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Teaser Einblicke ins Jugendamt: Unterwegs mit einer Sozialarbeiterin

Unterwegs mit einer Sozialarbeiterin

Wenn das Jugendamt erstmal eingeschaltet ist, ... – Viele würden den Satz vielleicht beenden mit den Worten „dann ist es schon weit". Julie Rausch beendet ihn mit den Worten, „dann gibt es Hilfestellung".

Die junge Frau arbeitet als eine von 15 Sozialpädagoginnen und -pädagogen beim Allgemeinen Sozialdienst des Jugendamtes im Landkreis Coburg.
Genauer gesagt sitzt sie im Sozialraum in Weitramsdorf und telefoniert gerade mit der Leitung einer Wohngruppe. „Zwei Kinder wechseln von einer Wohngruppe in eine andere. Da müssen wir kurz nochmal abstimmen, wer sich worum kümmert", erklärt sie, dass sie gleich bereit ist. Am Vormittag standen bereits zwei Beratungsgespräche zum Thema Trennung beziehungsweise Scheidung und dem in der Folge zu regelnden Umgangs- und Sorgerecht für die jeweiligen Kinder an. Am Nachmittag geht es in eine Schule zu einem Hilfeplangespräch. Wir haben die Sozialarbeiterin begleitet.

Julie Rausch hört noch kurz ihre Mailbox ab, tätigt ein, zwei Rückrufe. Dann setzt sie sich. Sie macht kurz Pause und erzählt dann von den Herausforderungen in ihrem Job. Häufig redet man in der Öffentlichkeit nur dann über ihren Beruf, wenn es schlecht läuft, wenn Kinder trotz Hilfen zu Schaden kommen. Dessen ist sie sich bewusst: „Entweder heißt es, das Jugendamt hat zu lange zugeguckt und hätte früher eingreifen müssen. Oder uns wird vorgeworfen, etwas zu unternehmen ohne dass Notwendigkeit besteht."

Damit gerät aus dem Blick, welch vielfältige und oft erfolgreiche Unterstützung für Kinder, Jugendliche und Familien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Allgemeinen sozialen Dienstes (ASD) leisten: Sie beraten Mütter, Väter und alle Personen in Erziehungsfragen, sie organisieren alltagspraktische Hilfen und Entlastung für Familien, sie fördern Kinder in ihrer Entwicklung – oder sorgen im Zweifelsfall zeitweilig auch für den notwendigen Schutz von Kindern. Das Spektrum an Problemen, auf die der ASD tagtäglich Antworten sucht, ist breit: ratlose Eltern, psychisch erkrankte Eltern oder Kinder, Familienkrisen, Schulprobleme, Gewalt, Alkohol- und Drogensucht. Der Allgemeine Sozialdienst der Jugendämter hat die Aufgabe, Eltern und ihre Kinder dort zu unterstützen, wo Hilfe notwendig ist. Dies erfolgt vor allem durch eine umfassende Beratung und unterstützende Hilfen bei der Erziehung, wie etwa in Form einer ambulanten sozialpädagogischen Familienhilfe.

„Wenn Bedarf angemeldet wird, prüfen wir, welche Form der Unterstützung benötigt wird – das kann von der Haushaltshilfe über den Erziehungsbeistand bis hin zur sozialpädagogischen Familienhilfe vieles sein –, besprechen das im Team und entscheiden dann", erklärt Julie Rausch.

Die Familienhilfe wird immer wichtiger: Rund 963.000 Hilfen zur Erziehung haben die Jugendämter 2020 bundesweit geleistet, 11 Prozent mehr als noch 2010. Die Pandemie hat dies nochmal verstärkt. Allein im Landkreis Coburg werden derzeit 210 Familien ambulant betreut, 125 Kinder, Jugendliche, junge Volljährige werden in stationären Einrichtungen bzw. Pflegefamilien versorgt.
Die Herausforderung dabei sei immer, geeignete Personen zu finden, die diese Unterstützung in den Familien leisten. „Das läuft häufig über Anbieter wie die Diakonie oder die Caritas. Wir vermitteln den Kontakt. Aber in der Regel ist es so, dass es mehr Bedarf als Personal gibt", weiß Julie Rausch.

