflussmöglichkeiten nutzen, um auf die Schaffung von barrierefreien
Versorgungsinfrastrukturen hinzuwirken
Die öffentliche
Hand und die Sozialverbände sollten ihre jeweiligen Beratungs- und
Einflussmöglichkeiten nutzen, um auf die Schaffung von barrierefreien
Versorgungsmöglichkeiten zu drängen (Apotheken, Arztpraxen und Geschäfte).
Aufbau von
Kümmerdiensten/Quartierskonzepten
Bestehende und/oder
neu geschaffene Wohnformen sind mit Angeboten der sozialen Teilhabe, Prävention
und Versorgung und den dazugehörigen Infrastrukturen vor Ort zu verknüpfen. Die
Integration in kleinräumigen Wohngebieten festigt soziale Netzwerke und
Nachbarschaftshilfe. Außerdem stärkt sie das selbständige Wohnen durch Hilfs-
und Gemeinschaftsangebote. Die Koordination, die Initialisierung und
Organisation von trägerübergreifenden, bedarfsgerechten Angeboten benötigt eine
kommunale Beratung und Unterstützung. Sie soll gleichzeitig schnelle und
effiziente Hilfestellung sowie eine dezentrale und unbürokratische
Beratungsmöglichkeit für alle Bürger bieten können.
Weiterentwicklung
von alternativen Wohnformen – Beratungsangebot ausbauen
Um zukünftige
Wohnbedürfnisse zu erfüllen, sollten alternative Wohn- und Versorgungsangebote
wie beispielsweise ambulant betreute Wohngemeinschaften/Wohngruppen als
Wahlmöglichkeit zur stationären Unterbringung gefördert werden. Sie können auch
von nicht-institutionalisierten Akteuren getragen werden. Engagierte Bürger,
Angehörige und Pflegepersonal wirken hier zusammen. Die hierfür bestehenden
Beratungsangebote des Aufgabenbereichs Senioren im Landratsamt sollten weiter
ausgebaut werden um bei der Planung und Qualitätssicherung dieser Angebote
qualitätvoll unterstützen zu können.
Infrastrukturbündelung
im Innenort fördern – Außenentwicklung vermeiden
Die Ausweisung von
Bauflächen auf der „grünen Wiese“ ohne Versorgungsmöglichkeiten sollte
eingeschränkt werden. Diese Empfehlung ist von langfristiger Bedeutung, da
gerade die Randlagen infrastrukturelle Defizite aufweisen, die in Zukunft noch
schwerer auszugleichen sein werden. Auch die jetzt dort lebende meist jüngere
Bevölkerung altert und wird im dortigen Lebensumfeld die Einrichtungen der
Daseinsvorsorge, die in unmittelbarer Nähe im Alter notwendig sind, nicht
vorfinden.
Handlungsempfehlungen im Bereich Pflege und
Betreuung
Pflege- und
Betreuungsangebot getreu dem Motto
„ambulant vor stationär“ weiterhin bedarfsgerecht ausbauen
Bedarfsgeleitete
Pflege- und Betreuungsangebote sind im Sinne von „ambulant vor stationär“
weiter auf- und auszubauen. Die Angebote sollten gemäß den Bedürfnissen aller
unterschiedlichen Zielgruppen weiterentwickelt werden. Beispielsweise können
Hol- und Bringdienste und weitere präventive Angebote (wie die Sturzprävention
im häuslichen Umfeld) etabliert werden, um immobile Menschen gezielter zu
fördern. Neue Medien und neue technische Unterstützungssysteme gehören gezielt
in den Ausbau integriert.
Angebotsstrukturen
vermehrt am Krankheitsbild Demenz ausrichten
Aufgrund des
Anstiegs der Zahl demenziell Erkrankter braucht es mehr Strukturen die den
Anforderungen dieser Personengruppe entsprechen. Beispielsweise können
Betreuungsangebote und hauswirtschaftliche Dienstleistungen den Alltag von an
Demenz Erkrankten wesentlich erleichtern.
Öffentliches
Bewusstsein für gesellschaftliche Veränderungen durch verstärkte
Öffentlichkeitsarbeit schaffen
Die
Öffentlichkeitsarbeit rund um das Thema ist zu verbessern, um ein stärkeres
Bewusstsein für die gesellschaftlichen Veränderungen zu schaffen.
Öffentlichkeitsarbeit kann einen Beitrag dazu leisten, die Bedeutung
palliativer Angebote zu erklären, über Vorsorgevollmachten und
Patientenverfügungen aufzuklären und das Image des Pflegeberufs zu erhöhen.
