Beschluss: einstimmig

Beschluss:

 

Die Finanzierung der Schuldnerberatung wird ab 2014 auf Fallpauschalen umgestellt. Der Landkreis bezuschusst jeden Einzelfall mit Wohnsitz im Landkreis Coburg mit 110 € jährlich. Der Träger ist verpflichtet, die Leistung wohnortnah zu erbringen. Dazu ist 1/5 der Arbeitszeit der Fachkräfte der Schuldnerberatung vor Ort zu leisten. Der konkrete Einsatz erfolgt in Abstimmung mit der Verwaltung. Die Verwaltung wird beauftragt, den dafür erforderlichen Finanzbedarf in Höhe von 40.000 € jährlich in die Haushaltsplanungen 2014 aufzunehmen. Eine Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung ist auszuhandeln und dem Kreisausschuss zur Entscheidung vorzulegen.

 


Sachverhalt:

 

1.         Ausgangslage

 

1.1      Gesetzliche Grundlagen und die Finanzierung in Bayern

 

Schuldnerberatung als Angebot an alle BürgerInnen ist nicht gesetzlich normiert.
Geregelt sind die Teilbereiche
-        Insolvenzberatung , sowie
-        Schuldnerberatung als kommunale Pflichtleistung für Leistungsberechtigte gem. § 11   Abs. 5 SGB XII, sowie als Kann-Leistung für Bezieher von Arbeitslosengeld II gem. §     16a SGB II.

In Bayern wird die Insolvenzberatung staatlich mittels Fallpauschalen bezuschusst:

 

bis zu 5 Gläubiger

bis zu 15 Gläubiger

mehr als 15 Gläubiger

338 €

507 €

675 €


Die Pauschale wird dann an den Träger ausgezahlt, wenn der Schuldner erklärt, in den vergangenen 12 Monaten keine Schuldnerberatung in Bayern in Anspruch genommen zu haben. Die Fallpauschale fällt damit 1 x je Fall an, es sei denn, dass die Insolvenzberatung unterbrochen wird. In dem Fall kann nach Ablauf von 12 Monaten eine Fortsetzung der Beratung erfolgen und der Träger erhält erneut die Fallpauschale.

Abgegrenzte Fallzahlen zur Insolvenzberatung und zur Schuldnerberatung liegen nicht vor, da diese Trennung nach Angabe der Träger nicht möglich ist. 

Die Schuldnerberatung in Oberfranken wird nicht fall-, sondern strukturbezogen kommunal finanziert.  Umgerechnet auf je 100 EinwohnerInnen einer Stadt /eines Landkreises werden Zuschüsse von 14,29 € bis zu 74,74 € gezahlt.

 

1.2      Situation im Landkreis Coburg

 

1.2.1   Finanzierung und tatsächliche Inanspruchnahme

 

Zur Zeit werden Diakonie und Caritas mit jeweils gleich hohen Beträgen von der Stadt und vom Landkreis pauschal gefördert. Das Fallvolumen bleibt dabei unberücksichtigt. Im Landkreishaushalt sind dafür 30.000 €[1] eingestellt.


Die Fallzahlenverteilung von 2009 bis 2012 sieht wie folgt aus:

Stellt man die gemeldeten Fallzahlen in Relation zum Landkreiszuschuss, ergeben sich für die zurückliegenden 4 Jahre folgende fallbezogenen Zahlungen:

1.2.2   Bedarfsermittlung

 

Der Zielsetzung nachzukommen, die Schuldnerberatung auszuweiten und vor Ort in den Sozialräumen zu installieren, lehnen beide Träger mit der Begründung ab, die Aufgabe sei ohnehin nicht ausreichend finanziert. In der derzeitigen Finanzierungsstruktur müssten sie mehr als 30 % der Aufwendungen selbst tragen.

 

Ob Ausbaubedarf besteht, lässt sich nur indirekt ermitteln.

Im Jahr 2011 waren 6,41 Mio. Menschen überschuldet[2]. Das sind 8% der Gesamtbevölkerung. Übertragen auf den Landkreis Coburg entspricht dies 7.020 EinwohnerInnen.