Insofern hatte der kleine Tim auch ein bisschen Glück. Tim ist Autist und besucht eine Grundschule im Landkreis. Seit diesem Schuljahr hat er eine Schulbegleiterin. „Ist sie mal nicht dabei, weil sie beispielsweise krank ist, ist das für Tim anstrengend", fasst seine Klassenlehrerin beim Hilfeplangespräch am Nachmittag zusammen. Die Schulbegleiterin ist für Tim eine Stütze, gibt ihm Selbstvertrauen. Sie selbst sagt, er könne sich durch sie in einer Art Schutzraum entwickeln. Tims Mama und die Lehrerin bestätigen das. Gleichwohl habe Tim ab und zu noch Wutanfälle, wohl weil er mit sich selbst oft unzufrieden ist, seinen Erfolg nicht anerkennen kann. Julie Rausch hört zu, fragt nach, wie Tim von seinen Klassenkameraden angenommen wird, wie sein Pausenverhalten ist. „Wir halten fest, dass Tim wirklich gute Fortschritte macht seit er die Schulbegleitung hat. Es gibt aber auch noch Punkte, an denen alle Beteiligten gemeinsam arbeiten können."

Zurück im Büro schreibt sie ihren Hilfeplan mit genau diesen Punkten, in einem halben Jahr erfolgt das nächste Gespräch. Dann wird es auch darum gehen, wie viele Stunden die Schulbegleitung für Tim weiterhin unterstützen darf.
Solche erfolgreichen Fortschritte zu sehen, freut Julie Rusch.
Nicht immer sind ihre Fälle, mit denen sie konfrontiert wird, so erfreulich: „Gelingt bei einer Trennungs- beziehungsweise Scheidungsberatung beispielsweise keine Einigung zum Umgangs- oder Sorgerecht, dann geht das ans Familiengericht", beschreibt sie, dass sie und ihre Kolleginnen und Kollegen hier lediglich eine Art Vorstufe seien.

Ein anderes schwieriges Thema ist die Kindswohlgefährdung. Nach Eingang einer Meldung, beispielsweise weil ein Kind in der Schule geäußert hat, daheim geschlagen zu werden oder weil die Erzieher Auffälligkeiten bemerkt haben, kommen Julie Rausch oder eine ihrer Kolleginnen oder Kollegen ins Spiel: „Wir sprechen dann mit dem Kind, erklären ihm auch, dass es – vorausgesetzt es stimmt, dass es daheim misshandelt wird – nicht mehr nach Hause kann. Wir sprechen auch mit den Eltern. Geben diese zu, dass sie überfordert sind, können wir Familienhilfe und somit Unterstützung anbieten."
Yvonne Schnapp ist Leiterin des Jugendamtes im Landkreis Coburg. Sie ergänzt: „Wir wissen, dass Eltern in der Regel das Beste für ihre Kinder wollen. Nur manchmal ist der Alltag oder etwas anderes so belastend, dass Erziehung alleine nicht gelingt. Häufig hilft es dann, jemanden an seiner Seite zu haben. Deshalb setzen wir auch bei Problemen alles daran, die Eltern in ihrer Erziehung zu stärken und zu unterstützen und mit ihnen gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Wir sind ihre Partner in Erziehungsfragen."

Doch was, wenn ein gewisser Punkt überschritten ist, wenn Sicherheit und Schutz des Kindes eine zumindest vorübergehende Trennung von den Eltern erfordern?
Welcher Weg im Einzelfall der richtige ist, diese Frage verlangt den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern im Jugendamt in vielen Fällen schwierige Abwägungsprozesse ab: „Wir versuchen, uns immer ein möglichst umfassendes Bild zu machen. Dazu führen wir mehrere Gespräche mit den Beteiligten, wechseln die Perspektive und, ganz wichtig, wir beraten uns untereinander. Allein kann man eine solche Entscheidung oft gar nicht treffen, schließlich haben sie weitreichende Folgen. Die Besprechung jedes einzelnen Falls mit den Kolleginnen und Kollegen ist deshalb unverzichtbarer", ist Julie Rausch überzeugt. Eine Inobhutnahme müsse man schließlich immer vor Gericht vertreten können. „Hierfür gibt es genaue gesetzliche Vorgaben."

Natürlich gehen einzelne Fälle Julie Rausch auch nach Feierabend noch nach, belasten sie emotional: „Das ist ja nicht einfach ein Job. Das sind Schicksale und wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung", erklärt sie.
Und gerade deshalb war es für Julie Rausch auch eine Art Berufung, nach der Schule Soziale Arbeit zu studieren: „Ich will mit Menschen zu tun haben. Und die Soziale Arbeit bietet hier ein großes Aufgabenfeld von der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bis hin zu Senioren."

 

 

 

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