Weiterentwicklung
der Beratung rund um das Thema Pflege vor Ort
Die im
Pflegestützpunkt bestehenden Angebote der Pflegeberatung müssen in Anbetracht der
zunehmenden Nutzer weiter ausgebaut werden. Eine dezentrale Beratung vor Ort,
um auch immobile ältere Menschen zu erreichen, sollte im gesamten Landkreis
angestrebt werden.
Angebote zur
Vereinbarkeit von Beruf und Familie schaffen
Die Notwendigkeit den
Beruf und die Pflege von Angehörigen zu vereinen wird, aufgrund der
steigendenden Erwerbsquoten von potentiell pflegenden Angehörigen, ansteigen.
Pflegende Angehörige müssen aus diesem Grund unterstützt werden. Dazu benötigt
es Strukturen und Angebote.
Palliative
Angebote schaffen
Die Hilfe am
Lebensende ist eine große Herausforderung. Hospizvereine und palliative
Versorgungsangebote sollten unterstützt werden.
Sozialräumlich
handeln – Kümmerer etablieren
Bestehende
ambulante wie auch stationäre Versorgungsformen sind mit Angeboten der sozialen
Teilhabe, der offenen Seniorenarbeit und Wohnangeboten vor Ort zu verknüpfen.
Die Integration in Sozialräume festigt soziale Netzwerke und
Nachbarschaftshilfe. Außerdem stärkt es die Selbstbestimmtheit von Älteren
durch unterschiedliche Hilfs- und Gemeinschaftsangebote. Die Koordination, die
Initialisierung und Organisation von trägerübergreifenden bedarfsgerechten
Angeboten benötigt eine kommunale Beratung und Unterstützung. Sie soll
gleichzeitig schnelle und effiziente Hilfestellung sowie eine dezentrale und
unbürokratische Beratungsmöglichkeit für alle Bürgerinnen und Bürger bieten.
Qualität in der
Pflege sichern
Die Qualität der
ambulanten, stationären und teilstationären Pflege sollte hinsichtlich der
bestehenden Standards und zukünftigen Entwicklungen überprüft, beständig
angepasst und weiterentwickelt werden.
Handlungsempfehlungen im Bereich Freizeit,
Kultur, Bildung und Begegnung
Passgenaue und
wohnortnahe Angebote in Freizeit, Kultur und Begegnung für Seniorinnen und
Senioren schaffen
Aufgrund der
ständig wachsenden Zahl der Seniorinnen und Senioren sind die Angebote und
Begegnungsstätten im Bereich, Freizeit, Kultur und Bildung auf diesen
Personenkreis zuzuschneiden und auszuweiten. Eine sozialräumliche Versorgung
ist anzustreben.
Aktive Senioren
und Seniorinnen – bürgerschaftliches Engagement ausbauen
Es sollten
Angebote vorgehalten werden, die es aktiven Seniorinnen und Senioren
ermöglichen sich sozial zu engagieren.
Kümmerer
benennen und installieren
Zur Stärkung des
bürgerschaftlichen Engagements und als Ansprechpartner für alle Belange rund um
das Thema „Alter“ sollte ein hauptamtlicher Ansprechpartner in den Gemeinden
eingesetzt werden. Beispielgebend hierfür ist die Struktur der Gemeindejugendpflege,
die in allen kreisangehörigen Städten und Gemeinden vorgehalten wird. Teilweise
haben die Gemeindejugendpfleger bereits Aufgaben in der Seniorenarbeit mit
übernommen.
Spezielle
Sportangebote für ältere Menschen vorhalten
Neben den vielfältigen
Sportangeboten die grundsätzlich Alt und Jung im Landkreis ansprechen, müssen
spezielle Sportangebote für Ältere und für Menschen mit besonderen
gesundheitlichen Problemen weiterentwickelt und etabliert werden, da diese
zukünftig von größerer Bedeutung sein werden. Der wohnortnahe
bedarfsorientierte Ausbau des Angebotes muss für Sportmöglichkeiten wie auch
für sonstige Freizeit- und Kulturaktivitäten angestrebt werden.
Information über Angebote verbessern, Kooperation von
Anbietern fördern
Informationsmöglichkeiten über bestehende Angebote sollten ausgebaut
werden. Ebenso ist die verstärkte Vernetzung von Angeboten Ehrenamtlicher,
Dienstleister und anderer Anbieter sowie die Kooperation untereinander zu
fördern.