Nicht jeder, der überschuldet ist, nimmt aber Schuldnerberatung in Anspruch. Auch hier gibt es keine verläßlichen Statistiken. Die statistischen Meldungen der Schuldnerberatungsstellen erfolgen derzeitig bundesweit freiwillig, so dass auch hier max. über Hochrechnungen der Bedarf ermittelt werden kann. Aus den vorliegenden Statistikmeldungen[3] ergibt sich, dass ca. 5,8 % aller überschuldeten Personen Klientel der Schuldnerberatungsstellen ist. Umgerechnet auf den Landkreis Coburg entspricht dies 404 EinwohnerInnen. Tatsächlich erreichten die beiden Träger im Landkreis Coburg  2011 nur 334 Personen.

 

Der qualitativ gemeldete Handlungsbedarf für den Landkreis Coburg wird über diese Berechnung bestätigt.

 

2.         Handlungsbedarf

 

Schuldnerberatung ist zwar nur für einen Teil der Bevölkerung kommunale Pflichtleistung. Sie allen BürgerInnen als freiwillige Leistung anzubieten und zugänglich zu machen, ist aber sinnvoll und notwendig. Wer heute noch arbeitet und in Not geraten ist, kann durch adäquate Hilfe erwerbsfähig und –tätig bleiben und wird nicht perspektivisch zum Empfänger psychosozialer und materieller Transferleistungen. Prävention heißt hier, nicht zu warten, bis BürgerInnen krank und arbeitslos werden -dann nämlich besteht ein grundsätzlicher Anspruch auf Schuldnerberatung- sondern frühzeitig zu intervenieren.

 

Abweichend von der bisherigen Finanzierung wird vorgeschlagen, auf die Finanzierung in Form von Fallpauschalen, die sich am durchschnittlichen Zeitaufwand der vergangenen Jahre orientiert, umzustellen. Je Einzelfall soll ab dem 01.01.2014 eine jährliche Fallpauschale in Höhe von 110 € finanziert werden.

 

Grundlage der Berechnung ist die Ermittlung des Arbeitgeberaufwands lt. TVöD für Fach- und Verwaltungspersonal in der Schuldnerberatung plus einem Sach- und Gemeinkostenaufschlag in Höhe von 20 %[4].  Der Stellenumfang für das Fach- und Verwaltungspersonal ist dabei auf der Grundlage des in den zurückliegenden Jahren tatsächlich für den Landkreis anfallenden Anteil ermittelt worden.

 

Bei 2011 bearbeiteten 334 Fällen würde das einem um die staatliche Förderung der Insolvenzberatung und einem 10 % igen Trägeranteil bereinigten Zuschussbedarf für die Schuldnerberatung in Höhe von 35.323 €, bei in 2012 bearbeiteten 351 Fällen in Höhe von 39.540 € entsprechen. Der daraus berechnete Mittelwert ergibt die Fallpauschale von 110 €.

Mit der Einführung der Fallpauschale wird sichergestellt, dass nur die tatsächliche Inanspruchnahme bezuschusst wird.

 

An die Gewährung der Fallpauschale ist die Verpflichtung gekoppelt, ca. 20 % der eingesetzten Arbeitszeit vor Ort (z.B. in Form von Sprechstunden) in den Sozialräumen zu leisten. Dies zielt auf eine niederschwellige Inanspruchnahme von Schuldnerberatung in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden ab.

 

Dem Landkreis entstehen dadurch Mehraufwendungen in Höhe von

 

10.000 €

 

jährlich. In diesen Mehraufwendungen ist ein ggf. höhere Inanspruchnahme bereits berücksichtigt.

 

Die Präsentation von Frau Sachtleben wird als Anlage 1 der Niederschrift beigefügt.



[1] Das entspricht 34,19 € je 100 EinwohnerInnen.

[2] Quelle: Creditreform

[3]https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Ueberschuldung/Ueberschuldung5691101117004.pdf?__blob=publicationFile

[4] Vgl. Empfehlung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt)